Die bisherige deutsche Religionssoziologie nach der Tradition von M. Weber und E. Durkheim hatte stillschweigend vorausgesetzt, Kirche und Religion seien identisch, und insofern war ihre Forschung eigentlich die Kirchensoziologie. Ihre wissenschaftliche Analyse erfolgte methodologisch dann, wenn sie organisiert und institutionalisiert sind. Die Forschung konzentrierte sich auf Pfarreien und Kirchengemeinden, und ihre Verwaltungsweise und Normen. Jedoch ist offensichtlich, daß diese kirchliche Religiosität nicht gleichzusetzen ist mit den wirklichen religiösen Bedürfnissen und Phänomenen der Individuen des heutigen Zeitalters. Das Christentum (als Religion) und die Kirche sind eher ein religiöses Phänomen bzw. eine soziale Form der Religion, die in der Gegenwart lediglich von einigen der vielen sozialen Teilgruppen vertreten wird. In Anbetracht dieses kritischen Gesichtspunktes stellte Luckmann fest, daß Forschungen, die sich lediglich mit diesem begnügen, alleine keine hinreichenden Antworten liefern können zu jenen Fragestellungen, die er für die sozialwissenschaftliche Forschung über das Verständnis der Beziehung zwischen dem einzelnen, der Religion und Gesellschaft im allgemein und über die Bedeutung der
Religion in der modernen Gesellschaft als erforderlich sieht. Diese wären:
• Welches sind allgemeine anthropologische Bedingungen für die Religion und für das, was als Religion institutionalisiert werden kann?
• Welche Realität hat die Religion als soziale Tatsache, bevor sie eine historische Form religiöser Institution annimmt?
• Welches sind dominierende Werte, die sich durch die gegenwärtige Kultur ziehen?
• Welche sozial-strukturelle Grundlage haben diese Werte?
• Welche Funktion erfüllen sie im Leben der Menschen?1
Inhaltsverzeichnis
- I. Einführung
- 1.1 Ausgangspunkt der Luckmann'schen Theoriebildung
- 1.2 Biographie
- II. Über die Bestimmung der Religion
- 2.1 Die anthropologische Bestimmung der Religion
- 2.2 Die sozialen Formen der Religion
- 2.3 Als Person in der modernen Gesellschaft
- III. Problemstellungen der Theorie und Analysen
- 3.1 Religion – Über ihre Bedeutung und Funktion
- 3.2 Thematik der Transzendenz und Transzendenzerfahrung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Thomas Luckmanns religionssoziologische Theorie, insbesondere seine Kritik an der traditionellen Kirchensoziologie und seine Konzeption der "unsichtbaren Religion". Die Arbeit analysiert Luckmanns Ansatz, die Religion als ein phänomenales und individuelles, sozialpsychologisch geprägtes Gebilde zu verstehen, im Gegensatz zu einer rein institutionellen Betrachtungsweise.
- Kritik an der traditionellen Kirchensoziologie
- Anthropologische Grundlagen der Religion
- Soziale Formen der Religion
- Bedeutung der Religion in der modernen Gesellschaft
- Konzept der "unsichtbaren Religion"
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einführung: Dieses einführende Kapitel legt den Grundstein für die gesamte Arbeit, indem es Luckmanns religionssoziologische Theorie im Kontext der bestehenden Forschung einordnet. Es kritisiert die gängige Praxis, Kirche und Religion gleichzusetzen und die Forschung auf organisierte, institutionalisierte Religion zu beschränken. Luckmann hebt hervor, dass diese Fokussierung die religiösen Bedürfnisse und Phänomene der Individuen in der heutigen Gesellschaft nicht ausreichend erfasst. Das Kapitel präsentiert zentrale Forschungsfragen, die Luckmann aufwirft, wie beispielsweise die anthropologischen Bedingungen für Religion und die Rolle der Religion als soziale Tatsache vor ihrer Institutionalisierung. Es unterstreicht Luckmanns Beobachtung, dass Religiosität auf individuellen, sozialpsychologischen Dimensionen basiert und nicht nur in institutionellen Formen erscheint. Schliesslich wird Luckmanns Biographie kurz skizziert, um den Kontext seiner Theoriebildung zu beleuchten.
II. Über die Bestimmung der Religion: Dieses Kapitel befasst sich mit Luckmanns Definition von Religion und unterscheidet zwischen anthropologischen und sozialen Aspekten. Luckmann beschreibt religiöse Gebilde als institutionelle Ausformungen "symbolischer Universa", welche sozial objektivierte Sinnsysteme repräsentieren. Der Fokus liegt auf der Transzendenz der subjektiven Erfahrung als Ausgangspunkt für die Bildung von Religiosität und einem religiösen Kosmos. Der Bezug auf die Identitätsbildung nach Cooley und Mead verdeutlicht, wie individuelle Erfahrungen im sozialen Kontext religiöse Bedeutung erlangen. Das Kapitel zeigt somit den Übergang von der individuellen Erfahrung zur sozialen Konstruktion religiöser Systeme auf.
Schlüsselwörter
Religionssoziologie, Thomas Luckmann, Unsichtbare Religion, Kirchensoziologie, Anthropologie der Religion, Soziale Konstruktion der Wirklichkeit, Transzendenz, Religiosität, Moderne Gesellschaft, Symbolische Universa.
FAQ: Thomas Luckmanns Religionssoziologie
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die religionssoziologische Theorie von Thomas Luckmann, insbesondere seine Kritik an der traditionellen Kirchensoziologie und sein Konzept der "unsichtbaren Religion". Der Fokus liegt auf Luckmanns Ansatz, Religion als ein phänomenales und individuelles, sozialpsychologisch geprägtes Gebilde zu verstehen, im Gegensatz zu einer rein institutionellen Betrachtungsweise.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: Kritik an der traditionellen Kirchensoziologie, anthropologische Grundlagen der Religion, soziale Formen der Religion, Bedeutung der Religion in der modernen Gesellschaft und das Konzept der "unsichtbaren Religion". Sie untersucht Luckmanns Definition von Religion, die Unterscheidung zwischen anthropologischen und sozialen Aspekten, die Rolle der Transzendenz und die Bedeutung der Identitätsbildung im sozialen Kontext für die Entstehung religiöser Systeme.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in drei Hauptteile gegliedert: Einleitung, Über die Bestimmung der Religion und Problemstellungen der Theorie und Analysen. Die Einleitung ordnet Luckmanns Theorie in den Kontext der bestehenden Forschung ein und skizziert seine Biographie. Der zweite Teil befasst sich mit Luckmanns Definition von Religion und ihren anthropologischen und sozialen Aspekten. Der dritte Teil analysiert Problemstellungen der Theorie und geht näher auf die Thematik der Transzendenz ein.
Was ist die zentrale These der Arbeit?
Die zentrale These ist, dass Luckmanns Ansatz, Religion als ein individuelles und sozialpsychologisch geprägtes Phänomen zu verstehen, eine wichtige Ergänzung zur traditionellen Kirchensoziologie darstellt. Luckmann kritisiert die Fokussierung auf institutionalisierte Religion und betont die Bedeutung individueller, subjektiver religiöser Erfahrungen und der "unsichtbaren Religion" in der modernen Gesellschaft.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Schlüsselbegriffe sind: Religionssoziologie, Thomas Luckmann, Unsichtbare Religion, Kirchensoziologie, Anthropologie der Religion, Soziale Konstruktion der Wirklichkeit, Transzendenz, Religiosität, Moderne Gesellschaft, Symbolische Universa.
Wie wird Luckmanns Theorie in der Arbeit eingeordnet?
Die Arbeit ordnet Luckmanns Theorie im Kontext der bestehenden Forschung ein und kritisiert die gängige Praxis, Kirche und Religion gleichzusetzen. Sie hebt hervor, dass Luckmann die religiösen Bedürfnisse und Phänomene der Individuen in der heutigen Gesellschaft stärker berücksichtigt als traditionelle Ansätze.
Welche Rolle spielt die Biographie Luckmanns?
Luckmanns Biographie wird kurz skizziert, um den Kontext seiner Theoriebildung zu beleuchten und seine Perspektive besser zu verstehen.
Was versteht Luckmann unter "unsichtbarer Religion"?
Der genaue Inhalt des Konzepts der "unsichtbaren Religion" wird in der Arbeit detailliert analysiert. Es impliziert, dass Religiosität nicht nur in institutionalisierten Formen, sondern auch in individuellen, subjektiven Erfahrungen und Praktiken existiert, die nicht unbedingt mit organisierten Kirchen verbunden sind.
- Quote paper
- Chise Onuki (Author), 2003, Über "Unsichtbare Religion" von Thomas Luckmann, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84703