In der königlichen Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. entwickelte sich das preußische Offizierskorps zu einem der Fundamente des gesamtstaatlichen Ethos des frühmodernen Soldatentums. Unbedingte Treue zum preußischen König, eine exzellente Aus- und Fortbildung soldatischer Tugenden sowie ein gesteigertes soziales Ansehen – vor allem der Offiziere in der Öffentlichkeit – prägten den Wandel dieser Zeit. Dies wurde besonders in dem seit 1713 von König Friedrich Wilhelm I. forcierten Reformwerk in Bezug auf rationale Religiosität und funktionalistischem Staatsgebilde deutlich und ließ das Bild des preußischen Landesherrn als Soldatenkönig entstehen. An der Spitze jener soldatischen Ausprägungen stand das Regiment Gens d´Armes , dem der König selbst als Kommandeur vorstand. Stolz, Ehre und Kronloyalität bildeten die Basen des Gens d´Armes, in dem den Offizieren in besonderer Weise die Anerkennung der preußischen Gesellschaft anheim wurde.
Bekanntlich entsprang gerade diesem Regiment einer der Hauptschuldigen des Prozesses, der in erheblichem Maße den Konflikt Friedrich Wilhelms I. mit seinem Sohn und Thronfolger Friedrich verdeutlichte. Der Leutnant der Gens d´Armes Hans Hermann von Katte galt als engster Vertrauter Friedrichs und schon bald als Mitwisser und -täter der Pläne des Königssohnes. Denn der Kronprinz konnte und wollte die Erziehungsmethoden des preußischen Königs einerseits und die hohen Ansprüche der soldatischen Tugenden andererseits nicht internalisieren. Gleichsam entwickelte sich aus jenem familiären Konflikt die schwierigste innenpolitische Krise des jungen Preußen in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. Diese setzte mit dem gescheiterten Fluchtversuch des preußischen Kronprinzen am 5. August 1730 in Steinsfurth ein und gipfelte kaum drei Monate später in der Hinrichtung des Freundes des Thronfolgers – eben jenem Gardekürassier-Offizier Katte. Vor allem die Rolle des engsten Vertrauten Friedrichs in dem vermeintlichen Desertionskomplott sowie die juristische Umsetzung des preußischen Kriegsrechtes und die besondere Funktion Friedrich Wilhelms I. als oberster Gerichtsherr sollen daher im Folgenden betrachtet und interpretiert werden.
Vor diesem Hintergrund bricht die vorliegende Ausarbeitung die Ausprägung bisheriger Forschungsergebnisse in Bezug auf den Katteprozess.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Arrest der vermeintlichen Deserteure
- Die königliche Untersuchungskommission und der Kronprinz in Küstrin
- Die Verhöre des Hans Hermann von Katte in Berlin
- Desertion oder Desertionskomplott - Das preußische Kriegsrecht
- Das königliche Kriegsgericht und die Rolle des Königs
- Verhandlungen - Die Urteile der Offiziere.
- Die Verschärfung des Katte-Urteils durch Friedrich Wilhelm I.
- Die Hinrichtung Kattes als Mittel der Bekehrung?
- Schlussteil
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Ausarbeitung analysiert den Katteprozess und beleuchtet die Rolle des Leutnants Hans Hermann von Katte im Kontext des vermeintlichen Desertionskomplotts. Sie untersucht die juristische Umsetzung des preußischen Kriegsrechts und die Funktion Friedrich Wilhelms I. als oberster Gerichtsherr. Dabei geht es um die Frage, ob der Prozess im Sinne eines Justizmordes erfolgte oder ob das Urteil auf der Grundlage des geltenden Kriegsrechts gefällt wurde.
- Die Rolle von Hans Hermann von Katte als engstem Vertrauten des Kronprinzen Friedrich
- Die Anwendung des preußischen Kriegsrechts im Katteprozess
- Die Bedeutung der Hinrichtung Kattes für die Aufrechterhaltung der Kronloyalität im preußischen Militär
- Die Beziehung zwischen Friedrich Wilhelm I. und seinem Sohn, dem Kronprinzen Friedrich
- Die Frage, ob die Hinrichtung Kattes als Justizmord oder als rechtmäßige Strafverfolgung angesehen werden kann
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den historischen Kontext des Katteprozesses dar und skizziert die Bedeutung des preußischen Militärwesens in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. Sie erläutert die Rolle des Regiments Gens d'Armes und die enge Beziehung zwischen dem Kronprinzen Friedrich und Hans Hermann von Katte.
- Der Arrest der vermeintlichen Deserteure: Dieses Kapitel beschreibt die Ereignisse, die zum Arrest des Kronprinzen Friedrich und des Leutnants von Katte führten. Es beleuchtet die Rolle der königlichen Untersuchungskommission und die Verhöre von Katte in Berlin.
- Desertion oder Desertionskomplott - Das preußische Kriegsrecht: Dieses Kapitel untersucht die rechtliche Grundlage des Katteprozesses und analysiert die relevanten preußischen Kriegsartikel.
- Das königliche Kriegsgericht und die Rolle des Königs: Dieses Kapitel schildert die Verhandlungen des Kriegsgerichts und die Urteile der Offiziere. Es beleuchtet die Verschärfung des Katte-Urteils durch Friedrich Wilhelm I. und die Frage, ob die Hinrichtung Kattes als Mittel der Bekehrung des Kronprinzen dienen sollte.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter, die diesen Prozess und seine Bedeutung widerspiegeln, umfassen: Katteprozess, preußisches Kriegsrecht, Kronloyalität, Desertion, Justizmord, Friedrich Wilhelm I., Kronprinz Friedrich, Gens d'Armes, Untersuchungskommission, Kriegsgericht, Hinrichtung.
- Quote paper
- Holger Skorupa (Author), 2007, Der Katteprozess – Justizmord oder Gesetzestreue? Eine strafrechtliche Interpretation der Urteile und deren Umsetzung in Bezug auf die preußischen Kriegsartikel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86752