"Warum ist die negative Hauptperson so viel interessanter als der positive Held? Sie wird kritisch dargestellt."
(Bertolt Brecht)
Identifikationsfiguren lehnt Brecht in seiner Theatertheorie strikt ab. Der Identifikationsprozess lullt den Zuschauer seiner Meinung nach ein, hält ihn in einer Art Trancezustand gefangen. Er soll das auf der Bühne dargestellte aber aktiv und mit seinem Verstand erleben. Der Zuschauer soll zum Umdenken und zum Handeln gebracht werden, allerdings nicht aus Mitleid, sondern aus einem Lernprozess heraus. "Ein Publikum, das diesen hypnotischen Wirkungen von Illusion und Identifizierung ausgesetzt ist, mag, so argumentiert Brecht, das Theater seelisch erfrischt verlassen,; es wird jedoch intellektuell nichts gelernt haben und daher moralisch unverbessert sein."
Ich möchte in meiner Arbeit der Frage nach der Identifikation in den von Arbeitergruppen gespielten Lehrstücken nachgehen, wobei ich untersuchen will, was den Identifikationsprozess ersetzen soll und wie das Einüben des Lehrstücks ohne das direkte Annehmen einer Rolle funktioniert.
Ich möchte zunächst die politische und biographische Situation, in der Brecht die Lehrstücke geschrieben hat, darstellen und die neuen Möglichkeiten für das Arbeitertheater auch im Unterschied zu der Theorie des Epischen Theaters herausarbeiten. Dann werde ich mich mit der Problematik der Identifikation im Lehrstück und seiner Einübung in der Laienspielgruppe befassen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Neue Formen eines Arbeitertheaters:
- a) Der marxistische Brecht
- b) Das Lehrstück
- III. Die Frage nach der Identifikation: Der Zuschauer als Schauspieler
- IV. Zusammenfassung
- V. Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Frage nach der Identifikation in Brechts Lehrstücken, die von Arbeitergruppen aufgeführt werden. Sie analysiert, welche Mechanismen die Identifikation ersetzen sollen und wie das Einüben des Lehrstücks ohne das direkte Annehmen einer Rolle funktioniert. Die Arbeit beleuchtet Brechts marxistische Position und die Entwicklung des Lehrstückmodells als eine Form des Arbeitertheaters.
- Brechts Theorie des Epischen Theaters und die Kritik an der Identifikation im traditionellen Theater
- Die Funktion des Lehrstücks als Mittel der politischen Bildung und der Einfluss des Marxismus auf Brechts Werk
- Das Lehrstück als Laientheaterform und die Bedeutung des Engagements von Arbeitergruppen
- Die Problematik der Identifikation im Lehrstück und die Suche nach alternativen Formen der Zuschauerbeteiligung
- Die Rolle des Zuschauers als aktiver und kritischer Beobachter im Lehrstück
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Die Einleitung führt in die Thematik der Identifikation im Theater ein und stellt Brechts Kritik an der Identifikationsfigur im traditionellen Theater dar. Sie erläutert, wie Brecht das Theater als Instrument der politischen Bildung begreift und wie der Zuschauer aktiv am Lernprozess beteiligt werden soll. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Frage nach der Identifikation in den Lehrstücken Brechts zu untersuchen und die besonderen Aspekte des Laientheaters und der Arbeitergruppen zu beleuchten.
II. Neue Formen eines Arbeitertheaters
a) Der marxistische Brecht
Dieser Abschnitt beleuchtet Brechts marxistischen Hintergrund und seine Kritik am bürgerlichen Theater. Er erläutert, wie Brecht das Theater für das Proletariat nutzen wollte und wie er den Zuschauer zu einem aktiven und kritischen Beobachter machen wollte. Der Abschnitt stellt Brechts Engagement für die Arbeiterkulturoganisationen und die Entwicklung des Lehrstückmodells vor.
b) Das Lehrstück
Dieser Abschnitt beschreibt die Entstehungsgeschichte des Lehrstückmodells und zeigt dessen Bedeutung als Laientheaterform für Arbeitergruppen auf. Er erläutert die pädagogischen und politischen Ziele des Lehrstücks und verdeutlicht, wie es zur kritischen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen anregen soll.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Arbeitertheater, Brecht, Lehrstück, Identifikation, Verfremdungseffekt, Politisches Theater, Laientheater, Marxismus, Episches Theater und Zuschauerbeteiligung.
- Quote paper
- Michelle Grothe (Author), 2002, Neue Formen eines Arbeitertheaters: Neue Formen von Identifikation? Eine Untersuchung am Beispiel von Brechts Lehrstückmodell, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8647