1. Einleitender Problemaufriss
Die aktuelle, durch den internationalen Bildungsvergleich der PISA-Studie ausgelöste Bildungsdebatte beschränkt sich nicht ausschließlich auf Schulen und Hochschulen, sondern bezieht den vorschulischen Bereich ausdrücklich mit ein. Mit der IGLU-Studie gelangen empirische Hinweise an die Öffentlichkeit, die die Bildungsrelevanz des Kindergartens belegen. Aber auch schon vor dem Erscheinen der PISA-Studie war die Bedeutung der frühen Bildung Gegenstand der fachlichen Bildungsdiskussion. „Die elementarpädagogische Diskussion hat sich zunehmend darauf gerichtet, das Gewicht der im Kinder- und Jugendhilfegesetz der in § 22 verankerten Trias „Betreuung, Erziehung, Bildung“ von der Betreuung und Erziehung mehr auf die Bildung zu verschieben“ (GISBERT 2003, S.85).
In den letzten drei Jahren legten nun alle sechzehn Bundesländer Bildungsprogramme für den Elementar- und zum Teil für den Primarbereich vor. „In diesen Programmen verknüpft sich die gesetzlich durch das KJHG vorgeschriebene Aufgabe, den eigenständigen Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen auf Landesebene zu konkretisieren“ (BOLLIG/KELLE 2006, S. 105), mit dem Ziel, damit einhergehend auch die praktische Bil-dungsarbeit in den Einrichtungen zu optimieren. Betrachtet man die sechzehn Landespläne jedoch hinsichtlich der Geschlechterthematik, findet man diese „– wenn überhaupt – nur allgemein eingeführt und nicht in den einzelnen Bildungsbereichen konkretisiert. Meist bleibt es bei der globalen Aussage, dass Kinder nicht aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden sollen. Jungen und Mädchen erscheinen in den Texten entweder überhaupt nicht oder aber im „Doppelpack“ als „Mädchen und Jungen“, die gleiche Erfahrungen machen und denen gleiche Entwicklungschancen eröffnet werden sollen“ (ROHRMANN 2006, S. 12)....
Inhaltsverzeichnis
- Einleitender Problemaufriss
- Der Bildungsbegriff
- Bildung und Lernen
- Bildung als Selbstbildung
- Sozialkonstruktivistischer Charakter von Bildung
- Der Genderbegriff
- Geschlecht als Kategorie
- Geschlecht als Konstruktion
- Gender und frühe Bildungsprozesse
- Aspekte der geschlechtsspezifischen Sozialisation
- Auswirkungen primärer Sozialisationsinstanzen
- Notwendigkeit der Geschlechterrollenstereotype
- Aufwachsen in einer feminisierten Welt
- Die aktuelle Praxissituation
- Kinderspiele als Aufführungsorte von Geschlechterdifferenzen
- Geschlechtsbezogene Wahrnehmungen und Handlungsstrategien pädagogischer Fachkräfte
- Der Kindergarten als weiblicher Raum
- Mehr Männer in den Kindergarten
- Lösungsansätze für eine geschlechtsbewusste Bildungsarbeit im Kindergarten
- Beobachtung, Analyse und Reflektion
- Räume und Alltag bewusst gestalten
- Grundsätze konzeptionell verankern
- Abschließende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung der Geschlechterthematik in der frühen Bildungsarbeit im Kindergarten. Sie beleuchtet die Folgen der geschlechtsspezifischen Sozialisation auf die Entwicklung von Kindern und zeigt auf, wie unsensible und unreflektierte Praxis in Kindergärten die Bildung von Jungen und Mädchen einschränken kann.
- Der Einfluss der Geschlechterrollenstereotype auf die Entwicklung von Kindern
- Die Bedeutung einer geschlechtersensiblen Pädagogik im Kindergarten
- Die Herausforderungen und Chancen einer geschlechtsbewussten Bildungsarbeit
- Die Rolle des Kindergartens als Sozialisationsinstanz und seine Auswirkungen auf die Geschlechterrollen
- Mögliche Lösungsansätze für eine inklusive und gerechte Bildungsarbeit
Zusammenfassung der Kapitel
Der einleitende Problemaufriss setzt den Kontext der Arbeit und verweist auf die aktuelle Bildungsdebatte, die die Relevanz des Kindergartens für die Bildung betont. Allerdings wird kritisiert, dass die Geschlechterthematik in Bildungsprogrammen oft nur oberflächlich behandelt wird.
Das Kapitel "Der Bildungsbegriff" analysiert verschiedene Aspekte des Bildungsprozesses und betont den lebenslangen Charakter von Bildung sowie die Bedeutung von Selbstbildung. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von "Daseins- und Lebenskompetenz" und der Relevanz von Bildung für die Persönlichkeitsentwicklung.
Das Kapitel "Der Genderbegriff" erläutert die Kategorie "Geschlecht" als gesellschaftlich konstruierte Kategorie und beleuchtet den Einfluss von geschlechtsspezifischen Normen und Rollen auf die individuelle Entwicklung.
Das Kapitel "Gender und frühe Bildungsprozesse" geht auf die Auswirkungen der geschlechtsspezifischen Sozialisation auf Kinder ein und untersucht die Rolle von Familie und Kindergarten als primäre Sozialisationsinstanzen. Es werden die negativen Folgen von Geschlechterrollenstereotypen beleuchtet, die die Entwicklung von Kindern beeinflussen können.
Das Kapitel "Die aktuelle Praxissituation" analysiert die aktuelle Situation in Kindergärten und zeigt auf, wie geschlechtsbezogene Wahrnehmungen und Handlungsstrategien von pädagogischen Fachkräften die Bildung von Kindern beeinflussen. Die Rolle des Kindergartens als "weiblicher Raum" und die Notwendigkeit von mehr männlichen Erziehern werden diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Begriffen der frühen Bildung, Geschlechterrollen, Gender Mainstreaming, geschlechtsspezifische Sozialisation und der Notwendigkeit einer geschlechtersensiblen Bildungsarbeit in Kindergärten. Es werden empirische Erkenntnisse aus aktuellen Studien und wissenschaftlichen Forschungsarbeiten herangezogen, um die Relevanz des Themas zu beleuchten.
- Quote paper
- Corinna Kühn (Author), 2006, Soll Bildungsarbeit im Kindergarten auf den Geschlechtsaspekt ausgerichtet sein?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85977