Einer der Aspekte, die das Werk Walthers von der Vogelweide so besonders machen, ist sein Darstellungsstil, die Lebendigkeit seines Ausdrucks. Es gelingt ihm oft nur in wenigen Zeilen, Sachverhalte sehr verständlich und vor allem eindringlich und leicht merkbar darzulegen. Um das zu erreichen, arbeitet Walther mit Stilmitteln wie Wortwiederholungen, Antithesen, Zweier- und Dreierfiguren, rhetorischen Fragen, neuen Wortschöpfungen - und Allegorien und Personifikationen.
Die Allegorie als Stilmittel gibt es seit der Antike. Der Begriff selbst kommt aus dem Altgriechischen: bedeutet wörtlich ‚ich sage etwas anderes’ und nimmt ursprünglich vor allem Bezug auf durchgängige Verwendung von Metaphern.
Eine Allegorie ist insofern eine fortlaufende Metapher, als in ihr ein abstrakter Begriff oder Vorgang verbildlicht wird. Der jeweilige Text enthält außer dieser bildhaften, offensichtlichen Ebene noch eine zweite, die parallel läuft und die eigentlich bedeutungstragende ist. Eine Allegorie kann einerseits dazu dienen, einen Text lebendiger und einprägsamer zu gestalten, andererseits kann mit ihrer Hilfe auch z.B. Kritik in verschlüsselter Form zum Ausdruck gebracht werden.
Von einer Personifikation spricht man, wenn ein anstrakter Begriff, wie z. B. Tugend oder Tod, aber auch Gegenstände, Länder oder anderes als real handelnde oder sprechende Personen vorgeführt werden. Sie ist eine Form der Metapher und kann somit die Basis für eine Allegorie bilden.
Diese Dinge gehörten wie andere Stilmittel auch natürlich schon zum Handwerkszeug der Minnesänger und Spruchdichter vor Walther, und er selbst bedient sich immer wieder aus dem Arsenal an Stilfiguren und Topoi seiner Vorgänger. Anderes scheint Walther zum ersten Mal aufzubringen, wie zum Beispiel die Personifikation der „Frau Minne“. Für solche Personifikationen gibt es in der Minnelyrik vor Walther kaum Belege. Eine personifizierte Minne begegnet zwar schon bei Friedrich von Hausen , in Verbindung mit der höfischen Dame als frouwe Minne scheint sie aber erst bei Walther auf und ist wohl auch seine eigene Erfindung.
Innerhalb von Walthers Werk ist eine Genese verschiedener allegorischer Figuren aus wörtlich genommenen Sprichwörtern über Personifikationen bis hin zu so plastischen und mehrdeutigen Figuren wie der Frau Welt festzustellen.
Solche Allegorien kommen sowohl in der Spruch- als auch in der Minnelyrik Walthers vor. Beginnen möchte ich nach einer kurzen Begriffsdefinition mit der Spruchlyrik Walthers, weil gerade sie besonders reich an Allegorien und Personifikationen verschiedenster Art ist. Das zweite Teil meiner Arbeit beschäftigt sich mit der Minnelyrik und den dort immer wieder vor allem in Verbindung mit dem Titel frouwe auftretenden Personifikationen. In dieser Arbeit soll behandelt werden, was sie zum Ausdruck bringen, und warum Walther sich ihrer bedient
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die Spruchlyrik
- II.1. Der Klausner
- II.1.1. Im Reichston (L 9,16)
- II.1.2. Im Unmutston (L 34,24)
- II.1.3. Im Kaiser-Friedrichs-Ton (L 10,33)
- II.2. Der Opferstock (L 24,14)
- II.3. Die Magdeburger Weihnacht (L 19,5)
- II.4. Spießbratenspruch (L 17,11)
- II.5. Frau Bohne (L 17,25)
- II.6. Der Wiener Hof (L 24,33)
- II.7. Personifikation der Welt (L 21,10)
- II.8. Weitere Beispiele
- II.8.1. Gegenstände
- II.8.1.1. Der Garten (101,3)
- II.8.1.2. Die Kerze (L 84,30)
- II.8.2. Ideelle Werte
- II.8.2.1. Besitz (L 31,13)
- II.8.2.2. Todsünden (L 23,16)
- II.8.2.3. Herrschertugenden (L 102,15)
- II.8.2.4. Unmâze (L 80,19)
- II.8.2.5. Minne (L 102,1)
- II.8.1. Gegenstände
- II.1. Der Klausner
- III. Liedlyrik
- III.1. Frau Welt
- III.1.1. Frühere Personifikationen der Welt (L 116, 33; L 59, 37; L 66, 21)
- III.1.2. Weltabkehr (L 100,24)
- III.2. Frau Minne
- III.2.1. Die Frau Minne als Richterin (L 13,33; L 40,19)
- III.2.2. Die Minne als Mittlerin (L 55,26)
- III.2.3. Die Minne als Kriegerin – Verwundung durch Minne (L 40,19)
- III.2.4. Die Minne als „alte Kokette“ (L 57,23)
- III.3. Frau Saelde (L 42,15; L 55,26)
- III.4. Frau Mâze (L 46,32)
- III.5. Frau Unvuoge (L 64,31)
- III.6. Jahreszeiten
- III.6.1 Der Mai (L 51,13; L 45,37)
- III.6.2. Sommer (L 64,17; L 76,10)
- III.6.3. Winter (L 39,1)
- III.7. Tag (L 88,16)
- III.8. Der Klausner II (L 62,6)
- III.1. Frau Welt
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht den lebendigen und eindringlichen Darstellungsstil Walther von der Vogelweides, insbesondere seine Verwendung von Personifikationen und Allegorien in der Spruch- und Liedlyrik. Die Arbeit analysiert, wie diese Stilmittel zur Veranschaulichung von Sachverhalten und zur Kritik beitragen.
- Analyse der Personifikation und Allegorie als Stilmittel bei Walther von der Vogelweide
- Untersuchung der Funktion von Personifikationen in der Spruchlyrik Walthers
- Bedeutung der personifizierten Figuren (Frau Minne, Frau Welt etc.) in der Liedlyrik
- Vergleich der Verwendung dieser Stilmittel in Spruch- und Liedlyrik
- Bewertung des Einflusses dieser Stilmittel auf die Wirkung von Walthers Werk
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt Walthers lebendigen Darstellungsstil, der durch Stilmittel wie Allegorien und Personifikationen erreicht wird. Es werden die Begriffe Allegorie und Personifikation definiert und deren Verwendung in der mittelalterlichen Lyrik, insbesondere im Werk Walthers, eingeordnet. Die Arbeit skizziert den Aufbau und die Ziele der Untersuchung.
II. Die Spruchlyrik: Dieses Kapitel analysiert die reichhaltige Verwendung von Allegorien und Personifikationen in Walthers Spruchlyrik, vor allem in Bezug auf negative soziale und gesellschaftliche Gegebenheiten. Es wird gezeigt, wie Walther durch diese Stilmittel Klage, Mahnung und Kritik ausdrückt, wobei sowohl traditionelle Symboliken als auch originäre Figuren wie der Klausner verwendet werden. Der Fokus liegt auf der Darstellung von positiven und negativen Werten, geistlichen Begriffen und der Kritik an der Kirche und deren Vertretern.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse der Personifikationen und Allegorien bei Walther von der Vogelweide
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Diese Seminararbeit analysiert den lebendigen Darstellungsstil Walther von der Vogelweides, insbesondere seine Verwendung von Personifikationen und Allegorien in der Spruch- und Liedlyrik. Der Fokus liegt darauf, wie diese Stilmittel zur Veranschaulichung von Sachverhalten und zur Kritik an gesellschaftlichen Missständen beitragen.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit untersucht die Personifikation und Allegorie als Stilmittel bei Walther von der Vogelweide, deren Funktion in der Spruchlyrik, die Bedeutung personifizierter Figuren (Frau Minne, Frau Welt etc.) in der Liedlyrik, vergleicht die Verwendung dieser Stilmittel in beiden Gattungen und bewertet deren Einfluss auf die Wirkung von Walthers Werk.
Welche Texte von Walther von der Vogelweide werden analysiert?
Die Arbeit analysiert eine Vielzahl von Gedichten Walthers, sowohl aus der Spruch- als auch aus der Liedlyrik. Das Inhaltsverzeichnis listet viele Beispiele auf, darunter "Der Klausner", "Der Opferstock", "Die Magdeburger Weihnacht", "Frau Welt", "Frau Minne", sowie Gedichte, die sich mit Jahreszeiten, dem Tag und weiteren Themen befassen. Die genauen Versnummern (z.B. L 9,16) sind angegeben.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Spruchlyrik und ein Kapitel zur Liedlyrik. Die Einleitung definiert die Begriffe Allegorie und Personifikation und erläutert den Ansatz der Arbeit. Das Kapitel zur Spruchlyrik analysiert die Verwendung dieser Stilmittel, besonders im Kontext sozialer und gesellschaftlicher Kritik. Das Kapitel zur Liedlyrik konzentriert sich auf die Bedeutung personifizierter Figuren wie Frau Minne und Frau Welt. Eine Zusammenfassung der einzelnen Kapitel ist ebenfalls enthalten.
Welche Personifikationen und Allegorien werden im Detail untersucht?
Die Arbeit untersucht eine breite Palette von Personifikationen und Allegorien. Im Detail werden "Der Klausner" in verschiedenen Tonlagen, "Frau Welt", "Frau Minne" in verschiedenen Rollen (Richterin, Mittlerin, Kriegerin), "Frau Saelde", "Frau Mâze", "Frau Unvuoge", sowie die Personifikation von Jahreszeiten, dem Tag und weiteren Gegenständen und abstrakten Begriffen analysiert. Die Arbeit geht auch auf die Verwendung traditioneller und originärer Figuren ein.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit kommt zu Schlussfolgerungen über die Bedeutung von Personifikationen und Allegorien für Walthers lebendigen und eindringlichen Darstellungsstil und deren Wirkung auf die Rezeption seiner Werke. Sie zeigt, wie Walther diese Stilmittel einsetzt, um Klage, Mahnung und Kritik auszudrücken und komplexe Sachverhalte anschaulich darzustellen.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für akademische Zwecke gedacht und richtet sich an Leser, die sich mit der mittelalterlichen Literatur, insbesondere dem Werk Walther von der Vogelweides, auseinandersetzen. Sie eignet sich für Studierende der Germanistik und Literaturwissenschaft.
- Quote paper
- mag.a Cornelia Gugganig (Author), 2002, Die Belebung der dichterischen Szene durch Personifizierung und allegorische Gestalten bei Walther von der Vogelweide, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86336