1.Definition Sprechapraxie
Die Sprechapraxie wird im Allgemeinen definiert als zentralmotorische Störung des Sprechens (vgl. Böhme 2003, 348). Im Gegensatz zur Dysarthrie ist die Sprechapraxie eine artikulatorische Störung, hervorgerufen durch eine Beeinträchtigung der sprechmotorischen Programmierung. „Betroffen ist die Transformation des Outputs von der (abstrakten) phonologischen Ebene zur (konkreten) motorischen Ebene (Aichert/ Staiger 2005, 1)“. Laut Darley et al. ist die Fähigkeit, willentlich die Positionen der Sprechmuskulatur zur Produktion von Phonemen zu programmieren, gestört. Das Gleiche gilt für die Programmierung von Bewegungssequenzen für die Produktion von Wörtern (vgl. Darley, Aronson & Brown 1975 zit. nach Aichert/ Staiger 2005, 3).
Poeck definiert die Apraxie allgemein als „ ...eine Gruppe von Störungen, die das Ausführen von Bewegungen oder Bewegungsfolgen sowie das zweckmäßige Hantieren von Objekten betreffen, und die nicht durch Lähmung, Ataxie, Dyskinesie, Sensibilitätsstörung oder Beeinträchtigung im Sprachverständnis oder im Erkennen von Objekten bedingt sind (Poeck 2002, zit. nach Aichert/ Staiger 2005, 3)“.
Die Sprechapraxie gilt heutzutage als eigenständiges Syndrom und wird klinisch abgegrenzt von aphasischen Störungen, Dysarthrien und bukkofazialen Apraxien (vgl. Aichert/ Staiger 2005, 3), sowie ganz allgemein von den Gliedmaßenapraxien, die in sich noch unterteilt werden in Gangapraxien, Ankleideapraxien, konstruktive Apraxien (Probleme beim Abzeichnen und Konstruieren) und unimodale Apraxien (vgl. Pritzel et al. 2003, 262).
Traditionell wird unterschieden zwischen der ideomotorischen und der ideatorischen Apraxie.
Dies geht zurück auf die Anfänge der Apraxie- Forschung durch H. Liepmann zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Der ideatorischen Apraxie liegt, so die ursprüngliche Bedeutung, das Fehlen eines Plan der Bewegung zugrunde. Sie wird also bezogen auf den Entwurf einer Handlung.
Der Begriff der ideomotorischen Apraxie beschreibt ganz allgemein eine Störung von Handlungen ohne Objekte. Dies bezieht sich zum Beispiel auf die Produktion kommunikativer Gesten oder das Imitieren von Bewegungen (vgl. Aichert/ Staiger 2005, 3).
Hier ist die Umsetzung eines Entwurfs oder Plans in ein motorisches Programm gestört (vgl. Pritzel et al. 2003, 262).
Die Sprechapraxie wird der Gruppe der ideomotorischen Apraxien zugeordnet.
Inhaltsverzeichnis
- Definition Sprechapraxie
- Ätiologie und Lokalisation
- Symptomatik
- Störungen der Lautbildung
- Phonetische Entstellungen und entstellte Phonemfehler
- Phonematische Paraphasien
- Inkonstanz und Inkonsistenz der Fehler
- Inseln störungsfreier Produktion
- Störungen der Prosodie
- Auffälligkeiten im Sprechverhalten
- Störungen der Lautbildung
- Einflussfaktoren
- Diagnostik
- Abgrenzung zu Aphasie und Dysarthrie
- Klinische Diagnostik
- Interview
- Hierarchische Wortlisten- Ein Screeningverfahren
- Therapie
- Sprechapraxietherapie mit Hilfe taktil- kinästhetischer Hinweisreize
- Andere therapeutische Verfahren
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Sprechapraxie, einer neurogenen Sprachstörung, die die Artikulation betrifft. Sie analysiert die Definition, Ätiologie, Lokalisation, Symptomatik, Einflussfaktoren, Diagnostik und Therapie der Sprechapraxie.
- Definition und Abgrenzung der Sprechapraxie von anderen neurogenen Sprachstörungen
- Ursachen und Lokalisation der Sprechapraxie im Gehirn
- Symptome der Sprechapraxie auf der Ebene der Lautbildung, Prosodie und des Sprechverhaltens
- Einflussfaktoren und diagnostische Verfahren zur Identifizierung der Sprechapraxie
- Verschiedene Therapieansätze für die Behandlung von Sprechapraxie
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel definiert die Sprechapraxie als eine zentrale motorische Störung des Sprechens, die die sprechmotorische Programmierung betrifft. Es werden verschiedene Definitionen von Apraxie und Sprechapraxie vorgestellt und die Abgrenzung zu anderen Sprachstörungen, wie Aphasie und Dysarthrie, erläutert.
Kapitel zwei beleuchtet die Ätiologie und Lokalisation der Sprechapraxie. Es wird dargestellt, dass zerebrovaskuläre Erkrankungen die häufigste Ursache für Sprechapraxie sind, während Schädel-Hirn-Traumen, Tumoren oder degenerative Erkrankungen seltener vorkommen. Die Lokalisation der Läsion wird im Bereich der sprachdominanten Hemisphäre, insbesondere im Broca-Areal und der vorderen Inselrinde, vermutet.
Kapitel drei beschreibt die Symptomatik der Sprechapraxie auf drei Ebenen: Lautbildung, Prosodie und Sprechverhalten. Typische Symptome auf der Ebene der Lautbildung sind phonetische Entstellungen, Phonemfehler, Inkonstanz und Inkonsistenz der Fehler sowie Inseln intakter Sprachproduktion. Auf der Ebene der Prosodie werden Störungen wie silbisches Sprechen, Unterbrechung des Redeflusses, Verlangsamung der Sprechgeschwindigkeit, Reduktion von Akzentkontrasten und Nivellierung von Intonationsmustern beobachtet. Auffälligkeiten im Sprechverhalten beinhalten sichtbare Suchbewegungen, hör- und sichtbare Sprechanstrengung, erkennbare Unzufriedenheit mit der eigenen Leistung und Fehlversuche sowie Selbstkorrekturen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind Sprechapraxie, neurogene Sprachstörung, Artikulation, Ätiologie, Lokalisation, Symptomatik, Einflussfaktoren, Diagnostik, Therapie, Broca-Areal, vordere Inselrinde, Dysarthrie, Aphasie, phonetische Entstellungen, Phonemfehler, Prosodie, Sprechverhalten.
- Quote paper
- Maria Rothe (Author), 2005, Sprechapraxie. Symptome, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86624