Seitdem die Menschheit ihr Leben in einzelnen differenzierten Volksstämmen führt, dauern die Konflikte zwischen verschiedenen ethnischen Gemeinschaften unentwegt bis in die heutige Zeit an. Indem sich einige Volksgruppen in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns stellen wollten und manchmal dafür auch andere gewalttätig
zerschlugen, versuchten die anderen mit Taktiken, diese Gruppen zu benutzen, um Vormachtstellung in einem Gebiet, Land und Kontinent zu erringen. Dabei spielte das Identitätsgefühl einer Gruppe eine große Rolle, das der Verherrlichung der eigenen Gruppe diente. Daneben entwickelten sich negative Vorurteile gegen die ihr nicht
angehörenden Menschen und Völker. Solche Vorurteile waren meistens nicht objektiv begründet. In den meisten Fällen stellen sie nur das negative Spiegelbild der vorgeblichen Tugenden der eigenen Gruppe dar. Von der Neuzeit bis in die Gegenwart waren die „Wissenschaftler“ der modernen Gesellschaft der Ansicht, daß starke Zusammenhänge zwischen der ethnischen Differenzierung, dem Schlüsselwort der ethnischen Konflikte, und der modernisierten Gesellschaft bestehen. Die „Neuen Theoretiker“ moderner Gesellschaften stritten gegen die traditionelle Theorie von Kausalbeziehungen zwischen der ethnischen Vergemeinschaftung und Modernisierung. Jedoch konnten weder das traditionelle noch das neue Argument beim Streit den „Rahmen“ der abendländischen Denkweise überschreiten, in dem die Debatte und die sie fundamentierende Wissenschaft verbleiben. Die Theorien entrollten sich nur in Untersuchungen von europäischen und amerikanischen Sachlagen. Sie widerspiegelten daher keineswegs die Wirklichkeit „unserer“ Welt.
INHALT
1. Einleitung
2. Vier unterschiedliche Ansichten
3. Folgerung aus den Debatten
4. Erweiterung von Kreckels Kritik
5. Aus der Geschichte Japans
1) Die Bedeutung des Beispiels Japan
2) Hauptuntersuchung anhand der Geschichte
6. Ergebnis
Literatur
1. Einleitung
Seitdem die Menschheit ihr Leben in einzelnen differenzierten Volksstämmen führt, dauern die Konflikte zwischen verschiedenen ethnischen Gemeinschaften unentwegt bis in die heutige Zeit an. Indem sich einige Volksgruppen in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns stellen wollten und manchmal dafür auch andere gewalttätig zerschlugen, versuchten die anderen mit Taktiken, diese Gruppen zu benutzen, um Vormachtstellung in einem Gebiet, Land und Kontinent zu erringen. Dabei spielte das Identitätsgefühl einer Gruppe eine große Rolle, das der Verherrlichung der eigenen Gruppe diente. Daneben entwickelten sich negative Vorurteile gegen die ihr nicht angehörenden Menschen und Völker. Solche Vorurteile waren meistens nicht objektiv begründet. In den meisten Fällen stellen sie nur das negative Spiegelbild der vorgeblichen Tugenden der eigenen Gruppe dar.[1]
Von der Neuzeit bis in die Gegenwart waren die „Wissenschaftler“ der modernen Gesellschaft der Ansicht, daß starke Zusammenhänge zwischen der ethnischen Differenzierung, dem Schlüsselwort der ethnischen Konflikte, und der modernisierten Gesellschaft bestehen. Die „Neuen Theoretiker“ moderner Gesellschaften stritten gegen die traditionelle Theorie von Kausalbeziehungen zwischen der ethnischen Vergemeinschaftung und Modernisierung.
Jedoch konnten weder das traditionelle noch das neue Argument beim Streit den „Rahmen“ der abendländischen Denkweise überschreiten, in dem die Debatte und die sie fundamentierende Wissenschaft verbleiben. Die Theorien entrollten sich nur in Untersuchungen von europäischen und amerikanischen Sachlagen. Sie widerspiegelten daher keineswegs die Wirklichkeit „unserer“ Welt.
Dennoch, die von Hartmut Esser veranlaßte neueste Debatte gibt mir die Gelegenheit dazu, die Probleme der ethnischen Differenzierung aus dem globalen Blickwinkel zu betrachten. Ich möchte in dieser Arbeit Reinhard Kreckels kritische These zu Esserschen Aufsätzen an einem Beispiel der japanischen Geschichte weiterentwickeln.
Die beachteten Grundfragen lauten:
1. Wie sind wahre Verhältnisse der „modernen“ Gesellschaft in der Wirklichkeit unserer Welt?
2. Woraus entwickelten sich die „modernen“ Hauptursachen der ethnischen Differenzierung?
Ich möchte dazu noch anmerken, daß ich „ethnische Differenzierung“ in der ganzen Arbeit sowohl von innerhalb einer Gesellschaft als auch zwischen den mehreren Gesellschaften betrachte.
2. Vier unterschiedliche Ansichten
a. In der traditionellen Theorie wird Modernisierung als funktionale Differenzierung als Grundlage in einer Gesellschaft verstanden. Davon abgesehen konfiguriert ethnische Differenzierung, als Vergemeinschaftung auf ethnischer Grundlage, ein Element von Gesellschaft mit Merkmalen des Gemeinsamkeitsglaubens aufgrund subjektiver Überzeugungen. Ethnische Gemeinschaft besitzt organisatorische Eigenschaften der Selbstgenügsamkeit, internen und externen Grenzziehungen, monopolistischen Schließungen u.a., die dem Konzept der modernen Gesellschaft widersprechen. Auf solche Bedingungen gestützte Mobilisierungen ethnischer Differenzierung werden angesichts funktionaler Differenzierung als „Relikt“ angesehen, deren Auflösung nur eine Frage der zunehmenden Versachlichung und Vergesellschaftung ist. Funktionale Differenzierung bedeutet also die Überwindung ethnischer Vergemeinschaftung. Mit der Zeit wird die askriptive Differenzierung verschwinden.[2]
b. In der neuen Diskussion wurde aufgrund der empirischen Widerlegung der traditionellen Theorie jedoch behauptet, daß diese ethnischen Differenzierung und Bewegungen gerade erst durch Prozesse der Modernisierung aufgekommen sind. Als eine Reaktion auf „Modernisierung als ungleichmäßigen Entwicklung“ in der Gesellschaft entstehen ethnische Schichtungen, systematische Kombinationen von vertikalen Ungleichheitsstrukturen mit ethnischen Zugehörigkeiten. Indem sie, die materiellen und sozialen Probleme begleitend, in diesem Verlauf im immer größeren Maß mobilisieren, bildet sich ethnische Vergemeinschaftung.
c. Esser meinte zu diesen Ansichten, daß jede von beiden unter dem Begriff „Modernisierung“ Unterschiedliches verstand. Der Prozeß der ethnischen Vergemeinschaftung ist gerade nicht eine Folge von Modernisierung im Sinne funktionaler Differenzierung, sondern eine Folge der ungleichmäßigen Modernisierung. Durch die Ausbreitung von formalen Gleichheitsrechten, Massenkommunikation usw. könnte der Eindruck einer abnehmenden Bedeutung ethnischer Differenzierung entstehen und sogar ein überlastungsarmer Prozeß der sozialen Ausdifferenzierung folgen.[3]
d. Kreckel kritisiert an Esser, daß erstens dieser Prozeß nur Gültigkeit nur für die endgültig moderne Gesellschaft wie Westeuropa besitzt, Nationalstaaten aufgrund von ideologischen Nationalismus, in die keine ethnische Problemzufuhr, beispielsweise durch Immigrationsbeschränkungen, erfolgt. Essers moderne Gesellschaft seines teleologisch abgeleiteten Prozesses existiert nicht in der Realität, sondern ist ein a-historisches Traumgebilde. Zweitens sind unsere Gesellschaften völlig in einen kapitalistisch funktionierenden Weltmarkt eingebettet, der Entwicklungsungleichgewichte herstellt.[4]
3. Folgerung aus den Debatten
Sowohl aus der alten Behauptung als auch der neuen kann keine genaue Antwort abgeleitet werden, ob askriptive Differenzierung laut des funktional differenzierten Modernisierungsprozesses schwindet bzw. ethnische Belange durch die Ausdifferenzierung der Gesellschaft keine Rolle mehr spielen. Bei allen, sogar bei Esser, sind ihre Schlußfolgerungen und abgeleitete, diese Schlußfolgerung stützende Konzeptionen stark beeinflußt von vorangegangenen Behauptungen und den jeweiligen Zeitströmungen. Jede Behauptung hatte die Funktion einer Problemstellung und gab zu neuen Konzepten Anlaß, in die auch jeweilige Zeitströmungen einflossen. Jede Antwort bzw. Reaktion auf ethnische Differenzierung gilt nur innerhalb jener Zeit, in der noch keine weiteren relevanten Vorgänge und Teile der Gesellschaft betrachtet wurden. Aber diese Zeit ist nur eine Teil-Zeit in der gesamten Zeitfolge des Wandels der Gesellschaft bis zu ihrer Vollendung. Jede Theorie zieh bei Beeinflussung durch neue Zeitströmungen eine Debatte nach sich, in der als Reaktion auf ihre Gedanken eine weitere Theorie entsteht. Der Theoriewandel war in jedem Zeitraum logisch einwandfrei. Es ist nur fraglich, ob eine solche „Theorienkette“ als Wissenschaft gelten kann, denn jede Theorie mußte in dem Prozeß gezwungenermaßen eine andere zur Folge haben.
[...]
[1] Endruweit 1989 S. 171
[2] Esser 1988 S. 237-239
[3] Esser 1988 S. 243ff
[4] Kreckel 1989 S. 162ff
- Quote paper
- Chise Onuki (Author), 2000, Ethnische Differenzierung und Moderne am Beispiel Japans, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84732
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