In der Geschichte der BRD entfachten die Entscheidungen des Bundesrates des Öfteren einen heftigen politischen Streit. Dabei wurde dem Bundesrat die Rolle eines „Reformstau- oder Blockadeinstruments“ vorgeworfen. Besonders öffentliche Aussagen von Oppositionspolitiker, dass sie diese Blockademöglichkeit für eigene Parteizwecke auszunutzen gedenken, verstärkten das politische Gefecht. Aus den Ereignissen wurde ersichtlich, dass parteipolitische Überlegungen auch im Bundesrat eine zentrale Rolle zur Entscheidungsfindung spielten, bzw. dass der der Bundesrat eine weitere parteipolitische Arena im politischen Gefüge der BRD darstellt. Dieser Sachverhalt widerspricht jedoch der Überlegung, der Bundesrat sei ein Widerlager der Parteipolitk. Interessant ist es daher zu hinterfragen, ob das föderale Element tatsächlich als Widerlager zur parteilichen Konkurrenz angesehen werden kann. Hierzu wird sich zunächst den unterschiedlichen Demokratiebasen des Föderalismus und der Parteikonkurrenz zugewandt. Zu sehen ist, dass sich beide grundlegende Konzepte sehr kritisch gegenüber stehen. Aufbauend auf der herausgestellten Spannung zwischen den zwei Prinzipien erfolgt eine historische Betrachtung unter welchen Konstellationen der Bundesrat eine Blockadefunktion gegenüber dem Bundestag einnehmen konnte. Als Resultat der bisherigen Überlegungen wird der These, der Bundesrat sei ein Gegenlager zur Parteipolitik, argumentativ zugestimmt, wobei die fortschreitende Tendenz der parteilichen Vereinnahmung des Bundesrates ebenso herausgestellt wird. Am Schluss des Aufsatzes soll das alternative Modell eines „neuen Föderalismus“ von Bruno Frey (FOCJ, „Functional, Overlapping, Competing Jurisdictions“) kurz aufgegriffen werden, um eine Lösungsmöglichkeit des Öfter auftretenden „Neutralisationsdilemmas“ innerhalb des deutschen Zwei-Kammern-Systems aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Konkurrenzdemokratie und Konkordanzdemokratie
- Der Parteienwettbewerb und dessen konkurrenzdemokratische Grundlage
- Die Verhandlungs- bzw. Konkordanzdemokratie
- Die Verschränkung der beiden Handlungslogiken
- Fazit
- Der Bundesrat im Spannungsfeld zwischen Parteipolitik und Aushandlungsmechanismen
- Die Blockademöglichkeiten des Bundesrates im Zweikammerverfahren
- Der Bundesrat als Widerlager zur Parteipolitik!?
- Der Bundesrat als parteipolitische Arena
- Ein neuer Föderalismus
- Erklärung der FOCJ und ihren Charakteristika
- Die Vorteile der FOCJ
- Schlußwort
- Literaturliste
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Blockademöglichkeiten des Bundesrates im deutschen politischen System und analysiert dessen Konzeption als ein Gegenlager zur Parteienpolitik. Sie beleuchtet die Spannungen zwischen den konkurrierenden Handlungslogiken der Konkurrenzdemokratie und der Konkordanzdemokratie, die in der BRD verschränkt sind. Die Arbeit geht der Frage nach, ob der Bundesrat als ein "Widerlager zur Parteipolitik" (Lehmbruch 2000: 77 ff.) fungiert, oder ob er eher eine zusätzliche Arena des Parteienwettbewerbs darstellt. Weiterhin wird die Idee der "Functional, Overlapping, Competing Jurisdictions" (Frey 1997), kurz "FOCJ", als möglicher neuer Föderalismus vorgestellt, der den Bundesrat obsolet erscheinen lassen könnte.
- Die Blockademacht des Bundesrates
- Die Verschränkung von Konkurrenzdemokratie und Konkordanzdemokratie
- Die Rolle des Bundesrates im Spannungsfeld zwischen Parteipolitik und Aushandlungsmechanismen
- Die Idee der FOCJ als möglicher neuer Föderalismus
- Die Folgen der Verlagerung des Parteienwettbewerbs in den Bundesrat
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Zitat des ehemaligen CDU-Vorsitzenden Kiesinger vor, der den Bundesrat als ein Instrument der Opposition nutzte, um die sozialliberale Regierungskoalition 1969 unter Verhandlungszwang zu setzen. Die Arbeit stellt die Frage, ob der Bundesrat als ein "Reformstauinstrument" fungiert und untersucht die Gründe für den Effektivitätsverlust, der unter bestimmten Mehrheitsverhältnissen entstehen kann.
Kapitel 2 beschreibt die Grundlagen der Konkurrenzdemokratie und der Konkordanzdemokratie und zeigt die jeweiligen Vor- und Nachteile auf. Es wird erläutert, wie die beiden Handlungslogiken im politischen System der BRD verschränkt sind und welche Probleme daraus entstehen können. Das Kapitel endet mit der Feststellung, dass die Verschränkung der beiden Demokratieformen zu Diskrepanzen zwischen den Akteuren führen kann, die sich als Blockadehaltungen entladen können.
Kapitel 3 analysiert die Blockademöglichkeiten des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren und beleuchtet die geschichtlichen Abschnitte von der Ara Adenauer bis zur rot-grünen Regierungskoalition unter Gerhard Schröder. Es wird gezeigt, wie sich die Bedeutung des Parteienwettbewerbs innerhalb des Bundesrates im Laufe der Zeit entwickelt hat und wie die informelle Koordination zwischen Bund und Ländern die Handlungsfreiheit der Länder zunehmend eingeschränkt hat. Das Kapitel stellt die Frage, ob der Bundesrat als ein Widerlager zur Parteipolitik von den Verfassungsvätern gedacht wurde und ob dieses Konzept in der Realität noch Bestand hat.
Kapitel 4 stellt die Idee der FOCJ vor, die eine neue Art des Föderalismus impliziert. Die FOCJ beschreiben Gebietskörperschaften, die auf ein bestimmtes Problem spezialisiert sind und um die Bürger konkurrieren. Die Vorteile der FOCJ sind die direkte Wirkungsmöglichkeit der Bürger, die Transparenz und die Förderung von Innovation. Die Umsetzung der FOCJ würde jedoch die Auflösung des Bundesrates und eine völlige Neustrukturierung des politischen Systems der BRD bedeuten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Bundesrat, die Blockademöglichkeiten, die Parteipolitik, die Konkurrenzdemokratie, die Konkordanzdemokratie, den Föderalismus, das Zweikammerverfahren, die FOCJ, den neuen Föderalismus, die politische Willensbildung, die Entscheidungsblockaden, die Mehrheitsverhältnisse, die informelle Koordination, die Sachlichkeit, die Verhandlungsdemokratie, die politische Arena, die Gesetzgebungsprozesse und die politische Systemgestaltung.
- Quote paper
- Dirk Tritsch (Author), 2002, Die Blockademöglichkeiten des Bundesrates und dessen Konzeption als ein Gegenlager zur Parteienpolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8612
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