Rettungspflicht des Versicherungsnehmers und Rettungskostenersatzanspruch


Trabajo Universitario, 2006

18 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Rettungspflicht als Obliegenheit
2.1 Zweck
2.2 Beginn und Dauer
2.2.1 Versicherungsfall
2.2.2 Vorerstreckungstheorie
2.3 Inhalt der Rettungsobliegenheit
2.3.1 Grundsatz der Selbstverantwortlichkeit
2.3.2 Schadenbegriff
2.3.3 Weisungen des VRs
2.3.3.1 Definition Weisung
2.3.3.2 Weisungserteilung
2.3.3.3 Weisungsbefolgung
2.3.4 Rechtsfolgen bei Obliegenheitsverletzung
2.3.4.1 Vorsatz
2.3.4.2 Grobe Fahrlässigkeit
2.3.4.3 Beweislast
2.4 Abdingbarkeit

3 Rettungskostenersatzanspruch
3.1 Zweck
3.2 Voraussetzungen für die Erstattung von Rettungskosten
3.3 Maximierung
3.3.1 Rettungsmaßnahmen ohne Weisung des VR
3.3.2 Rettungsmaßnahmen mit Weisung des VR
3.3.3 Unterversicherung
3.3.4 Selbstbeteiligung
3.4 Teilersatz
3.5 Vorschuss
3.6 Fälligkeit
3.7 Verjährung
3.8 Beweislast
3.9 Abdingbarkeit

4 VVG-Reform
4.1 Abwendung und Minderung des Schadens
4.2 Aufwendungsersatz
4.3 Sonstiges

5 Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Entschädigungsleistung bei UnterVS
Abb. 2: Arten von Selbstbehalten
Abb. 3: Abstufung bei grober Fahrlässigkeit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Was würden die Menschen tun, gäbe es keine Versicherungen, um alles Hab und Gut gegen die Gefahren des täglichen Lebens zu schützen? Was würde jeder Einzelne tun, wenn z.B. ein Feuer ausbräche und alles zu zerstören drohte, was ihm gehört und er sich hart im Laufe der Zeit erarbeitet hat? – Er würde sicherlich versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten, indem er die Feuerwehr ruft oder versucht, das Feuer mit einem Feuerlöscher zu löschen. Dennoch ist der Mensch grundsätzlich bequemer Natur in seinem Handeln und Denken. Ist das Hab und Gut rundum versichert, kann auch ein Feuer kein existenzielles Problem darstellen – zumindest in der Denkweise des Versicherten. Doch wie ergeht es dem Versicherer, wenn kein Einziger mehr daran denkt, einen Schaden abzuwenden oder so gering wie möglich zu halten, wie er es auch ohne eine Versicherung tun würde? Rettungspflichten verhindern eine ausufernde Bequemlichkeit der Versicherten und bieten zugleich einen Anreiz, entsprechende Rettungsmaßnahmen zu ergreifen.

2 Rettungspflicht als Obliegenheit

Obliegenheiten bestimmen Verhaltensregeln, die der VN in gewissen Situationen zu befolgen hat. Es handelt sich also um Verhaltenspflichten, die zwar nicht eingeklagt werden können, aber bei Nichtbefolgen durchaus rechtliche Nachteile mit sich ziehen können (z.B. Leistungsfreiheit des VR). Die Rettungspflicht ist in

§ 62 VVG geregelt und beschreibt die Pflicht des VN einen Schaden abzuwenden und zu mindern.

2.1 Zweck

Die Rettungspflicht des VN ist Ausdruck des Grundsatzes von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB: Vom VN wird erwartet, dass er sich so verhält, als sei er nicht versichert[1]. Insbesondere soll der VN dazu angehalten werden, die Entwicklung des Schadens mit Blick auf die bestehende Deckung nicht sich selbst zu überlassen, sondern in jedem Fall um seine Abwendung oder Eindämmung bemüht zu sein, d. h. die sich hierfür anbietenden und zumutbaren Möglichkeiten, die generell geeignet sind, einen Schaden abzuwenden oder zu mindern, nicht unversucht zu lassen[2]. Im Prinzip verpflichtet das VVG nach § 62 den VN zur Schadenabwendung und -minderung, sanktioniert die Missachtung der Obliegenheit mit Leistungsfreiheit und honoriert die Erfüllung der Rettungspflicht mit Kostenerstattung nach § 63 VVG[3]. Der VN muss sich so verhalten, wie sich jeder Unversicherte und selbständig denkende Mensch verhalten würde[4].

2.2 Beginn und Dauer

Die Schadenabwendungs- und -minderungspflicht beginnt gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 VVG bei Eintritt des VSfalles. Der Wortlaut im § 62 Abs. 1 Satz 1 VVG ist z.T. mehrdeutig und strittig. Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Rettungsobliegenheit beginnt mit Eintritt des VSfalles. Bei der sog. Vorerstreckungstheorie (s. 2.2.2) wird davon ausgegangen, dass die Rettungsobliegenheit bereits vor Eintritt des VSfalles beginnt[5].

2.2.1 Versicherungsfall

Die Bestimmung des im VVG nicht geregelten Begriffs des VSfalles richtet sich nach der Festlegung in den jeweilig zugrunde liegenden AVB[6]. Zunächst könnte der Versicherungsfall als Schadenereignis definiert werden, z.B. in der HaftpflichtVS mit dem Beginn des Ereignisses, das Haftpflichtansprüche gegen den VN auslösen könnte[7].

2.2.2 Vorerstreckungstheorie

Hier wird der Beginn der Rettungsobliegenheit nicht auf den Eintritt des VSfalles abgestellt, sondern es wird als ausreichend gesehen, wenn ohne Rettungsmaßnahmen ein versicherter Schaden unabwendbar wäre oder mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb kurzer Zeit eintreten würde, der VSfall also unmittelbar droht[8]. Der Beginn der Rettungspflicht wird demnach auf einen früheren Zeitpunkt vorerstreckt[9]. In der Sachversicherung lässt sich dieses auch wie folgt begründen: Ist der Schaden bereits eingetreten, ist i.d.R. eine Schadenabwendung nicht mehr möglich[10]. Nach einer Grundsatzentscheidung des BGH aus dem Jahr 1991 (IV ZR 202/90) zu einem Wildschaden, wurde die Vorerstreckungstheorie für die SachVS anerkannt. Dies wurde in weiteren neueren Entscheidungen bestätigt

(z.B. OLG Köln Urteil vom 30.04.2002, 9U 110/01).

In der HaftpflichtVS hat sich der BGH gegen eine Vorerstreckung ausgesprochen[11]. Sachlich begründet wird dieses mit § 152 VVG: Bei vorsätzlicher Herbeiführung des VSfalls haftet der VR nicht. Nach § 62 VVG würde bereits eine grob fahrlässige Verletzung der Rettungsobliegenheit zur Leistungsfreiheit des VR führen. Im Falle der Vorerstreckung in der HaftpflichtVS bedeutet dies konkret, dass eine grob fahrlässige Verletzung der vor Eintritt des VSfalles einsetzenden Rettungsobliegenheit gemäß § 62 VVG zur Leistungsfreiheit des VR führen könnte. Die möglicherweise hierin gleichzeitig liegende Herbeiführung des VSfalles hätte dagegen gemäß § 152 VVG erst bei Vorsatz des VN die Leistungsfreiheit zur Folge[12]. Demnach soll es in diesem Fall bei der für den VN günstigeren Rechtsfolge bleiben[13].

2.3 Inhalt der Rettungsobliegenheit

2.3.1 Grundsatz der Selbstverantwortlichkeit

Der VN soll nach § 62 VVG dazu gebracht werden, nichts unversucht zu lassen, im Rahmen seiner zumutbaren Möglichkeiten den Schaden abzuwenden oder einzudämmen[14]. Eine exakte Abgrenzung der Abwendung von der Minderung des Schadens ist nicht notwendig[15]. Konkrete Maßnahmen können sich aus Weisungen des VR ergeben.

2.3.2 Schadenbegriff

Der VN hat für die Abwendung und Minderung des Schadens, nicht des VSfalles, zu sorgen[16]. Der VN muss zu Gunsten des VR Rettungsmaßnahmen ergreifen, um die VSentschädigung und den Rettungskostenersatz zu erhalten. Insofern umfasst der Schadenbegriff den eigentlichen VSschaden und die vom VR zu ersetzenden Kosten[17].

2.3.3 Weisungen des VR

Der VN hat gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 VVG Weisungen des VR zur Schadenabwendung und –minderung zu befolgen[18].

2.3.3.1 Definition Weisung

Die Weisung i.S.v. § 62 VVG ist eine formlose, einseitige, empfangsbedürftige Erklärung, die die Rettungspflicht konkretisiert[19]. Die Weisung kann ein Tun oder Unterlassen vorgeben[20].

2.3.3.2 Weisungserteilung

Weisungen können schon bei Vertragsabschluss, in den AVB oder nach dem VSfall erteilt werden[21]. Der Obliegenheit, Weisungen des VR einzuholen, genügt i.d.R. eine vollständige Schadensanzeige[22]. Erteilt der VR keine Weisung, verbleibt es bei der Rettungsobliegenheit[23].

2.3.3.3 Weisungsbefolgung

Weisungen des VR sind vom VN zu befolgen. Hält der VN eine Weisung für unzweckmäßig, darf er die Weisung nicht gänzlich ignorieren, sondern hat dem VR seine Bedenken darzulegen. Weisungen, die zu einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit führen, sittenwidrig o.ä. sind, müssen nicht befolgt werden[24].

2.3.4 Rechtsfolgen bei Obliegenheitsverletzung

2.3.4.1 Vorsatz

Bei vorsätzlicher Verletzung der Rettungspflicht ist der VR gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 VVG leistungsfrei[25]. Der Vorsatz setzt die Kenntnis vom Eintritt des VSfalles und das Wollen der Obliegenheitsverletzung voraus[26]. Es gilt das Alles- oder Nichts-Prinzip , d.h. der VN bekommt weder die VSentschädigung noch den Rettungsaufwand erstattet.

2.3.4.2 Grobe Fahrlässigkeit

Voraussetzung der groben Fahrlässigkeit ist, dass der VN die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und unbeachtet gelassen hat[27]. Bei grober Fahrlässigkeit tritt die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit nicht automatisch ein: Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 VVG muss Kausalität des schuldhaften Verhaltens vorliegen[28], d.h., der VR ist nur dann leistungsfrei, wenn die Obliegenheitsverletzung relevant für den eingetretenen VSfall war[29]. Die Entschädigung des VR wird um den Teil des Schadens gekürzt, den der VN durch entsprechende Erfüllung der Rettungspflicht hätte vermeiden können[30].

[...]


[1] Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragesrecht, Rn. 237

[2] Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 2; BGH VersR 1972, 1039, 1040; OLG Hamburg VersR 1984, 1088, 1089

[3] vgl. Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragsrecht, Rn. 238

[4] vgl. Volker Stange, 1995, Rettungsobliegenheiten und Rettungskosten i. Versicherungsrecht, S. 1

[5] vgl. Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 39

[6] Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 38

[7] Prölss / Martin, 2004, § 62 Rn. 2

[8] vgl. Prölss / Martin, 2004, § 62 Rn. 3

[9] vgl. Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragsrecht, Rn. 239

[10] vgl. Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragsrecht, Rn. 241

[11] BGH-Urteil vom 18.01.1965 – II ZR 135/62; VersR 1965, 625; vgl. Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragsrecht, Rn. 240, vgl. Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 40

[12] Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 41

[13] vgl. Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragsrecht, Rn. 240

[14] vgl. Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragsrecht, Rn. 244

[15] vgl. Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 8

[16] vgl. Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 11, OLG Düsseldorf VersR 1975, 462

[17] vgl. Volker Stange, 1995, Rettungsobliegenheiten und Rettungskosten i. Versicherungsrecht, S. 60/61

[18] vgl. Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragsrecht, Rn. 246

[19] vgl. Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragsrecht, Rn. 246; Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 29

[20] vgl. Volker Stange, 1995, Rettungsobliegenheiten und Rettungskosten i. Versicherungsrecht, S. 98

[21] vgl. Prölss / Martin, 2004, § 62 Rn. 26

[22] vgl. Prölss / Martin, 2004, § 62 Rn. 24

[23] vgl. Volker Stange, 1995, Rettungsobliegenheiten und Rettungskosten i. Versicherungsrecht, S. 109

[24] vgl. Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 32

[25] vgl. Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragsrecht, Rn. 247

[26] vgl. Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 50

[27] vgl. Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 51

[28] vgl. Volker Stange, 1995, Rettungsobliegenheiten und Rettungskosten i. Versicherungsrecht, S. 126

[29] vgl. Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 62 Rn. 54

[30] vgl. Schimikowski, 2004, Versicherungsvertragsrecht, Rn. 248

Final del extracto de 18 páginas

Detalles

Título
Rettungspflicht des Versicherungsnehmers und Rettungskostenersatzanspruch
Calificación
1,3
Autor
Año
2006
Páginas
18
No. de catálogo
V86882
ISBN (Ebook)
9783638027472
ISBN (Libro)
9783638926614
Tamaño de fichero
449 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Rettungspflicht, Versicherungsnehmers, Rettungskostenersatzanspruch
Citar trabajo
Tanja Oberem (Autor), 2006, Rettungspflicht des Versicherungsnehmers und Rettungskostenersatzanspruch, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86882

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