Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Finanzierung der Gemeinden im Allgemeinen und der Steigerung der eigenen Einnahmen durch interkommunale Standortkooperation im Besonderen.
Durch die fortdauernden engen finanzpolitischen Spielräume sind die Gemeinden angehalten ihre eigenen Einnahmen durch Ansiedlung von Betrieben und Unternehmen zu erhöhen um freie Finanzspitzen für Investitionen zu schaffen. Viele Gemeinden sind aber aus finanziellen, geographischen oder verkehrstechnischen Gründen dazu nicht in der Lage. Außerdem werden durch die Konstruktion und Zielsetzung des österreichischen Finanzausgleichs die Bruttomehrerträge aus steigenden eigenen Steuereinnahmen durch verminderte Zuweisungen und Umlagen wieder reduziert. Die Darstellung der gesamten Problematik mit Schwerpunkt auf den fiskalischen Auswirkungen bildet die Basis für die Suche nach Lösungsmöglichkeiten.
Darauf aufbauend wird die interkommunale Standortkooperation als eine Möglichkeit zur Vermeidung bzw. Reduzierung der genannten Probleme dargestellt. Schwerpunkt bilden die Wahl der Organisationsform sowie die Funktionsweise der Zusammenarbeit in den verschiedenen Problemfeldern unter besonderer Berücksichtigung des Ausgleichs fiskalischer Belastungen aus Betriebsansiedlungen auf die Kommunalhaushalte.
Zur quantitativen Darstellung der fiskalischen Auswirkungen wurde ein Beispiel aus der Steiermark untersucht und aufbereitet. Die Kooperationsproblematik wird darüber hinaus durch eine unzureichende Gesetzeslage verschärft, deren Lösung in Planung steht. Dazu wurde ein Umsetzungskonzept erarbeitet, um die Implementierung des Gesetzes in die kommunale Praxis zu erleichtern und einen Beitrag zum Begutachtungsprozess zu dieser Novelle des Finanzausgleichsgesetzes zu liefern.
Schlüsselwörter: Finanzausgleich, Interkommunale Zusammenarbeit, Kommunalsteuer, Standortkooperation, Kompensationseffekte, Betriebsansiedlung, Standortpolitik, Regional- und Standortentwicklung, Interkommunale Rechtsformen
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Zielsetzung und Ergebnisse
Aims und Results
1. Einleitung
1.1 Ausgangslage und Zugang
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
1.4 Datengrundlage und Methodik
2. Finanzierung österreichischer Gemeinden
2.1 Allgemeines
2.2 Die Finanzverfassung
2.3 Der Finanzausgleich
2.3.1 Aufbau des Finanzausgleichs bzw. -gesetzes in Österreich
2.3.1.1 Primärer Finanzausgleich
2.3.1.2 Sekundärer Finanzausgleich
2.3.1.3 Tertiärer Finanzausgleich
2.3.2 Exkurs: Reform des Finanzausgleichs
2.4 Steigerung der Steuereinnahmen
2.4.1 Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich
2.4.2 Ausschließliche Gemeindeabgaben
2.4.2.1 Die Grundsteuer
2.4.2.2 Die Kommunalsteuer
2.5 Problematik bei Betriebsansiedlungen
2.5.1 Konkurrenz und Standortmarketing
2.5.2 Flächenvorsorge
2.5.3 Infrastruktur- und Erschließungskosten
2.5.4 Kompensationseffekte
2.5.4.1 Kompensationseffekte im primären Finanzausgleich
2.5.4.2 Kompensationseffekte im sekundären Finanzausgleich
2.5.4.2.1 Landesumlage
2.5.4.2.2 Finanzzuweisung
2.5.4.3 Kompensationseffekte im tertiären Finanzausgleich
2.6 Zusammenfassung
3. Interkommunale Zusammenarbeit als Lösung
3.1 Definition interkommunale Zusammenarbeit
3.2 Motive für eine Kooperation
3.3 Anwendungsbereiche der IKZ
3.4 Organisationsformen der Zusammenarbeit
3.4.1 Öffentlich-rechtliche Organisationsformen
3.4.1.1 Verwaltungsgemeinschaft
3.4.1.2 Gemeindeverband
3.4.2 Gesellschaftsrechtliche Organisationsformen
3.4.2.1 Personengesellschaften
Exkurs: GmbH & Co KEG
3.4.2.2 Kapitalgesellschaften
3.4.2.2.1 Aktiengesellschaft
3.4.2.2.2 Gesellschaft mit beschränkter Haftung
3.5 Funktionsweise der Zusammenarbeit
3.5.1 Gemeinsames Standortmarketing versus Konkurrenz
3.5.2 Flächenvorsorge
3.5.3 Infrastruktur- und Erschließungskosten
3.5.4 Reduzierung von Kompensationseffekten
3.5.5 Ausgleich von Lasten und Nutzen
3.6 Zusammenfassung
4. Fallbeispiel
4.1 Zweck und Methodik
4.2 Ausgangslage des Projekts
4.2.1 Projektgemeinden
4.2.1.1 Marktgemeinde Frauental an der Lassnitz
4.2.1.2 Stadtgemeinde Deutschlandsberg
4.2.2 Projektbeschreibung
4.2.3 Projektkosten
4.2.4 Geplante Projektumsetzung
4.2.5 Fiskalische Standorteignung Frauental
4.2.5.1 Einnahmen
4.2.5.2 Verluste durch Kompensationseffekte
4.2.6 Alternativstandort Deutschlandsberg
4.3 Ausgangslage im Gesetz
4.3.1 Die Novelle zum FAG 2001
4.3.1.1 Problem Grundsteuer
4.3.1.2 Problem Finanzkraftberücksichtigung
4.3.2 Konzept der Novelle
4.3.3 Umsetzung der Novelle in der kommunalen Praxis
4.4 Zusammenfassung
5. Resümee
5.1 Ergebnisse
5.2 Schlussfolgerungen
5.2.1 Schlussfolgerung
5.2.2 Schlussfolgerung
5.2.3 Schlussfolgerung
5.2.4 Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Argumentationskette
Abbildung 2: Grundsteuerberechnung
Abbildung 3: Steuerlicher Nettoertrag
Abbildung 4: Kompensationseffekte durch Kommunalsteuermehreinnahmen nach § 12 FAG 2001
Abbildung 5: Kompensationseffekte durch die Landesumlage
Abbildung 6: Kompensationseffekte durch den § 21 FAG 2001
Abbildung 7: Wichtigste Kooperationsanlässe der interkommunalen Gewerbeflächenpolitik
Abbildung 8: Kooperationsanlässe für interkommunale Gewerbegebiete
Abbildung 9: Rechtlich verbindliche Organisationsformen für IKZ in Österreich
Abbildung 10: Organisationsmodell GmbH & Co KEG
Abbildung 11: Lageskizze Deutschlandsberg und Frauental
Abbildung 12: Konzept der Ertragshoheitsteilung des Finanzministeriums
Abbildung 13: Ausschnitt aus der VRV 1997 - Ansatzverzeichnis Gemeinden
Abbildung 14: Ausschnitt aus der VRV 1997 - Postenverzeichnis Gemeinden
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Anreize und Hemmnisse für interkommunale Standortkooperation
Tabelle 2: Berechnung des zusätzlichen jährlichen Grundsteueraufkommens
Tabelle 3: Berechnung des zusätzlichen jährlichen Kommunalsteueraufkommens
Tabelle 4: Fiskalische Bruttomehreinnahmen aus dem Impulszentrum Frauental
Tabelle 5: Berechnung der Finanzkraft und des Vorweganteils (EA 1) für Frauental
Tabelle 6: Berechnung der Landesumlage für Frauental
Tabelle 7: Kompensationseffekte für Frauental
Tabelle 8: Berechnung der Finanzkraft und des Vorweganteils (EA 1) für Deutschlandsberg
Tabelle 9: Berechnung der Landesumlage für Deutschlandsberg
Tabelle 10: Kompensationseffekte für Deutschlandsberg
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vorwort
Durch das Seminar „Wirtschaftliche Impulse durch interkommunale Zusammenarbeit“ im Oktober 2002 während meines Berufspraktikums bei der Steirischen Wirtschaftsförderung angeregt, habe ich mich entschlossen diese Thematik in meiner Diplomarbeit näher zu untersuchen.
Diese Arbeit soll dem Leser einen praxisnahen Einblick in Möglichkeiten und vor allem Auswirkungen interkommunaler Betriebsansiedlungen gewähren. Die Diplomarbeit stellt für mich nicht nur das Ende meines Studiums dar, sondern vor allem auch den Anfang für Neues und Unbekanntes. Für diese Veränderung wünsche ich mir selbst viel Mut und Engagement um die bevorstehenden Herausforderungen anzunehmen und mich im Berufsleben immer wieder aufs Neue zu beweisen.
Damit es überhaupt so weit kommen konnte, ist es mir nicht nur ein Bedürfnis sondern eine Frage der Ehre mich bei meinen Eltern Marianne und Emmerich Strohmaier für die gewährte Unterstützung und Hilfe sowie das entgegengebrachte Vertrauen von tiefstem Herzen zu bedanken.
Peter Kurnig und Herrn Dr. Helfried Bauer, die durch ihre fachlichen als auch persönlichen Ratschläge wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Als persönliche Ansprechpartner in allen praktischen Fragen des Finanzausgleichs stellten sich der stellvertretende Geschäftsführer des Steiermärkischen Gemeindebundes, Herr Dietmar Pilz sowie Herr Jörg Würger jederzeit zur Verfügung, wofür Ihnen an dieser Stelle mein aufrichtiger Dank gebührt.
Mein besonderer Dank gilt auch Herrn Mag. Peter Perkonigg und Herrn Mag. Wilhelm Kaufmann von der Steirischen Wirtschaftsförderung für Ihre Hilfe. Besonders bedanke ich mich bei meiner Freundin Marissa für ihre jederzeit liebevollen und ermutigenden Worte sowie bei meinem Studienkollegen und Freund Martin für die nächtelangen Diskussionen und Anregungen.
Zielsetzung und Ergebnisse
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Finanzierung der Gemeinden im Allgemeinen und der Steigerung der eigenen Einnahmen durch interkommunale Standortkooperation im Besonderen.
Durch die fortdauernden engen finanzpolitischen Spielräume sind die Gemeinden angehalten ihre eigenen Einnahmen durch Ansiedlung von Betrieben und Unternehmen zu erhöhen um freie Finanzspitzen für Investitionen zu schaffen. Viele Gemeinden sind aber aus finanziellen, geographischen oder verkehrstechnischen Gründen dazu nicht in der Lage. Außerdem werden durch die Konstruktion und Zielsetzung des österreichischen Finanzausgleichs die Bruttomehrerträge aus steigenden eigenen Steuereinnahmen durch verminderte Zuweisungen und Umlagen wieder reduziert. Die Darstellung der gesamten Problematik mit Schwerpunkt auf den fiskalischen Auswirkungen bildet die Basis für die Suche nach Lösungsmöglichkeiten.
Darauf aufbauend wird die interkommunale Standortkooperation als eine Möglichkeit zur Vermeidung bzw. Reduzierung der genannten Probleme dargestellt. Schwerpunkt bilden die Wahl der Organisationsform sowie die Funktionsweise der Zusammenarbeit in den verschiedenen Problemfeldern unter besonderer Berücksichtigung des Ausgleichs fiskalischer Belastungen aus Betriebsansiedlungen auf die Kommunalhaushalte.
Zur quantitativen Darstellung der fiskalischen Auswirkungen wurde ein Beispiel aus der Steiermark untersucht und aufbereitet. Die Kooperationsproblematik wird darüber hinaus durch eine unzureichende Gesetzeslage verschärft, deren Lösung in Planung steht. Dazu wurde ein Umsetzungskonzept erarbeitet, um die Implementierung des Gesetzes in die kommunale Praxis zu erleichtern und einen Beitrag zum Begutachtungsprozess zu dieser Novelle des Finanzausgleichsgesetzes zu liefern.
Schlüsselwörter: Finanzausgleich, Interkommunale Zusammenarbeit, Kommunalsteuer, Standortkooperation, Kompensationseffekte, Betriebsansiedlung
Aims und Results
This diploma thesis deals about the cooperation of municipalities in the field of site management.
Due to the lack of financial resources, municipalities have to strengthen their own tax sources to increase their financial leeway. Therefore the development of commercial land to attract new enterprises and companies seems to be a suitable measure to increase tax revenue.
The major problem is that not every municipality has suitable areas for industrial estates. Either they do not have the money to develop the areas or the areas are not acceptable for companies. Further more, the loss of financial aid as a result of higher tax revenue may also be an obstacle.
Therefore intermunicipal cooperation between neighbouring municipalities could be a solution to share risks and opportunities. The main focus of this diploma thesis is to minimize the financial losses due to tax revenue and to share this loss between all cooperating municipalities. An example in Styria shows the importance of cooperation and the urgent call for action because public law does, in fact, not financially support the cooperation between communities in this field.
Finally, an implementation concept is proposed to avoid obstacles and foster cooperation in order to contribute to the current process of reengineering the financial adjustment.
Key words: intermunicipal cooperation, financial adjustment, site management, tax loss
1. Einleitung
1.1 Ausgangslage und Zugang
Die Finanzierung der österreichischen Gemeinden im Allgemeinen und die Erhöhung der gemeindeeigenen Steuern und Abgaben durch interkommunale Zusammenarbeit in der Wirtschaftsförderung im Besonderen stehen im Mittelpunkt dieser Diplomarbeit.
Durch die immer vielfältigeren Anforderungen an die Gemeinde durch Gesetze, Politik, Wirtschaft, Medien und nicht zuletzt den Bürgern selbst, steht diese immer mehr im Spannungsfeld zwischen Erbringung von Leistungen und Abschätzung zukünftiger Anforderungen. Die Kommune war und ist Schnittstelle zwischen Individuum und Gesellschaft und stellt als kleinste und trotzdem komplexe Organisationseinheit des Staates eine wichtige Brückenfunktion in allen essentiellen Lebensbereichen dar. Um dieser Brückenfunktion gerecht zu werden, hat die Kommune eine Vielzahl von Aufgaben zu besorgen, wobei im Vordergrund die Daseinsgrundbedürfnisse der Gemeindebürger stehen. Diese Bedürfnisse wie Wohnen, Arbeit, Bildung, Freizeit, Infrastruktur oder Kultur werden von unterschiedlichsten Akteuren in sehr differenzierter Weise nachgefragt und sollen dementsprechend auch von den Kommunen bereitgestellt werden. Hinzu kommt noch die Übertragung und Erledigung von Aufgaben von übergeordneten Gebietskörperschaften im Zuge der mittelbaren Bundesverwaltung.1
All diese Anforderungen und komplexen Beziehungen sind unter dem Blickwinkel immer knapper werdender Ressourcen und finanzieller Mittel zu sehen, die eine Konkurrenz zwischen den Kommunen um Wohnbevölkerung, Investitionen und vor allem Betriebsansiedlungen forcieren, da dies in den meisten Fällen mit steigenden Einnahmen bzw. Abgabenerträgen zusammenhängt. Eine Steigerung derselbigen gibt der Kommune die Möglichkeit zur Schaffung finanzieller Spielräume, mit denen die unterschiedlichsten Anforderungen der Bürger und der Wirtschaft in einer Gemeinde befriedigt werden können. Als Folge resultieren eine steigende Zufriedenheit der Bürger (Lebensqualität) und zunehmende Attraktivität des Standorts (Standortqualität). Genau an diesem Punkt soll die vorliegende Arbeit ansetzen, da dieser simplifizierte Kreislauf in den meisten Fällen graue Theorie bleibt, weil finanzielle Spielraum nur schwer geschaffen noch vergrößert werden kann. Die sich offenbarenden Möglichkeiten bei einer interkommunalen Standortkooperation bzw. Betriebsansiedlung bieten einen Zugang zur Erreichung dieses Zieles, wobei die im Zuge der Arbeit aufgezeigten Hindernisse bzw. Problemstellungen nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.
1.2 Zielsetzung
In erster Linie beschäftigt sich diese Arbeit mit den Möglichkeiten interkommunaler Kooperation bei Betriebsansiedlungen. Bis heute ist es erst in sehr wenigen Gemeinden gelungen, erfolgreiche Kooperationsprojekte in dieser Querschnittsmaterie durchzuführen, da durch die unterschiedlichen rechtlichen als auch organisatorischen Gestaltungsmöglichkeiten sowie der Ungewissheit über die finanzwirtschaftlichen Auswirkungen von Betriebsansiedlungen auf das Budget der (Standort-) Gemeinden wichtige Determinanten in solchen Projekten unberücksichtigt blieben. Außerdem gibt es bis dato noch keine explizite Regelung im Finanzausgleichsgesetz, obwohl im März 2002 vom Bundesministerium für Finanzen bereits ein Entwurf2 einer Novelle zum FAG 2001 betreffend Vereinbarungen zwischen Gemeinden über Teilung des Ertrags an Kommunalsteuereinnahmen erarbeitet wurde. Dieser Entwurf soll in der gegenständlichen Arbeit auf seine Verwendbarkeit und Zweckmäßigkeit untersucht werden und darüber hinaus sollen Vorschläge zur Umsetzung dieser Novelle in der kommunalen Praxis vorgelegt werden. Ziel soll dabei sein, Umsetzungs- und Gestaltungshinweise für Kooperationen zu liefern sowie anhand eines Praxisbeispiels die komplexe Struktur und vor allem die Auswirkungen der Finanzausgleichsbestimmungen bei Betriebsansiedlungen aufzuzeigen. Abschließend sollen die aus dem Praxisbeispiel ermittelten Ergebnisse subsumiert und dem aktuellen öffentlichen bzw. kommunalen Diskurs zu dieser Thematik, der im Entwurf einer Novelle zum FAG 2001 zum Ausdruck gebracht wird, gegenübergestellt werden. Diese Arbeit soll außerdem einen bescheidenen aber durchaus kritischen Beitrag zum Begutachtungsverfahren für diese Novelle liefern.
Aus wissenschaftlichem Gesichtspunkten heraus stehen zur Erreichung dieser Ziele dabei folgende Haupt- bzw. Unterforschungsfragen im Vordergrund:
1. Durch welche Maßnahmen können die eigenen Einnahmen von Gemeinden erhöht werden?
1.1. Welche Probleme können dabei auftreten?
1.2. Wie können diese Probleme vermieden oder reduziert werden?
1.3. Gibt es gesetzliche Regelungen zur Beschränkung oder Behebung der fiskalischen Problematik?
Die Untersuchungen und Vorschläge in dieser Arbeit nehmen dabei immer wieder Bezug auf diese Kernfragen und blicken kritisch auf die gewonnen Ergebnisse.
1.3 Aufbau der Arbeit
Nach der Einleitung soll zunächst grundlegend auf die Finanzierung der österreichischen Gemeinden eingegangen werden, um die Grundsätze der Finanzausstattung der Gebietskörperschaften darzustellen. Daraus folgend sollen die Möglichkeiten zur Steigerung der Einnahmen sowie die damit verbundene Problematik erörtert werden.
Im darauf folgenden Kapitel 3 wird die Lösung der in Kapitel 2 angesprochenen Problematik erarbeitet, wobei als Lösungsansatz im Allgemeinen die interkommunale Zusammenarbeit und im Besonderen eine Standortkooperation bei Betriebsansiedlungen vorgeschlagen wird. Besonderer Bedeutung werden dabei die fiskalischen Effekte und deren Ausgleich innerhalb der Kooperationspartner erlangen.
In einem vierten Schritt werden die theoretischen Erkenntnisse anhand eines Beispiels praxisnah dargestellt. Darüber hinaus wird der aktuelle Diskurs zur Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes in dieser Thematik näher untersucht und in Verbindung mit dem Praxisbeispiel gebracht.
Die daraus resultierenden Ergebnisse werden schließlich in Kapitel 5 in einem Gesamtbild zusammengefasst und sollen Schlussfolgerungen bzw. Empfehlungen über die zukünftige Entwicklung und Möglichkeiten der interkommunalen Standortkooperation liefern.
Die folgende Abbildung 1 soll den beschriebenen Aufbau der Arbeit und den Weg zur Beantwortung der Forschungsfragen graphisch simplifizieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Argumentationskette3
1.4 Datengrundlage und Methodik
Ausgehend von der Argumentationskette aus Abbildung 1 soll sich dem Thema anhand dieser Baumstruktur systematisch genähert werden. Diese schematische Darstellung stellt den roten Faden dieser Arbeit dar, an welchem sich diese in der Folge orientiert. Zur Beschaffung der dazu notwendigen Informationen kamen zwei unterschiedliche Methoden zur Anwendung.
Einerseits wurde eine umfassende Literaturrecherche nach Fachliteratur zu den Themengebieten Finanzausgleich (va. Interkommunaler FAG),Wirtschaftskooperationen zwischen Gemeinden, Interkommunale Zusammenarbeit und Finanzrecht durchgeführt. Besonders hervorzuheben ist dabei Finanzausgleich 2001 - Das Handbuch für die Praxis (2001), welches vom ÖSTERREICHISCHEN STÄDTEBUND und dem ÖSTERREICHISCHEN GEMEINDEBUND gemeinsam herausgegeben wurde. Basisliteratur und als Datengrundlage sehr hilfreich war BRÖTHALERs et al. Aufgabenorientierte Gemeindefinanzierung in Österreich (2002). Außerdem wurde zugleich nach Fachtexten, Forschungsberichten und Studien (v.a. SCHÖNBÄCK UND SCHNEIDER 1996 und 1998) zu dieser Thematik in einschlägigen Zeitschriften und Magazinen mit wissenschaftlichem Hintergrund wie DER ÖFFENTLICHE SEKTOR, DAS ÖFFENTLICHE HAUSHALTSWESEN IN ÖSTERREICH oder den ILS-SCHRIFTEN recherchiert.
Andererseits wurde ein Praxisbeispiel zur Veranschaulichung dieser komplexen Materie eingebaut, um dem Leser die Bedeutung der theoretischen Erkenntnisse anhand eines realen Falles darzustellen. Dieses Beispiel soll die Auswirkungen einer Betriebsansiedlung auf das Budget der Standortgemeinde(n) aufzeigen, das Thema kritisch reflektieren und darauf aufbauend die Notwendigkeit einer Gesetzesreform unterstreichen.
Zusätzlich wurden gezielt Interviews und Sachdiskussionen mit Experten der kommunalen Interessensvertretungen über eine zum Thema passende Novelle des Finanzausgleichsgesetzes geführt, um eine hohe Dichte an unterschiedlichen Fachexpertisen zu dieser Sachlage zu gewährleisten und dem wissenschaftlichen Grundsatz der Pluralität gerecht zu werden.
2. Finanzierung österreichischer Gemeinden
2.1 Allgemeines
Österreich ist nach Artikel 2 des Bundesverfassungsgesetztes (B-VG) BGBl 1930/1, in der Fassung BGBl I 2003/43, ein Bundesstaat bestehend aus 9 Bundesländern, welche sich gemäß Art 116 B-VG in Gemeinden gliedern. Die Gemeinde ist somit neben Bund und Land die dritte Gebietskörperschaft und mit dem Recht auf Selbstverwaltung ausgestattet. Diese Autonomie der Gemeinden manifestiert sich ebenso in der Europäischen Charta der lokalen Selbstverwaltung4, einem Abkommen zwischen den Mitgliedsstaaten des Europarates, zu welcher sich Österreich bekannt hat und deren Grundsätze in Österreich bereits vor Ratifizierung weitgehend verankert und realisiert waren.
Bereits in der Präambel ist festgehalten, dass die lokalen Gebietskörperschaften - worunter in Österreich die Gemeinden zu verstehen sind - eine der wesentlichen Grundlagen für jedes demokratische Regime sind.5 Von besonderer Bedeutung für dieses Kapitel ist der letzte Absatz der Präambel:
„ ( … ) mit demokratisch eingerichteten Entscheidungsorganen ausgestattet sind undüber eine weitreichende Autonomie hinsichtlich ihrer Zust ä ndigkeiten, der Modalit ä ten für deren Ausübung und der zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel verfügen [Herv.d.Verf.], ( … ) “ 6
Die Konkretisierung dieser finanzwirtschaftlich sehr bedeutenden Passage findet sich in Art 9 der Charta, welcher folgendes festsetzt:
1. Die lokalen Gebietskörperschaften sollen im Rahmen der nationalen Wirtschaftspolitik Anrecht auf ausreichende eigene Finanzmittel haben, über die sie in Ausübung ihrer Zuständigkeit frei verfügen können.
2. Die Finanzmittel der lokalen Gebietskörperschaften sollen in einem angemessenen Verhältnis zu den von der Verfassung oder vom Gesetz vorgesehenen Aufgaben stehen.
3. Mindestens ein Teil der Finanzmittel der lokalen Gebietskörperschaften sollen aus örtlichen Steuern und Gebühren stammen, für die sie innerhalb der Schranken des Gesetzes den Steuersatz selbst festlegen können.
4. Die Finanzsysteme, auf denen die Mittel begründet sind, die den lokalen Gebietskörperschaften zur Verfügung stehen, sollen vielfältig und entwicklungsfähig sein, um sie in die Lage zu versetzen, soweit wie möglich mit der tatsächlichen Entwicklung der Kosten für die Ausübung ihrer Aufgaben Schritt zu halten.
5. Der Schutz finanziell schwächerer lokaler Gebietskörperschaften macht die Einführung von Verfahren zum Finanzausgleich oder gleichwertiger Maßnahmen erforderlich, um die Auswirkungen der ungleichen Verteilung der möglichen Finanzquellen sowie der von ihnen zu tragenden finanziellen Lasten zu korrigieren. Durch solche Verfahren oder Maßnahmen soll die Entscheidungsfreiheit der lokalen Gebietskörperschaften in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich nicht geschmälert werden.
6. Die lokalen Gebietskörperschaften sollen in entsprechender Weise über die Modalitäten der Zuerkennung umverteilter Finanzmittel angehört werden.
7. Die den lokalen Gebietskörperschaften gewährten Zuschüsse sollen, soweit möglich, nicht zur Finanzierung spezifischer Projekte bestimmt sein. Die Gewährung von Zuschüssen darf nicht die grundlegende Freiheit der Politik der lokalen Gebietskörperschaften in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich beeinträchtigen.
8. Zur Finanzierung ihrer Investitionsausgaben sollen die lokalen Gebietskörperschaften in Übereinstimmung mit dem Gesetz Zugang zum inländischen Kapitalmarkt haben.
Österreich hat ausnahmslos alle Absätze für sich als bindend erklärt, nicht zuletzt deshalb, da diese Grundsätze weitgehend vor Ratifizierung umgesetzt waren und sowohl in der Bundesverfassung als auch in der Finanzverfassung bzw. im Finanzausgleich zum Ausdruck kommen. Gerade die Punkte 3 und 5 sind für das Verständnis und die Hinführung zum Schwerpunkt dieser Arbeit von Bedeutung. Sie nehmen Bezug auf die finanzielle Autonomie der Gemeinden d.h. dem Recht auf selbständige Abgabenerhebung sowie dem finanziellen Ausgleichsprinzip in föderalen Staatssystemen. Den lokalen Gebietskörperschaften soll einerseits die Möglichkeit zur Einhebung eigener und unabhängig verfügbarer Abgaben gewährt werden, andererseits müssen diese ebenso am gesamten Steuerertrag beteiligt werden. Dieses - sehr vereinfacht und reduziert dargestellte - duale System (1. eigene Einnahmen, 2. gemeinschaftliche Einnahmen - Finanzausgleich) der Finanzierung der Gemeinden ist Ausgangspunkt der folgenden Arbeit. Dabei stellt sich folgende Hauptforschungsfrage:
Durch welche Maßnahmen können die eigenen Einnahmen von Gemeinden erhöht werden?
Unter den eigenen Einnahmen werden jene Steuererträge einer Gebietskörperschaft verstanden, über die sie eigenständig zu disponieren in der Lage ist. Sie sind Indikator für das örtliche Aufkommen von Abgabenerträgen und des öfteren Basis für die Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die einzelnen Gemeinden. Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird daher vorrangig auf die Möglichkeit zur Erhöhung der eigenen und ausschließlichen Einnahmen eingegangen, da hier die Gemeinden aktiv betroffen sind und Erfolge relativ einfach messbar als auch sichtbar gemacht werden können.7
Kapitel 2 liefert dazu die finanzwirtschaftlichen Grundlageninformationen und theoretischen Vorraussetzungen, auf welchen die nachfolgenden Kapiteln und Untersuchungen basieren werden.
2.2 Die Finanzverfassung
In der österreichischen Bundesverfassung wird die Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen Bund und den übrigen Gebietskörperschaften auf dem Gebiet des Finanzwesens (Abgabenwesen)8 einem eigenen Bundesverfassungsgesetz - dem Finanzverfassungsgesetz - vorbehalten. Es erscheint nach außen und innen als ‚Sonderverfassungsrecht’ außerhalb des B-VG, welches mit der übrigen Bundesverfassung durch gewisse ‚Gelenke’ verknüpft ist.9 Derzeit in Kraft steht das Finanzverfassungsgesetz 1948 (F-VG 1948) BGBl 1948/45, idF BGBl 1999/194, welches sich in sechs Abschnitte untergliedert, wobei für die Finanzierung der Gemeinden (Finanzausstattung) die Abschnitte I bis III von maßgeblicher Bedeutung sind.
Für den Finanzausgleich ist Abschnitt I wesentlich, in dem die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) einem eigenen Bundesgesetz übertragen wird. Diese Verteilungs- und Zuteilungsmechanismen werden in Finanzausgleichsgesetzen im Detail festgehalten, die in der Regel für mehrere Jahre10 beschlossen werden.11
Abschnitt II regelt die Grundsätze über das Abgabenwesen und legt eine Abgabentypologie vor, die sich nach der Verfügung über den Ertrag der Abgaben (Ertragshoheit) gliedert.12
Folgende Haupt- und Unterformen sind dabei geschaffen worden:13
- Ausschließliche Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben, deren Ertrag ganz der betreffenden Gebietskörperschaft zur Verfügung steht.
- Gemeinschaftliche Bundesabgaben, an deren Ertrag
- Bund und Länder,
-Bund, Länder und Gemeinden,
-Bund und Gemeinden beteiligt sind.
- Bei den geteilten Abgaben gibt es zusätzlich noch die Unterformen:
-Gemeinschaftliche Bundesabgaben d.h. die durch Bund erhoben werden und aus denen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) Ertragsanteile zufließen.
-Gemeinschaftliche Landesabgaben d.h. die durch die Länder erhoben werden und aus denen den Ländern und den Gemeinden Ertragsanteile zufließen.
-Zuschlagsabgaben d.h. Stammabgabe des Bundes bzw. der Länder mit Zuschlägen der Länder bzw. der Gemeinden.
-Gleichartige Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand d.h. mehrere Gebietskörperschaften erheben gleichartige Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand.
Von - aus dem Blickwinkel der finanziellen Autonomie - größter Bedeutung für die Gemeinden aber auch für diese Arbeit sind die ausschließlichen Abgaben, die in Kapitel 2.4.2 noch konkreter behandelt werden.
Im dritten Abschnitt (Finanzzuweisungen und Zuschüsse) sind die Gewährung nichtzweckgebundener Zuweisungen und zweckgebundener Zuschüsse durch Bund sowie Länder verankert, die im Zuge dieser Arbeit ebenfalls noch besondere Bedeutung erlangen werden.14
2.3 Der Finanzausgleich
Der Finanzausgleich umfasst die Gesamtheit der finanziellen Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den unterschiedlichen Trägern (Gebietskörperschaften) der öffentlichen Finanzwirtschaft. Es wird festgelegt welche Aufgaben - und damit welche Ausgaben - und welche Einnahmen den verschiedenen Gebietskörperschaften zufallen.15 Im weiteren Sinne hat der Finanzausgleich auch die Aufgabe die Wohlstandsunterschiede zwischen den Gebietskörperschaften (dabei vor allem auf Ebene der Gemeinden) und somit zwischen den Regionen zu nivellieren.
Dafür haben sich in den föderalistischen Staatsystemen unterschiedliche Systeme zur Mittelverteilung entwickelt. In Österreich gibt es - wie in den meisten Bundesstaaten - eine Kombination aus Trennsystem16 und Verbundsystem17. Dieses sogenannte Mischsystem soll die Vor- und Nachteile der ‚reinen’ Systeme ausgleichen, wobei in Österreich ein Trend in Richtung Verbundsystem erkennbar ist, weil dieses den Harmonisierungs- und Vereinheitlichungstendenzen aber auch der Stärkung der zentralen Finanzgewalt auf Kosten der Finanzautonomien entgegenkommt. Kritisch anzumerken ist dabei der Verlust der finanziellen Autonomie am Verbund beteiligter Gebietskörperschaften und der ständigen Entfernung vom Konzept der föderalen und autonomen Finanzgewalt.18 Das österreichische Mischsystem der Finanzmittelverteilung entspricht einem vertikalen Finanzausgleich mit horizontalem Effekt. 19 Diese Besonderheit bedeutet, dass die Einnahmen über das Finanzausgleichsgesetz vom Bund nach unterschiedlichen Maßstäben und unter Nutzung praktisch aller prinzipiell anwendbarer Aufteilungsmöglichkeiten für Verbundsteuererträge auf die einzelnen Gebietskörperschaften verteilt werden, und zwar bis hinunter zu den Gemeinden.20 Dieser Steuerverbund zwischen Bund, Länder und Gemeinden bringt allen Beteiligten eine gewisse Sicherheit gegen unvorhergesehene Mindereinnahmen aus bestimmten eigenen Abgaben und einen gewissen Ausgleich zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft der jeweiligen Gebietskörperschaft.21 Das Finanzausgleichsgesetz verwendet diese beiden Begriffe für die Aufteilung von Mittel für finanzschwache Gemeinden im § 12 FAG und § 21 FAG, jedoch unter Zugrundelegung unterschiedlicher Definitionen.
Der Finanzbedarf, der im Grunde Ausgaben repräsentieren soll, stellt eine Rechengröße dar22 und wird interessanterweise über die Finanzkraft definiert, was auch schon Lehner für problematisch erachtet hat.23
Die Finanzkraft, im Grunde zur Darstellung der Einnahmen, ist ebenfalls eine Rechengröße zur leichteren Verteilung der Mittel und basiert - ähnlich dem Finanzbedarf - auf sehr unterschiedlichen Definitionen.24
Auf jeden Fall ist aber darauf hinzuweisen, dass beide Begriffe in keiner direkten Beziehung zu ihrer Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch stehen. Um hier den logischen Aufbau dieser Arbeit nicht zu unterbrechen, sei an dieser Stelle auf Kapitel 2.5.4 verwiesen, in welchem diese beiden Begriffe noch intensiv behandelt und Gegenstand der Untersuchungen sein werden.
2.3.1 Aufbau des Finanzausgleichs bzw. -gesetzes in Österreich
Auf Basis und nach Vorgabe des Finanzverfassungsgesetzes25 werden in Österreich in einem eigenen Bundesgesetz, dem Finanzausgleichsgesetz (FAG), die Aufteilung der Abgabenrechte (Abgabenhoheit) und des Abgabenertrages (Ertragshoheit) geregelt.
Die Abgabenhoheit ist die Zuständigkeit einer Gebietskörperschaft eine Abgabe zu erheben und zu verwalten, wohingegen die Ertragshoheit die Fähigkeit ist, über den Ertrag einer Abgabe im Rahmen des Haushaltes frei zu verfügen. Dem erwähnten und jeweils für mehrere Jahre (meist vier bis sechs) vom Nationalrat beschlossenen Finanzausgleichsgesetz, gehen intensive Finanzausgleichs- verhandlungen zwischen dem Bund und Ländern sowie Gemeinden voraus. Die Gemeinden werden gemäß Art 115 Abs 3 B-VG durch ihre verfassungsgesetzlichen Interessensvertretungen (Österreichischer Gemeindebund und Österreichischer Städtebund) vertreten. Die Verhandlungsergebnisse werden abschließend in einem Pakt festgeschrieben und dem Nationalrat als Vorlage für einen Gesetzesbeschluss vorgelegt, wobei dieser rechtlich nicht daran gebunden ist.26 Zurzeit in Kraft ist das Finanzausgleichsgesetz 2001 (FAG 2001) BGBl I 2001/3, in der Fassung BGBl 2003/71, welches von 1. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2004 gültig ist. Der Finanzausgleich lässt sich aus finanzwissenschaftlicher Sicht in einen primären, sekundären und tertiären Finanzausgleich differenzieren.
2.3.1.1 Primärer Finanzausgleich
Im primären Finanzausgleich wird, ausgehend von den sich bietenden Möglichkeiten des § 6 F-VG, zwischen den ausschließlichen Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben sowie unter Bund, Ländern und Gemeinden geteilten Abgaben unterschieden (= gemeinschaftlichen Abgaben).
Erst nach dieser Systemisierung und Festlegung der Abgaben kann die Aufteilung der - mit 50,63 Mrd. Euro27 quantitativ am Bedeutendsten - gemeinschaftlichen Bundesabgaben erfolgen. Bei dieser Verteilung kommen verschiedene Verfahren zur Anwendung, wobei grundlegend zwischen vertikalem und horizontalem Finanzausgleich zu differenzieren ist.
Der vertikale Ausgleich sieht eine Verteilung der gemeinschaftlichen Abgaben zwischen über- und untergeordneten Gebietskörperschaften vor (d.h. Aufteilung der Finanzmittel zwischen den verschiedenen Ebenen, also Bund-Länder, Länder- Gemeinden, Bund-Gemeinden). Jede gemeinschaftliche Abgabe wird einzeln im § 10 Abs 1 FAG 2001 nach fix verhandelten Sätzen und Quoten zwischen den drei Gebietskörperschaften geteilt und ergibt die Ertragsanteile der Gebietskörperschaften an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben.
Unter horizontalem Finanzausgleich wird der Ausgleich zwischen den finanzstarken und finanzschwachen gleichgeordneten Gebietskörperschaften (d.h. derselben Stufe/Ebene) verstanden. Diese Verteilung wird unter Verwendung der Volkszahl, der gewichteten Volkszahl28, des jeweiligen Steueraufkommens sowie anderer fixierter Verteilungsschlüssel durchgeführt. Zunächst werden in § 10 Abs 7 FAG 2001 die aus dem vertikalen Verteilungsgang ermittelten Ertragsanteile auf die Länder sowie länderweise auf die Gemeinden umgelegt. Offen bleibt damit nur mehr die gemeindeweise Aufteilung der Ertragsanteile, die nach § 12 FAG 2001 in einem
sechsstufigen Verteilungsvorgang durchgeführt wird.29 Für diese Arbeit wird vor allem noch die erste Stufe, die Vorausanteile für den 30 Prozent Unterschiedsbetrag zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft noch von Bedeutung sein.30 Dadurch erwirkt der Finanzausgleich mit seiner interkommunalen Komponente eine Art Ausgleichsfunktion zwischen finanzstarken und finanzschwachen Gemeinden und mildert die Disparitäten zwischen den einzelnen Kommunen.
Im Näheren wird hier auf das Handbuch des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes verwiesen, das eine detaillierte und kommentierte Darstellung dazu liefert.31
2.3.1.2 Sekundärer Finanzausgleich
Die ergänzenden Mittelverteilungen in Form von Kostentragungen und sonstigen Transferzahlungen zwischen Gebietskörperschaften (Ersätze, Umlagen,Finanzzuweisungen, Zuschüssen) sind Gegenstand des sekundären Finanzausgleichs. In späterer Folge sind aus dem sekundären Finanzausgleich für diese Arbeit die Finanzzuweisungen des Bundes an die Gemeinden nach § 21 Abs 6 FAG 2001 (Finanzkraftanpassungs-Zuweisungen) sowie die Landesumlagen der Gemeinden an die Länder gem. § 6 FAG 2001 von Bedeutung.
2.3.1.3 Tertiärer Finanzausgleich
Alle weiteren, nach sonstigen bundes- oder landesgesetzlichen Bestimmungen geregelten intragovernmentalen Transfers werden unter dem Begriff tertiärer Finanzausgleich zusammengefasst. Darunter fallen beispielsweise die Zahlungen der Gemeinden an die Länder zur Erhaltung der Pflichtschulen, Krankenanstalten oder Sozialhilfeverbände. Auch zu diesem Bereich wird in der nachfolgenden Arbeit noch einmal ein wesentlicher Bezug hergestellt werden.
2.3.2 Exkurs: Reform des Finanzausgleichs
An dieser Stelle sei aber, um den wissenschaftlichen Grundsatz der Pluralität und Übersicht zu wahren, aus Sicht des Verfassers ein kurzer Exkurs über den gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskurs zu den eigenen Abgaben notwendig. Durch die anhaltende Erosion und rückläufige Dynamik der eigenen Abgaben der Gemeinden (zwischen 1993 - 1999 stieg das BIP um 26 % versus 18 % Anstieg der eigenen Abgaben),32 wird die Forderung von Experten und Wissenschaftlern nach einer Reform der Eigenfinanzierung der Gemeinden immer stärker. Bröthaler et al. bringen in ihren Untersuchungen die Umwandlung der Ertragssteuern und der Lohnsteuer (eventuell auch anderer Steuern) in Stamm- und Zuschlagsabgaben der einzelnen Gemeinden als eine Reformoption ins Spiel. Dabei sollten die Gemeinden eigenverantwortlich Zuschlagssätze innerhalb einer bestimmten Bandbreite festlegen, was aber auch eine möglichst unverzerrte Identifikation des Aufkommens derselbigen in den Gemeinden voraussetzt.33 Ausgangspunkt ist das Postulat, das die überwiegende Mehrheit der Gemeinden Österreichs in der Lage sein sollte, die Ausgaben für die Erfüllung der Basisaufgaben zur Gänze aus daraus direkt erwirtschafteten Einnahmen (Gebühren, Entgelte und Beiträge) und dafür zweckgebundenen Einnahmen sowie aus eigenen Abgaben zu finanzieren. Dadurch wäre die Erfüllung der Basisaufgaben in verstärkter Eigenverantwortung, also ohne auf die Ertragsanteile aus gemeinschaftlichen Bundesabgaben angewiesen zu sein, zu finanzieren.34 Dies würde eine langfristige Steuer- und Finanzausgleichsreform und Umstellung des österreichischen Systems notwendig machen, für die es aus gegenwärtiger Sicht - wenn auch bedauerlich - keine Bestrebungen gibt.
2.4 Steigerung der Steuereinnahmen
Wie bereits in der Einleitung zu Kapitel 2 umrissen,35 stehen den Gemeinden in Österreich vorwiegend zwei Einnahmenkategorien zur Verfügung. Dies sind einerseits die Ertragsanteile aus dem primären Finanzausgleich, andererseits die Einnahmen aus den ausschließlichen Gemeindeabgaben. Um das Budget einer Gemeinde zu erhöhen und den finanziellen Spielraum zu vergrößern - dies ist sowohl ein ökonomisches als auch politisches Ziel - bedarf es Steigerungen in einer oder beider Kategorien.
2.4.1 Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich
Die Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich (2001: 6.408,8 Mio. Euro36 ) stellen neben den ausschließlichen Gemeindeabgaben (2001: 2.159,45 Mio. Euro37 ) die wichtigste Einnahmenquelle für Gemeinden dar und haben eine starke interkommunale Komponente mit dem Zweck zur Milderung von Disparitäten zwischen „reichen“ und „armen“ Kommunen.38 Eine Erhöhung der Ertragsanteile kann jedoch nur als langfristige Strategie und Maßnahme in Betracht gezogen werden. Es müsste zu einer wesentlichen Erhöhung der Wohnbevölkerung (Zuzug) in der jeweilige Kommune kommen, da auf der einen Seite eine Erhöhung der Volkszahl erhöhte Einnahmen aus den Ertragsanteile nach sich ziehen würde und auf der anderen Seite die Kommune im Sinne des § 10 Abs 9 FAG 2001 eventuell in eine andere Größenklasse fallen und folglich über den Vervielfacher des abgestuften Bevölkerungsschlüssels (aBs) wachsende Einnahmen verzeichnen könnte. Es ist jedoch zu bedenken, dass der Zuzug erst im der Volkszählung nächstfolgenden Kalenderjahr spürbar werden kann, das in der Regel nur alle 10 Jahre möglich ist.
Daher wird dieser Möglichkeit zur Einnahmensteigerung geringere Bedeutung in der vorliegenden Arbeit beigemessen und nicht weiter untersucht.
Diesen Umstand kritisierte bereits der Österreichische Gemeindebund in seinen Arbeitsmaterialien für die Finanzausgleichsverhandlungen 1987. Er erhob die Forderung, „ durch geeignete legistische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Ermittlung der Volkszahl in kürzeren Zeitabst ä nden, als dies das Volksz ä hlungsgesetz vorsieht “ ,39 zu ermöglichen. Diese Forderung begründete sich dahingehend, dass durch die Fluktuation der Wohnbevölkerung, wie sie damals als auch heute noch gegeben ist, viele Gemeinden mehrere Jahre ihre Ertragsanteile nicht in dem Ausmaß bekommen, der ihnen aufgrund der wachsenden Bevölkerungszahl zustehen würde (selbstverständlich auch umgekehrt). Deshalb sollte die für den Finanzausgleich wichtige Volkszahl in bedeutend kürzeren Abständen neu ermittelt werden.40 Dieser aus kommunalpolitischer Perspektive durchaus verständlichen und gerechtfertigten Forderung blieb bis dato allerdings auf Grund des damit verbundenen finanziellen und personellen Aufwandes der Erfolg versagt. Durch die in den vorangegangenen Jahren erfolgte Umstellung des österreichischen Meldesystems auf ein elektronisch erfasstes zentrales Melderegister (ZMR), könnte diese Forderung wieder neuen Nährboden erhalten und einer praktischen Durchführung zum Erfolg verhelfen.
2.4.2 Ausschließliche Gemeindeabgaben
In § 15 FAG 2001 findet sich eine demonstrative Aufzählung ausschließlicher Landes- und Gemeindeabgaben. Die ersten beiden Abgaben, die Grundsteuer und Kommunalsteuer, sind ausschließliche Gemeindeabgaben (wie § 15 Abs 2 bestimmt) und ihrem Ertrag zur Folge auch die Wichtigsten für die Gemeinden. Sie machengemeinsam etwa 77,5 %41 der ausschließlichen Gemeindeabgaben aus. Daher soll diesen beiden Abgaben in der Folge besondere Bedeutung beigemessen werden.
2.4.2.1 Die Grundsteuer
Die Grundsteuer besteht aus der Grundsteuer A auf land- und forstwirtschaftliches Vermögen und aus der quantitativ weitaus bedeutenderen Grundsteuer B auf Grundstücke. Die Einnahmen aus der Grundsteuer A beliefen sich 2001 auf ca. 28 Millionen Euro, aus der Grundsteuer B auf ca. 368,6 Millionen Euro.42 Die Grundsteuer ist durch ein eigenes Bundesgesetz, dem Grundsteuergesetz 1955 (GrStG 1955, BGBl 1955/149 idF BGBl 2001/59) geregelt, worin sich die Abgabenhoheit der Gemeinde darauf beschränkt, die Hebesätze bis zum vorgegebenen Höchstausmaß von 500 Prozent43 des aus dem Einheitswert, durch Anwendung der Steuermesszahlen des § 19 des Grundsteuergesetztes 1955, ermittelten Steuermessbetrages festzusetzen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Grundsteuerberechnung44
Der Einheitswert stellt in dieser Berechnung ein bereits vielfach kritisiertes Problem der Grundsteuer dar, da die letzte Hauptfeststellung des Grundvermögens im Jahre 1973 (Grundsteuer B) und 1988 (Grundsteuer A) durchgeführt wurde. Die Verkehrswerte der Grundstücke haben sich über den Lauf der Jahre verändert und entsprechen keinesfalls mehr den heutigen Wertverhältnissen.45 Die Einheitswerte bzw. auch die Anschaffungskosten für Gebäude werden mit dem Wert von 1973 bzw. 1988 valorisiert (exkl. linearer Anpassungen), der in keiner Weise den aktuellen Gegebenheiten mehr entspricht. Die Grundsteuererträge liegen somit weit unter den zu erwartenden Steuererträgen, wodurch ihr quantitativer Stellenwert sehr leidet. Die Höhe der Grundsteuer kann, je nach Festlegung des Hebesatzes, bis zu 1% des Einheitswertes betragen. Eine Erhöhung der Grundsteuereinnahmen kann daher nur über eine Erhöhung des Hebesatzes - falls dieser in der Gemeinde noch nicht erschöpft ist - bis zur Grenze von 500 % erfolgen oder aber auch über den Zuzug von Wohnbevölkerung (Wohnbau) bzw. Betrieben.
Ersteres ist abgesehen von der politischen Durchsetzbarkeit und vom politischen Willen grundsätzlich kein Problem, da die Anhebung der Hebesätze durch einen Beschluss der Gemeindevertretung erfolgen könnte.
Zweiteres hängt von der damit verbunden Erhöhung des Einheitswertes der Grundstücke (durch Errichtung von Wohnbauten bzw. Betriebsgebäuden) ab, wobei aber die 20jährigen Grundstückssteuerbefreiungen für Wohnbauten zu beachten sind. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass durch die ausstehenden Hauptfeststellungen der Einheitswerte bis jetzt keine adäquate Anpassung an die Verkehrswerte erfolgt ist und damit die Einnahmenzuwächse weit unter den Erwartungen zurückbleiben würden.
2.4.2.2 Die Kommunalsteuer
Mit 1.Jänner 1994 wurde die Kommunalsteuer eingeführt und ersetzte die bis dahin geltende Gewerbesteuer vom Gewerbeertrag und die Lohnsummensteuer. Sie ist die wichtigste Gemeindeabgabe mit einem Aufkommen von ca. 1.277 Millionen Euro und macht ca. 59 % der ausschließlichen Gemeindeabgaben aus.46 Auf Grund ihrer Bedeutung ist die Kommunalsteuer, obwohl sie eine ausschließliche Gemeindeabgabe ist, durch ein eigenes Bundesgesetz, dem Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG 1993, BGBl 1993/819 idF BGBl 2002/161) geregelt. Damit hat sich der Bundesgesetzgeber die Gesetzgebungshoheit vorbehalten, jedoch bedurfte dies einer Änderung des F-VG 1948, worin die Kommunalsteuer im § 7 Abs 3 F-VG 1948 als einzige Abgabe namentlich genannt ist und daher einen Sonderstatus innerhalb aller Abgaben genießt.47
Der Kommunalsteuer unterliegen alle Arbeitslöhne, die jeweils im Kalendermonat an die Dienstnehmer einer inländischen Betriebsstätte eines Unternehmens gewährt werden. Der Steuersatz beträgt 3 % der Bemessungsgrundlage und liegt nicht im Ermessen der Gemeinde sondern ist in § 9 KommstG 1993 festgelegt worden. Durch das Privileg der Gemeinden, diese quantitativ sehr bedeutende Steuer selbst verwalten und erheben zu dürfen,48 wird den Gemeinden ein Anreiz zur aktiven Beteiligung an der Wirtschaftspolitik gegeben. Durch den Konnex steigende Arbeitsplätze mit steigenden Kommunalsteuereinnahmen ergibt sich ein nicht unwesentlicher Beitrag zur aktiven Betriebsansiedlung, da Erfolge direkt im Gemeindebudget messbar und spürbar werden.
Die profitabelste Lösung zur Steigerung der Einnahmen ist somit die Ansiedlung von neuen Betrieben, womit hauptsächlich steigende Kommunalsteuereinnahmen als auch Grundsteuereinnahmen zusammenhängen. Deshalb wird dieser Aspekt Hauptgegenstand der theoretischen als auch empirischen Untersuchungen in dieser Arbeit werden.
2.5 Problematik bei Betriebsansiedlungen
Vordergründig könnten Betriebsansiedlungen als Allheilmittel für leere Haushaltskassen und defizitäre Kommunalbudgets angesehen werden. Außerdem wäre die Hauptforschungsfrage mit dieser Erkenntnis beinahe beantwortet, wenn nicht die Vorraussetzungen als auch Folgen von Betriebsansiedlungen berücksichtigt werden. Im Zuge der Literaturrecherche kristallisierten sich vier Hauptdeterminanten heraus, deren quantitative als auch qualitative Bestimmung wesentlich zum Erfolg oder Misserfolg der Steigerung der eigenen Einnahmen durch Betriebsansiedlungen beiträgt.
2.5.1 Konkurrenz und Standortmarketing
In der Regel ist die Anzahl der Standort- bzw. Flächenanbieter (alle 2359 Gemeinden49 ) weitaus höher als die Zahl der nachfragenden Unternehmen. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass zwischen den Kommunen eine natürliche Konkurrenz um Betriebe (Arbeitsplätze) und letztlich Steuereinnahmen entsteht. Die dadurch entstehende Konkurrenzsituation hat steigende Aufwände und Kosten für das Standortmarketing zu verantworten, damit sich die Kommunen untereinander differenzieren und voneinander abheben können. Die entstehenden Kosten werden meist unabhängig von den tatsächlichen Erfolgen (d.h. ohne Marketingcontrolling) als Fixkosten verbucht, die das Budget der Gemeinde zusätzlich belasten, ohne dass diesen direkte Erträge gegenüberstehen.
Hinzu kommt, dass durch die entstehende Konkurrenz und das Wissen der Grundeigentümer um den kommunalen Standortwettbewerb die Gefahr von nicht unerheblichen Bodenpreissteigerungen besteht.50
2.5.2 Flächenvorsorge
Die Bereitstellung entsprechend gewidmeter und erschlossener51 Gewerbe- und Industrieflächen zählt zu den wichtigsten und traditionellsten Formen kommunaler Wirtschaftsförderung. Ohne ausreichend verfügbare Flächen können keine Unternehmen angeworben noch angesiedelt werden. Wesentlich ist auch, unterschiedlich ausgestattete Flächen anzubieten, um kurzfristig auf betriebliche Wünsche und Anforderungen reagieren zu können. Damit in Verbindung steht eine langfristige und vorrausschauende Flächenvorsorge und aktive Bodenpolitik, die aber wiederum ausreichende Finanzmittel und finanzielle Spielräume in den Budgets voraussetzen.52 Gerade für kleinere und finanzschwächere Kommunen ergeben sich hierin erhebliche Schwierigkeiten, da bei jenen der Wille zur kommunalen Wirtschaftsförderung durchaus bestehen mag, jedoch der entscheidende Faktor - Geld - fehlt. Außerdem verfügen mittlere und kleinere Kommunen in dieser Materie über geringe personelle Kapazitäten und folglich auch Erfahrung um eine dementsprechende Politik zu verfolgen. Dieses Know-how Defizit stellt einen Wettbewerbsnachteil dar, auch wenn sich in diesen Kommunen unter Umständen die vorteilhafteren und besser ausgestatteteren Flächen befinden. Maßgeblich ist die Verfügungsgewalt über Flächen und Boden sowie die Bevorratung, um auf kurzfristig entstehende Nachfrage rasch und in der gewünschten Qualität reagieren zu können. Es müsste sogar soweit gehen, dass für verschiedene Anforderungen (Dienstleistung, Gewerbe, Handel, Industrie) eigene und am besten zusammenhängende Flächen gefunden, einer bestimmten Nutzung (Widmungen) zugeführt und dementsprechend vermarktet werden. Dabei ist natürlich auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten und die Trends am Immobilienmarkt Rücksicht zu nehmen, um sie in die Flächenstrategie der Gemeinde zu implementieren (z.B. in den letzten Jahren ging der Trend im Handel durch Filialisierung weg vom Geschossbau hin zum Flächen- bzw. Hallenbau, der bedeutend mehr Bodenressourcen verbrauchte).
2.5.3 Infrastruktur- und Erschließungskosten
Wenn eine Kommune den Entschluss zur aktiven Steigerung der Kommunalsteuereinnahmen durch bewusste und gezielte Betriebsansiedlungen gefasst hat, dabei auch noch über die in Kapitel 2.5.1 und 2.5.2 behandelten Kapazitäten und Ressourcen verfügt, bleibt trotzdem noch ein weiterer bedeutender finanzieller Aspekt offen - die Erschließungs- und Infrastrukturkosten. Diese Kosten umfassen die Bereitstellung von öffentlichen Einrichtungen, klassischerweise die physische Infrastruktur wie Verkehrsanbindung, Ver- und Entsorgungseinrichtungen, Strom, Telefon usw. Gerade bei neuentwickelten Flächen bzw. Flächen mit einer neuen Widmung fallen hohe Infrastrukturkosten an um diese überhaupt attraktiv und verwertbar zu machen. Investoren und Standortmanager von Firmen sind nur mehr auf der Suche nach optimal erschlossenen Flächen, die unverzüglich bewirtschaft- bzw. bebaubar sind. Dementsprechend hoch sind für Kommunen daher die Erst- und Investitionskosten in solche Grundstücke, da diese Investitionen, wenn nicht schon ein potentieller Abnehmer vorhanden ist, vorerst Fixkosten mit ungewissem Ertrag und Erfolg sind.
Die Vorhaltung öffentlicher Infrastruktureinrichtungen zählt ebenso zu den klassischen Instrumenten bzw. Maßnahmen kommunaler Wirtschaftsförderung (harte Standortfaktoren) und bleiben trotz der Zunahme der weichen bzw. personenbezogenen Standortfaktoren wesentliche Entscheidungsfaktoren für Unternehmen.53
Um sich daher in dieser „Liga“ bzw. auf diesem hohen Niveau als Standort etablieren zu können, ist die Aufbringung adäquater Finanzmittel dringend erforderlich. In mittleren bis kleineren Kommunen würde die Finanzierung der drei angesprochen Kostenpositionen aus den obigen Kapiteln54 erhebliche Belastungen auf das Haushaltsbudget nach sich ziehen und wäre unter gewöhnlichen Umständen55 nicht zu bewerkstelligen.
2.5.4 Kompensationseffekte
Vor dem beschriebenen Hintergrund steigender Kosten und Aufwendungen für eine aktive kommunale Wirtschaftspolitik bzw. -förderung, werden in diesem Kapitel die Folgen der wachsenden Einnahmen beschrieben, die in weiterer Folge den Schwerpunkt der Untersuchung in dieser Arbeit bilden werden.
Durch die Ansiedlung von neuen Betrieben in einer Gemeinde entstehen die vielfach gewünschten und angestrebten Kommunalsteuer- und Grundsteuerzuwächse, die das Budget und damit die freie Finanzspitze in den Gemeinden stärken. Ungeachtet dieser positiven Entwicklung beginnen, wenn auch zeitverzögert, die Instrumente und Ausgleichsmechanismen des primären, sekundären und tertiären Finanzausgleichs56 zu wirken. Durch die interkommunale Komponente des Finanzausgleichs bewirken Veränderungen beim Aufkommen einer Finanzkraftsteuer gegenläufige Effekte auf das Kommunalbudget.57 Als Finanzkraftsteuer werden diejenigen Steuern bezeichnet, die zur Definition von Finanzkraftbegriffen des Finanzausgleichsgesetzes herangezogen werden. Dies sind die Kommunalsteuer und die Grundsteuer. Die durch den Anstieg der Finanzkraftsteuern ausgelösten gegenläufigen Effekte werden als Kompensationseffekte bezeichnet, da die Mehreinnahmen, welche in einer Finanzausgleichsmechanismen kompensiert und ausgeglichen werden. Der tatsächliche steuerliche Nettoertrag aus Betriebsansiedlungen entspricht nicht der Differenz der Steuereinnahmen vor und nach der Betriebsansiedlung. Abbildung 3 verdeutlicht diesen finanzwirtschaftlichen Prozess mathematisch:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Steuerlicher Nettoertrag58
Die Art und Höhe der Kompensationseffekte werden durch verschiedene Regelungen, welche hauptsächlich auf die Finanzkraft bzw. auf die Finanzkraftsteuern abstellen, bestimmt. Zum besseren Verständnis werden die auftretenden Effekte nach ihrem Ursprung in der Finanzausgleichssystematik gegliedert. Es wird, je nach Notwendigkeit und Praktikabilität, Bezug zum Bundesland Steiermark genommen, da sich der empirische Teil ebenso auf ein Beispiel aus der Steiermark stützen wird.
2.5.4.1 Kompensationseffekte im primären Finanzausgleich
Die Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben werden nach Abzug der Bedarfszuweisungsmittel an die Länder (12,7 %59 ) in einem sechsstufigen Verteilungsvorgang auf die Gemeinden verteilt. Bereits in der ersten Stufe findet sich eine finanzkraftabhängige Regelung. Der §12 Abs 2 Z1 FAG 2001 sieht vor, dass Gemeinden, deren Finanzkraft im Vorjahr den Finanzbedarf nicht erreicht haben, 30 % des Unterschiedsbetrages zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft erhalten. Wie der Finanzbedarf und die Finanzkraft zu bestimmen sind legen in der Folge §12 Abs 3 und 4 fest.
Die Finanzkraft (§12 Abs 4 FAG 2001) des Vorjahres ergibt sich aus den Grundsteuererträgen des Vorjahres der jeweiligen Gemeinde unter Zugrundelegung eines Hebesatzes von 360 % und 39 % der tatsächlichen Erträge der Kommunalsteuer und der Lohnsummensteuer des zweitvorangegangenen Jahres.60 Der Finanzbedarf (§12 Abs 3 FAG 2001) definiert sich nach der Landesdurchschnittskopfquote der Finanzkraft des Vorjahres vervielfacht mit der abgestuften Bevölkerungszahl der Gemeinde. Die Landesdurchschnittskopfquote ergibt sich dabei aus der Finanzkraft (§12 Abs 4 FAG 2001) aller Gemeinden eines Bundeslandes, dividiert durch die Volkszahl des jeweiligen Landes.
Eine Erhöhung der Finanzkraft durch Bemühungen um Betriebsansiedlungen zieht in jedem Falle Kompensationseffekte mit sich, da Einbußen auf die Ertragsanteile nach Finanzkraft zu erwarten sind. Diese wirken aber nicht zu 100 %, da durch die Erhöhung insgesamt mehr Ertragsanteile zur Verteilung zur Verfügung stehen und daher auch die betroffene Gemeinde selbst mehr Ertragsanteile erhält. Der Kompensationseffekt wird dadurch abgeschwächt, wirkt aber trotzdem. Größere Gemeinden erhalten einen größeren Anteil an Ertragsanteilen nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel, wodurch bei diesen der Kompensationseffekt der gesamten Gemeindeertragsanteile weniger stark wirkt und sie dadurch insgesamt weniger Mittel verlieren können.61
SCHÖNBÄCK und SCHNEIDER haben für die Steiermark errechnet, dass im primären Finanzausgleich Kompensationseffekte von maximal 11,7 % wirken können, die aber gegen Null gehen, sobald die Gemeinde mit ihrer Finanzkraft den Finanzbedarf überschreitet.62 Abbildung 4 skizziert den beschriebenen Kompensationseffekt graphisch. Es ist zu betonen, dass es sich bei den folgenden Abbildungen (Abb. 4-6) zu den Kompensationseffekten um marginale Effekte handelt, d.h. sie beziehen sich schon auf Änderungen der Kommunalsteuer um 1 S (~0,72 Cent).
[...]
1 Vgl. Mießl, 2001, S.6.
2 Siehe im Anhang unter Anlage 3.
3 Quelle: Eigene Darstellung.
4 BGBl 1988/357.
5 Vgl. Hüttner/Pilz, 2000, S.69.
6 Präambel BGBl 1988/357.
7 Außerdem würde eine Vertiefung bzw. Erweiterung auf die Erträge aus dem Finanzausgleich den Umfang dieser Arbeit sprengen.
8 Art 13 B-VG spricht von Abgabenwesen, wohingegen Art 1 F-VG auf das Finanzwesen erweitert.
9 Vgl. Pernthaler, 1984, S.119.
10 Meist zwischen 4 und 6 Jahren.
11 Vgl. §§ 2 bis 4 F-VG 1948.
12 Vgl. §§ 5 bis 11 F-VG 1948.
13 Vgl. dazu § 6 F-VG.
14 Vgl. §§ 12 und 13 F-VG 1948.
15 Vgl. Staender, 2000, S.153.
16 Jede Gebietskörperschaft erhebt die Abgaben oder Gebühren selbständig nach ihrem politischen Ermessen. Es herrscht eine klare Aufgaben und Ausgabenverantwortung.
17 Ist der Überbegriff für föderalistische Finanzsysteme, deren gemeinsames Kennzeichen ist, dass die Steuerhoheit (= Abgabenregelung und -erhebung) bei einer Gebietskörperschaft liegt, während die übrigen Gebietskörperschaften am Steuerertrag beteiligt werden.
18 Vgl. Pernthaler, 1984, S.34f.
19 Bös/Genser/Holzmann, 1980, S.133.
20 Vgl. Grossekettler, 2002, S.75.
21 Vgl. Neuhofer, 1998, S.466.
22 Vgl. Hüttner, 2001, S.99.
23 Vgl. Lehner, 2001, S.208.
24 Vgl. Hüttner, 2001, S.100.
25 Siehe dazu die Erläuterungen zum Abschnitt I F-VG, Kap. 2.2, S.13.
26 Vgl. Neuhofer, 1998, S.434.
27 Quelle: Gemeinschaftliche Bundesabgaben 2001, Finanzministerium.
28 Das ist der abgestufte Bevölkerungsschlüssel nach §10 (9).
29 Vgl. Hüttner, 2001, S.98.
30 Siehe Kapitel 2.5.4.1.
31 Siehe dazu näher: Österreichischer Gemeindebund/Österreichischer Städtebund (Hrsg.), 2001, S.68-101.
32 Vgl. Schönbäck et.al., 2002, S. 87 und 138.
33 Vgl. Rossmann, 2002, S.138f.
34 Vgl. Schönbäck et.al., 2002, S.146.
35 siehe dazu Kapitel 2.1, S. 20.
36 Quelle: BMF: Entwicklung der Ertragsanteile der Gemeinden 1990-2002, 2003.
37 Quelle: Statistik Austria, 2003, S.133.
38 Vgl. Schneider, 1998, S.39.
39 Österreichischer Gemeindebund, 1987, S.60.
40 Vgl. ebenda, S.59.
41 Quelle: Statistik Austria, 2003, S.133, Eigene Berechnungen.
42 Quelle: Statistik Austria, 2003, S.133.
43 Siehe dazu § 16 Abs 1 FAG 2001.
44 Quelle: modifiziert übernommen aus: Madreiter, 1996, S.129.
45 Vgl. Hüttner, 2001, S.115f.
46 Quelle: Statistik Austria, 2003, S.133, Eigene Berechnungen.
47 Vgl. Taucher, 2002, S.158.
48 Vgl. §17 Abs 2 FAG 2001.
49 Quelle: Statistik Austria, Online im WWW unter URL: http://www.statistik.at/index.shtml [16.12.03]
50 Siehe dazu auch das folgende Kapitel 2.5.2.
51 Siehe dazu näher im folgenden Kapitel 2.5.3.
52 Vgl. Bauer/Brandl/Hutter, 1990, S.17.
53 Vgl. Richter, 1997, S.32f.
54 Kap. 2.5.1, 2.5.2, 2.5.3.
55 Daher ohne Auflösung von Rücklagen oder Verbrauch von Gemeindevermögen (Substanz).
56 Siehe dazu Kap. 2.3.1.1, 2.3.1.2, 2.3.1.3.
57 Vgl. Schneider, 1998, S. 39.
58 Quelle: Eigene Darstellung.
59 § 12 Abs 1 FAG 2001
60 Da die Lohnsummensteuer bereits 1993 abgeschafft und durch die Kommunalsteuer ersetzt wurde, handelt es sich hierbei nur mehr um Resteingänge, die sehr minimal und daher fast unbedeutend sind.
61 Vgl. Schneider, 1991, S.85ff.
62 Vgl. Schönbäck/Schneider, 1998, S.11.
- Quote paper
- Mag.(FH), MPA Josef Strohmaier (Author), 2004, Interkommunale Standortkooperation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87123
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