Der Tunnelbau stellt eines der faszinierendsten und interessantesten, aber auch schwierigsten und kostenintensivsten Gebiete des Bauingenieurs dar. Es treten immer wieder neue, anspruchsvolle Problemstellungen auf, die es durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Geologen, Maschinenbauern und Bauingenieuren zu lösen gilt. Hierbei sind ständige Innovationen zur Bewältigung der komplexen und vielseitigen Probleme notwendig. Diese Innovationen können unter anderem die Entwicklung neuer Verfahren, den Bau neuer Maschinen, die Frage der Sicherung des Gebirges oder den späteren Ausbau des Tunnels betreffen. In dieser Studienarbeit wird vordergründig die Entwicklung des Fertigteil- bzw. Tübbingausbaus behandelt. Hierzu soll die Entwicklung der Tunnelauskleidung näher beleuchtet werden. Weiterhin wird auf die konstruktiven Probleme beim Einbau eines Tübbings, wie z.B. der Fugenproblematik, eingegangen. In diesem Zusammenhang werden auch die derzeitigen Entwicklungen bezüglich der Formen und Größen der Tübbinge betrachtet. Von Interesse ist zudem die Frage, wie die Fertigteilsegmente eingebaut werden.
Im folgenden werden daher einführend allgemeine Fragestellungen bezüglich der Planung und Ausführung eines Tunnelbauwerkes kurz dargestellt. Dabei soll insbesondere auf die Vorzüge eines Tunnelbauwerkes gegenüber einer Brücke eingegangen werden. Ein geschichtlicher Rückblick dient der näheren Betrachtung von historischen Verfahren des Tunnelbaus. Daran anschließend wird auf mögliche Verfahren zur Tunnelsicherung direkt nach dem Ausbruch eingegangen. Mit Hilfe der Kenntnis der heutigen Sicherungsmethoden werden die derzeit üblichen Tunnelbauverfahren vorgestellt. Diesbezüglich stellt sich die Frage nach der endgültigen Tunnelauskleidung. Die Verfahren hierzu werden im Anschluss betrachtet. Dabei sollen die Aufgaben und die verschiedenen Verfahren zum Ausbau des Tunnels im Vordergrund stehen. Überleitend zum Schwerpunkt dieser Studienarbeit findet im darauffolgenden Kapitel die Vorstellung der wichtigsten Gesichtspunkte bei der Erstellung einer Tunnelauskleidung aus Tübbingen statt. Hierbei wird unter anderem auf die Materialien und die Formen von Tübbingen eingegangen. Im Anschluss werden die bei der Bemessung einer Tunnelauskleidung zu berücksichtigenden Punkte betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Planung und Ausführung eines Tunnelbauwerkes
2.1 Einsatz von Tunnelbauwerken
2.2 Definitionen
2.3 Geologische Untersuchungen
2.3.1 Klassifikation nach der Standzeit
2.3.2 Klassifikation nach der Wertung von Gebirgsparametern
2.3.3 Klassifikation nach Ausbruchverhalten
2.4 Bauverfahren
3. Geschichte
3.1 Teilausbruch
3.1.1 Deutsche Bauweise
3.1.2 Belgische Bauweise
3.1.3 Englische Bauweise
3.1.4 Österreichische Bauweise
3.1.5 Italienische Bauweise
3.2 Schildvortrieb
3.3 Vortriebsmaschinen
3.4 Vollausbruch
3.5 Entwicklung der Tunnelsicherung und -auskleidung
4. Sicherungsmaßnahmen
4.1 Funktion von Tunnelsicherungen
4.2 Sicherungsarten
4.2.1 Holzzimmerungen
4.2.2 Stahlbögen
4.2.3 Stahlverzug
4.2.4 Spritzbeton
4.2.5 Gitterträgerelemente
4.2.6 Anker
4.2.7 Tübbingsicherungsschale
5. Tunnelbauverfahren
5.1 Die Neue Österreichische Tunnelbauweise
5.2 Sprengvortrieb
5.3 Tunnelvortriebsmaschinen
5.3.1 Tunnelbohrmaschinen
5.3.2 Schildvortriebsmaschinen
5.3.3 Sonderformen der Vortriebsmaschinen
5.3.4 Rohrvortrieb
6. Endgültige Tunnelauskleidungen
6.1 Funktion von Tunnelauskleidungen
6.1.1 Aufnahme und Abtragung von Lasten
6.1.2 Abdichtung
6.2 Ausführungsformen von Tunnelauskleidungen
6.2.1 Mauerwerk
6.2.2 Spritzbeton
6.2.3 Ortbeton
6.2.4 Extrudierbeton
6.2.5 Stahlbetonrohre
6.2.6 Tübbingauskleidung
7. Der Tübbing als Tunnelauskleidung
7.1 Materialien
7.2 Formen
7.3 Herstellung
7.4 Einbau
8. Berechung der Tunnelauskleidung mit Stahlbetontübbingen
8.1 Lastannahmen bei der Dimensionierung
8.1.1 Grundlagen
8.1.2 Rechenmodelle
8.2 Bemessung der Fugen
9. Beispiele ausgeführter Tübbingauskleidungen
9.1 4. Röhre Elbtunnel
9.2 Eurotunnel
9.3 Wesertunnel
9.4 Fernbahntunnel Berlin
9.5 Ruhrtunnel Meiderich
9.6 U-Bahn München 1977-1981
9.7 2. Heinenoordtunnel
9.8 U-Stadtbahn Düsseldorf
9.9 Channel Tunnel Rail Link
10. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Der Tunnelbau stellt eines der faszinierendsten und interessantesten, aber auch schwierigsten und kostenintensivsten Gebiete des Bauingenieurs dar. Es treten immer wieder neue, anspruchsvolle Problemstellungen auf, die es durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Geologen, Maschinenbauern und Bauingenieuren zu lösen gilt. Hierbei sind ständige Innovationen zur Bewältigung der komplexen und vielseitigen Probleme notwendig. Diese Innovationen können unter anderem die Entwicklung neuer Verfahren, den Bau neuer Maschinen, die Frage der Sicherung des Gebirges oder den späteren Ausbau des Tunnels betreffen. In dieser Studienarbeit wird vordergründig die Entwicklung des Fertigteil- bzw. Tübbingausbaus behandelt. Hierzu soll die Entwicklung der Tunnelauskleidung näher beleuchtet werden. Weiterhin wird auf die konstruktiven Probleme beim Einbau eines Tübbings, wie z.B. der Fugenproblematik, eingegangen. In diesem Zusammenhang werden auch die derzeitigen Entwicklungen bezüglich der Formen und Größen der Tübbinge betrachtet. Von Interesse ist zudem die Frage, wie die Fertigteilsegmente eingebaut werden.
Im folgenden werden daher einführend allgemeine Fragestellungen bezüglich der Planung und Ausführung eines Tunnelbauwerkes kurz dargestellt. Dabei soll insbesondere auf die Vorzüge eines Tunnelbauwerkes gegenüber einer Brücke eingegangen werden. Ein geschichtlicher Rückblick dient der näheren Betrachtung von historischen Verfahren des Tunnelbaus. Daran anschließend wird auf mögliche Verfahren zur Tunnelsicherung direkt nach dem Ausbruch eingegangen. Mit Hilfe der Kenntnis der heutigen Sicherungsmethoden werden die derzeit üblichen Tunnelbauverfahren vorgestellt. Diesbezüglich stellt sich die Frage nach der endgültigen Tunnelauskleidung. Die Verfahren hierzu werden im Anschluss betrachtet. Dabei sollen die Aufgaben und die verschiedenen Verfahren zum Ausbau des Tunnels im Vordergrund stehen. Überleitend zum Schwerpunkt dieser Studienarbeit findet im darauffolgenden Kapitel die Vorstellung der wichtigsten Gesichtspunkte bei der Erstellung einer Tunnelauskleidung aus Tübbingen statt. Hierbei wird unter anderem auf die Materialien und die Formen von Tübbingen eingegangen. Im Anschluss werden die bei der Bemessung einer Tunnelauskleidung zu berücksichtigenden Punkte betrachtet. Anhand von Beispielen bereits ausgeführter Tunnelbauwerke sollen schließlich die konstruktiven Besonderheiten von Tübbingen, wie z.B. Größe und Form sowie Abdichtung und Tragverhalten, dargestellt werden. Im Anhang dienen Fotos dazu, die vorhandenen Situationen näher darzustellen.
2. Planung und Ausführung eines Tunnelbauwerkes
2.1 Einsatz von Tunnelbauwerken
Der Bau unterirdischer Bauwerke gewinnt zunehmend an Bedeutung, da weltweit insbesondere in großen Städten eine Reduktion der vorhandenen Flächen für oberirdische Bauprojekte zu verzeichnen ist. Die Zunahme der Bevölkerung sowie das daraus resultierende höhere Verkehrsaufkommen innerhalb der Städte erfordert immer neue Verkehrs- und Versorgungsbauwerke. Diese werden aus dem angesprochenen Platzmangel an der Oberfläche zunehmend in den Untergrund verbannt [vgl. GATTERMANN 1999, S. 10].
Von dieser Entwicklung ist nicht nur Deutschland betroffen, sondern insbesondere ist diese auch in den asiatischen Metropolen, wie beispielsweise Bangkok, zu beobachten. Hier wird versucht, dem sprunghaft steigenden Verkehrsaufkommen durch den Bau neuer Tunnel für den Straßen- und U-Bahnverkehr zu begegnen [vgl. MENGLMAIER 2000].
Neben den innerstädtischen Bauwerken gewinnt zunehmend auch die überregionale Vernetzung wichtiger Städte an Bedeutung. Infolge der zunehmenden Globalisierung ist der Bedarf an neuen Straßentunneln sowie Eisenbahntunneln für Hochgeschwindig-keitszüge sehr hoch.
Das Ziel beim Bau eines Tunnels ist in der Regel die Überwindung eines natürlichen Hindernisses, wie z.B. eines Gebirges, eines Flusses oder einer Meerenge. Dabei soll dem Reisenden möglichst jeglicher Zeitverlust erspart werden. Dies kann in erster Linie durch unterirdische Bauwerke realisiert werden. Beispielsweise ist es durch den Bau eines Basistunnels möglich, eine wetterunabhängige Verbindung ohne großen Höhen-unterschied zu erstellen [vgl. GATTERMANN 1999, S. 10].
Vor der Planung eines Tunnelbauwerkes steht oftmals, insbesondere beim Kreuzen von Gewässern, die Frage, nach einer Brückenkonstruktion oder einem unterirdischen Tunnelbauwerk. Eine Entscheidung hierüber hängt von vielen Faktoren, wie beispielsweise der Geologie, den Wetterverhältnissen oder auch den zu erwartenden Schiffsdurchfahrten ab [vgl. GATTERMANN 1999, S. 10].
Zu den unterirdischen Bauwerken zählen nicht nur Verkehrstunnel. Es lassen sich insbesondere die oben bereits angesprochenen Versorgungstunnel dem Gebiet des Hohlraumbaus zuordnen. Hierzu zählt unter anderem auch der Rohrleitungsbau. Einen Überblick der verschiedenen unterirdischen Hohlraumbauwerke bietet Tabelle 2-1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2-1: Übersicht über Hohlraumbauten [STRIEGLER 1993, S. 12]
2.2 Definitionen
Im vorhergehenden Abschnitt 2.1 wurden unterschiedliche Einsatzbereiche für Untertagebauwerke vorgestellt. Zur Verdeutlichung, welche unterirdischen Bauwerke zu welchem Zweck eingesetzt werden können, sind zunächst einige Begriffsdefinitionen nötig. Verdeutlicht werden die verschiedenen Untertagebauten in Abbildung 2-1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-1: Übersicht Untertagebauten [GIRMSCHEID 2000, S. 53]
Zur näheren Erläuterung der obigen Abbildung eignen sich die Definitionen von Maidl zur Einteilung von Untertagebauwerken:
Tunnel sind langgestreckte, söhlige oder nur wenig geneigte unterirdische Hohlräume mit Ausbruchquerschnitten in der Regel über 20 m². Sie dienen vornehmlich dem Straßen- und Eisenbahnverkehr. Tunnel haben jeweils zwei Öffnungen zur Tagesoberfäche.
Stollen sind langgestreckte horizontale oder weniger als 25° zur Horizontalen geneigte Untertagehohlräume mit kleinen Durchmessern. Sie sind zur Aufnahme von Rohr- und Kabel-leitungen sowie als Verbindungswege und Hilfsbauwerke während der Bauausführung oder für dauernde Benutzung bestimmt.
Schächte sind langgestreckte, unterirdische, lotrecht oder schräg (mehr als 25° zur Horizontalen) verlaufende Hohlräume zur Überwindung von Höhenunterschieden. Sie dienen ähnlichen Auf-gaben wie Stollen.
Untertägig hergestellte Leitungen haben meist nicht begehbare Querschnitte. Sie dienen dem Transport von Flüssigkeiten, Wärme oder Gasen und der Aufnahme von Kabeln.
Kavernen sind Felshohlräume mit großen Querschnitten und relativ geringer Länge. Sie dienen der Lagerung fester, flüssiger oder gasförmiger Güter, der Aufnahme von Maschinen und Fahr-zeugen, von unterirdischen Erzeugungsanlagen, Fabrikationsräumen und militärischen Anlagen. Die Verbindung zur Erdoberfläche erfolgt durch andere Felshohlräume, wie Tunnel, Stollen oder Schächte.
Kammern sind kleine gedrungene Felshohlräume. Sie dienen zur Lagerung von Gütern während der Bauausführung oder dauernder Nutzung. [MAIDL 1984, S. 16]
Aus der Kenntnis der verschiedenen Hohlraumbauwerke stellt sich die Frage, wie ein unterirdisches Bauwerk und insbesondere ein Tunnelbauwerk entsteht. Auch hier sind für die weiteren Betrachtungen dieser Studienarbeit einige wichtige Begriffe zu definieren.
Zur Verdeutlichung der unterschiedlichen Bezeichnungen dient Abbildung 2-2.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-2: Bezeichnungen und Begriffe des Querschnitts [STRIEGLER 1993, S. 24]
Die wichtigsten in der Abbildung gezeigten Begriffe werden nachfolgend noch einmal erläutert:
- Firste: obere Fläche am Ausbruchquerschnitt
- Sohle: untere Fläche am Ausbruchquerschnitt
- Ulme: seitliche Fläche am Ausbruchquerschnitt
- Ortsbrust: geschlossener Querschnitt für den Angriff (Vortrieb)
- Kalotte: oberer Ausbruchquerschnitt
- Strosse: unterer Ausbruchquerschnitt [vgl. STRIEGLER 1993, S. 25].
2.3 Geologische Untersuchungen
Bei keinen anderen Ingenieurbauwerken spielt die Geologie eine so entscheidende Rolle wie beim Tunnelbau. Das Gebirge ist Baustoff, Tragkonstruktion und Belastung zugleich [vgl. STRIEGLER 1993, S. 72]. Daher ist es sowohl für die Wahl eines Vortriebsver-fahrens [vgl. Kapitel 5] als auch für die statischen Berechnungen der Tunnelauskleidung [vgl. Kapitel 8] notwendig, genaue Kenntnisse bezüglich der vorhandenen Geologie zu haben. Daneben sind zudem alle Sicherungs- und Ausbaumaßnahmen in hohem Maße von dem umgebenden Gebirge abhängig.
Um das Gebirge entsprechend beurteilen zu können, müssen bereits in der frühesten Phase eines Tunnelbauprojektes geologische Untersuchungen durchgeführt werden. Diese Ergebnisse sind während des gesamten Projektes, d.h. während der Arbeitsvorbereitung, der Bauausführung sowie der Objektüberwachung, zu überprüfen. Hierzu ist die ständige Zusammenarbeit von Bauingenieuren mit Geologen und Geomechanikern notwendig. Die verschiedenen Stufen der Planung eines Tunnelbauprojektes sind in Abbildung 2-3 dargestellt. Hierbei wird nicht nur auf die geologischen Aspekte der Tunnelplanung eingegangen, es werden auch die daraus resultierenden Schritte, wie beispielsweise die Wahl des Vortriebsverfahrens oder die statische Berechnung aufgezeigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-3: Entwicklungsphasen eines Tunnelprojektes [STRIEGLER 1993, S. 32]
In den unterschiedlichen Phasen der Tunnelplanung stehen verschiedene geotechnische Verfahren zur Verfügung [vgl. u.a. GIRMSCHEID 2000, S. 5ff.]. Diese Verfahren sollen im Rahmen der vorliegenden Studienarbeit nicht näher erläutert werden. In Tabelle 2-2 sind die Untersuchungsphasen bei der Planung eines Tunnelbauwerkes dargestellt. Es wird aufgezeigt, dass in Abhängigkeit von der Bearbeitungsphase ver-schiedene geologische Untersuchungsaufgaben zu bewerkstelligen sind. Diese Aufgaben besitzen schließlich unterschiedliche Umfänge und zielen auf jeweils spezifische Fragestellungen ab.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2-2: Aufgabenbereich der geotechnischen Untersuchungen [STRIEGLER 1993, S. 60]
Von Bedeutung für die Planung des Bauwerkes sind nicht die Ergebnisse der Untersuchungen, sondern die jeweilige Interpretation des Ergebnisses. In der Geologie und in den Normen existieren verschiedene Unterteilungen von Gesteinen (z.B. DIN 1054). Die verschiedenen Gesteinsarten lassen sich wiederum über diverse Parameter beschreiben. Ähnliche Klassifikationen existieren auch für das Gebirge und somit für den Tunnelbau. Die Beschreibung des Gebirges anhand von Parametern erwies sich für den Tunnelbau als weitgehend ungeeignet. Daher hat sich in den letzten Jahren für die Beurteilung des Gebirges im Hinblick auf eine Tunnelbaumaßnahme zunehmend eine Einteilung nach Kriterien, die eine Beurteilung des Bauverfahrens beinhalten, durchgesetzt. Die wichtigsten Punkte sind hierbei die Ausbruch- und Sicherungs-verfahren [vgl. MAIDL 1984, S. 43]. Nachfolgend sollen die Gebirgsklassifikationen nach der Standzeit, nach Gebirgsparametern und nach dem Ausbruchverhalten kurz erläutert werden. Darüber hinaus existieren weitere Verfahren, die jedoch nicht näher beschrieben werden sollen [vgl. MAIDL 1984, S. 43ff.].
2.3.1 Klassifikation nach der Standzeit
Dieses Verfahren bietet eine Unterteilung des Gebirges nach der angenommenen Standzeit. Es wird auch als Klassifikation nach Lauffer bezeichnet. Die Einteilung erfolgt in sieben Klassen. Die berücksichtigten Bewertungsparameter sind dabei die Standzeit des Gebirges ohne Sicherung sowie die wirksame Stützweite l*. Die Zusammenhänge hat Lauffer in einem Klassifizierungsdiagramm dargestellt (Abbildung 2-4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-4: Definition der wirksamen Stützweite l* und Klassifizierungsdiagramm nach Lauffer [MAIDL 1988, S. 47]
Die Definition der sieben Gebirgsklassen A bis G zeigt Tabelle 2-3.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2-3: Gebirgsklassen nach Lauffer [MAIDL 1988, S. 47; siehe auch STRIEGLER 1993, S. 66]
2.3.2 Klassifikation nach der Wertung von Gebirgsparametern
Dieses von Bieniawski entwickelte Verfahren versucht, das Gebirge ebenfalls über ein Stützweite-Standzeit-Diagramm zu beschreiben. Die Klassifikation stützt sich dabei auf eine Gebirgsverhältniszahl (RMR), die sich wiederum aus den Parametern einachsige Druckfestigkeit, RQD (Rock Quality Designation), Abstände, Ausbildung und Orientierung von Trennflächen sowie den Bergwasserverhältnissen zusammensetzt. [vgl. STRIEGLER 1993, S. 68] Die Beurteilung der Gebirgsklassen ist in Tabelle 2-4 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2-4: Beurteilung des Gebirgszustandes nach Bieniawski [STRIEGLER 1993, S. 68]
2.3.3 Klassifikation nach Ausbruchverhalten
Die in Deutschland normierte Klassifikation ist die nach dem Ausbruchverhalten. Zugrunde liegen diesem Klassifikationssystem die Beziehungen zwischen dem Ausbruch und den erforderlichen Sicherungsmaßnahmen. Das negative Merkmal dieses Klassi-fizierungssystems besteht darin, dass beim Wechsel von Gebirgsarten ein stetiger Übergang zwischen den Ausbruchklassen nicht möglich ist. Zudem fehlen Angaben über Sicherungsmaßnahmen und Angriffstiefen [vgl. STRIEGLER 1993, S. 69]. Trotz dieser für die weitere Planung negativen Aspekte ist die Klassifikation nach DIN 18312 eine in Deutschland weit verbreitete. Bei der Einteilung wird davon ausgegangen, dass sowohl die Form und Fläche des Ausbruchquerschnittes als auch das Bauverfahren bereits vorgegeben sind. Die Definition der unterschiedlichen Ausbruchklassen ist in Tabelle 2-5 dargestellt.
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Tabelle 2-5: Allgemeine Ausbruchklassen nach DIN 18312 [MAIDL 1988, S. 64]
2.4 Bauverfahren
In den vorherigen Abschnitten wurde die Bedeutung der Vorplanung eines Tunnel-bauwerkes beschrieben. Hier sollen nun in Kurzform die möglichen Bauverfahren vorgestellt werden.
Die Entwicklung des Tunnelbaus in der Historie ist eng verbunden mit dem Bergbau. Bei der Erstellung eines Tunnelbauwerkes wurde daher oftmals auf die Sicherungs- und Abbautechniken des Bergbaus zurückgegriffen. Eine Eigenständigkeit entstand erst mit der Hochzeit des Tunnelbaus durch den Einsatz der Eisenbahn um 1800. Die Ent-wicklung und Vorgehensweise der historischen Verfahren soll in Kapitel 3 beschrieben werden.
Der heutige Tunnelbau verfolgt zwei unterschiedliche Strategien, zum einen die offene, zum anderen die geschlossene Bauweise. Bei der offenen Bauweise wird zunächst eine Baugrube ausgehoben, diese wird entsprechend verbaut. Im Schutze dieser Baugrube entsteht das Tunnelbauwerk. Nach der Fertigstellung wird es schließlich wieder verfüllt und zugeschüttet. Dieses Verfahren ist nicht dem klassischen Tunnelbau zuzurechnen. Es wird lediglich ein Bauwerk im Schutze einer Baugrube erstellt. Auf dieses Verfahren soll daher im Rahmen dieser Studienarbeit nicht weiter eingegangen werden.
Von Interesse sind dagegen die Tunnelbauwerke und deren Bauverfahren in geschlossener Bauweise. Hier wird das Bauwerk durch das vorhandene Gebirge aufgefahren. Für diese Art des Tunnelvortriebs existieren verschiedene Verfahren, die in Kapitel 5 beschrieben werden sollen. Der Bauablauf in geschlossener Bauweise hängt dabei in hohem Maße von den vorgefundenen Gebirgsverhältnissen ab. Von großer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch die Sicherungen und die späteren Ausbauten des Tunnelquerschnitts. Hierauf soll in den Kapiteln 4 und 6 noch einmal gesondert eingegangen werden.
In Abhängigkeit von den verschiedenen Verfahren werden unterschiedliche Quer-schnittsarten und –formen aufgefahren. Dies sind in erster Linie Kreis- und Hufeisen-, sowie Rechteck- und Trapezprofile. Die verschiedenen Möglichkeiten der Ausbruchform eines Tunnelquerschnitts zeigt Abbildung 2-5.
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Abbildung 2-5: Querschnittsformen der Tunnel [STRIEGLER 1993, S. 24]
3. Geschichte
Der Wunsch des Menschen ins Erdinnere vorzudringen existiert seit der geschichtlichen Frühzeit. Die Entwicklung des Untertagebaus ist daher auch eng mit Entwicklung der Kulturvölker verbunden [vgl. GIRMSCHEID 2000, S. 2]. Seit jeher wurde Bergbau betrieben. Die Abbauverfahren und –techniken waren lange Zeit identisch mit denen des Tunnelbaus. Bereits im Altertum wurden mit einfachen Werkzeugen unterirdische Kult- und Begräbnisstätten geschaffen. Weiterhin dienten unterirdische Stollen Verteidigungs-zwecken. Es wurde zudem erkannt, dass unterirdische Bauwerke sehr gut für Be- und Entwässerungsaufgaben sowie für Verkehrszwecke geeignet sind [vgl. STRIEGLER 1993, S. 13]. Die Entwicklung des Tunnel- und Stollenbaus vom Altertum bis in die Neuzeit zeigt Abbildung 3-1.
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Abbildung 3-1: Tunnelbau in den vergangenen 5000 Jahren [GIRMSCHEID 2000, S. 2]
In der Neuzeit erlebte der Tunnelbau eine große Blüte mit dem Beginn des Eisenbahntunnelbaus ab 1800. In dieser Zeit wurde ebenfalls versucht, die Techniken und Verfahren des Bergbaus an die Gegebenheiten des reinen Tunnelbaus anzupassen. Insbesondere die Optimierung des Tunnelvortriebs war eine Aufgabe, der sich mehrere bedeutende Baumeister und Ingenieure widmeten. Es entstanden aus der Kenntnis der verschiedenen Baugrundverhältnisse heraus, diverse Vortriebstechniken. Diese finden auch heute noch in abgewandelter Form ihre Verwendung. In den folgenden Abschnitten sollen die verschiedenen historischen Vortriebstechniken mit ihren Vor- und Nachteilen kurz dargestellt werden.
3.1 Teilausbruch
In der Geschichte des Tunnelbaus war das Aufteilen der Querschnitte ein Mittel, um das Gebirge zu beherrschen. Die damaligen Sicherungsverfahren und –materialien ließen lediglich diese Bauweise zu. Die verschiedenen Verfahren entwickelten sich aus den unterschiedlichen Aufgaben der Tunnelbauwerke sowie den vorgefundenen Bodenverhält-nissen. Die nachfolgend beschriebenen Bauweisen sind in chronologischer Reihenfolge dargestellt. Einen Überblick über die klassischen Tunnelbauverfahren soll vorab Tabelle 3-1 geben.
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Tabelle 3-1: Klassische Tunnelbauweisen [STRIEGLER 1993, S. 104]
3.1.1 Deutsche Bauweise
Die deutsche Bauweise ist auch als Kernbauweise bekannt. Sie wird in der Literatur als die älteste Tunnelbauweise beschrieben. Erstmals angewandt wurde sie im Jahre 1803 beim Bau des Tunnel Tronquoy in Frankreich. Vervollkommnet wurde diese Bauweise beim Bau des Königsdorfer Tunnels im Jahre 1837 und des Triebitzer Tunnels 1842. Es folgten viele weitere bekannte Tunnelbauten in der Kernbauweise.
Seinen Namen verdankt dieses Bauverfahren dem Bauablauf. Zunächst werden kleine beherrschbare Querschnitte entlang des Ausbruchrandes aufgefahren und endgültig gesichert. Es entsteht ein zusammenhängendes Gewölbe. Als Sicherungsmaterial wurde ausschließlich Holz in verschiedenen Zimmerungen verwendet. Der Ausbau erfolgte in Mauerwerksbauweise mit Natursteinen. Charakteristisch für dieses Verfahren ist, dass der Kern des Ausbruches solange stehen bleibt, bis das Gewölbe trägt [vgl. MAIDL 1984, S. 102f.]. Die Vorgehensweise und die Sicherung bei der deutschen Bauweise ist in Abbildung 3-2 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3-2: Die Deutsche oder Kernbauweise [GIRMSCHEID 2000, S. 2]
Zu den Vor- und Nachteilen dieses Bauverfahrens lässt sich sagen, dass es aufgrund der Abstützung des Gebirges auf dem Kern nur zu geringeren Setzungen kommt und die Seitendruckanfälligkeit gering ist. Während der abschließende Ausbruch des Kernes sehr wirtschaftlich ist, erfordert das vorherige Auffahren der einzelnen Teilquerschnitte sowie das Einbringen der Sicherungen einen hohen Zeitaufwand und ist folglich sehr teuer [vgl. MAIDL 1984, S. 103].
3.1.2 Belgische Bauweise
Dieses auch als Unterfangungsbauweise bezeichnete Verfahren fand erstmals im Jahre 1828 beim Bau des Kanaltunnel Charleroy Verwendung. Später wurde eine Vielzahl großer Alpentunnel wie beispielsweise der Mont Cenis- und der St. Gotthard-Tunnel mit diesem Verfahren aufgefahren.
Der Bauablauf beginnt mit dem Ausbruch der Kalotte sowie der anschließenden Sicherung des Gebirges. Früher wurde zur endgültigen Sicherung ein Gewölbe, beginnend an den Kämpfern, ausgebildet. Nach Abschluss der Sicherungsarbeiten wird mit der Unterfangung begonnen. Hierzu gibt es eine Reihe möglicher Varianten, die in Abbildung 3-3 dargestellt sind [vgl. MAIDL 1984, S. 101].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3-3: Die Belgische Bauweise [MAIDL 1984, S. 101] (arabische Ziffern geben die Ausbruch-reihenfolge an, die römischen die Sicherungsfolge)
Als vorteilhaft bei dieser Bauweise ist die frühe Sicherung der Firste anzusehen, wodurch Auflockerungen verhindert werden. Weiterhin ist eine Anpassung an wechselnde Gebirgsverhältnisse möglich. Negativ zu beurteilen sind die hohen Auflagerpressungen im Kämpferbereich, wodurch sich eine hohe Setzungsempfindlichkeit beim Unterfangen ergibt. Ebenfalls negativ zu sehen ist, dass der Sohlschluss bei diesem Verfahren sehr spät erfolgt und eine hohe Seitendruckempfindlichkeit besteht.
3.1.3 Englische Bauweise
Die Englische Bauweise wurde mit dem Bau der englischen Eisenbahn im Jahre 1830 entwickelt. Es wird zunächst der komplette Querschnitt ausgebrochen und vorübergehend gesichert. Erst dann erfolgt die Ausmauerung von unten nach oben. Zur Sicherung wird eine Längsträger- oder Jochträgerzimmerung verwendet. Daher wird die Englische Bauweise auch als Längsträger- oder Jochbauweise bezeichnet [vgl. MAIDL 1984, S. 107]. Die verschiedenen Phasen des Ausbruchs und der Sicherung sind in Abbildung 3-4 zu sehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3-4: Die Englische Bauweise [MAIDL 1984, S. 107]
Als Vorteil dieses Verfahrens ist unter anderem die Möglichkeit zu sehen, an mehreren Punkten gleichzeitig abzubauen und somit die Arbeitsgänge zu entzerren. Weiterhin lassen sich Erkundungsstollen zum frühen Gebirgsaufschluss und zur Wasserableitung erstellen. Nachteilig sind die beengten Arbeitsverhältnisse durch den hohen Einsatz von Zimmerungen und Leergerüsten. Die lange Standzeit des Gebirges auf den vorläufigen Sicherungen kann zu Setzungen führen. Infolge des ständigen Wechsels zwischen Ausbruch und Sicherung ist kein kontinuierlicher Bauablauf möglich, wodurch die Vortriebsgeschwindigkeit gering bleibt.
3.1.4 Österreichische Bauweise
Die Österreichische Bauweise ähnelt der englischen, da auch hier zunächst der Querschnitt komplett ausgebrochen und gesichert wird. Anders als bei der Englischen Bauweise wird bei der Österreichischen Bauweise eine Sparren- oder Querträger-zimmerung benutzt, wodurch sich auch der Name Sparren- und Querträgerbauweise ergibt. Erstmals angewandt wurde dieses Verfahren im Jahre 1837 beim Bau des Tunnels Oberau auf der Eisenbahnlinie Leipzig – Dresden. Weiter eingesetzt wurde die Bauweise anschließend beim Bau des Gumpoldskirchener Tunnels 1839 und ab 1848 beim Bau verschiedener Alpentunnel [vgl. MAIDL 1984, S. 106]. Die Arbeitsschritte dieses Verfahrens sowie ein Anwendungsbeispiel sind in Abbildung 3-5 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3-5: Die Ältere Österreichische Bauweise [MAIDL 1984, S. 106] (arabische Ziffern geben die Ausbruchreihenfolge an, die römischen die Sicherungsfolge)
Die Vor- und Nachteile sind vergleichbar mit denen der englischen Bauweise. Die Vermehrung der Angriffsorte ist ein wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens. Nachteilig wirkt sich dagegen der ständige Wechsel zwischen Ausbruch und Sicherung aus. Weiterhin negativ zu bewerten ist die hohe Setzungsempfindlichkeit, zum einen durch Umsteifen, zum anderen durch die lange Standzeit der Zimmerung als vorläufiger Sicherung. Positiv ist wiederum die Möglichkeit des Baus von Erkundungsstollen.
3.1.5 Italienische Bauweise
Als letztes Verfahren im Teilausbruch entwickelte sich die Italienische oder Versatz-bauweise. Erstmals eingesetzt wurde das Verfahren beim Bau der Bahnstrecke Foggia – Neapel im Jahre 1867. Im Anschluss wurden ab 1893 diverse Alpentunnel mit der italienischen Bauweise aufgefahren. Als Zweck dieser Bauweise ist in erster Linie die Beherrschung von schwierigen Gebirgsverhältnissen zu nennen. Als Sicherungsmaterial wurde zunächst Holz eingesetzt, später wurden auch Stahl und Mauerwerk benutzt, um direkt eine endgültige Sicherung zu erstellen [vgl. MAIDL 1984, S. 108]. Dargestellt ist die Vorgehensweise der Italienischen Bauweise in Abbildung 3-6.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3-6: Die Italienische Bauweise [MAIDL 1984, S. 108] (arabische Ziffern geben die Aus-bruchreihenfolge an, die römischen die Sicherungsfolge)
Vorteilhaft bei diesem Verfahren ist, dass die Sicherung bereits nach kurzen Strecken eingebracht werden kann und somit auch geringe Standzeiten des Gebirges beherrschbar sind. Während der Verbrauch an Zimmermaterial aufgrund der schnellen endgültigen Sicherung gering bleibt, erhält man einen Mehrverbrauch an Mauerwerk. Diese Vor- und Nachteile wiegen sich somit wieder auf. Weiterhin positiv zu bewerten ist die Anpassungsfähigkeit an wechselnde Gebirgsverhältnisse. Nachteilig sind die geringen Vortriebsleistungen bei hohen Kosten. Ein weiterer Nachteil ist, dass keine Mecha-nisierung des Vortriebs möglich ist [vgl. MAIDL 1984, S. 108].
3.2 Schildvortrieb
Parallel zur Entwicklung der Teilausbruchverfahren verlief die Entwicklung des Schild-vortriebes. Ziel dieses Verfahrens war es, insbesondere im Lockergestein unterhalb des Grundwasserspiegels Tunnel aufzufahren. Die Idee zum Prinzip des Schildvortriebs wurde im Jahre 1806 vom Ingenieur Sir Marc Isambard Brunel geboren. Patentieren ließ er sich den ersten Schild im Jahre 1818 im Zusammenhang mit dem wintersicheren Ausbau der Verkehrsverbindung über die Newa in St. Petersburg. Sein endgültiger Vorschlag zur Erstellung dieser wintersicheren Verkehrsverbindung war jedoch letztend-lich eine Hängebrückenkonstruktion. Erstmals angewandt wurde der Vortriebsschild von Brunel im Jahre 1825 beim Bau des ersten Themse-Tunnels. Für den 460 m langen Tunnel entwickelte Brunel einen rechteckigen, eisernen Schild, der aus zwölf nebeneinanderstehenden Rahmen, die jeweils in drei Kammern geteilt waren, bestand. Es fanden somit 36 Bergmänner in den Kammern Platz und konnten gleichzeitig an der Ortsbrust arbeiten. Der Schild hatte eine Gesamtgröße von 6,70 m Höhe und 11,30 m Breite. Die Tunnelauskleidung erfolgte mit Ziegelmauerwerk. Der Bau dieses Tunnels war mit großen Schwierigkeiten verbunden. Obwohl lediglich eine Strecke von 150 m unterhalb der Themse zu bewältigen waren, kam es zu zehn schweren Wassereinbrüchen. Der Bau des Tunnels dauerte somit von 1825 bis 1843 an. Die Vortriebsleistung betrug lediglich 25 cm pro Tag [vgl. MAIDL 1984, S. 108f. und GATTERMANN 1999, S. 14].
Im Jahre 1828, zwei Jahre nach dem ersten schweren Wassereinbruch im Themse-Tunnel, schlug der Ingenieur Colladon Brunel den Einsatz von Druckluft, um das Ein-dringen von Wasser zu verhindern, vor. Dies wurde jedoch von Brunel abgelehnt. Die Erfindung der Druckluftschleuse durch Sir Thomas Cochrane 1830 sollte den Einsatz von Druckluft im Tunnelbau ermöglichen. Erstmals angewandt wurde ein Druckluftvortrieb in Antwerpen 1879 und in New York 1880, jedoch beim Vortrieb ohne Schild.
Für die Kombination des Druckluft- und Schildvortriebes, wie für einige weitere Neuerungen auch, zeichnete sich James Henry Greathead verantwortlich. Zunächst entwickelte er den ersten kreisförmigen Schild für den Bau des zweiten Themse-Tunnels im Jahre 1869. Dieser offene, kreisförmige Schild hatte einen Außendurchmesser von 2,18 m. Die Trasse führte vollständig durch dichten Ton, wodurch es diesmal zu keinen Wassereinbrüchen kam. Dieser Schild von Greathead diente als Vorbild für viele später eingesetzte offene Schilde. Bei diesem Bauvorhaben wurden zur Sicherung und zur endgültigen Auskleidung erstmals gusseiserne Tübbinge eingesetzt [vgl. MAIDL et al. 1994, S. 12ff.]. Auf die Entwicklung der Tübbinge und deren heutige Einsatzform soll in Kapitel 7 eingegangen werden. Eine weitere Entwicklung von Greathead ist der erste Slurry-Schild gewesen. Dieser arbeitete erstmals mit einer flüssigkeitsgestützten Ortsbrust. Als Einsatzbereich waren Böden mit hoher Durchlässigkeit vorgesehen. Der Abbau sollte über den Strom einer Flüssigkeit erfolgen, die gleichzeitig eine stützende Wirkung hat, wie beispielsweise eine Bentonit-Suspension. Greathead meldete dieses Patent im Jahre 1874 an. Weiterentwickelt wurde die flüssigkeitsgestützte Ortsbrust 1896 von Haag, dem erstmals der hermetische Abschluss der Abbaukammer gelang.
Greathead konnte schließlich im Jahre 1886 beim Bau der Londoner U-Bahn den Schildvortrieb mit der Anwendung des Druckluftverfahrens kombinieren. Dies bedeutete eine erhebliche Erleichterung des Tunnelbaus in wasserführenden Schichten. Damit war der Druckluftschild vom Typ Greathead geboren. Dieser ließ die Anzahl der Schild-vortriebe erheblich steigen. So wurden beispielsweise zu Beginn des 20. Jahrhunderts größtenteils die Tunnel unterhalb von Gewässern mit diesem Verfahren aufgefahren [vgl. MAIDL et al. 1994, S.12ff.].
Einen Überblick über die für die Entwicklung des Schildvortriebs wichtigsten Tunnelbauprojekte bietet Tabelle 3-2.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3-2: Klassische Schildvortriebe 1826-1914 [MAIDL et al. 1994, S. 18]
Die Erfindung des Schildvortriebes durch Brunel ließ schnell den Wunsch nach einer Mechanisierung des Schildvortriebes aufkommen. Mit dem ersten Patent im Jahre 1876 durch die Ingenieure John Dickinson und George Brunton begann schließlich die Entwicklung des heutigen maschinellen Schildvortriebes. Die beiden Engländer ent-wickelten einen halbkugelförmigen rotierenden Schneidkopf. Das Ausbruchmaterial sollte in Förderkübel fallen, die radial im Schneidkopf angebracht waren. Das Schuttermaterial wurde wiederum aus den Kübeln auf ein Förderband geworfen, das es nach hinten transportierte. Der Antrieb erfolgte mit sechs Hydraulikzylindern, die gegen die Zähne eines am Schneidrad befestigten Knarrenringes drückten .
1896 wurde der nach seinem Erfinder benannte Price-Schild konstruiert. Dieser wurde sogleich 1897 bei einem Bau im Londoner Ton mit gutem Erfolg eingesetzt. Die Maschine beinhaltete ein rotierendes Schneidrad in einem Greathead-Schild. Das Schneidrad bestand aus vier speichenförmig angeordneten Armen, die die Schneid- und Kratzwerkzeuge trugen. Das Material wurde am Schneidrad in wannenförmigen Löffeln gesammelt, angehoben und in eine Rutsche gefördert. Der Antrieb des Schneidrades erfolgte elektrisch.
Auf die heutigen Tunnelbauverfahren, die ihren Ursprung in den oben beschriebenen Verfahren haben, soll in Kapitel 5 eingegangen werden.
3.3 Vortriebsmaschinen
Neben dem Schildvortrieb ist auch an weiteren Projekten gearbeitet worden, die einen mechanischen Abbau des Gebirges ermöglichen. Die erste Erfindung in dieser Richtung machte der belgische Ingenieur Henry-Joseph Maus bei der Planung für den Eisenbahntunnel durch den Mont-Cenis auf der Strecke Turin – Genua im Jahre 1846. Er entwickelte eine Vortriebsmaschine, die als Grundgedanken hatte, den vorhandenen Fels durch nebeneinander gebohrte Löcher mittels Keilen in Blöcken systematisch herauszu-brechen. Hierzu installierte er auf einem Metallrahmen 116 Schlagbohrmaschinen. Diese Erfindung diente später als Vorbild für die Vollausbruchverfahren im Sprengvortrieb (siehe Abbildung 3-7).
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