Ethnologen und Anthropologen kommen in ihren Studien heute darin überein, dass in vielen Teilen der postmodernen Welt eine enge Verbindung zwischen Religion oder religiösen Systemen und politischen Prozessen besteht. Spezifische religiöse Inhalte und Traditionen werden vor allen Dingen in multiethnischen Gebieten als Mittel zur interethnischen Abgrenzung oder darüber hinaus sogar zur Konstruktion formal gar nicht bestehender Ethnies genutzt und stehen so oft im Dienste eines gewissen Ethno-Nationalismus.
Auch in der autonomen russischen Teilrepublik Jakutien (Sacha) ist seit den frühen 1990er Jahren eine deutliche Revitalisierung nationaler Traditionen zu beobachten, die stark mit dem System des Schamanismus verknüpft ist. In diesem Aufsatz soll herausgearbeitet und zusammenfassend aufgezeigt werden, wie es dadurch sogar zu einer nicht zu unterschätzenden nationalen Bewegung kommen konnte. Welche evidenten Voraussetzungen und Triebkräfte dafür sind in der jakutischen Vergangenheit zu finden? Und welche weitreichenden Auswirkungen haben alle diese Veränderungen auf die verschiedensten Bereiche des alltäglichen Lebens in Jakutien?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundsätzliches zum Schamanismus
- Die systematische Unterdrückung jakutischer Schamanen in der Sowjetunion
- Die atheistische Staatsdoktrin der Sowjetunion
- Methoden zur Vernichtung des jakutischen Schamanismus
- Folgen
- Die Bedeutung der mündlichen Tradierung für die heutigen Entwicklungen in Jakutien
- Die politisch motivierte Revitalisierung des Schamanismus in der Republik Sakha
- Die Diamanten - Schlacht
- Die,,Kut-Sür-Bewegung"
- Conclusio
- Einige kritische Anmerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Aufsatz untersucht die Revitalisierung des Schamanismus im heutigen Jakutien und zeigt auf, wie diese nationale Bewegung entstand und welche Auswirkungen sie auf verschiedene Lebensbereiche hat. Die Analyse konzentriert sich auf die historische Entwicklung des Schamanismus in Jakutien, insbesondere auf dessen systematische Unterdrückung während der Sowjetzeit. Dabei wird auch die Rolle der mündlichen Tradierung für die heutige Revitalisierung des Schamanismus beleuchtet.
- Die Rolle des Schamanismus als Ressource der Ethnizitätskonstruktion in Jakutien
- Die Verbindung zwischen Religion, Politik und Ethnizität im postmodernen Jakutien
- Die systematische Unterdrückung des Schamanismus in der Sowjetunion
- Die Bedeutung der mündlichen Tradierung für die Revitalisierung des Schamanismus
- Die politische Motivation der Schamanismus-Revitalisierung in der Republik Sakha
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung des Aufsatzes setzt den Schamanismus in den Kontext der Ethnizitätskonstruktionen in multiethnischen Gesellschaften. Sie stellt fest, dass der Schamanismus im heutigen Jakutien eine wichtige Rolle in der nationalen Revitalisierungsbewegung spielt und mit dem Wunsch nach politischer Emanzipation verknüpft ist.
Kapitel 2 bietet grundlegende Informationen über den Schamanismus als religiöses System und dessen tiefe Verwurzelung in der jakutischen Kultur. Es werden die vielfältigen Funktionen des Schamanen in der Gesellschaft sowie dessen Initiationsprozesse und Praktiken beschrieben.
Kapitel 3 analysiert die systematische Unterdrückung des jakutischen Schamanismus während der Sowjetzeit. Dabei werden die atheistische Staatsdoktrin, die Methoden der Vernichtung des Schamanismus und die Folgen dieser Unterdrückung für die jakutische Gesellschaft beleuchtet.
Kapitel 4 befasst sich mit der Bedeutung der mündlichen Tradierung für die heutige Revitalisierung des Schamanismus in Jakutien. Es wird aufgezeigt, wie traditionelle Wissen und Geschichten den Schamanismus über Generationen hinweg bewahrt haben.
Kapitel 5 analysiert die politisch motivierte Revitalisierung des Schamanismus in der Republik Sakha. Es werden verschiedene Aspekte der Revitalisierung beleuchtet, darunter die "Diamanten - Schlacht" und die "Kut-Sür-Bewegung".
Schlüsselwörter
Der Aufsatz fokussiert auf die Schlüsselbegriffe Ethnizitätskonstruktion, Schamanismus, Revitalisierung, Sowjetzeit, mündliche Tradierung, Jakutien, Republik Sakha und politische Emanzipation. Die zentrale Forschungsfrage ist, wie der Schamanismus im heutigen Jakutien als Ressource der Ethnizitätskonstruktion genutzt wird und welche Rolle er in der nationalen Revitalisierungsbewegung spielt. Weitere wichtige Themen sind die Verbindung zwischen Religion und Politik, die Folgen der Unterdrückung des Schamanismus und die Bedeutung der mündlichen Tradierung für die Bewahrung und Weiterentwicklung des Schamanismus.
- Quote paper
- Sarah Triendl (Author), 2007, Schamanismus als Ressource der Ethnizitätskonstruktion im heutigen Jakutien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86368