Vor dem Hintergrund meiner Kernthese, die besagt, dass Baudelaire die Antike wie auch mit dieser Epoche konnotierten Motive als Vehikel, als „zeitlose sprachliche Zeichen“ nutzt, mit denen er Konvergenzen zwischen den signifiés von Bildern aus der antiken Mythologie auf der einen Seite und der Zeicheninnenseite von Bildern der Moderne auf der anderen hervorzuheben sucht, möchte ich über Baudelaires Definition der Moderne nach Walter Benjamin Schlüsse auf Baudelaires Geschichtsauffassung ziehen, um so die Notwendigkeit von Antikenmotiven in den ‚Blumen des Bösen’ begründen zu können.
Nach Benjamin ist die Moderne nicht etwa ein deutlich abgrenzbarer Zeitraum mit allein ihr inhärenten Merkmalen, sondern vielmehr „eine Epoche, die sich nicht der Antike entgegen setzt“. Es ist die Moderne, die die Dichotomie zwischen dem „Transistorische[n]“ und dem „Ewigen“ zu überbrücken vermag, indem „die Gegenwart, die Aktualität sich in jedem Augenblick verzehrt“.
Baudelaires Geschichtsbild kann auf analoger Ebene modellhaft mit dem Modell der Sprache nach de Saussure dargestellt werden: die Weltgeschichte als System, in dem neben dem linearen Fortschreiten der Zeit auf der Achse der Diachronie auf der Ebene der Synchronie markante Merkmale, die das System konstituieren, epochenüberschreitend und konstant vorhanden bleiben.
Es ist dies mein methodisches Gerüst, gemäß dem ich in den Antikenmotiven eine „antropologische Konstante“ vermute, deren signifié sich von der Antike in die Moderne transponieren lässt. Wenn ich als Postulat eine inter- und supraepochale Gültigkeit bestimmter signifiés, die sich über das Vehikel der Form verschiedener Epochen auf die Moderne übertragen lassen, formuliere, so möchte ich dies nicht im Sinne der Jung’schen Archetypenlehre verstanden wissen, die in der Symbolik der Antikenmotive Rückschlüsse auf kollektive Wesenszüge zu ziehen sucht, die jedem (!) Menschen wie auch der belebten Natur zu eigen sind, zu ziehen sucht und die im „kollektiven Unbewussten“ zu einer kosmischen Einheit konvergieren.
Inhaltsverzeichnis
- Funktion der Antikenmotive in den „Fleurs du Mal“ unter Berücksichtigung der Definition der Baudelaire'schen Allegorie
- Antikenmotive als formengeschichtliche Vehikel zur Illustration der Epoche der Moderne
- Baudelaires Verständnis der individuellen und kollektiven Natur: die dekonstruktivistische Struktur der „Fleurs du Mal“
- Baudelaires Bildbegriff unter besonderer Berücksichtigung der Allegorie am Beispiel des Gedichts „Le Cygne“
- Definition und Strukturmerkmale der Baudelaire'schen Allegorie
- Analyse von „Le Cygne“ unter besonderer Berücksichtigung der Antikenmotive.....
- Analyse der Funktion der Antikenmotive im Gedicht „Lesbos❝ unter besonderer Berücksichtigung der Semantik........
- Analyse der Atmosphäre im Gedicht,,Lesbos“
- Semanalyse der übrigen Antikenmotive neben „Lesbos“ mit dem Ziel der Untersuchung ihrer Funktion im Gedichtganzen
- Die „lesbiennes“ als prototypisches Antikenmotiv
- Analyse ausgewählter Antikenmotive aus verschiedenen Gedichten der „Fleurs du Mal\" mit dem Ziel einer Kennzeichnung ihrer Funktion im Werkganzen............
- L'avertisseur - Herstellen von Bezügen zur Antike mittels der korrelativen Analogie.
- Icare – Ein Antikenmotiv als Reflektor menschlicher Grunderfahrungen................
- Hercules - Relativierung der virilen Kraft im Gedicht „Le Beau Navire“.
- Analyse der abstrakten (expliziten und impliziten) Antikenmotive mit dem Ziel der Herleitung des Baudelaire'schen Naturverständnisses..……………………………………
- Schlussfolgerung...
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Funktion ausgewählter Antikenmotive in Charles Baudelaires "Fleurs du Mal". Sie analysiert, wie Baudelaire die Antike und ihre Motive als „zeitlose sprachliche Zeichen“ nutzt, um Konvergenzen zwischen Bildern der antiken Mythologie und der Moderne hervorzuheben. Dabei wird Baudelaires Definition der Moderne und sein Verständnis der individuellen und kollektiven Natur untersucht, um die Verwendung von Antikenmotiven im Werk zu erklären.
- Die Funktion von Antikenmotiven als Vehikel zur Illustration der Moderne
- Baudelaires dekonstruktivistische Sicht der individuellen und kollektiven Natur
- Die Rolle von Allegorie und Symbolen in Baudelaires Werk
- Die Bedeutung von Antikenmotiven für das Verständnis der Baudelaire'schen Naturphilosophie
- Die Analyse von ausgewählten Antikenmotiven in verschiedenen Gedichten der "Fleurs du Mal"
Zusammenfassung der Kapitel
Die Hausarbeit beginnt mit der Definition der Baudelaire'schen Allegorie und untersucht, wie Antikenmotive als formengeschichtliche Vehikel zur Illustration der Moderne dienen. Sie beleuchtet Baudelaires Verständnis der Natur und die dekonstruktivistische Struktur der "Fleurs du Mal", die die Individualität und die Spaltung des menschlichen Daseins hervorhebt. Kapitel 2 analysiert das Gedicht "Le Cygne" unter besonderer Berücksichtigung der Antikenmotive, während Kapitel 3 die Funktion von Antikenmotiven im Gedicht "Lesbos" untersucht. Kapitel 4 analysiert ausgewählte Antikenmotive aus verschiedenen Gedichten, um ihre Funktion im Gesamtwerk zu kennzeichnen. Schließlich beschäftigt sich Kapitel 5 mit den abstrakten Antikenmotiven, um Baudelaires Naturverständnis zu erforschen. Die Schlussfolgerung, die in Kapitel 6 gezogen wird, wird in dieser Vorschau nicht berücksichtigt, um Spoiler zu vermeiden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Analyse von Antikenmotiven in Charles Baudelaires "Fleurs du Mal". Dabei werden zentrale Themen wie Baudelaires Allegoriebegriff, die Moderne als Epoche, das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, sowie die Bedeutung von Symbolen und Bildern im Werk untersucht. Weitere wichtige Begriffe sind Dekonstruktivismus, Naturverständnis, Dualismus, "homo duplex" und "différance".
- Quote paper
- Kai Hühne (Author), 2005, Analyse der Funktion ausgewählter Antikenmotive in Charles Baudelaires "Fleurs du Mal", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85068