Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) hat eine lange Tradition und eine große Vergangenheit. Dennoch sind seine Marktanteile stark rückläufig. Insbesondere in den angelsächsischen Ländern hat nicht nur die Anzahl finanzschwacher, sondern auch finanzstarker VVaG rapide abgenommen. In einzelnen Versicherungssparten ist diese Rechtsform kaum noch vorhanden. In diesem Zusammenhang spielt die Demutualisierung eine bedeutende Rolle. Der Begriff Demutualisierung ist kein Rechtsbegriff, sondern ein Oberbegriff für umwandlungsrechtliche Verfahren, durch die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit in Versicherungsaktiengesellschaften umgewandelt werden können. In den letzten Jahren hat sich weltweit ein regelrechter Demutualisierungstrend abgezeichnet, der die Umwandlung zahlreicher Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit zur Folge hatte. Angesichts der abnehmenden Bedeutung der VVaG liegt das Ziel dieser Arbeit darin, die Gründe für diese Entwicklung und den weltweiten Demutualisierungstrend zu eruieren. Zu diesem Zweck werden die Besonderheiten des VVaG und der Versicherungs-AG herausgearbeitet, um eine eventuelle Vorteilhaftigkeit einer der beiden Rechtsformen zu ermitteln. Zudem wird untersucht, ob die Rechtsform des VVaG für das Tätigen von Versicherungsgeschäften Nachteile birgt oder ob der Rückgang der VVaG in einem schlechten Allgemeinzustand von Unternehmen dieser Rechtsform zu suchen ist. Darüber hinaus werden die Demutualisierungsmöglichkeiten dargestellt, derer sich deutsche VVaG bedienen können. Die Möglichkeiten britischer VVaG werden ebenfalls kurz skizziert. Des Weiteren werden die Vor- und Nachteile einer Demutualisierung für den VVaG und seine Mitglieder analysiert, um die Chancen und Risiken einer Demutualisierung zu verdeutlichen. Insbesondere soll der Frage nachgegangen werde, ob eine Demutualisierung für VVaG wirklich notwendig und erstrebenswert ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Problemstellung und Zielsetzung
- 1.2 Gang der Untersuchung
- 2 Einführung
- 2.1 Historische Entwicklung des VVaG und der Versicherungs-AG
- 2.2 Rahmenbedingungen auf dem Versicherungsmarkt
- 2.3 Wirtschaftliche Bedeutung des VVaG und der Versicherungs-AG
- 3 Die Besonderheiten des VVaG
- 3.1 Rechtsgrundlagen und Rechtsformidee
- 3.2 Entstehung des VVaG
- 3.3 Organe des VVaG
- 3.4 Mitgliedschaft beim VVaG
- 3.5 Rechtsformimmanente Nachteile des VVaG
- 3.5.1 Eigenkapital, Eigenmittel und Finanzierungsmöglichkeiten
- 3.5.1.1 Eigenkapital und Eigenmittel
- 3.5.1.2 Finanzierungsmöglichkeiten des VVaG
- 3.5.1.2.1 Gründungsfinanzierung
- 3.5.1.2.2 Selbstfinanzierung
- 3.5.1.2.3 Gläubigerfinanzierung
- 3.5.2 Konzernbildung
- 3.6 Auflösung und Abwicklung des VVaG
- 4 Besonderheiten der Versicherungs-AG
- 4.1 Rechtsgrundlagen und Rechtsformidee
- 4.2 Entstehung der Versicherungs-AG
- 4.3 Organe der Versicherungs-AG
- 4.4 Mitgliedschaft bei der Versicherungs-AG
- 4.5 Eigenkapitalausstattung und Finanzierungsmöglichkeiten
- 4.5.1 Grundkapital
- 4.5.2 Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten
- 4.5.2.1 Ordentliche und bedingte Kapitalerhöhung
- 4.5.2.2 Genehmigtes Kapital und Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
- 4.6 Auflösung und Abwicklung der Versicherungs-AG
- 5 Demutualisierung
- 5.1 Demutualisierung nach deutschem Recht
- 5.1.1 Allgemeines
- 5.1.2 Vor- und Nachteile einer Demutualisierung
- 5.1.3 Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG)
- 5.1.3.1 Verschmelzung
- 5.1.3.2 Spaltung
- 5.1.3.3 Formwechsel
- 5.1.3.4 Vermögensübertragung
- 5.1.4 Bestandsübertragung nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)
- 5.2 Demutualisierung nach britischem Recht
- 6 Demutualisierung und Börsengang der Standard Life
- 6.1 Standard Life - Das Unternehmen und seine Mitglieder
- 6.1.1 Allgemeine Unternehmensinformationen
- 6.1.2 Geschäftstätigkeit, Hauptstärken und Strategie von Standard Life
- 6.1.3 Mitgliedschaft
- 6.1.3.1 Grundsätzliches zur Mitgliedschaft
- 6.1.3.2 Anspruchsberechtigte und stimmberechtigte Mitglieder
- 6.2 Gründe für eine Demutualisierung und Alternativen
- 6.2.1 Gründe für eine Demutualisierung
- 6.2.1.1 Verändertes Wirtschafts- und Gesetzesumfeld
- 6.2.1.2 Risikoabnahme für Versicherungsnehmer mit überschussberechtigten Verträgen
- 6.2.1.3 Zugang zu externem Kapital
- 6.2.1.4 Freisetzung des Unternehmenswertes
- 6.2.2 Scheitern der Demutualisierung im Jahr 2000
- 6.2.3 Alternativen zur Demutualisierung
- 6.3 Voraussetzungen für die Umsetzung des Demutualisierungsvorhabens
- 6.3.1 Erforderliche Prüfungen
- 6.3.2 Außerordentliche Mitgliederversammlung
- 6.3.3 Weitere Verfahren zur Umsetzung des Vorhabens
- 6.4 Main Scheme
- 6.4.1 Umstrukturierungen gemäß Main Scheme
- 6.4.2 Umstrukturierungen außerhalb des Main Scheme
- 6.4.3 Schutzvorkehrungen im Main Scheme
- 6.5 Wesentliche Merkmale des Demutualisierungsvorhabens
- 6.5.1 Ausgleichsleistungen für den Verlust von Mitgliedschaftsrechten
- 6.5.2 Vorzugsangebot und Bonusaktien
- 6.5.3 Börsengang und Verwendung der Erlöse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht den Prozess der Demutualisierung, anhand des Beispiels der Standard Life. Ziel ist es, die Besonderheiten dieser Rechtsformumwandlung zu beleuchten und die damit verbundenen Vor- und Nachteile zu analysieren. Die Arbeit betrachtet sowohl den deutschen als auch den britischen Rechtsrahmen.
- Rechtsformen von Versicherungen (VVaG vs. AG)
- Prozess der Demutualisierung
- Rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland und Großbritannien
- Finanzierung und Kapitalbeschaffung
- Fallstudie Standard Life
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Dieses einleitende Kapitel beschreibt die Problemstellung der Arbeit, die im Fokus der Demutualisierung und deren Auswirkungen liegt. Es wird die Relevanz des Themas im Kontext der Versicherungsbranche herausgestellt und die Zielsetzung der Arbeit klar definiert. Der methodische Ansatz der Untersuchung wird skizziert, der den Leser durch die verschiedenen Abschnitte der Analyse führt.
2 Einführung: Dieses Kapitel bietet einen umfassenden Überblick über die historische Entwicklung der Versicherungslandschaft und die Entstehung verschiedener Rechtsformen, insbesondere der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG) und der Aktiengesellschaften (AG). Es beleuchtet die Rahmenbedingungen des Versicherungsmarktes und analysiert die wirtschaftliche Bedeutung beider Rechtsformen. Diese Grundlage ist entscheidend für das Verständnis der späteren Kapitel, welche sich eingehender mit der Demutualisierung beschäftigen.
3 Die Besonderheiten des VVaG: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die spezifischen Merkmale von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit. Es beleuchtet die Rechtsgrundlagen und die grundlegende Rechtsformidee, die Entstehung des VVaG, seine Organe und die damit verbundene Mitgliedschaft. Ein Schwerpunkt liegt auf den rechtsimmanenten Nachteilen, insbesondere im Bereich der Finanzierung und Kapitalbeschaffung. Die Ausführungen zu Eigenkapital, Eigenmitteln und den verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten (Gründungs-, Selbst- und Gläubigerfinanzierung) bieten ein tiefgreifendes Verständnis der strukturellen Herausforderungen für VVaGs. Die Zusammenfassung der Möglichkeiten zur Konzernbildung und der Auflösung bzw. Abwicklung runden das Kapitel ab.
4 Besonderheiten der Versicherungs-AG: Im Gegensatz zum vorherigen Kapitel wird hier die Aktiengesellschaft als Rechtsform im Versicherungssektor detailliert untersucht. Analog zum Kapitel 3 werden die Rechtsgrundlagen und die Rechtsformidee erläutert, sowie die Entstehung und die Organe der Versicherungs-AG. Im Fokus steht die Kapitalstruktur und die Finanzierungsmöglichkeiten einer AG. Die Kapitel 3 und 4 bilden die Basis für das Verständnis der Motive und Auswirkungen einer Demutualisierung. Die ausführliche Darstellung der Kapitalerhöhungsmöglichkeiten und der Abwicklungsprozesse sorgt für ein umfassendes Bild der AG-Struktur.
5 Demutualisierung: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Darstellung der Demutualisierung, sowohl unter deutschem als auch britischem Recht. Es definiert den Begriff, analysiert die Vor- und Nachteile einer solchen Umwandlung, und beschreibt detailliert die verschiedenen Umwandlungsmöglichkeiten nach deutschem Recht (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, Vermögensübertragung) und die Bestandsübertragung nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz. Der Vergleich des deutschen mit dem britischen Rechtsrahmen unterstreicht die internationalen Unterschiede in der Regulierung.
6 Demutualisierung und Börsengang der Standard Life: Dieses Kapitel präsentiert eine Fallstudie zur Demutualisierung und dem anschließenden Börsengang von Standard Life. Es beschreibt das Unternehmen, seine Mitglieder und deren Rechte. Ausführlich werden die Gründe für die Demutualisierung (verändertes Wirtschafts- und Gesetzesumfeld, Risikominimierung, Kapitalzugang, Wertfreisetzung) und mögliche Alternativen analysiert. Die Darstellung des gescheiterten Demutualisierungsversuchs im Jahr 2000 sowie die detaillierte Erklärung des "Main Scheme" und der damit verbundenen Umstrukturierungen und Schutzvorkehrungen geben detaillierte Einblicke in die komplexe Umsetzung eines solchen Projekts. Die Analyse der Ausgleichsleistungen, des Vorzugsangebots, von Bonusaktien und der Verwendung der Börsenerlöse rundet das Kapitel ab.
Schlüsselwörter
Demutualisierung, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG), Aktiengesellschaft (AG), Umwandlungsgesetz (UmwG), Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), Standard Life, Finanzierung, Kapitalbeschaffung, Rechtsvergleich (Deutschland, Großbritannien), Börsengang, Mitgliedschaft, Risikomanagement.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Diplomarbeit: Demutualisierung der Standard Life
Was ist der Gegenstand dieser Diplomarbeit?
Die Diplomarbeit untersucht den Prozess der Demutualisierung von Versicherungen, insbesondere am Beispiel der Standard Life. Sie beleuchtet die Besonderheiten dieser Rechtsformumwandlung und analysiert die damit verbundenen Vor- und Nachteile unter Berücksichtigung des deutschen und britischen Rechtsrahmens.
Welche Rechtsformen werden verglichen?
Die Arbeit vergleicht Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG) und Aktiengesellschaften (AG) im Versicherungssektor. Es werden die jeweiligen Rechtsgrundlagen, Organstrukturen, Finanzierungsmodelle und Abwicklungsprozesse detailliert beschrieben.
Was ist Demutualisierung?
Demutualisierung ist die Umwandlung eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) in eine Aktiengesellschaft (AG). Die Arbeit erklärt diesen Prozess, seine rechtlichen Grundlagen (in Deutschland und Großbritannien) und die verschiedenen Umwandlungsmöglichkeiten (z.B. Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel).
Welche Vor- und Nachteile der Demutualisierung werden diskutiert?
Die Arbeit analysiert die Vor- und Nachteile einer Demutualisierung aus verschiedenen Perspektiven. Dabei werden Aspekte wie Kapitalbeschaffung, Risikomanagement, Mitgliedschaftsrechte und die wirtschaftliche Situation des Unternehmens berücksichtigt.
Welche Rolle spielt die Standard Life in dieser Arbeit?
Standard Life dient als Fallstudie. Die Arbeit analysiert die Gründe für die Demutualisierung von Standard Life, den Verlauf des Prozesses, das "Main Scheme" und die Auswirkungen auf die Mitglieder. Der gescheiterte Demutualisierungsversuch im Jahr 2000 wird ebenfalls beleuchtet.
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen werden betrachtet?
Die Arbeit berücksichtigt sowohl das deutsche Recht (Umwandlungsgesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz) als auch das britische Recht. Ein Rechtsvergleich verdeutlicht die Unterschiede in der Regulierung von Demutualisierungen.
Welche Finanzierungsthemen werden behandelt?
Die Arbeit geht detailliert auf die Finanzierungsmöglichkeiten von VVaGs und AGs ein, einschließlich Eigenkapital, Eigenmittel, Gründungsfinanzierung, Selbstfinanzierung, Gläubigerfinanzierung, Kapitalerhöhungen und Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten im Allgemeinen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Einleitung, Einführung, Besonderheiten des VVaG, Besonderheiten der Versicherungs-AG, Demutualisierung und Demutualisierung und Börsengang der Standard Life. Jedes Kapitel behandelt spezifische Aspekte der Thematik und baut aufeinander auf.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Demutualisierung, VVaG, AG, Umwandlungsgesetz (UmwG), Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), Standard Life, Finanzierung, Kapitalbeschaffung, Rechtsvergleich (Deutschland, Großbritannien), Börsengang, Mitgliedschaft, Risikomanagement.
- Quote paper
- Katja Wirsing (Author), 2007, Demutualisierung am Beispiel der Standard Life Versicherung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84140