Der Self-Made Man: Traum oder Albtraum?

In welcher Weise manifestiert sich heute noch der Traum vom Self-Made Man in den USA? Ist der Mythos im Moment noch haltbar?


Seminar Paper, 2007

14 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einige Definitionen des Self-Made Man

3. Geld allein macht nicht glücklich

4. Self-Made Men in der Gesellschaft

5. Allgemeiner sozialer Aufstieg in den USA

6. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Self-Made Man ist einer der ältesten amerikanischen Mythen. Seit Franklin lebten und leben Menschen in dem Glauben, dass es in den USA leichter ist als andernorts, unabhängig von seiner sozialen Herkunft zu Wohlstand und sogar Reichtum zu gelangen. Zahlreiche reale und fiktionale Erfolgsgeschichten haben diesen Glauben immer wieder bestätigt. Die Biographien von Abraham Lincoln, Frederick Douglass, des Kennedy-Clans oder von Bill Clinton sind alle Erfolgsgeschichten die in Armut begannen. Glaubt man dem Mythos ist also der soziale Aufstieg in den USA nicht nur einfacher, sondern geht unter Umständen auch wesentlich schneller von statten als im Rest der Welt.

In dem vorliegenden Text sollen nun einige Anhaltspunkte aus der Forschung herangezogen werden, um zu überprüfen, ob diese Behauptung aktuell immer noch zutrifft, oder ob der Self-Made Man zusammen mit dem Yeoman Farmer in die ewigen Jagdgründe der US-Mythologie übergegangen ist. Dabei wird nicht Ziel sein, zu überprüfen, wie sich dies in der Vergangenheit verhalten hat. Die Diskussion basiert auf der Annahme, dass die meisten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Systeme der "westlichen Welt" inzwischen wenigstens grob auf dem amerikanischen System basieren.

Hierzu wird der Text in vier Abschnitte gegliedert. Zum ersten werden einige Definitionen des Self-Made Man betrachtet. Hier spielt auch die historische Entwicklung eine Rolle, entstand das Bild doch zu einer Zeit, in der im Rest der Welt politische Führer aufgrund ihrer Ahnenlinie und nicht aufgrund ihrer Leistungen auserwählt wurden. Dieses Verhältnis scheint sich im Moment umgekehrt zu haben.

Im nächsten Teil wird die politische Dimension des Strebens nach Reichtum betrachtet, indem der soziale Aufsteiger mit dem Kriminellen kontrastiert wird. Es wird außerdem die Frage angeschnitten, inwieweit eventuell die rechtlichen Rahmenbedingungen von bereits etablierten Gruppen auf ihre eigenen Interessen hin optimiert werden.

Daraufhin werden Beispiele von Menschen betrachtet, die innerhalb einer Generation enormen Reichtum und Einfluss erlangt haben. Dies soll anhand der absoluten Zahl an Dollarmilliardären untersucht werden. Einerseits wird dabei betrachtet, wie viele davon tatsächlich US-Bürger sind, andererseits werden einige Betrachtungen bezüglich der ethnischen Zugehörigkeit und des Geschlechts angestellt, um wieder auf die Frage des allgemeinen Zugangs zu Wohlstand einzugehen.

Der letzte Abschnitt wird sich mit den allgemeinen Aufstiegsmöglichkeiten in den USA im Vergleich mit anderen Ländern befassen. Hierbei stellt sich die Frage, wie die USA tatsächlich im Vergleich zu anderen Wohlstandsnationen stehen. Letztendlich ist der Grad der sozialen Mobilität sicherlich ein Faktor in einer erfolgreichen Biografie, dessen genaue Rolle jedoch noch weiter untersucht werden müsste.

2. Einige Definitionen des Self-Made Man

Frederick Douglass definierte den Self-Made Man wie folgt:

,,Self-made men […] are the men who owe little or nothing to birth, relationship, friendly surroundings; to wealth inherited or to early approved means of education; who are what they are, without the aid of any of the favoring conditions by which other men usually rise in the world and achieve great results."[1]

Seit Benjamin Franklin spielt dieser nationale Mythos eine tragende Rolle in der amerikanischen Gesellschaft und wurde zu einem wichtigen kulturellen Exportgut.[2] Die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs war lange eines der tragenden Unterscheidungs-merkmale zu den europäischen Ständegesellschaften. Immer wieder fanden Self-Made Men wie Abraham Lincoln oder Benjamin Franklin ihren Weg in hohe politische Ämter, während in Europa noch Adelige regierten. Unternehmer wie Andrew Carnegie und John D. Rockefeller sind bis heute Symbolfiguren für wirtschaftlichen Erfolg trotz einfacher Herkunft. Der Self-Made Man blieb dabei in der Regel weiß und männlich, auch wenn es, wie im Falle Douglass, Ausnahmen gab.

Wyllie schreibt: ,,The boast of the self-made man that he owes nothing to others, that his accomplishments are his own, is not only ungenerous but largely untrue."[3] Diese Haltung ist durchaus nachzuvollziehen. Der Self-Made Man ist gewissermaßen ein Antagonist zum Yeoman Farmer oder dem Self-Sufficient Man. Das Ziel seiner Arbeit geht über die Selbsterhaltung hinaus. Er ist ein gesellschaftlicher Aufsteiger und kein Aussteiger. Dadurch ist er stark von der Gesellschaft abhängig, die ihm den Aufstieg ermöglicht.

Weiss ordnet den Self-Made Man dem ,,amerikanischen Mythos von Erfolg" zu. Er erkennt ebenfalls, dass ,,Mythos" in diesem Fall nicht zwangsläufig ,,unwahr" bedeutet, sondern eher eine kulturell bedingte Grundüberzeugung der Amerikaner beschreibt.[4] Er geht in diesem Zusammenhang auch auf Horatio Algers Geschichten ein, die die Ideologie des ,,work and win" propagierten und ihrerzeit maßgeblich zur Verbreitung des Mythos beitrugen. Glück spiele bei Algers Geschichten die entscheidende Rolle (man denke an die zwei Bedeutungen des Wortes "fortune"), ganz im Gegensatz zur protestantischen Lehre, nach der Erfolg prädestiniert ist.[5]

Der Self-Made Man nimmt eine Art Vorbildfunktion ein, an der sich der durchschnittliche Amerikaner orientieren soll. Algers Kinderbücher boten mehr als Unterhaltung, sie definierten einen idealen Lebenslauf. Besonders in den Jahren nach der Weltwirtschaftskrise schwand jedoch der Glaube an dieses Erfolgsmodell. Weiss zitiert eine Umfrage aus dem Jahr 1932, nach der ein Großteil von New Yorks jugendlichem Proletariat die "work and win"-Ideologie als einen "Haufen Quatsch" abtat.[6] Roosevelts New Deal, also die Einführung sozialstaatlicher Elemente könnte als Bestätigung für den schwindenden Glauben an den individuellen Erfolg gesehen werden.

3. Geld allein macht nicht glücklich

Wo Reichtum Macht bedeutet, ist das Streben nach Reichtum ein politischer Akt. So findet sich der Self-Made Man im Ansatz auch als Outlaw, Gangster oder Robber Baron wieder. Er reagiert auf eine nachteilige soziale Situation mit Rebellion, sein Streben nach Reichtum treibt in gelegentlich über die Grenzen des Gesetzes hinaus. Seine Rebellion ist nicht ziellos; hinter ihr steht die Forderung nach einer Beteiligung am Wohlstand. Auch wenn sich die Werte inhaltlich nicht immer decken mögen, ist er doch ein geistiger Bruder der ersten kolonialen Rebellen gegen die Krone, schließlich entzündete sich der Konflikt an einer finanziellen Frage, wurde dann jedoch im Namen geistiger Werte ausgetragen.

Ein gewisses Maß an Überzeugung bis hin zu Rücksichtslosigkeit ist allen diesen Charakteren gemein - eine starke Orientierung an materiellen Werten und die Verklärung von Wohlstand und Status zum Ziel alles Strebens ebenso. Es ist also nicht erstaunlich, dass diese Charaktere eine besondere Beachtung in der amerikanischen Populärkultur finden - John G. Cawelti führt zum Beispiel die Faszination für das Verbrechen bereits auf die Ilias und die Odyssee zurück.[7]

[...]


[1] Douglass, Frederick (1992): ,,Self-Made Men". In Blassinghame, John and John McKivigan (ed.): The Frederick Douglass Papers. Series One, vol. 5. New Haven and London: Yale University Press. S. 549-50. Übernommen von: ,,Self-Made Men (Frederick Douglass)" Auf: <http://en.wikipedia.org/wiki/Self-Made_Men_(Frederick_Douglass)> 25.08.2007.

[2] Miles, Richard D.: ,,The American Image of Benjamin Franklin". American Quarterly, Vol. 9, No. 2, Part 1. (Sommer, 1957). S. 136-137.

[3] Wyllie, Irvin G.: ,,The Self-Made Man in America". New Brunswick 1954. S. vii.

[4] Weiss, Richard: ,,The American Myth of Success". New York, London 1969. S. 3-4.

[5] Weiss, S. 51-54.

[6] Weiss, S. 52-53.

[7] Cawelti, John G.: ,,The New Mythology of Crime". In: boundary 2, Vol. 3, No. 2. (Winter, 1975). S. 326.

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Details

Title
Der Self-Made Man: Traum oder Albtraum?
Subtitle
In welcher Weise manifestiert sich heute noch der Traum vom Self-Made Man in den USA? Ist der Mythos im Moment noch haltbar?
College
Free University of Berlin  (John-F.-Kennedy-Institut)
Course
From Self-Made Man to Man-Made Self
Grade
1,3
Author
Year
2007
Pages
14
Catalog Number
V84183
ISBN (eBook)
9783638002318
ISBN (Book)
9783638910996
File size
460 KB
Language
German
Quote paper
Emal Ghamsharick (Author), 2007, Der Self-Made Man: Traum oder Albtraum?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84183

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