Im Nachgang zur Bundestagswahl 2005 war nicht nur von einem Desaster für die großen Volksparteien, sondern auch von einem „Wahldebakel von Medien und Demoskopen“ die Rede. Die Meinungsforscher erlebten geradezu ein Vorhersagefiasko. Die Prognosen für die Unionsparteien wichen im Mittel bei allen großen Instituten um mehr als sechs Prozentpunkte vom tatsächlichen Wahlergebnis ab – für eine Branche, die mit Zahlen handelt, nicht gerade ein Ruhmesblatt. Dabei waren die Wahlberechtigten doch im Vorfeld dieser Wahl fortwährend von den Meinungsforschungsinstituten zu ihren Wahlabsichten befragt worden. ...
Die Kritik an der Demoskopie ist so alt wie sie selbst. Regelmäßig kommt es zu dem Vorwurf, durch die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen könne das Wahlergebnis manipuliert werden. Dieser ist freilich nur dann gerechtfertigt, wenn die Wähler mit gefälschten, einseitig verkürzten oder verzerrt wiedergegebenen Umfragedaten vorsätzlich getäuscht werden. Um bewusste oder unbewusste Verfälschungen und Verzerrungen ausschließen zu können, ist die Qualität der Umfrageergebnisse entscheidend. ...
Darüber hinaus ist noch eine zusätzliche Einflussgröße zu beachten: Es muss sichergestellt sein, dass Wettbewerb besteht. Nur die Konkurrenz der zur Zeit in Deutschland tätigen Umfrageinstitute stellt sicher, dass die Umfrageergebnisse nicht monopolisiert und damit manipuliert werden können. ...
Ziel der Untersuchung ist es, die Rolle der Meinungsforschungsinstitute in der Wahlberichterstattung über einen längeren Zeitraum systematisch zu rekonstruieren und festzustellen, ob die oben genannten Manipulationsvorwürfe angesichts einer vermuteten Vielfalt von Umfrageinstituten sowie pluraler Berichterstattung in der überregionalen Tagespresse berechtigt sind. Zu diesem Zweck wird eine Medieninhaltsanalyse der Wahlumfrageberichterstattung der deutschen Qualitätszeitungen vor den vergangenen acht Bundestagswahlen von 1980 bis 2005 durchgeführt. Dabei ergeben sich folgende Forschungsfragen:
1.Welches sind die in der Wahlumfrageberichterstattung vor Bundestagswahlen am häufigsten genannten Meinungsforschungsinstitute?
2.Wie werden die Umfrageinstitute in der Berichterstattung über Wahlumfragen dargestellt?
3.Welche Auswirkungen haben Kooperationsabkommen zwischen bestimmten Tageszeitungen und Meinungsforschungsinstituten auf die Berichterstattung?
Die Arbeit gliedert sich in vier Kapitel.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problembeschreibung
- Forschungsfragen und Aufbau der Arbeit
- Demoskopie und Massenmedien
- Politische Meinungsforschung
- Geschichte der Demoskopie
- Die ,,moderne\" Meinungsforschung
- Politische Meinungsforschung in Deutschland
- Die Institute im Überblick
- Trends und Probleme
- Umfrageergebnisse als Nachrichten
- Theorien und Ansätze der Nachrichtenauswahl-Forschung
- Der Nachrichtenwert von Umfragedaten
- Instrumentelle Aktualisierung von Umfrageergebnissen
- Normen und Standards
- Das Verhältnis zwischen Journalismus und Demoskopie
- Precision-Journalism
- Umfrageinstitute und Massenmedien
- Ökonomische Verknüpfungen
- Auftragsvergabe und Auswahl der Institute
- Berichterstattung über Wahlumfragen
- Quantität der Wahlumfrageberichterstattung
- Inhaltliche und formale Qualität
- Zusammenfassung
- Wahrnehmung und Wirkung publizierter Wahlumfragen
- Meinungsforschungsinstitute in der Umfrageberichterstattung
- Anlage der empirischen Untersuchung
- Methodik, Datenbasis und Untersuchungszeitraum
- Kategorienschema und Reliabilität
- Darstellung der Ergebnisse
- Umfrageberichterstattung über Meinungsforschungsinstitute
- Effekte durch Kooperationspartnerschaften
- Bewertung der Institute
- Fazit
- Zusammenfassung und Diskussion
- Mögliche Anschlussuntersuchungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Berichterstattung überregionaler Qualitätszeitungen über Wahlumfragen vor den Bundestagswahlen 1980 bis 2005. Sie untersucht, inwiefern Meinungsforschungsinstitute in dieser Berichterstattung eine Rolle spielen und welche Faktoren ihre Präsenz und Darstellung beeinflussen. Die Arbeit zielt darauf ab, die Rolle der Demoskopie in der politischen Kommunikation und die Interaktion zwischen Meinungsforschungsinstituten und Medien zu beleuchten.
- Die Bedeutung von Wahlumfragen für den politischen Diskurs
- Die Darstellung von Meinungsforschungsinstituten in der Medienberichterstattung
- Der Einfluss von ökonomischen und politischen Faktoren auf die Wahlumfrageberichterstattung
- Die Wahrnehmung und Wirkung von Umfrageergebnissen in der Öffentlichkeit
- Die Rolle des Journalismus bei der Interpretation und Vermittlung von Umfrageergebnissen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und erläutert die Forschungsfragen der Arbeit. Das zweite Kapitel befasst sich mit der Demoskopie und den Massenmedien, wobei die Geschichte der Meinungsforschung, die Rolle politischer Meinungsforschung in Deutschland und das Verhältnis zwischen Journalismus und Demoskopie beleuchtet werden. Kapitel 3 analysiert die empirische Untersuchung, welche die Berichterstattung überregionaler Qualitätszeitungen über Wahlumfragen untersucht. Die Ergebnisse der Inhaltsanalyse werden dargestellt und interpretiert. Das Fazit fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen und gibt Ausblicke auf weitere Forschungsfragen.
Schlüsselwörter
Wahlumfragen, Meinungsforschungsinstitute, Medienberichterstattung, politische Kommunikation, Demoskopie, Journalismus, Inhaltsanalyse, Bundestagswahl, Qualitätszeitungen, Ökonomische Faktoren, Politische Faktoren, Wahrnehmung, Wirkung.
- Citation du texte
- Klaus Wolf (Auteur), 2007, Meinungsforschungsinstitute in der Wahlumfrageberichterstattung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86249