Untersuchungsgegenstand dieser Seminararbeit sind systematische Fehler von Wahlprognosen. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurde die Fehlerhaftigkeit von Wahlprognosen in Deutschland lediglich einmal in einer wissenschaftlichen Arbeit umfassend empirisch untersucht. Dies ist deshalb verwunderlich, da die Institute anscheinend ihre Daten veröffentlichen können, ohne dass diese seitens der Öffentlichkeit oder der Wissenschaft kritisch hinterfragt werden. Brisant erscheint dies besonders vor dem Hintergrund, dass solche Prognosen in den heutigen Wahlkämpfen von besonderer Bedeutung sind. Der Rückblick auf die vergangenen drei Bundestagswahlen zeigt die enorm gestiegene Präsenz von Wahlprognosen in den Medien bereits Monate vor der eigentlichen Wahl. Verstärkt wird die Bedeutung dieser Prognosen dadurch, dass sowohl die Politik als auch die Medien die veröffentlichten Daten in ihre Strategien, Berichte und Diskussionen einbeziehen. Andererseits zeigen diese Wahlen aber auch deutlich die Diskrepanz der Wahlprognosen einiger renommierter Institute zu den amtlichen Endergebnissen. So hat Infratest dimap bspw. die CDU zwei Wochen vor der Bundestagswahl 2005 um 7,8 % zu hoch prognostiziert und damit einen völlig anderen Wahlausgang vorhergesagt. Diese Beobachtung stellt bei weitem keinen Einzelfall dar und ist u.a. einer der Hauptgründe für das Interesse an der vorliegenden Seminararbeit. Die Analyse der Wahlprognosen erfolgt unter der zentralen Untersuchungsfrage: Bewerten Meinungs-forschungsinstitute bestimmte Parteien mit ihren Prognosen systematisch zu hoch oder zu niedrig?
Es werden Prognosen von Bundes- und Landtagstagswahlen im Zeitraum 1957 – 2006 von sechs großen deutschen Instituten für Demoskopie ausgewertet, die jeweils zwischen einer und vier Wochen vor der entsprechenden Wahl erstellt wurden.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Wahlprognosen
2.1 Begriffsbestimmung und Historie
2.2 Wahlprognosen und Erhebungsverfahren
3. Daten
3.1 Meinungsforschungsinstitute in Deutschland
3.2 Datengrundlage
4. Auswertung der Daten
4.1 Vorgehensweise
4.2 Auswertung Wahlprognosen gesamt
4.3 Auswertung Wahlprognosen Landtagswahlen
4.4 Mögliche Ursachen für systematische Abweichungen
5. Folgen für die Wahlen
5.1 Einfluss auf die Stimmenabgabe
5.2 Einfluss auf die Wahlbeteiligung
5.3 Wahlprognosen als Instrument der Parteien und der Medien
5.4 Gesetzliches Verbot von Wahlprognosen?
6. Zusammenfassung
Anhänge
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle Bezeichnung
I Übersicht der ausgewerteten Wahlprognosen und Wahlen
II Übersicht zu den analysierten Parteien
III Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest Wahlen insgesamt
IV T-Test Wahlen insgesamt
V Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest Landtagswahlen
VI T-Test Wahlen Landtagswahlen
1. Einleitung
Untersuchungsgegenstand dieser Seminararbeit sind systematische Fehler von Wahlprognosen. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurde die Fehlerhaftigkeit von Wahlprognosen in Deutschland lediglich einmal in einer wissenschaftlichen Arbeit umfassend empirisch untersucht. Dies ist deshalb verwunderlich, da anscheinend die Institute ihre Daten veröffentlichen können, ohne dass diese seitens der Öffentlichkeit oder der Wissenschaft kritisch hinterfragt werden. Brisant erscheint dies besonders vor dem Hintergrund, dass solche Prognosen in den heutigen Wahlkämpfen von besonderer Bedeutung sind. Der Rückblick auf die vergangenen drei Bundestagswahlen zeigt die enorm gestiegene Präsenz von Wahlprognosen in den Medien bereits Monate vor der eigentlichen Wahl. Verstärkt wird die Bedeutung dieser Prognosen dadurch, dass sowohl die Politik als auch die Medien die veröffentlichten Daten in ihre Strategien, Berichte und Diskussionen einbeziehen. Andererseits zeigen diese Wahlen aber auch deutlich die Diskrepanz der Wahlprognosen einiger renommierter Institute zu den amtlichen Endergebnissen. So hat Infratest dimap z.B. die CDU zwei Wochen vor der Bundestagswahl 2005 um 7,8 % zu hoch prognostiziert und damit einen völlig anderen Wahlausgang vorhergesagt. Diese Beobachtung stellt bei weitem keinen Einzelfall dar und ist u.a. einer der Hauptgründe für das Interesse der vorliegenden Seminararbeit an dieser Thematik. Die Analyse der Wahlprognosen erfolgt unter der zentralen Untersuchungsfrage: Bewerten Meinungs-forschungsinstitute bestimmte Parteien mit ihren Prognosen systematisch zu hoch oder zu niedrig?
Es werden Prognosen von Bundes- und Landtagstagswahlen im Zeitraum 1957 – 2006 von sechs großen deutschen Instituten für Demoskopie ausgewertet, die jeweils zwischen einer und vier Wochen vor der entsprechenden Wahl erstellt wurden. Auf Anfrage nach geeigneten Prognosen bei den Forschungsinstituten stellte sich jedoch heraus, dass deren Material nicht brauchbar ist. Daher wird als Datenquelle ausschließlich Sekundärliteratur verwendet.
Zunächst wird die Herkunft der Daten genauer betrachtet und die Methodik bei den jeweiligen Erhebungsverfahren analysiert. Für jede zu untersuchende Wahl werden die Prognosen der jeweiligen Institute sowie das amtliche Endergebnis[1] erfasst. Diese Daten werden dann mit Hilfe der Statistiksoftware SPPS[2] ausgewertet. Grundlage dieser Analyse sind im Wesentlichen zwei statistische Tests. Zunächst wird untersucht, ob die errechneten Abweichungsfehler von den einzelnen Instituten einer Normalverteilung unterliegen, um dann in einem nächsten Schritt zu testen, ob die durchschnittlichen Abweichungsfehler tatsächlich signifikant, also systematisch sind.
Mögliche Ursachen der Ergebnisse werden im Zusammenhang mit der Auswertung genannt und diskutiert. Die sich anschließende Untersuchung eventueller Folgen von Wahlprognosen auf das Wahlverhalten hat rein hypothetischen Charakter. Zwar werden verschiedene Effekte auf die Stimmabgabe und Wahlbeteiligung in der einschlägigen Literatur untersucht, jedoch existiert nach heutigem Stand keine wissenschaftliche Studie, die solche Effekte bei den Wählern nachweist.
2. Wahlprognosen
2.1 Begriffsbestimmung und Historie
Wahlprognosen sind seit vielen Jahren ein elementarer Bestandteil deutscher Bundes- und Landtagswahlen. In der Bundesrepublik Deutschland wurden diese erstmals zur Bundestagswahl 1949 veröffentlicht. Anfangs noch durch wenige Institute praktiziert, hat sich die Wahlforschung im Laufe der Jahrzehnte zu einer eigenständigen Wissenschaft entwickelt, die heute durch eine Vielzahl von Unternehmen betrieben wird. Die Ursprünge der Demoskopie stammen hingegen aus den Vereinigten Staaten von Amerika. George Gallup untersuchte durch Fallstudien die Präsidentschaftswahlen 1940. Seine Ergebnisse beruhen jedoch auf Plausibilitätsargumenten und nicht auf experimentelle Untersuchungen. Solche Studien erfolgten erst in den sechziger Jahren.[3]
Wahlprognosen sind durch Meinungsforschungsinstitute ermittelte Vorhersagen von Wahlergebnissen. Sie sind empirisch überprüfte Vorhersagen des Wählerverhaltens bezüglich individueller Wahlbeteiligung (Stimmabgabe) und Sachpräferenz (Stimmverhalten)[4] und werden bis zum Wahltag erhoben. Diese Begriffswahl ist auch unter den Meinungsforschungsinstituten weitestgehend adaptiert und wird in dieser Seminararbeit ebenfalls verwendet. Lediglich das Institut Forsa spricht in diesem Zusammenhang von Vorwahlbefragungen.
Abzugrenzen von den Wahlprognosen sind die sogenannten “Exit Polls“ oder auch Nachwahlbefragungen. Hier werden Wähler am Wahltag nach ihrer Stimmenabgabe zu ihrer Wahlentscheidung befragt. Aus diesen Daten werden auch die bekannten 18 Uhr-Prognosen erstellt, welche dann durch die Medien verbreitet werden.
Eine weitere Begriffsabgrenzung sind die Hochrechnungen. Diese werden auf Grundlage bereits ausgezählter Wahllokale bzw. Wahlkreise unter Benutzung eines bestimmten Gewichtungsschlüssels ermittelt und im Laufe des Wahlabends veröffentlicht.
2.2 Wahlprognosen und Erhebungsverfahren
Die nachfolgende Auswahl der gängigsten Arten von Wahlprognosen und Erhebungsverfahren hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einen Überblick bieten.
Die klassische Wahlprognose ist bis heute die repräsentative Bevölkerungsumfrage, da eine Befragung der gesamten Wahlberechtigten nicht möglich ist. Die Forschungsinstitute nehmen dabei eine Stichprobe aus der Grundgesamtheit. Hierfür werden zwei Verfahren eingesetzt: zum einen das Random-Verfahren und zum anderen das Quota-Verfahren.
Beim Random-Verfahren handelt es sich um ein einfaches Stichprobenverfahren, bei dem die Elemente der Grundgesamtheit bekannt sein müssen. Es zeichnet sich dadurch aus, dass die Zufallsauswahl uneingeschränkt anhand eines institutsinternern Schlüssels vorgenommen wird. Ein Beispiel hierfür ist die telefonische Befragung, auch Computer-Assisted Telephon-Interviewing (CATI) genannt.[5] Das Institut legt hierbei einen bestimmten Teilnehmerkreis fest (z.B. aufgeschlüsselt nach Bundesländern, einzelnen Regionen, städtische oder ländliche Umgebung etc.), hat aber letztlich keinen Einfluss auf die Auswahl einer bestimmten Person. Diese wird per Zufallsentscheid aus dem ausgewählten Teilnehmerkreis ermittelt. Um die Daten zu einer repräsentativen Aussage zu transformieren, wird wiederum eine interne Verschlüsselung angewandt, um verschiedene Ungleichgewichte (z.B. zu hoher Anteil eines bestimmten Geschlechtes, Altersgruppe, Regionszugehörigkeit etc.) zu kompensieren.
Eine andere Alternative ist das Quota-Verfahren. Ein Interviewer sucht selbst die zu befragenden Personen aus. Vor der Befragung erhält der Interviewer eine sogenannte Quotenanweisung des Institutes, nach deren Vorgabe er seine Interviewpartner aussucht. Dies setzt voraus, dass die Struktur der Grundgesamtheit bereits bekannt ist.[6] Die Institute unterhalten also ein stark disloziertes Netz an Mitarbeiter und freien Mitarbeitern. Auch hier finden institutsinterne Auswahlschlüssel und Gewichtungsfaktoren ihre Anwendung. In der Literatur werden diese meist EDV-gestützten Verfahren häufig als „Paper and Pencil Interview“ (PAPI) bezeichnet.
In den letzten Jahren haben zunehmend Online-Umfragen an Einfluss und Umfang gewonnen. Hierbei wird zwischen zufallsbasierten und nicht-zufallsbasierten Internet-Umfrageverfahren unterschieden.
Unter zufallsbasierten Verfahren ist die aktive Rekrutierung von Usern aus einer Grundgesamtheit zu verstehen. Die Zielperson wird zur Teilnahme an einer Umfrage eingeladen, was den Vorteil mit sich bringt, dass entsprechende Zugangsbeschränkungen Mehrfachbeantwortung ausschließen. Da analog zum Telefonbuch noch keine E-Mail-Datenbanken existieren, scheidet dieser Ansatz für Bevölkerungsumfragen fast vollständig aus und bleibt auf einen engen Personenkreis beschränkt. Eine mögliche Alternative ist die Schaffung eines Befragten-Pools (vgl. Access Panels). In diese werden durch bevölkerungsrepräsentative Umfragen Personen aufgenommen, die im Falle einer konkreten Online-Umfrage zufällig zur Teilnahme an einer Umfrage eingeladen werden. Nicht-zufallsbasierte Verfahren arbeiten mit selbstrekrutierten Teilnehmern, d. h. eine gezielte Auswahl von Teilnehmern findet nicht statt und eine mehrfache Beantwortung der Fragen ist möglich. Verschiedene klassische Gewichtungsmaßnahmen kontrollieren und korrigieren die hieraus resultierende mangelnde Repräsentativität.
Verschärft wird die mangelnde Repräsentativität bei beiden Arten von Internet-Umfragen durch die Tatsache, dass nicht jeder Bürger über einen Internetzugang verfügt. Im Gegensatz zum “Paper and Pencil Interview“ arbeiten Internet-Umfragen mit dem “Computer Assisted Self-Administered Interview“ (CASI), also einem reinen rechnergestützten System.[7]
Die politischen Wahlbörsen sind ein weiteres Instrument zur Gewinnung von Wahlprognosen. Ursprünglich wurden experimentelle Wahlbörsen zur Untersuchung von Märkten mit der Fragestellung eingerichtet, inwiefern diese sich eignen um neu eintreffende Informationen über Marktpreise zu verbreiten. Registrierte Teilnehmer handeln an den vollelektronischen Börsen mit Aktien, welche auf politische Parteien lauten. Solche Börsen liefern insofern Wahlprognosen, als diese sich aus den Kursen der gehandelten Parteiaktien ableiten lassen.[8]
3. Daten
3.1 Meinungsforschungsinstitute in Deutschland
Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1949 haben sich im Wesentlichen sechs Meinungsforschungsinstitute am Markt etabliert, welche sich mit Wahlprognosen beschäftigen.
Das wohl Bekannteste und Älteste ist das Institut für Demoskopie Allensbach – Gesellschaft zum Studium der öffentlichen Meinung mbH (IfD) mit Sitz in Allensbach am Bodensee. Es wurde 1947 von Elisabeth Noelle-Neumann gegründet. Als bekanntester Abnehmer für Wahlprognosen steht die “Frankfurter Allgemeine Zeitung“.[9]
Die TNS Emnid GmbH & Co. KG, kurz Emnid, ist eines der größten Meinungsforschungsinstitute in Deutschland. Der Name Emnid ist eine Abkürzung für: Erforschung der öffentlichen Meinung, Marktforschung, Nachrichten, Informationen und Dienstleistungen. Ihr Geschäftsführer Klaus-Peter Schöppner ist bekannt durch seine Auftritte beim Fernsehsender n-tv. Der Sitz des Unternehmens ist Bielefeld. Emnid gehört zur Marktforschungsgruppe TNS.[10]
Ein weiteres etabliertes Institut ist Forsa – Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH. Ihre Prognosen finden überwiegend über die RTL-Gruppe Zugang zur Öffentlichkeit. 1984 in Köln gegründet, hat Forsa heute seinen Hauptsitz in Berlin und verfügt über Niederlassungen in Dortmund und Riga.[11]
Die Forschungsgruppe Wahlen e.V. Institut für Wahlanalysen und Gesellschaftsbeobachtung (FGW) mit Sitz in Mannheim, existiert seit 1974 als eingetragener Verein. Die Hauptaufgabe ist die wissenschaftliche Beratung und Betreuung von Sendungen des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) bei politischen und gesellschaftlichen Fragen. Die Arbeit des Non-Profit-Instituts wird ausschließlich aus Mitteln des ZDF finanziert.[12]
In direkter Konkurrenz zur Forschungsgruppe Wahlen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen steht das Unternehmen Infratest dimap - Gesellschaft für Trend- und Wahlforschung mbH. Das in Berlin ansässige Institut wurde 1996 aus Infratest Burke Berlin unter Beteiligung des Bonner Instituts für Markt- und Politikforschung dimap gebildet. Dieser Zusammenschluss resultierte aus dem Auftrag des Ersten Deutschen Fernsehens (ARD) an beide Institute, die hauseigene Wahlberichterstattung durchzuführen. Infratest dimap ist vor allem durch den in der ARD und Tageszeitungen veröffentlichten ARD-Deutschlandtrend sowie durch die Prognosen und Hochrechnungen an Wahltagen bekannt.[13]
Den Abschluss der renommiertesten Unternehmen bildet Infas - Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH. Das in Bonn beheimatete Unternehmen hat sich über Jahrzehnte der Wahlforschung gewidmet, sich aber seit einigen Jahren aus dem Geschäftsfeld der Wahlprognosen zurückgezogen.[14]
Darüber hinaus existieren natürlich noch viele kleinere Meinungsforschungsinstitute, die mit ihren Prognosen nicht so stark in der Öffentlichkeit vertreten sind.
Nahezu alle Institute verwenden für die Datenerhebung das Random-Verfahren. Lediglich das Institut für Demoskopie Allensbach setzt überwiegend auf das Quota-Verfahren.[15]
3.2 Datengrundlage
Um an eine solide Datengrundlage für die empirische Analyse von Bundes- und Landtagswahlen gelangen zu können, werden zunächst folgende Institute am 03. März 2007 angeschrieben: Institut für Demoskopie Allensbach, TNS Emnid, Forsa, Forschungsgruppe Wahlen, infas und Infratest dimap. Das Musteranschreiben befindet sich im Anhang.[16]
Von sechs angeschriebenen Unternehmen antworten fünf durch E-Mail. Lediglich TNS Emnid zeigt auch auf wiederholte Nachfrage keine Reaktion. Jedoch werden von keinem der verbleibenden fünf Institute geeignete Wahlprognosen zur Verfügung gestellt. Forsa kann oder möchte keine Prognosen bereitstellen und verweist stattdessen auf den Internetauftritt http://www.wahlrecht.de, bei dem auch Daten ihres Institutes einzusehen seien[17]. Die genauere Durchsuchung der Seite zeigt, dass diese lediglich Wahlprognosen von Forsa ab 1998 beinhaltet.[18] Infas macht darauf aufmerksam, dass in ihrem Hause bereits seit einigen Jahren keine Datenerhebungen für Wahlen mehr vorgenommen worden sind und dementsprechend keine Daten zur Verfügung gestellt werden könnten.[19] Die Anfrage um Zusendung älterer Wahlprognosen bleibt unbeantwortet. Zunächst hat es den Anschein, dass sich drei Institute kooperativ verhalten. Infratest dimap, Forschungsgruppe Wahlen und Allensbach schicken jeweils mehrere Datensätze zu Bundes- und Landtagswahlen. Aufgrund der Tatsache, dass alle drei Institute keine Angaben zu den jeweiligen Zeitpunkten der einzelnen Wahlprognosen machen, werden diesbezüglich weitere Nachforschungen angestellt. Es zeigt sich, dass es sich bei den gesamten Daten der drei Institute um Exit Polls handelt. Diese sind jedoch für die Untersuchung nicht verwertbar. Erneute Anfragen um Zusendung geeigneter Wahlprognosen (Zeitraum: Ein bis vier Wochen vor der jeweiligen Wahl) bleiben erfolglos. Die Forschungsgruppe Wahlen habe keine weiteren Prognosen, lediglich Daten ab 2002 können käuflich erworben werden.[20] Allensbach verweist nur auf institutsinterne Literatur und geht auf die Anfrage nicht ein,[21] Infratest dimap antwortet überhaupt nicht mehr. Hier liegt der Verdacht nahe, dass die genannten Institute die ersten Daten nur deshalb bereitwillig zur Verfügung gestellt haben, da erfahrungsgemäß Exit Polls genauer sind als Wahlumfragen vor dem eigentlichen Wahltag. Um sicher zu stellen, dass genügend Daten für eine Untersuchung auf systematische Fehler von Wahlprognosen vorliegen, muss folglich auf Sekundärliteratur zurückgegriffen werden.
Als Hauptquelle für die auszuwertenden Wahlprognosen dient die 2001 fertig gestellte Dissertation “Validität deutscher Wahlprognosen 1949 – 2000“ von Birger Antholz. Von ca. 479 überwiegend im ehemaligen Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv gefundenen Wahlprognosen wertet er 154 aus. Die übrigen stuft er als nicht brauchbar ein.[22] Für die Analyse in der vorliegenden Seminararbeit ist jedoch ein großer Teil dieser 154 Prognosen auch nicht geeignet. Hauptursache hierfür ist, dass sie vor 1957 erhoben wurden und somit aus dem Untersuchungszeitraum dieser Arbeit von 1957 bis 2006 herausfallen.
Der Internetauftritt http://www.wahlrecht.de ist ab dem Jahr 1998 eine weitere Hauptquelle. Hier finden sich zahlreiche Prognosen inkl. Herkunftsangabe zu allen Wahlen von 1998 bis 2006.
Die Endergebnisse werden aus amtlichen Statistiken entnommen. Eine Übersicht dieser Quellen ist im Anhang beigefügt.[23] Hier kann es jedoch zu Problemen kommen, wenn die aufaddierten Einzelergebnisse keine 100 Prozent ergeben. Diese Phänomene stellt Antholz bei 55 untersuchten Landtagswahlergebnissen fest, bei denen nur 45 Prozent auf 100 Prozent basieren. 35 Prozent befinden sich darunter und 20 Prozent darüber.[24] Es liegen dementsprechend Auf- und Abrundungsfehler vor, wobei Abrundungen in den Angaben der statistischen Ämter dominieren.
Beginnend mit der Bundestagswahl 1957 fanden bis Ende 2006 insgesamt 14 Bundes- und 161 Landtagswahlen statt. Eine Aufstellung über die Anzahl und Art der prognostizierten Wahlen sowie die Anzahl der analysierten Wahlprognosen pro Institut, welche Gegenstand der Analyse sind, zeigt Tabelle I:
Tabelle I: Übersicht der ausgewerteten Wahlprognosen und Wahlen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Institute, für die weniger als 30 Datensätze existieren, fallen aus der Auswertung heraus. Es werden max. zwei Prognosen pro Institut und Wahl zugelassen, um eine Verzerrung in der Gewichtung einer bestimmen Wahl zu verhindern. Der Zeitraum der auszuwertenden Prognosen liegt zwischen einer und vier Wochen vor der Wahl. Dieser wird festgelegt, um gleiche Bedingungen für die verschiedenen Institute zu schaffen und einen späteren Vergleich der Ergebnisse zu ermöglichen. Die Eingrenzung der auszuwertenden Wahlprognosen auf einen einheitlichen Zeitpunkt, z. B. jeweils genau eine Woche vor einer Wahl ist nicht möglich, da die einzelnen Institute ihre Prognosen zu verschiedenen Zeitpunkten erheben. Ein kürzerer Zeitraum, z.B. zwischen ein und zwei Wochen vor der jeweiligen Wahl würde dazu führen, dass ebenfalls zu viele Daten aus der Auswertung herausfielen und somit die Aussagekraft der Ergebnisse verloren ginge. Die Wahlprognosen einer bestimmten Partei werden nur dann gesondert analysiert, wenn diese vom jeweiligen Institut für fast alle untersuchten Wahlen vorliegen. Andernfalls werden diese Prognosen von betroffenen Parteien zu der Kategorie “Sonstige“ hinzuaddiert. Analog wird mit den jeweiligen amtlichen Endergebnissen verfahren. Die Wahlprognosen der Sonstigen werden nicht untersucht. Hierzu zählen alle Parteien, welche bei den jeweiligen Wahlen offiziell gelistet und nicht in der Tabelle II aufgezählt sind. Diese stellt diejenigen Parteien dar, für die Wahlprognosen von dem jeweiligen Institut in dieser Arbeit untersucht werden:
[...]
[1] Vgl. Anhang, S. 34
[2] Statistiksoftware SPSS 14.0 für Windows
[3] Vgl. Gallup (1940), S. 244-249
[4] Vgl. http://lexikon.meyers.de/meyers/Wahlprognose
[5] vgl. http://www.infratest-dimap.de/?id=64
[6] vgl. http://www.nboeing.de
[7] vgl. Faas, T. / Rattinger, H. (2004), S. 277-281
[8] Vgl. Berlemann, M. (1999), S. 9
[9] Vgl. http://www.ifd-allensbach.de
[10] Vgl. http://www.tns-emnid.com
[11] Vgl. http://www.forsa.de
[12] Vgl. http://www.forschungsgruppe.de/ Unternehmen/Forschungsgruppe_Wahlen_e.V.
[13] Vgl. http://www.infratest-dimap.de/?id=5
[14] Vgl. http://www.infas.de
[15] Vgl. Antholz, B. (2001), S. 131
[16] Vgl. Anhang, S. 35
[17] Vgl. E-Mail (Forsa) vom 13.03.2007
[18] Vgl. http://www.wahlrecht.de
[19] Vgl. E-Mail (Infas) vom 19.03.2007
[20] Vgl. E-Mail (FGW) vom 30.03.2007
[21] Vgl. E-Mail (Allensbach) vom 30.03.2007
[22] Vgl. Antholz, B. (2001), S. 35-39
[23] Vgl. Anhang, S. 34
[24] Vgl. Antholz, B. (2001), S. 21-23
- Quote paper
- Robert Ehrenpfordt (Author), Stefan Maaßen (Author), 2007, Systematische Fehler von Wahlprognosen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84278
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