Diese Masterarbeit soll einen Überblick darüber geben, welche Möglichkeiten Outdoor-Trainings in der Teamentwicklung bieten. Dabei soll kritisch betrachtet werden, welche Ansprüche an professionelles Outdoor-Training gestellt werden, welche Grundvoraussetzungen für den Erfolg erfüllt sein müssen und wo die Chancen und Grenzen liegen.
Einleitend werden die Hintergründe der Entwicklung der Erlebnispädagogik und des handlungsorientierten Lernens kurz dargestellt. Danach werden Begriffe wie Team und Outdoor-Training definiert. Anhand aktueller Literatur werden Outdoor-Trainings im Allgemeinen unter den Aspekten Nutzen und Ziele, Sicherheit und Risiko, Qualität und Trainerkompetenz betrachtet. Am Beispiel der Hochseilgärten sollen Wirkungsimpulse von Outdoor-Trainings nachvollzogen werden. Abschließend werden Ergebnisse und Erkenntnisse über Outdoor-Trainings zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hintergründe der Erlebnispädagogik
2.1 Geschichtliche Entwicklung der Erlebnispädagogik
2.2 Kurt Hahn
2.3 Differenzierung zu Outdoor-Training
2.4 Handlungsorientiertes Lernen
2.5 Das Erlebnis
3. Team - Entwicklung
3.1 Der Begriff „Team“
3.2 Der Begriff „Teamentwicklung“
3.3 Outdoor-Trainings als Prozessverstärker
4. Der Begriff „Outdoor-Training“
4.1 Nutzen und Ziele von Outdoor-Training
4.2 Elemente und Methoden des Outdoor-Trainings
4.3 Sicherheit und Risiko von Outdoor-Trainings
4.4 Kompetenzen von Outdoor-Trainern
4.5 Qualität im Outdoor-Training
4.6 Wirkungsimpulse und Transfer von Outdoor-Trainings am Beispiel des Hochseilgartens
4.7 Chancen und Grenzen von Outdoor-Trainings
5. Zusammenfassende Ergebnisse
Literaturverzeichnis
Anhang A: Rahmenbedingungen und Erfordernisse
Anhang B: Differenzierung Erlebnispädagogik/Outdoor-Training
Anhang C: Merkmale von Teams
Anhang D: Typ. Lernziele v. Outdoor-Trainings zur Teamentwicklung
Anhang E: Ziele von Outdoor-Trainings
Anhang F: Die Teamentwicklungsuhr
Anhang G: Überblick Outdoor-Trainings und typische Übungen
Anhang H: Verhaltensregeln für Outdoortrainer
Anhang I: Pro und Contra Hochseilgarten
1. Einleitung
“Die zunehmende Spaß- und Freizeitorientierung der Menschen schlägt sich auch in einem Zweig der Pädagogik nieder – der Erlebnispädagogik. Insbesondere im Bereich der Erwachsenenbildung ist sie jedoch wachsender Kritik unterworfen. ‚Outdoor Training gehört zu den umstrittensten Weiterbildungsmaßnahmen für Fach- und Führungskräfte: von manchen Personalentwicklern enthusiastisch gefeiert – von anderen als reine Eventveranstaltung verworfen.’“ (Vogel, 2005, S. 11)
Neben erlebnispädagogischen Outdoor-Trainings boomen auch rein spaßorientierte Outdoor-Events. In Letzteren werden häufig die gleichen Medien verwendet wie in klassischen andragogischen Weiterbildungs-Maßnahmen im Outdoor-Bereich. Diese Events ohne pädagogischen Anspruch dienen jedoch meist nur kommerziellen Zielen und gelten unter Outdoor-Trainern als verpönt. Outdoor wird auf viele unterschiedliche Problemstellungen angewandt. Beispiele sind Zielfindungen, Netzwerkbildung, Konfliktmanagement, Motivation, Qualitätssicherung, Kundenbindung und Teambildung.
„Von der steigenden Anzahl der Outdoor-Anbieter verzichtet kaum ein Veranstalter darauf Teamtrainings im Angebot mit aufzunehmen. (...) Teams haben Hochkonjunktur, da sie zunehmend als Baustein für die lernende und intelligente Organisation entdeckt werden. Dabei greifen Abteilungsleiter, Organisations- und Personalentwickler immer häufiger auf Outdoor-Trainings zurück, um Prozesse der Teamentwicklung effizient zu unterstützen.“ (König, 2005, S. 12)
Diese Masterarbeit soll einen Überblick darüber geben, welche Möglichkeiten Outdoor-Trainings in der Teamentwicklung bieten. Dabei soll kritisch betrachtet werden, welche Ansprüche an professionelles Outdoor-Training gestellt werden, welche Grundvoraussetzungen für den Erfolg erfüllt sein müssen und wo die Chancen und Grenzen liegen.
Einleitend werden die Hintergründe der Entwicklung der Erlebnispädagogik und des handlungsorientierten Lernens kurz dargestellt. Danach werden Begriffe wie Team und Outdoor-Training definiert. Anhand aktueller Literatur werden Outdoor-Trainings im Allgemeinen unter den Aspekten Nutzen und Ziele, Sicherheit und Risiko, Qualität und Trainerkompetenz betrachtet. Am Beispiel der Hochseilgärten sollen Wirkungsimpulse von Outdoor-Trainings nachvollzogen werden. Abschließend werden Ergebnisse und Erkenntnisse über Outdoor-Trainings zusammengefasst.
2. Hintergründe der Erlebnispädagogik
In der deutschen Bildungslandschaft gilt die Erlebnispädagogik als junge Teildisziplin der Pädagogik. Eine eindeutige Definition von Erlebnispädagogik ist in der Literatur schwer zu finden. Mit Erlebnispädagogik werden im Allgemeinen Wanderpädagogik, Outdoor-Pädagogik, Outdoor-Training, Abenteuerpädagogik, handlungsorientierte Didaktik, Experimental Learning, Survival Training, Wilderness Experience, Outdoor Development, Erfahrungspädagogik, Challenge Programs, Outward-Bound-Pädagogik, Learning by Doing, Adventure Programming u. a. mehr gleichgesetzt oder assoziiert. Allen Ansätzen liegt ein individuell-subjektives Erleben im Rahmem gruppenbezogener Aktivitäten in Naturräumen zugrunde. Am häufigsten verwendet wird die Definition von Heckmair und Michel: „Erlebnispädagogik ist eine handlungsorientierte Methode und will durch exemplarische Lernprozesse, in denen junge Menschen vor physische, psychische und soziale Herausforderungen gestellt werden, diese in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern und sie dazu befähigen, ihre Lebenswelt verantwortlich zu gestalten.“ (Heckmair, Michl, 2004, S. 102) Im Lexikon der Erlebnispädagogik ist folgende Definition zu finden: „Erlebnispädagogik fördert den Menschen in seiner Sozial- und Selbstkompetenz über primäre, sinnliche Erfahrungen, über das Lernen durch Handeln, über die Kraft der Metaphern und über die direkte Reflexion. Sie öffnet mit ihren handlungsorientierten Methoden und Spielformen einen anderen, unbekannten (Lebens-) Raum, der aus sich heraus verlangt, das ‚Alte’, scheinbar Sicherheit gebende, zu prüfen, neue Ressourcen und Fähigkeiten zu entwickeln sowie versteckte Ressourcen und Fähigkeiten ans Licht zu bringen und einzusetzen.“ (Zuffellato, Kreszmeier, 2007, S. 44)
Erlebnispädagogik ist als ein Sammelbecken unterschiedlichster Richtungen und Methoden anzusehen (siehe Anhang A: Rahmenbedingungen und Erfordernisse). Zur Entwicklung eines Theorieverständnisses empfiehlt sich die Betrachtung der Vordenker und Wegbereiter. Im Buch ‚Outdoor Training’ von Müller (2006, S. 30 ff) befindet sich dazu eine übersichtliche Beschreibung der wichtigsten erziehungs- und lerntheoretischen Grundlagen. Bauer (2001, S. 9 ff) skizziert in seinem Buch Entwicklungslinien und Kernschriften zur Erlebnis- und Abenteuerpädagogik.
2.1 Geschichtliche Entwicklung der Erlebnispädagogik
„In der Fachliteratur werden von Platon, Aristoteles über Rousseau, Thoreau, Johann Heinrich Pestalozzi, John Dewey, William James, der Jugendbewegung und Reformpädagogik, Minna Specht und bis hin zum ‚Urvater’ der Erlebnispädagogik Kurt Hahn, zahlreiche Denker und Richtungen genannt. Allein diese Aufzählung beinhaltet nur einen geringen Teil der Geschichte der Erlebnispädagogik.“ (Vogel, 2005, S. 15) Bei der Erlebnispädagogik geht es nicht um das stumpfe Pauken theoretischen Wissens. „Vielmehr geht es um das eigene Erfahren infolge von eigenem Handeln und Erleben. […] Dieses Lernverständnis des Lernens durch Erleben und Erfahren stellt ein zentrales Element der heutigen Erlebnispädagogik dar.“ (ebd., S. 15) Ein entscheidendes Charakteristikum ist die Handlungsorientierung bzw. das Erfahrungslernen, bei dem der Lernende Wissen, Fähigkeiten und Werte aus direkten Erfahrungen und eigenen Handlungen generiert, wodurch das Gelernte tiefer verankert wird. Diese Arbeit beschränkt sich im Wesentlichen auf die Theorien Kurt Hahns, der vielfach als der Urvater der Erlebnispädagogik bezeichnet wird.
2.2 Kurt Hahn
Der deutsche Reformpädagoge Kurt Hahn (1886 -1974), der unter anderem im Jahr 1920 die Schule Schloss Salem gründete, kritisierte die Lehrer- und Stoffschule, die auf rein kognitive Wissensvermittlung statt auf eine ganzheitliche Bildung setze. Außerdem diagnostizierte er bei den Menschen einen Verfall der Anteilnahme, der Sorgsamkeit, der Initiative, der körperlichen Tauglichkeit und der Selbstdisziplin.
Den festgestellten Mangel- und Verfallserscheinungen setzte Kurt Hahn Elemente seiner Erlebnistherapie entgegen.
Dabei setzte er auf:
- körperliches Training (leichtathletische Übungen und Natursportarten wie Segeln, Kanufahren, Bergwandern)
- den Dienst am Nächsten (hier explizit von seinen Schülern, je nach Standort, geleistete Küstenwache bzw. See- oder Bergrettungsdienste)
- das Projekt (Aufgabenstellung mit hoher, aber erreichbarer Zielsetzung bei selbständiger Planung und Durchführung im handwerklich-technischen bzw. künstlerischen Bereich)
- die Organisation von Expeditionen (meist mehrtägigen Berg- oder Skitouren, Floßfahrten etc., bei denen es neben der natursportlichen Aktivität auch um lebenspraktische Alltagserfahrungen gehen sollte, wie z.B. Versorgen, Transportieren, Nachtlager bereiten).
Zu Hahns Verdiensten um die Erlebnispädagogik zählen auch die Outward Bound-Schulen, die es inzwischen in Europa, Afrika, Asien, Nordamerika und Australien gibt. Sie sind weltweit wohl der größte Anbieter von Outward Bound-Kursen, die auch von Firmen als Outdoortrainings nachgefragt werden.
Für Hahn waren der Intensitätsgrad und das Maß des persönlichen Engagements entscheidend für einen Lernerfolg, nicht die Dauer eines Erlebnisses.
„Ein Erlebnis und der daraus resultierende Erfolg oder Mißerfolg haben nur lerntheoretischen Einfluß auf den Jugendlichen, wenn sie prägend genug sind. Nur dann bleibt die Erfahrung in der Erinnerung und kann dem Jugendlichen in entscheidenden Augenblicken seines späteren Lebens helfen. Daher sollten die Erlebnisse dem Jugendlichen nicht zufällig widerfahren, sondern Teil eines pädagogischen Gesamtplans sein.“ (Reiners, 2000, S. 2)
„Ohne jeden Zweifel ist Kurt Hahn für den Themenkomplex ‚Erlebnispädagogik’ eine zentrale Figur. (…) Gleichzeitig kann man ihn (…) betrachten als Sammel- und Kristallisationspunkt zumindest einiger (…) philosophischen und pädagogischen Traditionen.“ (Bauer, 2001, S.23) Der Reformpädagoge Kurt Hahn wird in der Literatur durchaus kritisch betrachtet. Roscher (2005, S. 25 ff) fasst dazu in ihrem Buch ‚Erziehung durch Erlebnisse’ Aussagen von Zeitzeugen über Kurt Hahn zusammen.
2.3 Differenzierung zu Outdoor-Training
Während Hahns zentrales Anliegen die Charakterbildung und die Erziehung zu staatsbürgerlicher Verantwortung der Jugendlichen war, reduziert sich der Erlebnisansatz bei den Firmentrainings auf eine Lernmethode, mit der Schlüsselqualifikationen wie Eigeninitiative, Kreativität, Kooperations-, Problemlösungs-, Selbststeuerungs-, Lern-, Konflikt- und Teamfähigkeit geschult werden. Folglich wird die Natur nicht mehr als unabdingbares Lernfeld betrachtet. Wenn es der Lerneffizienz dient, wird auf einen Aufenthalt in der Natur sogar verzichtet. So werden heute auch Trainings der Erlebnispädagogik zugeordnet, bei denen der Aufenthalt in der Natur durch Tanz-, Sport- oder Theaterelemente ersetzt wurde (Indoor-Training mit Outdoor-Ansätzen). Deshalb ist es sinnvoll, zwischen Outward Bound-Pädagogik (Merkmale: Lernfeld Natur, aktive Beteiligung) und Erlebnispädagogik (aktive Beteiligung) zu unterscheiden.
Bei den Anbietern von erlebnisorientierten Firmentrainings existieren zwei Grundströmungen: Die Anhänger des reinen Outward Bound folgen der These ‚The mountains speak for themselves’. Das heißt, eine umfassende Reflexion des Erlebten in der Gruppe ist ihrer Ansicht nach nicht nötig. Sie fürchten bei dieser Vorgehensweise vielmehr das Zerreden der Erfahrung. Die Anhänger des ‚Outward Bound plus’ hingegen gehen davon aus, dass durch die innere Reflexion des Einzelnen das Erlebnis zwar zur Erfahrung wird, diese aber erst durch die bewusste Reflexion neue Denk- und Verhaltensmuster bewirkt.
Die angewandten Methoden im Bereich Erlebnispädagogik gleichen denen im Outdoor-Bereich. Eindeutig lassen sie sich jedoch nach Zielen und Zielgruppen differenzieren (siehe Anhang B: Differenzierung Erlebnispädagogik/Outdoor-Training).
In heutigen erlebnispädagogischen Ansätzen geht es vorwiegend um individuelle Zielsetzungen wie die Stärkung der Persönlichkeit und das Erlernen sozialer Kompetenz.
„Im Bereich der Personal- und Betriebspädagogik, bei Outdoor-Trainings, geht es neben der Persönlichkeits- und Teamentwicklung vorwiegend um das Erreichen bestimmter Unternehmensziele, um die Realisierung wirtschaftlichen Erfolgs. (…) Personale und interpersonale Fähigkeiten von Mitarbeitern wurden und werden unter freiem Himmel weitergebildet und somit für die Nutzbarmachung von Unternehmenszielen ‚entdeckt’.“ (König, 2005, S. 26)
Die Methoden von Outward Bound wurden durch militärische (bspw. Ropes Courses) und Methoden aus der Organisations- und Teamentwicklung ergänzt.
Outdoors wurden in Deutschland lange Zeit als etwas Außergewöhnliches angesehen. Mittlerweile haben sie sich „… von der ‚Exotik’ zur ‚Normalität’ entwickelt.“ (ebd., S. 26)
2.4 Handlungsorientiertes Lernen
„’Sage es mir und ich werde es vergessen. Zeige es mir und ich werde mich daran erinnern. Lass es mich tun und ich werde es verstehen.’ (Konfuzius) (…) In der Tat bleibt uns 90% von dem, was wir tun, im Gedächtnis, aber nur 20% von dem, was wir hören. Erfahrungslernen spielt in handlungsorientierten Lernkonzepten eine Schlüsselrolle (…).“ (von Ameln, Kramer, 2007, S. 30)
Die Psychologie versteht unter Lernen auf Erfahrung basierende, relativ überdauernde und möglichst stabile Änderungen im Verhalten oder im Verhaltenspotential. Wenn Lernen die Änderung des Verhaltens als Ergebnis von Erfahrung ist, dann kann daraus geschlossen werden, dass Lernen nicht anders als im Verhalten sichtbar werden kann. Situationen, in denen Handeln als Lernprinzip wirksam wird, werden als handlungsorientiertes Lernen bezeichnet.
Dem Prinzip des handlungsorientierten Lernens liegt der Gedanke zugrunde, dass sich Lernvorgang und notwendiger Transfer optimal gestalten, wenn die gesamte Auseinandersetzung des Lernenden mit seiner Umwelt, seinen kognitiven Leistungen, mithin seiner ganzen persönlichen Subjektivität in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt wird. „In der Handlung bekommen Menschen die Möglichkeit, ganz verschiedene Ressourcen und (Lern-) Fähigkeiten zu entdecken, zu zeigen und zu nutzen, alternative Wege zu gehen und Möglichkeiten auszuprobieren, um so den Handlungsspielraum Schritt für Schritt zu vergrößern. Die Naturräume eröffnen den Menschen durch ihre Vielseitigkeit und Lebendigkeit eine Vielfalt an Handlungsalternativen und Entfaltungsmöglichkeiten.“ (Zuffellato, Kreszmeier, 2007, S. 60)
Um mit Hilfe von Outdoor-Trainings in der Teamentwicklung einen Lernerfolg erreichen zu können, muss ersichtlich werden, dass die Lernmaßnahme, im Folgenden Outdoor-Training, eine Änderung im Verhalten der Teammitglieder aufzeigt.
2.5 Das Erlebnis
Der zentrale Begriff bei allen erlebnispädagogischen Ansätzen ist das Erlebnis.
„Ein Erlebnis ist ein ganzheitlicher Akt, der Körper, Seele, Bewusstsein und Emotionen anspricht. Ein Erlebnis zeichnet sich als besonders intensive Erfahrung mit hohem affektiven Gehalt aus. (…) Im Spannungsmoment eines Erlebnisses zeigt sich etwas Neues, etwas für die Person bisher Fremdes oder Überraschendes.“ (Zuffellato, Kreszmeier, 2007, S. 44)
In unserer heutigen Gesellschaft hat Erleben und Erlebnis Konjunktur (Erlebnisgesellschaft). Begriffe wie Erlebnispark, Erlebnisreise oder Erlebnisbad belegen dies. Oft wird der Erlebniswert höher eingeschätzt als der Gebrauchswert eines Gegenstandes. Zur Erklärung der hohen Bedeutung des Erlebnisses in unserer Gesellschaft finden sich in der Literatur zwei Herangehensweisen. Einerseits wird davon ausgegangen, dass der Mensch ein angeborenes Bedürfnis nach Abenteuer und Risiko und somit nach Erlebnissen hat. Auf der anderen Seite wird angenommen, dass es die Umstände der Gesellschaft sind, die zu dieser hohen Erlebnisorientierung geführt haben. (Vgl. Heckmair, Michl, 2004, S. 96 ff). „Erlebnis wird als innerer, mentaler Vorgang gesehen, bei dem äußere Reize aufgrund von Wahrnehmung, Vorwissen und Stimmung subjektiv zu einem Eindruck verarbeitet werden.“ (ebd., S. 100)
„Da ein Ereignis also nicht aus sich selbst wirkt und die inneren Vorgänge des Erlebenden nicht vorhersehbar sind, können Erlebnisse kaum geplant werden. (…) Bis heute existiert kein schlüssiger Beweis, warum Erlebnisse erziehen und bilden können und wie sie pädagogisch wirken.“ (Häcker, 2006, S. 4 f)
Erlebnisse sind nicht planbar oder vorhersehbar, da jeder Mensch anders erlebt. Ein und dieselbe Situation wird von verschiedenen Menschen unterschiedlich erlebt. Allgemein wird jedoch davon ausgegangen, dass Erlebnisse die Grundvoraussetzung für Lernen sind (siehe Kapitel 2.4). Die Erlebnispädagogik versucht deshalb Situationen zielgerichtet, methodisch und didaktisch zu arrangieren, um Erlebnisse zu ermöglichen und deren Weiterverarbeitung zu begleiten. Erlebnisse können folgerichtig als Medien für pädagogische Ziele benutzt werden, zum Beispiel mit Hilfe von Reflexionsmethoden wie ‚The mountains speak for themselves’, das Modell ‚Outward Bound plus’ oder das ‚metaphorische Modell’. (Vgl. Vogel, 2005, S. 29 ff)
„Das Erlebnis dient als Medium zur Erreichung eines konkreten Ziels. In Teamtrainings für Erwachsene kann dieses Ziel beispielsweise eine Verbesserung der Kommunikation oder der Konfliktfähigkeit sein. Die Aufgabe des Erlebnispädagogen besteht in der richtigen Auswahl und Gestaltung des Erlebnisses für die jeweilige Zielgruppe.“ (ebd., S. 25)
3. Team - Entwicklung
„Teamarbeit macht die optimale Problemlösung zwar nicht einfach, doch sie macht sie möglich. (…) Teams sind vitale, dynamische Gebilde. Sowie die Menschen, die ein Team ausmachen, entwickeln sie sich ständig weiter. Jedes Team ist individuell geprägt, bestimmt durch die Persönlichkeiten der einzelnen Mitglieder, durch das Zusammenwirken dieser Individuen und durch die Bedingungen, die das Team von außen erfährt. Dadurch werden Teams zu dem was sie sind: Äußerst komplex und in der heutigen Zeit für Unternehmen sehr attraktiv:“ (König, 2005, S. 102)
In diesem Kapitel sollen Begriffe erklärt werden, die für das Verständnis des Teamkonzeptes von Bedeutung sind.
3.1 Der Begriff „Team“
Der Anglizismus ‚Team’ (Englisch: Familie, Gespann, Nachkommenschaft) bezeichnet einen Zusammenschluss von mehreren Personen zur Lösung einer bestimmten Aufgabe bzw. zur Erreichung eines bestimmten Zieles: Im Sport bezeichnet das Team entweder die Mannschaft oder die Gesamtheit von Mannschaft und begleitendem Personal wie Trainer, Techniker etc. In einem Unternehmen bezeichnet das Team die für einen bestimmten Zweck aus Mitarbeitern zusammengesetzte Arbeitsgruppe. Scherzhaft wird der Begriff auch fälschlicherweise als „ T oll E in A ndrer M acht’s“ übersetzt.
In Unternehmen hat Teamarbeit inzwischen weithin Fuß gefasst. Dies ist begründet damit, dass auf Grund wachsender Komplexität, höheren Leistungsdrucks und immer besseren Zugangs zu Informationen mittels der Verbreitung elektronischer Medien in den Betrieben das Management immer weniger Überblick über die Geschehnisse hat und Entscheidungsverantwortung nach unten delegiert wird. Teams fördern eine demokratische und partnerschaftliche Zusammenarbeit. Teamarbeit erfordert Verantwortung und Entscheidungsfreiheit. Das wesentliche Merkmal von Teams ist das Prinzip der Selbststeuerung (siehe Anhang C: Merkmale von Teams).
Weiter konkretisiert wird der Begriff ‚Team’ in der Abgrenzung zum Bergriff ‚Gruppe’. Gruppen haben das Ziel des Informationsaustausches, der Wissensteilung und der Eigendynamik. Gruppenziele sind globaler und allgemeiner als die sehr klar definierten Ziele eines Teams. Des Weiteren unterscheiden sich Teamziele durch Kooperation, Kommunikation und Gruppendynamik. Teams sind durch Eigenverantwortung geprägt, während Gruppen einer Fremdkontrolle unterliegen. Der Teamführer, als erster unter Gleichgestellten, übernimmt die Rolle eines Moderators, Coachs oder Koordinators. Gruppen werden oft durch starke Personen angeführt. Die optimale Größe eines Teams wird je nach Arbeitsumfang auf drei bis sechs Personen begrenzt; Gruppen bestehen aus zwei oder mehreren (max. 30) Personen.
Die einzelnen Teams der Formel 1 sind ein hervorragendes Beispiel für den Begriff ‚Team’. Hier arbeiten verschiedene Experten aus unterschiedlichen Ländern zusammen. Alle haben dabei nur ein Ziel vor Augen: Das nächste Rennen zu gewinnen. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es unterschiedliche Rollen in den Teams. Der Fahrer muss schnelle Runden fahren, während der Monteur in sieben Sekunden die Reifen wechseln muss. Hier wird deutlich: in einem Team kommt es darauf an, dass jeder seine Stärken einsetzt.
Immer öfter ist es wichtig, die richtigen Teams zusammen zu stellen oder aus einem bestehenden Team das Optimale herauszuholen. Mit gezielten Outdoorübungen und realen Herausforderungen werden nach kurzer Zeit Probleme sichtbar für die, unter Einhaltung verabredeter Spielregeln, pragmatische Lösungen erarbeitet werden können.
3.2 Der Begriff „Teamentwicklung“
Unter Teamentwicklung wird zum einen ein quasi automatisch verlaufender Prozess verstanden, den Arbeitsgruppen und Teams im Verlauf ihres Bestehens phasenweise durchlaufen. Die Teamentwicklung als aktiver, gesteuerter Prozess dient auf der anderen Seite der Verbesserung der Zusammenarbeit von Mitarbeitern, insbesondere bei zeitlich befristeten Projekten. Teamentwicklung ist Teil der Organisationsentwicklung. Es sollen Kooperationsbereitschaft und Teamgeist gefördert werden, um die Arbeitseffizienz des Teams zu steigern. Oft werden dabei nicht nur Kompetenzen einzelner Teammitglieder oder der ganzen Gruppe (z.B. Kommunikation) optimiert, sondern auch Strukturen der Zusammenarbeit neu geordnet. Der Prozess der Teamentwicklung benötigt Zeit (mehrere Monate oder sogar Jahre), Geduld und oftmals professionelle Begleitung.
Als Methoden kommen dabei neben Trainings und Coaching moderierte Workshops, Feedback-Techniken oder Outdoor-Trainings zum Einsatz.
Teamentwicklungsmaßnahmen können den Zusammenhalt in neu formierten Teams verbessern und erfolgreich arbeitenden Teams zusätzlichen Schub verleihen. Der Schwerpunkt fällt dabei, je nach Zielsetzung, unterschiedlich aus (nach von Ameln, Kramer, 2007, S. 320):
- Verbesserung des Verständnisses für die Rolle jedes Mitglieds innerhalb des Teams;
- Verbesserung des Verständnisses für die Rolle des Teams innerhalb der Gesamtabläufe der Organisation;
- Verbesserung der Kommunikation zwischen den Teammitgliedern über alle Punkte, welche die Effektivität des Teams angehen;
- Stärkung von Unterstützung, Vertrauen und Zusammenhalt unter den Teammitgliedern;
- klares Verständnis für die ablaufenden Gruppenprozesse;
- Finden von effektiveren Wegen für das Team, die bestehenden Probleme auf der Sach- wie auf der Beziehungsebene zu bewältigen;
- Entwickeln der Fähigkeit, Konflikte positiv (statt destruktiv) zu nutzen;
- Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den Teammitgliedern und Verringerung von interner Konkurrenz auf Kosten der jeweiligen Gruppe bzw. der Organisation;
- Verbesserung der Fähigkeit des Teams, mit anderen Arbeitsgruppen innerhalb der Organisation zusammenzuarbeiten;
- Stärkung des Bewusstseins des gegenseitigen Aufeinaderangewiesenseins innerhalb des Teams.
Siehe dazu Anhang D: Typ. Lernziele v. Outdoor-Trainings zur Teamentwicklung.
Teams sind keine statischen Gebilde, sie sind in ständiger Bewegung. Der teamdynamische Prozess verläuft in mehreren Entwicklungsstufen. Dabei gibt es eine Vielzahl von Modellen, die diese Entwicklung in verschiedenen Phasen darstellen.
Francis/Young haben den Weg einer Gruppe zum leistungsfähigen Team in einer Uhr visualisiert. Mit Hilfe dieser Uhr können Trainingsteilnehmer in einer Reflexion anhand des Ziffernblatts den gegenwärtigen Entwicklungsstand ihres Teams selbst einschätzen (siehe Anhang F: Die Teamentwicklungsuhr).
Tuckman (1965, S. 348-399) beschreibt Teamentwicklung in einem Vier-Phasen-Modell:
1. Orientierungsphase (Testphase oder Forming)
In dieser Phase findet ein noch eher zögerliches Abtasten statt, die Situation wird zunächst einmal exploriert. Inhaltlich geht es in dieser Phase darum, die Ziele der Gruppe zu klären, Informationen zu sammeln und Fragen zu stellen.
2. Machtkampfphase (Nahkampfphase oder Storming)
Diese Phase ist hauptsächlich durch den Kampf um Macht und Status gekennzeichnet. Territorien werden verteidigt, Koalitionen gesucht und latente oder manifeste Konflikte treten auf. Inhaltlich ist diese Phase geprägt durch Entweder-oder-Diskussionen, Polarisierungen und Widerstand gegen Aufgaben und Methoden. Die Kampfphase ist eher mühsam und ideenlos.
3. Integrations- und Vertrautheitsphase (Organisationsphase oder Norming)
In der dritten Phase ist die Struktur der Gruppe geklärt, die Spielregeln für die Zusammenarbeit sind meist implizit geklärt und akzeptiert, Konflikte werden eher vermieden.
4. Leistungsphase (Verschmelzungsphase oder Performing)
Während es in den ersten drei Phasen innerhalb der Gruppe nicht möglich ist, sich offen über die Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe zu unterhalten, ist diese Reflexion der Interaktion in der vierten Phase erfolgreich. In dieser Integrationsphase ist relativ offenes Feedback möglich, die Verhaltensstandards innerhalb der Gruppe sind geklärt, ihr Ideenreichtum kann genutzt werden, es existieren relativ rationale Prozeduren.
Nach dem Vier-Phasen-Modell müssen alle Stufen nacheinander durchlaufen werden, damit das Team produktiv arbeiten kann. Nicht jede Gruppe durchläuft jedoch zwangsläufig alle Phasen, sie kann in jeder Phase stecken bleiben, z.B. wenn permanent Machtkämpfe ohne Ergebnisse stattfinden und damit die Produktivität gelähmt wird. Nach diesem Modell ist es auch notwendig, dass der vierstufige Prozess jeweils neu durchlaufen werden muss, wenn ein oder mehrere Mitglieder zu der Gruppe dazu kommen. Auch wenn nicht alle Aspekte dieses Modells empirisch abgesichert sind, liefert es eine hilfreiche Heuristik, um den Prozess der Gruppenfindung zu beschreiben.
Durch ein Teambuilding-Seminar ist es im positiven Fall möglich, die Phasen des Forming und des Storming explizit zu bearbeiten und den Gruppenprozess dadurch zu beschleunigen, indem man Zeit zur Verfügung stellt, um die Prozesse des Forming und Storming zu durchlaufen, ohne dass diese von der eigentlichen Arbeit überlagert werden. Neu formierte Gruppen können dann sehr effektiv arbeiten, wenn zuerst die Strukturierung der Gruppe und dann die eigentliche inhaltliche Arbeit ungestört durch Differenzierungsprozesse erfolgen kann. Die Gruppe durchläuft die einzelnen Phasen der Entwicklung sowieso, somit scheint es effektiver diesen Prozess bewusst zu steuern.
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- Quote paper
- Diplom Betriebswirt, M.A. Kai Mecking (Author), 2007, Erlebnispädagogische Maßnahmen in der Erwachsenenbildung. Teamentwicklung durch Outdoor-Training, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84495
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