In den letzten beiden Jahren gehörte sie zu den meist umstrittenen Reformen und war eines der meist diskutierten sozialen Themen. In der aktuellen Politik ist sie fast immer präsent. Die Bundesregierung bewegte sich während der Durchführung der Agenda 2010 auf einer ständigen Gradwanderung zwischen zu hohen Leistungskürzungen und Sozialabbau, sowie einer Liberalisierung und Aktivierung des Sozialstaates beziehungsweise des Arbeitsmarktes. Die Arbeitsmarktreform steht nicht zu Unrecht für einen “tiefen Einschnitt in das wohlfahrtsstaatliche Model“ Die Bundesrepublik sollte „fit gemacht werden für den flexiblen Kapitalismus des 21. Jahrhunderts“. In meiner Arbeit möchte ich mich mit der Frage beschäftigen, in wie weit es der Agenda gelungen ist, die Wiedereinstiegschancen von Erwerbslosen nachhaltig zu verbessern. Zunächst möchte ich in meiner Einleitung klären, wofür die Reformen initiiert wurden und was sie bewirken sollten. Der Arbeitsmarkt galt vor Beginn der Reformen als statisch und unflexibel, was insbesondere durch eine hochbürokratisierte und starre Bundesanstalt für Arbeit bewirkt wurde. Als besonderer Makel galt hier der hohe Personalmangel: Auf einen Berater kamen viel zu viele Arbeitssuchende. Die Bundesanstalt sollte um einiges flexibilisiert werden um Arbeit effizienter vermitteln zu können. Sie sollte zu einem modernen Jobcenter umstrukturiert werden. Die gleichzeitige Flexibilisierung der Erwerbslosen sollte durch Ich AG’s und Mini Jobs erreicht werden. Das sehr hoch gesteckte Ziel war die Halbierung der Arbeitslosigkeit bis 2005, welches die zunächst entfachte Euphorie und Zustimmung für die Reformen verständlich macht. “Beschleunigte Vermittlung, Schaffung zusätzlicher Leiharbeitsplätze, Erhöhung der Selbstständigkeit sowie verbesserter Service waren die großen Versprechen der bislang größten Arbeitsmarktreform. Besonders die beschleunigte Vermittlung, durch die modernisierten und zu flexiblen Job-Centern umstrukturierten Arbeitsämter sollte die Arbeitslosenzahlen schnell und nachhaltig senken. Zudem sollte die erhöhte Zumutbarkeit ihre Vermittlung nachhaltig erleichtern.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Arbeitsmarktpolitische Instrumente der Hartz Reformen
3. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe- Hartz IV
3.1. Arbeitslosigkeitsentwicklung durch Hartz IV- eine Bilanz
3.2. Soziale Auswirkungen von Hartz IV
3.2.1. Probleme Alleinerziehender Hartz IV Empfänger
3.2.2. Probleme älterer Hartz IV Empfängern
3.2.3. Kinderarmut durch Hartz IV
4. Fazit
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Arbeitslosigkeit ausgewählter Personengruppen
Tabelle 2: West- und Ostdeutschland: Leistungsempfänger nach SGB II (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) und Kinder unter 15 Jahren als Sozialgeldbezieher in Bedarfsgemeinschaften mit ALG II-Bezug, Juli 2005
Tabelle 3: Regelsätze für die empfohlene Ernährung gesunder Kinder
1. Einleitung
In den letzten beiden Jahren gehörte sie zu den meist umstrittenen Reformen und war eines der meist diskutierten sozialen Themen. In der aktuellen Politik ist sie fast immer präsent. Die Bundesregierung bewegte sich während der Durchführung der Agenda 2010 auf einer ständigen Gradwanderung zwischen zu hohen Leistungskürzungen und Sozialabbau, sowie einer Liberalisierung und Aktivierung des Sozialstaates beziehungsweise des Arbeitsmarktes. Die Arbeitsmarktreform steht nicht zu Unrecht für einen “tiefen Einschnitt in das wohlfahrtsstaatliche Model“ Die Bundesrepublik sollte „fit gemacht werden für den flexiblen Kapitalismus des 21. Jahrhunderts“.[1] In meiner Arbeit möchte ich mich mit der Frage beschäftigen, in wie weit es der Agenda gelungen ist, die Wiedereinstiegschancen von Erwerbslosen nachhaltig zu verbessern. Zunächst möchte ich in meiner Einleitung klären, wofür die Reformen initiiert wurden und was sie bewirken sollten. Der Arbeitsmarkt galt vor Beginn der Reformen als statisch und unflexibel, was insbesondere durch eine hochbürokratisierte und starre Bundesanstalt für Arbeit bewirkt wurde. Als besonderer Makel galt hier der hohe Personalmangel: Auf einen Berater kamen viel zu viele Arbeitssuchende. Die Bundesanstalt sollte um einiges flexibilisiert werden um Arbeit effizienter vermitteln zu können. Sie sollte zu einem modernen Jobcenter umstrukturiert werden.[2] Die gleichzeitige Flexibilisierung der Erwerbslosen sollte durch Ich AG’s und Mini Jobs erreicht werden. Das sehr hoch gesteckte Ziel war die Halbierung der Arbeitslosigkeit bis 2005, welches die zunächst entfachte Euphorie und Zustimmung für die Reformen verständlich macht. “Beschleunigte Vermittlung, Schaffung zusätzlicher Leiharbeitsplätze, Erhöhung der Selbstständigkeit sowie verbesserter Service waren die großen Versprechen der bislang größten Arbeitsmarktreform.[3] Besonders die beschleunigte Vermittlung, durch die modernisierten und zu flexiblen Job-Centern umstrukturierten Arbeitsämter sollte die Arbeitslosenzahlen schnell und nachhaltig senken. Zudem sollte die erhöhte Zumutbarkeit ihre Vermittlung nachhaltig erleichtern.[4] Kürzungen der Sozialleistungen wie durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, sowie die erhöhte Zumutbarkeit und der Entzug von Leistungen bei nicht eingehaltenen Auflagen sollten die „beschleunigte Vermittlung“ durch ein so genanntes Disziplinierungsverfahren gewährleisten, und lässt die Grundauffassung der Kommission laut werden, Arbeitslosigkeit sei als Hauptursache bei den Erwerbslosen selbst zu suchen. So legitimiert die Hartz Kommission die Einbuße an Sozialleistungen, indem die Sozialleistungen selbst als größte Fehlinvestition und Grund für die hohe Erwerbslosigkeit eingestuft werden.[5] Die Erwerbslosen würden sich auf die hohen Transferleistungen verlassen und der Wille für einen Wiedereinstieg könne dadurch nicht ausreichend ausgeprägt werden. In meiner Arbeit werde ich mich in meinen Untersuchungen auf das letzte Hartz Gesetz konzentrieren und der Frage nachgehen, ob die Probleme der Erwerbslosigkeit tatsächlich in erster Linie bei zu hohen Transferleistungen des Sozialstaates zu suchen sind, also die Notwenigkeit von Kürzungen zur Wiederherstellung größerer Anreize überwog, oder die Sozialstaatlichkeit durch dieses ernsthaft verletzt wurde.
2. Arbeitsmarktpolitische Instrumente der Hartz Reformen
Die Reformierung der Bundesanstalt für Arbeit zählt zu einem der Kernpunkte der Arbeitsmarktreform. Das zu modernen Jobcentern umstrukturierte Arbeitsamt sollte besonders in der Beratung und Vermittlung von Arbeitslosen an Effizienz gewinnen. Im ersten Schritt sollte das Problem der Betreuung von einer viel zu hohen Anzahl von Arbeitslosen, im Schnitt waren es 500-600 Erwerbslose auf einen Arbeitsvermittler, angegangen werden. Da für eine Personalaufstockung die Mittel nicht zur Verfügung standen, versuchte man diesem Problem mit einer Entbürokratisierung entgegenzuwirken, damit das Personal sich mehr auf die Vermittlung von Erwerbslosen, und weniger auf bürokratische Angelegenheiten konzentrieren konnte. Die Entbürokratisierung in den neuen Jobcentern sollte auf verschiedenen Ebenen durchgeführt werden. Genehmigungsverfahren sollten künftig nicht länger etliche bürokratische Hürden durchlaufen müssen ehe sie bewilligt würden. Der Abbau eines unflexiblen, statischen bürokratischen Apparats stellte den Hauptbestandteil der Renovierung des Arbeitsamtes dar.[6]
Unter dem Punkt der reformierten Arbeitsagenturen ist auch die Neuerung der Personalserviceagenturen zu fassen. Als neue Regelung galt eine neue Leiharbeitsform, welche folgende Ziele verfolgt: Die Eingliederungschancen von schwer vermittelbaren Arbeitslosen sollten in sofern verbessert werden, als Unternehmen die gängigen Arbeitgeberrisiken entfallen und von daher weniger mit der Einstellung gezögert werden sollte .[7]
Die Bedenken der Kritiker sind jedoch auch hier nicht gering. Die Zeitarbeit würde ohne die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung die Möglichkeit bieten, den Kündigungsschutz zu umgehen, indem Vollzeitbeschäftigte durch Zeitarbeiter ersetzt würden. Diese seien nicht nur billige Arbeitskräfte, ihre Einstellung sei auch wegen fehlendem Kündigungsschutz weniger riskant.[8]
Ein weiteres Instrument sind die Mini-Jobs. Sie sollen dem Problem der Schwarzarbeit entgegenwirken und den Arbeitsmarkt neu beleben. Die Minijobs sollten jedoch auf Privathaushalte reduziert bleiben und bei einer Versicherungspauschale von 10% nicht über 500 Euro hinausgehen. Hier bleibt die Kritik, der Niedriglohnsektor könne die Möglichkeit auf Vollzeitbeschäftigung zurückdrängen und womöglich durch Minijobs ersetzen.
Als weiteres beschäftigungspolitisches Instrument möchte ich mich nun mit der Ich-AG beschäftigen, welche Arbeitslose zu selbstständiger Arbeit erziehen sollte. Dazu muss erwähnt werden, dass diese heute bereits nicht mehr existiert. Die Verdienstgrenze lag in der Ich-AG bei 25.000 Euro. Die Mitglieder erhielten Zuschüsse in Höhe des Arbeitslosengeldes und der Sozialabgaben. Aber auch hier darf die Gefahr der Schwarzarbeit nicht unterschätzt werden. Die 25.000 Euro Grenze war fließend hin zu höheren, schwarz erarbeiteten Löhnen.[9]
Auch die älteren Arbeitsnehmer finden im Hartz Konzept Berücksichtigung, jedoch bleibt die Strategie umstritten. Eine Maßnahme ist hier die Herabsetzung der Befristungsgrenze. Die Altersgrenze soll im Teilzeit- und Befristungsgesetz herabgesetzt werden und ältere Arbeitnehmer sachgrundlos befristet werden können. Fragwürdig bleibt jedoch, ob sich das nicht vielmehr negativ auf die Rechte der Betroffenen auswirkt, also ein Stück Sicherheit und Lebensperspektive verloren geht: Durch das Befristungsgesetz geraten ältere Arbeitnehmer in unsichere Arbeitsverhältnisse und grundlegende Arbeitnehmerrechte wie Gesundheitsschutz, Urlaubsrecht und Tarifverträge würden für sie immer unsicherer.[10]
Als letzter großer Baustein im Hartz Konzept gilt die Zusammenlegung von Arbeitslosen und Sozialhilfe.
Mit dieser Zusammenlegung versucht die Hartz Kommission die Empfänger zu disziplinieren, während sie die Schuld vorwiegend in mangelnder Willenskraft der Erwerbslosen selbst begründet sieht. Diese rühre wiederum von zu hohen Transferleistungen des Staates an die Erwerbslosen, welche durch die Zusammenlegung bzw. eine Kürzung der staatlichen Leistungen eingeschränkt werden sollten. Auf diese Weise würde nach Auffassung der Hartz Kommission ein größerer Anreiz zur Beschäftigungswiederaufnahme geschaffen werden.[11]
Bei diesem letzten Baustein im Hartz Konzept wird die Kritik des Sozialabbaus am lautesten.
Im vierten Hartz Gesetz integriert befinden sich noch die stark verschärften Zumutbarkeitskriterien. Besonders für junge Arbeitssuchende wird regionale Mobilität durch die verschärften Zumutbarkeitskriterien zur existentiellen Voraussetzung.[12] Der moderne flexibilisierte „Arbeitskraftunternehmer“[13] muss mobil und flexibel sein, und wird unter Umständen jäh aus seinem sozialen Umfeld gerissen. Lässt er sich auf diese verschärften Zumutbarkeitsregeln nicht ein, riskiert er den Verlust staatlicher Leistungen.
Im Folgenden möchte ich mich näher mit den Folgen und Auswirkungen des letzten Hartz Gesetzes beschäftigen.
3. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe- Hartz IV
Ich möchte mich in meiner Arbeit auf dieses letzte Gesetz konzentrieren, weil es dasjenige ist, welches, auf parlamentarischer wie auf privater Ebene am meisten diskutiert wurde, und die Menschen, egal ob direkt oder indirekt betroffen am meisten bewegt.
Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe soll konkret bedeuten, dass Arbeitslose, welche bislang Anspruch auf eine Lohnersatzleistung (Arbeitslosengeld) hatten, nach einiger Zeit auf die gleiche Stufe mit Sozialgeldempfängern gestellt werden, da sie ein Jahr nach Verlust ihrer Anstellung nun die gleiche Leistung, nämlich das Arbeitslosengeld II (ALG II) empfangen. Das Arbeitslosengeld I wird bis ein Jahr nach Arbeitsverlust ausgezahlt. Zudem gibt es noch vereinzelte Ansprüche auf einmalige Transferleistungen und besondere Zuschläge.
[...]
[1] Gerntke, Axel: Von der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik, erschienen in: Bischoff, Joachim(Hrsg.): Schwarzbuch Rot-Grün, Hamburg 2002, S.67
[2] Friedrich Ebert Stiftung: Die Hartz-Reform – Neue Dynamik für den Arbeitsmarkt?, erschienen in: Wirtschaftspolitische Diskurse Nr. 151, Bonn, 2002, S.12
[3] Gerntke, Axel: Das nicht gehaltene Versprechen: Halbierung der Arbeitslosigkeit bis 2005, erschienen in: Bischoff, Joachim(Hrsg.): Schwarzbuch Rot-Grün, Hamburg 2002, S.67
[4] Hickel, Rudolf: Arbeitslose effektiver in billige Jobs – Deregulierungsschub auf den Arbeitsmärkten, erschienen in: Hartz Konzept: Aus Politik und Zeitgeschichte, 2003 http://www.bpb.de/publikationen/NB719M,0,0,HartzKonzept%3A_Arbeitslose_effektiver_in_billige_Jobs_Deregulierungsschub_auf_den_Arbeitsm%E4rkten.html (letzter Zugriff:3.10.07)
[5] ebd.
[6] Friedrich Ebert Stiftung: a.a.O., S.11ff.
[7] ebd. S.15f.
[8] Rickel,Rudolf: a.a.O.
[9] ebd.
[10] Friedrich Ebert Stiftung: a.a.O., S.25ff.
[11] Rickel, Rudolf: a.a.O.
[12] Friedrich Ebert Stiftung: a.a.O., S.29
[13] Individualistischer Ausdruck für ein modernes, flexibles Individuum
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- Svenja Stork (Author), 2007, Die Hartz Gesetze - Aktivierender Sozialstaat oder Verlust von Sozialstaatlichkeit?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85031
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