In den letzten Jahrzehnten hat sich in vielen entwickelten Volkswirtschaften ein Wandel von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft vollzogen. Damit einhergehend verschob sich auch die Bedeutung von physischen, produktiven Unternehmenswerten zugunsten von nicht greifbaren und nicht monetären Werten wie Marken, Humankapital und Innovationsfähigkeit. Einen Überblick über die Vielzahl dieser immateriellen Werte gibt der Vorschlag zur Kategorisierung und Erfassung immaterieller Werte der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft, indem sie die Aufteilung in ver-schiedene Kategorien vornimmt. Der zunehmende Einfluss dieser immateriellen Vermögenswerte als wichtige Werttreiber im Unternehmen, spiegelt sich jedoch in den meisten Rechnungslegungssystemen noch nicht ausreichend wider. Meist dürfen selbsterstellte immaterielle Werte in der Bilanz nicht aktiviert werden, weil ein zukünftiger Nutzen nicht oder nicht ausreichend sicher quantifizierbar ist. In diesem Zusammenhang spricht man bei einer engen Auslegung des Vorsichtsprinzips auch von Konservatismus. Es lassen sich zwei Formen der konservativen Bilanzierung unterscheiden: ex ante und ex post Conservatism. Ex ante Conservatism verlangt für die Bilanzierung von Verpflichtungen einen geringeren Wahrscheinlichkeitsgrad als für die Bilanzierung von Vermögen. Daraus resultiert eine dauerhafte Unterbewertung des Unternehmens. Ex post Conservatism hingegen bezieht sich auf die Ansetzung von Verlusten, sobald sie absehbar sind und die Ansetzung von Gewinnen erst dann, wenn sie realisiert sind. Betreibt ein Unternehmen eine konservative Bilanzierungspolitik, so stellt sich dies insbesondere für die, mit großen Unsicherheiten behafteten, immateriellen Vermögenswerten wegen der unzureichenden Erfassung als problematisch für die Prognose der Finanzanalysten dar. Ausgaben für F&E beispielsweise können als wesentliche Erfolgsfaktoren der Unternehmen in der Zukunft Gewinne generieren, dürfen aber unter konservativer Bilanzierung häufig nicht aktiviert werden. Nutzen Analysten nun, die um F&E-Ausgaben reduzierten Gewinne des Geschäftsjahres, um diese in die Zukunft zu extrapolieren, bauen sie ihre Prognose auf einer verzerrten Basis auf, da sie sich auf bilanzpolitisch beeinflusste Angaben des Jahresabschlusses der Unternehmen beziehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Problemstellung
- 2. Prinzipien konservativer Bilanzierung
- 2.1. Ex ante Conservatism
- 2.2. Ex post Conservatism
- 2.3. Zwischenfazit
- 3. Prognose auf der Grundlage vorsichtiger Werte
- 3.1. Abhängigkeit der Prognosequalität von konservativer Bilanzierung
- 3.2. Bestimmung des Ausmaßes konservativer Bilanzierung
- 3.3. Praxisrelevante Prognosemethoden
- 3.4. Anpassung der Prognosemethoden an konservative Bilanzierung
- 3.5. Zwischenfazit
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Auswirkungen von ex ante und ex post Conservatism auf die Prognose immaterieller Vermögenswerte. Sie analysiert den Zusammenhang zwischen konservativer Bilanzierung und Prognosequalität und zeigt auf, wie Finanzanalysten diese in ihrer Praxis berücksichtigen.
- Charakterisierung und Abgrenzung von ex ante und ex post Conservatism
- Bedeutung des Conservatism für die Behandlung immaterieller Werte
- Zusammenhang zwischen konservativer Bilanzierung und Prognosequalität
- Bestimmung des Ausmaßes konservativer Bilanzierung
- Anpassung von Prognosemethoden an eine von Conservatism geprägte Bilanzierung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Problemstellung: Dieses Kapitel beschreibt den Wandel von Industrie- zu Dienstleistungsgesellschaften und den damit einhergehenden Bedeutungswandel von materiellen zu immateriellen Vermögenswerten. Es führt den Begriff des Konservatismus in der Bilanzierung ein und differenziert zwischen ex ante und ex post Conservatism, wobei ersterer sich auf die Bilanzierung von Vermögenswerten und zweiterer auf die zeitliche Berücksichtigung von Gewinnen und Verlusten bezieht. Die unzureichende Erfassung immaterieller Werte in konservativen Bilanzierungen wird als Problem für die Prognose der Finanzanalysten dargestellt, da z.B. Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) nicht aktiviert werden dürfen, was zu einer verzerrten Prognosebasis führt. Die Arbeit zielt darauf ab, die Auswirkungen beider Formen des Conservatism auf die Prognose zu untersuchen und aufzuzeigen, wie Finanzanalysten diese berücksichtigen.
2. Prinzipien konservativer Bilanzierung: Dieses Kapitel ordnet immaterielle Werte in den Kontext des Conservatism als Ausprägung des Vorsichtsprinzips ein und grenzt die beiden Formen des Conservatism (ex ante und ex post) voneinander ab. Es diskutiert die fehlende offizielle Definition von Conservatism und beschreibt ex ante Conservatism als die Wahl konservativer Bilanzierungsmethoden bei erwarteten zukünftigen Cashflows, was zu einer Unterbewertung des Unternehmens führt. Ex post Conservatism wird hingegen als die schnellere Berücksichtigung erwarteter Verluste im Vergleich zu erwarteten Gewinnen beschrieben, ebenfalls mit der Folge einer Unterbewertung des Unternehmens. Die Unterschiede in der Dauerhaftigkeit der Effekte beider Formen des Konservatismus werden erläutert. Das Kapitel analysiert die Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und die Bilanz.
3. Prognose auf der Grundlage vorsichtiger Werte: Dieses Kapitel untersucht die Auswirkungen von ex ante und ex post Conservatism auf die Prognosequalität von Finanzanalysten. Es zeigt den Zusammenhang zwischen Prognosequalität und konservativer Bilanzierung auf und beschreibt Methoden zur Bestimmung des Ausmaßes konservativer Bilanzierung, wie z.B. die Markt-Buchwert-Rate und die Conservatism Ratio (CR). Es werden praxisrelevante Prognosemethoden vorgestellt und deren Anpassung an eine konservative Bilanzierung diskutiert, einschließlich der Berücksichtigung von stillen Reserven und der asymmetrischen Reaktion auf Gewinn- und Verlustschocks. Das Kapitel analysiert verschiedene Bewertungsmodelle und ihre Anwendbarkeit in der Praxis.
Schlüsselwörter
Immaterielle Vermögenswerte, Konservative Bilanzierung, Ex ante Conservatism, Ex post Conservatism, Prognose, Prognosequalität, Finanzanalyse, Conservatism Ratio (CR), Forschung und Entwicklung (F&E), Markt-Buchwert-Rate, Bewertungsmethoden, Jahresabschluss, Gewinnprognose.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Auswirkungen konservativer Bilanzierung auf die Prognose immaterieller Vermögenswerte
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Auswirkungen von ex ante und ex post Conservatism auf die Prognose immaterieller Vermögenswerte. Sie analysiert den Zusammenhang zwischen konservativer Bilanzierung und Prognosequalität und zeigt auf, wie Finanzanalysten diese in ihrer Praxis berücksichtigen sollten.
Welche Arten von Conservatism werden unterschieden?
Die Arbeit unterscheidet zwischen ex ante Conservatism (konservative Bilanzierungsmethoden bei erwarteten zukünftigen Cashflows) und ex post Conservatism (schnellere Berücksichtigung erwarteter Verluste im Vergleich zu erwarteten Gewinnen). Beide führen zu einer Unterbewertung des Unternehmens, jedoch mit unterschiedlicher Dauerhaftigkeit der Effekte.
Warum ist die Berücksichtigung von Conservatism in der Prognose wichtig?
Die unzureichende Erfassung immaterieller Werte in konservativen Bilanzierungen, z.B. die Nicht-Aktivierung von Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E), führt zu einer verzerrten Prognosebasis. Die Arbeit zeigt auf, wie Finanzanalysten diese Verzerrung in ihren Prognosen berücksichtigen können.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und was ist ihr Inhalt?
Die Arbeit besteht aus vier Kapiteln: Kapitel 1 beschreibt die Problemstellung, den Wandel von materiellen zu immateriellen Vermögenswerten und die Bedeutung des Conservatism. Kapitel 2 erläutert die Prinzipien konservativer Bilanzierung und differenziert zwischen ex ante und ex post Conservatism. Kapitel 3 untersucht den Einfluss von Conservatism auf die Prognosequalität, beschreibt Methoden zur Bestimmung des Ausmaßes konservativer Bilanzierung (z.B. Markt-Buchwert-Rate und Conservatism Ratio) und diskutiert die Anpassung von Prognosemethoden. Kapitel 4 fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Methoden werden zur Bestimmung des Ausmaßes konservativer Bilanzierung verwendet?
Die Arbeit erwähnt die Markt-Buchwert-Rate und die Conservatism Ratio (CR) als Methoden zur Bestimmung des Ausmaßes konservativer Bilanzierung.
Welche Prognosemethoden werden diskutiert und wie werden diese an konservative Bilanzierungen angepasst?
Die Arbeit stellt praxisrelevante Prognosemethoden vor und diskutiert deren Anpassung an eine konservative Bilanzierung, einschließlich der Berücksichtigung von stillen Reserven und der asymmetrischen Reaktion auf Gewinn- und Verlustschocks. Verschiedene Bewertungsmodelle und ihre Anwendbarkeit werden analysiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Immaterielle Vermögenswerte, Konservative Bilanzierung, Ex ante Conservatism, Ex post Conservatism, Prognose, Prognosequalität, Finanzanalyse, Conservatism Ratio (CR), Forschung und Entwicklung (F&E), Markt-Buchwert-Rate, Bewertungsmethoden, Jahresabschluss, Gewinnprognose.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Finanzanalysten, Bilanzbuchhalter, Wirtschaftswissenschaftler und alle, die sich mit der Bewertung und Prognose von Unternehmen befassen, insbesondere im Kontext immaterieller Vermögenswerte.
- Quote paper
- Christopher Reiche (Author), 2007, Ex ante Conservatism vs. Ex post Conservatism, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84875