Es handelt sich in dieser Arbeit um den Einfluss zweier Erfindungen des frühen 19. Jahrhunderts, die sich jeweils prägend auf das wirtschaftliche Bild der USA auswirkten. Einerseits war dies die sog. ,,Cotton Gin", eine Degrenierungsmaschine für Baumwolle. Diese ermöglichte die Massenproduktion von Rohbaumwolle und wird daher für das lange Bestehen der Sklaverei verantwortlich gemacht. Andererseits gab es den ,,Power Loom", einen mechanischen Webstuhl. Dieser bildete die Grundlage für die industrielle Textilproduktion in den Nordstaaten. Das ökonomische Zusammenspiel beider Systeme wird erforscht, sowie die Zusammenhänge zwischen Sklaverei und der Industrialisierung Neuenglands.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Entwicklung der Cotton Gin und ihre Auswirkungen auf die Baumwollproduktion
3. Auswirkungen des Power Loom auf die Wirtschaft der Nordstaaten
4. Die Rolle der Auswirkungen der Cotton Gin und des Power Loom
bei der Spaltung der Union
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Vereinigten Staaten von Amerika waren in der Zeit unmittelbar nach der Erlangung der Unabhängigkeit bis hin zum Bürgerkrieg geprägt von einem gespaltenen Wirtschaftssystem und zwei verschiedenen Gesellschaftsordnungen. Dieser Spalt weitete sich mit der Zeit aus, so dass die Union 1861 schließlich, auch unter Einwirkung diverser anderer Entwicklungen, auseinander brach. Zwei Maschinen, spielten eine wichtige Rolle in diesem Prozess, deren Ausmaß ich versuchen werde in dieser Arbeit zu erläutern.
Die erste Maschine, welche im folgenden Kapitel beschrieben wird, ist die sog. Cotton Gin, eine Entkörnungsmaschine für Baumwolle. Bailey schreibt, dass das Baumwollgeschäft vor ihrer Erfindung im Jahr 1793 sogar so unprofitabel geworden war, dass die Südstaaten dem Importstopp für Sklaven ab 1808 zugestimmt hatten.[1] Es ist von Interesse, welche Faktoren der Sklavenwirtschaft von dieser Erfindung beeinflusst werden konnten und wie sich eine Interdependenz zur aufkeimenden Manufakturwirtschaft in Neuengland entwickelte.
Diese florierte nach Zevin besonders stark zwischen 1790 und 1815, während 1816, nach dem zweiten Krieg mit England, die Textilbetriebe in Neuengland größtenteils schließen mussten.[2] Zevin führt weiterhin an, dass die Einführung des Power Loom zum Zweck der Kostenersparnis stattfand, und nicht als Ersatz für mangelnde Arbeitskräfte.[3] Die Auswirkungen dieser Innovation auf die wirtschaftliche Entwicklung der Region werden Gegenstand des dritten Kapitels dieser Arbeit sein.
Beide Erfindungen werden oft als ausschlaggebendend für die Industrialisierung der USA gesehen. In dieser Arbeit soll untersucht werden, welche Auswirkungen der Einsatz dieser Maschinen auf die wirtschaftlichen, aber auch auf die gesellschaftlichen Systeme der Nordstaaten und der Südstaaten hatten. Es wird sich herausstellen, dass die Industrialisierung, bzw. die Plantagenwirtschaft ohne die beiden Maschinen nicht denkbar gewesen wären. Auch der Konflikt zwischen den beiden Systemen hätte sich ohne diese beiden Entwicklungen nicht derartig hochgeschaukelt, auch wenn sich nur darüber spekulieren lässt ob die Sklaverei ohne die Erfindung der Cotton Gin wirklich friedlich abgeschafft worden wäre.
2. Entwicklung der Cotton Gin und ihre Auswirkungen auf die Baumwollproduktion
Eli Whitneys Version der ,,Entkörnungsmaschine für Baumwolle" war nicht die erste Erfindung dieser Art. Dennoch war die gängigste Methode zur Zeit als Whitney im Süden eintraf das Entkörnen per Hand.[4] Lakwete weist außerdem darauf hin, dass Cotton Gins schon Jahrhunderte vor Whitney existiert hätten. Er kritisiert zudem die symbolische Aufladung der Maschine, die zu der Annahme führen könnte, dass Technik und nicht Menschen für das andauern der Sklaverei verantwortlich gewesen seien.[5]
Dennoch kam Whitneys Erfindung 1794 als eine Überraschung auf den Markt, denn seit dem 1. Jahrhundert war das Prinzip der Roller Gin im Baumwollentkörnungsprozess verwendet worden. Whitneys Wire-Toothed Gin[6] war einerseits eine kleine technische Revolution, andererseits erhöhte sie auch die durchschnittliche Produktion für Rohbaumwolle von einem Pfund pro Tag auf 50.[7] Im Prinzip wurde die Baumwolle nicht mehr wie bei der Roller Gin mühsam ,,ausgepresst", sondern von Drahtzähnen durchkämmt und dabei egreniert. Da die Baumwolle lediglich in die Maschine hineingestopft werden musste, konnte die Arbeit problemlos von einer einzigen ungelernten Fachkraft ausgeführt werden.[8]
Jedoch litt die Qualität der Produktion, sodass die Baumwolle aus Whitney's Maschine nur etwa den halben Marktwert erreichen konnte. Der Preisnachteil wurde langfristig durch eine massive Expansion der Produktion kompensiert. Von 1790 bis 1860 vertausendfachte sich das Produktionsvolumen. Etwa ab 1800 setzte sich auch eine verbesserte Version der Wire-Toothed Gin durch: Die Saw Gin, welche 1796 von Hodgen Holmes als Patent angemeldet wurde[9]. Whitney gewann eine Gerichtsverhandlung, die entschied dass diese neue Maschine eine Variation seiner ursprünglichen Erfindung war.[10]
Ein weiteres Problem war die Massenproduktion der Maschine. Da das Produktionsbedingungen noch nicht fortgeschritten genug waren, musste sich Whitney darauf beschränken, Lizenzen für den Nachbau seiner Maschine zu verteilen. Gepaart mit zahlreichen Streitigkeiten aufgrund des unausgereiften Patentrechts sorgte dies dafür, dass Whitney nie den erwarteten Profit aus seiner Erfindung schlagen konnte. Erst in den 1820er Jahren begann die industrielle Produktion von Cotton Gins. Diese erreichte jedoch bis 1850 nur die Hälfte des gesamten Marktvolumens, die andere Hälfte blieb in der Hand kleiner Produzenten. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschwanden diese allmählich.[11] Aiken schreibt, dass es um 1860 siebenundfünfzig Cotton Gin- Hersteller gab, von denen nur drei sich nicht in der Nähe der Anbaugebiete befanden. Diese kleinen Hersteller waren ebenfalls für die graduelle Verbesserung der Cotton Gin verantwortlich.[12]
Die Produktionskapazität der Maschinen steigerte sich stetig. Während Whitney's erste Gin nur etwa einen viertel Ballen (oder 100 amerikanische Pfund) pro Tag entkörnen konnte, gaben Produzenten in den 1850er Jahren an, dass sie "fünf bis sechs" Ballen pro Tag egrenieren konnten.[13] Nach Lakwete änderte sich durch die Saw Gin die Definition von Qualität. Während im späten 18. und frühen 19. Jh. langfaserige Baumwolle als qualitativ hochwertig galt, hatte bis 1860 saubere Baumwolle dieses Prädikat übernommen. Dies lag daran, dass die Saw Gin zwar saubere Baumwolle in großen Mengen zu geringen Preisen verfügbar machte, jedoch durch den Prodkutionsprozess die Faserlänge in Mitleidenschaft gezogen wurde.[14]
Lakwete schreibt, die Baumwollindustrie habe zunächst beide Typen von Gins unterstützt, bis einige Faktoren letztendlich die Saw Gin herausstellten.[15] Hierbei hätte nationalistische Rhetorik keine unbedeutende Rolle gehabt. Die Roller Gin wurde als "koloniale Technologie" angesehen, während die Saw Gin besipielsweise von Tench Coxe als amerikanische Erfindung hervorgehoben wurde. Er habe bereits um 1810 die Saw Gin für die Transformierung der Wirtschaft der Südstaaten verantwortlich gemacht. Hier sieht Lakwete auch die Förderung der Baumwollproduktion als Grundstein zum Aufbau einer nationalen Wirtschaft.[16]
Aiken erläutert, dass die Roller Gin nur effektiv für Baumwolle mit schwarzen Samen und langen Fasern war, jedoch konnte dieser Typus nur am Südatlantik und der Golfküste angebaut werden. Die kurzfaserige Baumwolle mit grünen Samen konnte in einem viel größeren Gebiet angebaut werden, jedoch konnte sie mit der Roller Gin nicht effektiv gereinigt werden.[17] Durch Whitney's Gin konnten also überhaupt erst neue Anbaugebiete erschlossen werden.
Baumwolle wurde erst durch die Möglichkeit der Massenproduktion zur Cash-Crop, welche die spätere Konföderation zum Weltmarktführer für Rohbaumwolle machte.[18] Hayter schreibt: ,, Expansion of the cotton growing area started as people looked at the new crop, after the cotton gin was invented, and realized that it had great potential for them."[19] Ein Senator Hammond aus South Carolina ging sogar so weit zu behaupten, dass eine unterbrochene Baumwollzufuhr den Fall Englands als Weltmacht und somit der gesamten westlichen Welt zur Folge hätte.[20] Hayter bringt den Bedarf nach ständig neuen Anbaugebieten mit der Westexpansion der USA in Verbindung.[21] Es ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Baumwolle für die USA ihre Außen- und Innenpolitik massiv beeinflusste. Im nächsten Teil wird versucht werden zu erläutern, inwieweit die Folgen der Einführung Cotton Gin den Aufstieg einer anderen großen Erfindung begünstigten.
[...]
[1] - Bailey, Ronald: ,,The Other Side of Slavery: Black Labor, Cotton, and Textile Industrialization in Great Britain and the United States". In: Agricultural History > Vol. 68, No. 2, Eli Whitney's Cotton Gin, 1793-1993: A Symposium
(Spring, 1994), S. 35.
[2] Zevin, S. 680.
[3] Ebd.
[4] Lakwete, Angela: ,,Inventing the cotton gin : machine and myth in antebellum America." Baltimore [u.a.] : Johns Hopkins Univ. Press, 2003. S. 177-180.
[5] Lakwete, S. vii-ix
[6] Lakwete, S.47-50
[7] Bailey, S. 35
[8] Vgl.: Lakwete S. 47
[9] Aiken, Charles S.: ,,The Evolution of Cotton Ginning in the Southeastern United States". In: Geographical Review, Vol. 63, No. 2. (Apr., 1973). S. 199.
[10] EH Net Encyclopedia: <http://eh.net/encyclopedia/article/phillips.cottongin>, 27.09.2007.
[11] Vgl.: EH Net Encyclopedia
[12] Aiken, S. 200.
[13] Vgl.: Lakwete, S. 146 - 147
[14] Lakwete, S. 147
[15] Lakwete, S. 73
[16] Ebenda.
[17] Aiken, S. 197.
[18] Surdam, David G.: ,,King Cotton: Monarch or Pretender? The State of the Market for Raw Cotton on the Eve of the American Civil War". In: The Economic History Review, New Series, Vol. 51, No. 1. (Feb., 1998). S. 113.
[19] Hayter, Delmar: Expanding the Cotton Kingdom. In: Agricultural History, Vol. 62, No. 2, Publicly Sponsored Agricultural Research in the United States: Past, Present, and Future. (Spring, 1988). S. 228.
[20] Surdam, S. 113
[21] Hayter, S. 228 - 229.
- Quote paper
- Emal Ghamsharick (Author), 2007, Der Einfluss der Cotton Gin und des Power Loom auf das Wirtschaftssystem der Süd- und Nordstaaten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84184
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