Die vorliegende Arbeit zeigt, dass der nationalsozialistische Ideologie kein einheitliches Paradigma im Umgang mit Homosexualität zu Grunde lag – weder in der Medizin noch im Strafrecht. Ziel war es, den Männerbund als Ursprung und Fundament der nationalsozialistischen Bewegung vor Homosexualität zu schützen. Dennoch wurde gerade nach innerhalb der Nationalsozialistischen Bewegung Homosexualität bis zur Liquidierung Röhms toleriert. Erst nach dem Mord an Röhm fand eine intensivere, wenn nicht minder uneinheitliche Auseinandersetzung statt. Neben dem Männerbund galt es die sozialutopische NS-Ideologie aufrechtzuerhalten und die Reproduktion sicherzustellen. Diese beiden Säulen, die NS-Ideologie und die Reproduktion galt es gegenüber Homosexualität zu schützen. Das Strafrecht wurde dazu instrumentalisiert und modifiziert. Es wurde verschärft und der Straftatbestand der Homosexualität, der Unzucht, immer weiter gefasst.
Anders als es bei der Verfolgtengruppe der Juden, Sinti und Roma, der politisch Oppositionellen oder religiösen Gruppen möglich war, waren Homosexuelle nicht einwandfrei identifizierbar. Nur durch eine direkte Überführung während des Liebesaktes oder durch Denunziationen Dritter war dies möglich. Die geschlechtsspezifische Differenzierung innerhalb der Homosexualität, dass der homosexuelle Mann als bevölkerungspolitischer Blindgänger, die lesbische Frau hingegen als bevölkerungspolitisch nutzbar angesehen wurde, verhinderte zudem ein einheitliches Vorgehen. Gleichwohl gab es Verfolgungen, Misshandlungen und Demütigungen. Homosexuelle wurden erniedrigt und in der Auslebung ihrer Sexualität mehr als beschränkte. Dennoch gilt es festzuhalten, dass es keinen Homocaust, keine Vernichtungspolitik ähnlich der gegen Juden, gab. Nach Schätzungen wurden ungefähr 50.000 Homosexuelle verurteilt und 10-15.000 in ein Konzentrationslager verbracht3. Damit soll keineswegs eine Relativierung vorgenommen werden. In der Bundesrepublik war Homosexualität weiterhin ein Straftatbestand. So fanden sich die bereits im „Dritten Reich“ kriminalisierten in einer ähnlichen Situation. Erst in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, wurde die generelle Kriminalisierung der Homosexualität abgeschafft. Die Anerkennung Homosexueller Opfer des Nationalsozialismus wird bis heute von Homosexuellengruppen gefordert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Männerbünde, Nationalsozialismus und Homosexualität
- Das Wesen des Männerbundes
- Das Wesen des nationalsozialistischen Männerbundes
- Der Umgang der Nationalsozialisten mit der Homosexualität bis zur Liquidierung Röhms
- Mittel zum Zweck? – Homosexualität als Waffe gegen Ernst Röhm
- Der Umgang der Nationalsozialisten mit der Homosexualität nach der Liquidierung Röhms
- Pathologisierung der Homosexualität – Biologie, Medizin und Homosexualität
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie männliche Homosexualität und männliche Homosexuelle im Nationalsozialismus behandelt wurden und welchen Paradigmen dieser Umgang unterlag. Die These der Arbeit ist, dass Homosexualität im Nationalsozialismus nicht von Anfang an mit einer gleich bleibenden Intensität und Radikalität verfolgt wurde, sondern eine Duldung, gerade im Zusammenhang mit männerbündischen Bewegungen, stattfand. Gleichwohl stellte Homosexualität offiziell weiterhin einen Straftatbestand dar.
- Das Wesen des Männerbundes und seine Verbindung zur nationalsozialistischen Ideologie
- Die Rolle von Homosexualität in Männerbünden und die Reaktion des Nationalsozialismus darauf
- Der Wandel im Umgang mit Homosexualität nach der Ermordung von Ernst Röhm
- Die Pathologisierung von Homosexualität im Nationalsozialismus durch Biologie und Medizin
- Die Ambivalenz im Umgang mit Homosexualität im Nationalsozialismus
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die These auf, dass die Verfolgung von Homosexualität im Nationalsozialismus nicht einheitlich war, sondern eine Duldung, insbesondere im Zusammenhang mit Männerbünden, stattfand. Die Arbeit beleuchtet verschiedene Aspekte des Umgangs mit Homosexualität im Dritten Reich.
- Männerbünde, Nationalsozialismus und Homosexualität: Dieses Kapitel definiert den Begriff des Männerbundes und zeigt auf, wie dieser im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Ideologie stand. Die Arbeit beleuchtet die Rolle von Homosexualität innerhalb von Männerbünden.
- Das Wesen des nationalsozialistischen Männerbundes: Dieses Kapitel erklärt die Bedeutung des Männerbundes innerhalb der nationalsozialistischen Bewegung und stellt die Verbindung zwischen dem Männerbund und der nationalsozialistischen Ideologie heraus.
- Der Umgang der Nationalsozialisten mit der Homosexualität bis zur Liquidierung Röhms: Dieses Kapitel behandelt den Umgang mit Homosexualität im Nationalsozialismus bis zum 30. Juni 1934. Es wird gezeigt, dass die Homosexualität von Ernst Röhm, dem damaligen Leiter der SA, geduldet wurde. Die Arbeit beleuchtet die Gründe für diese Toleranz.
- Mittel zum Zweck? – Homosexualität als Waffe gegen Ernst Röhm: Dieses Kapitel analysiert die Ermordung von Ernst Röhm im Zusammenhang mit seiner Homosexualität. Die Arbeit stellt die Frage, ob die Homosexualität Röhms als Waffe gegen ihn eingesetzt wurde.
- Der Umgang der Nationalsozialisten mit der Homosexualität nach der Liquidierung Röhms: Dieses Kapitel zeigt, wie die Verfolgung von Homosexuellen nach der Ermordung von Röhm verstärkt wurde. Die Arbeit beleuchtet die verschiedenen Methoden der Verfolgung und die Radikalisierung des Umgangs mit Homosexualität im Nationalsozialismus.
- Pathologisierung der Homosexualität – Biologie, Medizin und Homosexualität: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Versuch, Homosexualität im Nationalsozialismus durch Biologie und Medizin zu erklären und zu heilen. Die Arbeit beleuchtet die Versuche der Nationalsozialisten, Homosexualität als krankhaft zu erklären und zu beseitigen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Homosexualität, Männerbünde, Nationalsozialismus, Verfolgung, Pathologisierung, Medizin, Biologie, Ernst Röhm, SA, Dritte Reich. Die Arbeit beleuchtet insbesondere den ambivalenten Umgang des Nationalsozialismus mit Homosexualität, die Duldung von Homosexualität im Kontext von Männerbünden und die Radikalisierung der Verfolgung nach der Ermordung von Ernst Röhm.
- Quote paper
- Raymond Alain Twiesselmann (Author), 2005, Homosexualität im Nationalsozialismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85986