Alexander Kluges Filme sind nicht einfach zu verstehen. Die meisten Menschen sind bei deren Betrachten nach einiger Zeit verwirrt und oft gelangweilt, da sie keinen Sinn zu erkennen vermögen.
Dies liegt vor allem daran, dass die Erzählweise und die Art der Bedeutungskonstruktion nicht den Konventionen typischer Hollywoodnarration entsprechen. "So läuft das Prinzip der auslassenden Kürze [...] der klassischen Spielfilmdramaturgie extrem zuwider", wodurch der Zuschauer ständig aus dem Erzählfluss herausgerissen wird und dazu gezwungen wird, die Handlungskontinuität selbst zu assoziieren. (Barg 1996, S.101). Völlig unvorbereitete Zuschauer fühlen sich hierbei jedoch zumeist maßlos überfordert, besonders, wenn das von Kluge vorausgesetzte historische und politische Wissen nicht vorhanden ist.
Kluges Filme zeichnen sich besonders durch die Vermischung von verschiedenen Materialien aus. Sie sind daher nicht einzuordnen in die üblichen Kategorien wie Spielfilm oder Dokumentation, sondern sind Mischformen, die sich aus der Zusammenstellung der unterschiedlichsten Materialien aus verschiedenen Medien ergeben. So montiert Kluge häufig eine Abfolge von Photos, Zeichnungen, dokumentarischen Aufnahmen und gestellten spielfilmartigen Sequenzen hintereinander. Die Filme wirken daher wie ein patchwork, bei dem alles an der Oberfläche bleibt und "der Sinn durch die Spannung dazwischen, durch die Diktion des "Zusammengenähten" entsteht". (Jacobsen 1993, S.230) .
In diesen als Materialsammlungen gedrehten Filmen wird Sinn durch extrem bildhafte Sprache und assoziative oder kontrastierende Montage aufgebaut. So erzeugt Kluge starke visuelle Metaphern, deren Untersuchung und Entschlüsselung für das Allgemeinverständnis des Films von Bedeutung ist. In meiner Arbeit werde ich es mir zur Aufgabe machen, anhand der Vielzahl der Metaphern einige grundlegende Muster der Bedeutungskonstruktion herauszufiltern. Diese Muster sollten dann als Verständnishilfe auch auf andere Filme Kluges angewandt werden können und den Umgang mit ihnen erleichtern.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Alexander Kluge, der Zuschauer und die Aufgabe des Films
- ABSCHIED VON GESTERN
- Kurze Inhaltsangabe
- Formale Merkmale
- Die visuellen Metaphern bei Alexander Kluge
- Allgemeine Erklärungen zur filmischen Metapher
- Beispiele verschiedener Metaphern
- Drehscheibe Rhein-Main: Übertragung einer literarischen Metapher
- Assoziative Montage: Der Hase als symbolisches Bindeglied
- Kontrastierende Montage: Restaurantszene
- Kamerabewegung als Ausdruck innerer Zustände
- Verzerrung durch Zeitraffer und Stauchung des Bildes
- Figuren- und Milieucharakterisierung durch mise-en-scène
- Die Muster der Bedeutungskonstruktion
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die visuellen Metaphern in den Filmen von Alexander Kluge, insbesondere im Film ABSCHIED VON GESTERN. Ziel ist es, die Bedeutungskonstruktion in seinen Filmen zu analysieren und grundlegende Muster zu identifizieren, die als Verständnishilfe für andere Filme Kluges dienen können. Die Arbeit beleuchtet, wie Kluges Filme den Zuschauer zum aktiven Denken und zur eigenen Interpretation anregen.
- Die Rolle des Zuschauers bei der Bedeutungsproduktion
- Die Vermischung von verschiedenen Materialien in Kluges Filmen
- Die Bedeutung visueller Metaphern für das Verständnis von Kluges Filmen
- Die Muster der Bedeutungskonstruktion in Kluges Filmen
- Die Analyse von konkreten Metaphernbeispielen aus ABSCHIED VON GESTERN
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit vor und erläutert die besondere Herausforderung, die Kluges Filme für den Zuschauer darstellen. Sie beschreibt die Abweichung von den Konventionen des klassischen Spielfilms und die Bedeutung visueller Metaphern für die Sinnkonstruktion in Kluges Filmen.
Kapitel 2 beleuchtet die Rolle des Zuschauers und die Zielsetzung, die Alexander Kluge mit seinen Filmen verfolgt. Es wird diskutiert, wie Kluge den Zuschauer zum aktiven Denken und zur eigenen Interpretation anregen möchte.
Kapitel 3 bietet eine kurze Inhaltsangabe und Analyse der formalen Merkmale von ABSCHIED VON GESTERN. Es beschreibt die spezifische Ästhetik des Films und stellt den Kontext für die anschließende Metaphernanalyse dar.
Kapitel 4 analysiert die visuellen Metaphern in den Filmen Alexander Kluges. Es werden verschiedene Arten von Metaphern anhand von konkreten Beispielen aus ABSCHIED VON GESTERN und DER ANGRIFF DER GEGENWART AUF DIE ÜBRIGE ZEIT erläutert. Die Analyse zeigt auf, wie Kluge durch die Verwendung von Metaphern eine vielschichtige und komplexe Bedeutungsebene in seinen Filmen erzeugt.
Kapitel 5 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und zeigt die Relevanz der gewonnenen Erkenntnisse für das Verständnis von Kluges Filmen auf.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit visuellen Metaphern, filmischer Sprache, assoziativer Montage, kontrastierender Montage, Bedeutungskonstruktion, Alexander Kluge, ABSCHIED VON GESTERN, DER ANGRIFF DER GEGENWART AUF DIE ÜBRIGE ZEIT, Zuschauerrolle, Filmtheorie, New German Cinema.
- Quote paper
- Claudia Schnurbus (Author), 2002, Die visuellen Metaphern in den Filmen Alexander Kluges, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8656