Einleitung
Qualitätstransparenz, also der freie Zugang zu verständlichen, transparenten und validen Qualitätsinformationen, ist aus Sicht der Nutzer des Gesundheitssystems eine notwendige Bedingung für die sinnvolle Wahrnehmung von Wahlmöglichkeiten zwischen konkurrierenden Anbietern.
Seit 2005 sind alle deutschen Krankenhäuser durch den Gesetzgeber verpflichtet, Qualitätsberichte in einer inhaltlich verbindlichen Struktur zu veröffentlichen. Dieser Neuerung liegt die Annahme zugrunde, dass Qualitätstransparenz ein Stimulans für den Qualitätswettbewerb zwischen Krankenhäusern ist und so in Form von Qualitätsverbesserungen den Patienten zugute kommt. Thema dieser Arbeit ist eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Versicherte durch die Lektüre von Qualitätsberichten in die Lage versetzt wird, die Qualität verschiedener Krankenhäusern zu vergleichen und zu entscheiden, wo ihn, entsprechend seiner Bedürfnisse, die beste Versorgung erwartet. Um sich der Fragestellung zu nähern, beginnen meine Ausführungen erstens mit der Darstellung des gängigen wissenschaftlichen Verständnisses von medizinischer Qualität und deren Bewertungsebenen und zweitens mit einer Abarbeitung der wichtigsten Kriterien für die Versorgungsqualität eines Krankenhauses aus der Sicht der Versicherten. Auf Grundlage der so gewonnenen Erkenntnisse ist es Ziel dieser Arbeit, die Qualitätsberichte von jeweils einem frei- gemeinnützigen, einem kommunalen und einem privaten Krankenhaus bezüglich der Darstellung wesentlicher Qualitätsparameter vergleichend zu untersuchen. Anhand der hierbei ermittelten Ergebnisse soll der Beitrag strukturierter Qualitätsberichte für Qualitätstransparenz und Vergleichbarkeit von Krankenhäusern bewertet werden.
Inhalt
1.Einleitung
2. Beurteilungsebenen medizinischer Qualität
3. Medizinische Qualität aus der Versichertenperspektive
4. Qualitätsberichte nach §137 SGB V
4.1 Ausgestaltung
4.2 Folgerungen aus der Ausgestaltung
5. Vergleichende Analyse von Qualitätsberichten
6. Basisteil (A-C) und Krankenhausprofil
6.1 Lukas-Krankenhaus-Bünde
6.2 Klinikum Rosenhöhe Bielefeld
6.3 Paracelsus-Klinik Osnabrück
7. Systemteil
7.1 D Qualitätspolitik
7.2 E Qualitätsmanagement und dessen Bewertung
7.2.1 E1 Qualitätsmanagement
7.2.2 E2 Bewertung
7.3 E3 Ergebnisse der externen Qualitätssicherung nach § 137 SGB V
7.4 F Qualitätsmanagementprojekte im Berichtszeitraum
8. Bewertung
9. Resümee
Literatur
1.Einleitung
Qualitätstransparenz, also der freie Zugang zu verständlichen, transparenten und validen Qualitätsinformationen, ist aus Sicht der Nutzer des Gesundheitssystems eine notwendige Bedingung für die sinnvolle Wahrnehmung von Wahlmöglichkeiten zwischen konkurrierenden Anbietern.
Seit 2005 sind alle deutschen Krankenhäuser durch den Gesetzgeber verpflichtet, Qualitätsberichte in einer inhaltlich verbindlichen Struktur zu veröffentlichen. Dieser Neuerung liegt die Annahme zugrunde, dass Qualitätstransparenz ein Stimulans für den Qualitätswettbewerb zwischen Krankenhäusern ist und so in Form von Qualitätsverbesserungen den Patienten zugute kommt. Thema dieser Arbeit ist eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Versicherte durch die Lektüre von Qualitätsberichten in die Lage versetzt wird, die Qualität verschiedener Krankenhäusern zu vergleichen und zu entscheiden, wo ihn, entsprechend seiner Bedürfnisse, die beste Versorgung erwartet. Um sich der Fragestellung zu nähern, beginnen meine Ausführungen erstens mit der Darstellung des gängigen wissenschaftlichen Verständnisses von medizinischer Qualität und deren Bewertungsebenen und zweitens mit einer Abarbeitung der wichtigsten Kriterien für die Versorgungsqualität eines Krankenhauses aus der Sicht der Versicherten. Auf Grundlage der so gewonnenen Erkenntnisse ist es Ziel dieser Arbeit, die Qualitätsberichte von jeweils einem frei- gemeinnützigen, einem kommunalen und einem privaten Krankenhaus bezüglich der Darstellung wesentlicher Qualitätsparameter vergleichend zu untersuchen. Anhand der hierbei ermittelten Ergebnisse soll der Beitrag strukturierter Qualitätsberichte für Qualitätstransparenz und Vergleichbarkeit von Krankenhäusern bewertet werden.
2. Beurteilungsebenen medizinischer Qualität
Ziel dieses Abschnitts meiner Arbeit ist es das in der wissenschaftlichen Diskussion gängige Verständnis von Qualität und deren Bewertungsebenen in der medizinischen Versorgung darzustellen und zu erläutern.
Qualität ist der „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt.
Anmerkung 1: Die Benennung „Qualität“ kann zusammen mit Adjektiven wie schlecht, gut oder ausgezeichnet verwendet werden.
Anmerkung 2: „Inhärent“ bedeutet im Gegensatz zu „zugeordnet“ „einer Einheit innewohnend“ insbesondere als ständiges Merkmal (DIN EN ISO 9000:2000, Nr. 3.1.1)“ (vgl. Sens und Fischer 2003, S.4). Mit anderen Worten bezeichnet man mit Qualität das Ausmaß, indem die einer Sache oder einem Vorgang innewohnenden und kennzeichnenden Eigenschaften den allgemeinen Erfordernissen oder Erwartungen entsprechen. Übertragen auf den Zusammenhang der gesundheitlichen Versorgung und folglich einer nunmehr 40 Jahre alten Definition von Donabedian ist Qualität der Grad der Konformität einer tatsächlichen Behandlung mit den gegebenen Anforderungen. Inhaltlich entspricht diese Ausführung der aktuellen Definition nach DIN EN ISO 9000:2000 (vgl. Sens und Fischer 2003 S.4). Ebenso geht die international gebräuchliche Einteilung von Qualität gesundheitlicher Versorgung in die für die Qualitätsbeobachtung und Qualitätsbeurteilung analytisch relevanten Dimensionen Struktur-, Prozess-, und Ergebnisqualität auf Donabedian zurück. Dieser Differenzierung liegt der Gedanke zugrunde, dass Struktur, Prozess und Ergebnis für die Erbringung einer Leistung ein logisches Kontinuum darstellen und demzufolge Leistungsqualität auch unter Berücksichtigung des Zusammenspiels dieser drei Teilaspekte erfasst werden muss. Die Bewertung der Struktur bezieht sich auf die strukturellen Bedingungen in denen Versorgungsprozesse stattfinden. Darunter fallen Faktoren wie die Ausstattung von Krankenhäusern und die Qualifikation des Fachpersonals, d.h. aber auch gleichermaßen gesetzliche und berufspolitische Regelungen bezüglich Bau, Einrichtung oder Betrieb eines Krankenhauses, sowie allgemein der Zugang zu Gesundheitsberufen und zu Fortbildungen für das Pflegepersonal und die Ärzteschaft. Der Begriff Prozess bezeichnet die klassischen medizinischen und pflegerischen Tätigkeiten und Aufgabenfelder Untersuchung und Behandlung als auch die sie unterstützenden und ergänzenden Abläufe. Im Gesundheitswesen versteht man unter Ergebnis die Endresultate der medizinischen und pflegerischen Prozesse. Hierzu gehören beispielsweise Letalitätsraten, die Patientenzufriedenheit, Behandlungserfolge oder falls erfassbar das Ausmaß medizinischer Komplikationen.
Strukturen und Prozessabläufe sind die Grundlage für gute medizinische Resultate. Hierbei bleibt anzumerken, dass sich diverse Indikatoren nicht eindeutig zur Struktur, dem Prozess oder den Ergebnissen einer medizinischen Behandlung zuordnen lassen. Beispielsweise könnte man die Verweildauer eines Patienten in einem Krankenhaus als Prozess- oder Ergebnisindikator ansehen (vgl. Matthes und Wiest 2003, S.162). Dasselbe gilt m.E. für Wiederaufnahmeraten.
In der Frage der Gewichtung der drei Qualitätsdimensionen hob Donabedian hervor, dass „Ergebnisse im Grossen und Ganzen die ultimativen Bewertungsaspekte (validators) für die Effektivität und Qualität medizinischer Versorgung bleiben“ (Eigene Übersetzung) (vgl. Sens und Fischer 2003, S.17).“ Gerade dann, wenn sich Struktur- und Prozessqualität auf einem hohen Niveau befinden, werden tatsächliche Qualitätsunterschiede hauptsächlich in der Betrachtung der Ergebnisse sichtbar (vgl. Eichenlaub et. al 2001).
Um klinische Ergebnisindikatoren sinnvoll miteinander vergleichen zu können bedürfen sie einer Risikoadjustierung. Das bedeutet, dass beispielsweise bei einem Vergleich von Letalitäten verschiedener Krankenhäuser Faktoren mit einbezogen werden müssen, die die Sterblichkeit an bestimmten Krankheiten mit beeinflussen. Typische Einflussgrößen sind die demographischen Aspekte Alter und Geschlecht, aber auch Vorerkrankungen oder Risikofaktoren wie das Rauchverhalten (vgl. Matthes und Wiest 2002, S.165).
Medizinische Qualität ist Merkmal und im Besonderen Ergebnis von durch die Eigenschaften struktureller Ressourcen beeinflussten Versorgungsprozessen.
3. Medizinische Qualität aus der Versichertenperspektive
Nachdem im vorherigen Abschnitt der medizinische Qualitätsbegriff erläutert wurde, soll nun der Frage nachgegangen werden, welche Aspekte aus der Perspektive der Patienten für die Bewertung der medizinischen Versorgung ausschlaggebend sind. Grundlage der nachfolgenden Ausführungen ist eine repräsentative Bevölkerungsumfrage im Rahmen des Gesundheitsmonitors 2006, die sich u.a. mit der Frage beschäftigte, welche konkreten Informationen man in Qualitätsberichten veröffentlicht wissen möchte oder Grundlage für Qualitätsvergleiche sein sollten. Den Teilnehmern der Befragung wurde eine thematisch sortierte Aufstellung von 33 Items vorgelegt. Alle 33 Items waren in 5 Kategorien von Qualitätsinformationen unterteilt und sollten durch die Befragten hinsichtlich ihrer Relevanz für eine Krankenhauswahl beurteilt werden. Im Rahmen der Auswertung wurde für jeden Parameter ermittelt, welcher Prozentsatz der Befragungsteilnehmer diesen in einer Krankenhauswahl für wichtig erachtet und auf Basis der gewonnenen Informationen eine Rangfolge erstellt. Demnach besteht die „Top Ten“ der aus Sicht der Befragten für eine Krankenhauswahl als wichtig erachteten Kriterien aus der Liste folgender Faktoren:
1. Qualifikation der Ärzte
2. Sauberkeit der Klinik und der Patientenzimmer
3. Qualifikation des Pflegepersonals
4. Behandlung nach den neusten und derzeit besten medizinischen Verfahren
5. Freundlichkeit des Personals
6. Einbeziehen der Patienten bei der Behandlung
7. Spezialkompetenzen der Klinik
8. Zufriedenheit der Patienten mit dieser Einrichtung
9. Behandlungserfolge und Komplikationsraten
10. Empfehlung der Klinik durch Spezialisten (vgl. Geraedts 2006, S.9-12)
Hieraus lässt sich folgern, dass aus der Perspektive der Versicherten zum einen insbesondere die strukturellen Merkmale der Versorgung wie der Qualifikation des Personals allgemein von Bedeutung sind aber auch die Befähigung zu besten Behandlungsmethoden und Spezialkompetenzen, folglich implizit auch die Vorhaltung der dafür notwendigen medizinischen Technologien. Zum anderen wird mit dem Wunsch nach freundlichem Personal, dem Prozessmerkmal „Einbeziehen der Patienten bei der Behandlung“ und dem Ergebnisparameter Patientenzufriedenheit solchen Indikatoren Bedeutung in der Krankenhauswahl beigemessen, für deren Erhebung sich Patientenbefragungen anbieten. Weiterhin besteht Interesse an der Einsicht in die typischen Ergebnisindikatoren Behandlungserfolge und Komplikationsraten einer Klinik, außerdem an Informationen über die Sauberkeit und die Empfehlungen von Spezialisten für ein Krankenhaus. Abschließend lässt sich sagen, dass die Auswahl der 33 Items der Umfrage hinsichtlich möglicher Qualitätsinformationen als umfassend anmutet, leider aber aus den mir vorliegenden Materialien nicht hervorgeht anhand, welcher genauen Überlegungen sie erstellt wurde. Qualitätsparameter wie etwa Letalitätsraten, also krankheitsspezifische Sterblichkeitsraten eines Krankenhauses, Wiederaufnahmeraten oder auch die Verweildauer bzw. der Anteil von Langliegern einer Station/ eines Hauses gehen nicht in die Befragung ein. Hierzu lässt sich mutmaßen, dass für den durchschnittlichen Befragten ohne weitergehende Informationen ein Zusammenhang zwischen einem Teil der aufgeführten Indikatoren und medizinischer Qualität unverständlich ist. Offen bleibt, ob diese Vorbehalte nicht auch auf Items zutreffen, die in die Befragung eingegangenen sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass neben Informationen zu Strukturparametern insbesondere auch Angaben zur Ergebnisqualität eines Krankenhauses gewünscht werden.
Auf Grundlage der wissenschaftlichen Bewertungsebenen für medizinische Qualität gemäß Donabedian und der in diesem Abschnitt gewonnenen Erkenntnisse zu Qualitätsfaktoren, die aus Patientensicht für eine Krankenhauswahl relevant sind, ergeben sich für die bevorstehende vergleichende Untersuchung von Qualitätsberichten folgende Fragestellungen als Bewertungskriterien:
1. Werden die in Qualitätsberichten dargestellten Informationen den Ansprüchen der Versicherten gerecht?
2. Finden Darstellungen zu den drei Bewertungsdimensionen für medizinische Qualität nach Donabedian, aber besonders zur Ergebnisqualität Eingang in die Berichterstattung der Krankenhäuser?
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- Arbeit zitieren
- Jakob Holstiege (Autor:in), 2007, Qualitätsberichte und Qualitätstransparenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85075
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