„Aufgabe der Produktionslogistik ist die Planung, Steuerung und Überwachung des Materialflusses vom Wareneingang über den gesamten Produktionsprozess hinweg bis zum Warenausgang“
Die Wahl der optimalen Methode zur Fertigungssteuerung ist nicht nur von den Vorzügen bzw. Nachteilen einer Methode abhängig. Weitere Kriterien zum Einsatz einer Methode sind:
die zur Verfügung stehenden Ressourcen,
Aufbau- und Ablauforganisation im Unternehmen,
Produktpalette und Variantenvielfalt,
Markt- bzw. Kundenanforderungen,
Wettbewerbssituation,
Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien.
Somit steht fest, dass die Entwicklungen im Bereich der Produktionsplanung und –Steuerung nie als abgeschlossen angesehen werden können. Diese Arbeit beschreibt, erläutert und vergleicht drei unterschiedliche Fertigungssteuerungsmethoden.
Im folgenden Kapitel werden die Steuerungsmethoden „Optimized Production Technology“, „Retrograde Terminierung“ und „Constant Work in Progress“ beschrieben.
Optimized Production Technology: zentrales Push-Prinzip
Retrograde Terminierung: zentrale Grobplanung / dezentral in den Steuereinheiten innerhalb der Ecktermine nach dem Push-Prinzip
Constant Work in Progress: dezentrales Pull-Prinzip mit Push-Komponenten
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einführung in die Produktionslogistik
1.1. Produktionsplanung und Steuerung
1.2. Organisation der Steuerungssysteme
1.2.1. Zentrale Organisation
1.2.2. Dezentrale Organisation
1.2.3. PPS nach dem Push-Prinzip
1.2.4. PPS nach dem Pull-Prinzip
2. Steuerungsmethoden
2.1 Optimized Production Technology (OPT)
2.2 Retrograde Terminierung (RT)
2.3 Constant Work in Progress (Conwip)
3. Einsatz und Vergleich der Steuerungsmethoden
3.1 Optimized Production Technology
3.2 Retrograde Terminierung
3.3 Constant Work in Progress
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: zentrale , dezentrale Organisation; Quelle: Schulte 2005
Abb. 2: Push- Prinzip; Quelle: Prof. Schuh, WZL RWTH Aachen
http://www.wzl.rwth-aachen.de/de/7ab8e31a4ca7f394c1256fb700481ac7/ pm_ii_v5.pdf
Abb. 3: Pull- Prinzip; Quelle: Prof. Schuh, WZL RWTH Aachen
http://www.wzl.rwth-aachen.de/de/7ab8e31a4ca7f394c1256fb700481ac7/ pm_ii_v5.pdf
Abb. 4: OPT- System; Quelle: Prof. Schuh, WZL RWTH Aachen
http://www.wzl.rwth-aachen.de/de/7ab8e31a4ca7f394c1256fb700481ac7/ pm_ii_v5.pdf
Abb. 5: Retrograde Terminierung; Quelle: FH, Kiel
http://www.e-technik.fh-kiel.de/~samberg/Projektmanagement/le- 346g.htm
Abb. 6: Conwip- System; Quelle: www.produktion-und-logistik.de
http://www.produktion-und-logistik.de/produktionundlogistik-205_1.gif
1. Einführung in die Produktionslogistik
„Aufgabe der Produktionslogistik ist die Planung, Steuerung und Überwachung des Materialflusses vom Wareneingang über den gesamten Produktionsprozess hinweg bis zum Warenausgang“1
1.1 Produktionsplanung und -Steuerung
Die Produktionsplanung und -Steuerung (PPS) bildet den Kern jedes Industrieunternehmens. Im Vordergrund steht die Optimierung des gesamten Produktionssystems. Produktionssysteme beschreiben die ganzheitliche Produktionsorganisation und beinhalten die Darstellung aller Konzepte, Methoden und Werkzeuge, die in ihrem Zusammenwirken die Effizienz des gesamten Produktionsablaufes ausmachen. Die PPS teilt sich auf in die Produktionsplanung, und die Produktionssteuerung2.
Die Produktionsplanung lässt sich in drei Teilbereiche unterteilen:
-Produktionsprogrammplanung: Enderzeugnis nach Art, Menge, Termin x Materialbedarfsplanung: Teile, Baugruppen, Materialen x Termin- und Kapazitätsplanung: Durchlauf, Kapazität, Reihenfolge
Die Produktionssteuerung teilt sich in zwei unterschiedliche Bereiche:
-Auftragsveranlassung: Verfügbarkeitsprüfung, Auftragsfreigabe x Auftragsüberwachung; Einhaltung von Planvorgaben Um die Betriebsdatenerfassung zu erleichtern werden heute oft EDVgestützte PPS - Systeme eingesetzt. Diese können rein zentral, rein dezentral oder bereichsweise zentral gestaltet werden.3
PPS- Systeme gibt es bereits seit 1960.4 Natürlich hat sich dabei die Nutzungsmöglichkeit und der Entwicklungsstand der Technik stark verbessert. In dieser Arbeit soll nicht tiefer auf die Technik der PPS- Systeme eingegangen werden.
1.2 Organisation der Steuerungssysteme
1.2.1. Zentrale Organisation
In einem zentralen Steuerungssystem werden alle wesentlichen Funktionen durch zentrales Steuerungspersonal (Leitstand) wahrgenommen. Hierzu zählen die Feinplanung der Aufträge, Arbeitszuteilung sowie deren Überwachung. Die Vorteile sind vor allem die verbesserte Koordinationsmöglichkeit und die Entlastung in terminlichen Entscheidungsfragen der Meister zu sehen.5 Ein großer Nachteil ist der hohe Steuerungsaufwand, der sich zwar mit EDV-gestützten Leitständen gut bewältigen lässt, aber doch weiterhin sehr aufwändig zu verwalten bleibt. Voraussetzung hierfür ist ein funktionierendes Rückmeldesystem, welches ständig über den aktuellen Produktionsstand informiert. 6
1.2.2 Dezentrale Organisation
Bei einer dezentral organisierten Steuerung liegt die Steuerungskompetenz überwiegend z.B. bei den Meistern. Hier werden sämtliche Aufträge in einer Werkstatt vom jeweiligen Meister gesteuert und verwaltet7. Der Vorteil dieses Systems liegt vor allem in der Flexibilität auf sich ändernde Rahmenbedingungen zu reagieren. Zudem ist der Informations- und Kommunikationsaufwand gegenüber der zentralen Organisation um einiges geringer. Durch die Entscheidungen in der dezentralen Organisation erhält z. B. der Meister große Verantwortung, was sich sowohl motivationsfördernd, als bei Überlastung auch demotivierend auswirken kann.8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: zentrale, dezentrale Organisation
1.2.3 PPS nach dem Push-Prinzip
PPS- Systeme greifen regelmäßig auf eine Datenbank des Produktionsbereichs zurück, in der alle Daten über die Erzeugnisse, Produktionsprozesse und Ressourcen abgelegt sind.
Beim Push-Prinzip (Bringprinzip) werden die einzelnen Aufträge entlang der logistischen Kette eines Unternehmens „geschoben“. Sobald ein Los auf der vorgelagerten Arbeitsstation fertig gestellt worden ist, wird es an die nachgelagerte Arbeitsstation weitergegeben. Neben der Weitergabe kompletter Lose ist auch die Weitergabe einzelner Teile eines Loses denkbar. Der erste Fall wird als geschlossene Produktion, der zweite Fall als offene Produktion bezeichnet. Das Bring- Prinzip stellt das herkömmliche System zur Steuerung des Materialflusses zwischen zwei Arbeitsstationen dar.9
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Push Prinzip (nach Wiendahl)
Aufgrund der relativ hohen Materialbestände bei diesem Prinzip wird vermehrt auf das Pull-Prinzip (Hol- Prinzip) umgestellt.
1.2.4 PPS nach dem Pull-Prinzip
Das Pull- Prinzip ist ein nachfrageorientiertes Steuerungssystem bei dem die Aufträge durch die Produktion „gezogen“ werden. Bei der Produktion auf Abruf stellt die Produktionssteuerung nicht mehr - wie beim Push-System - für jede Produktionsstufe eine detaillierte Planvorgabe bereit, sondern es wird nur ein Produktionsplan für die letzte Produktionsstufe, d.h. die Endmontage aufgestellt. Damit die Reaktionszeiten möglichst gering gehalten werden können, werden Puffer angelegt. Durch diese Zwischenlager ist es möglich, den festgelegten Bestand so zu kontrollieren, dass dieser in der Fertigung nicht überschritten wird.10
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Pull- Prinzip (nach Wiendahl)
2. Steuerungsmethoden
Im folgenden Kapitel werden die Steuerungsmethoden „Optimized Production Technology“, „Retrograde Terminierung“ und „Constant Work in Progress“ beschrieben. Vorab eine kategorische Einordnung in das PPS- System:
Optimized Production Technology
-zentrales Push-Prinzip
Retrograde Terminierung
-zentrale Grobplanung / dezentral in den Steuereinheiten innerhalb der Ecktermine nach dem Push-Prinzip
Constant Work in Progress
-dezentrales Pull-Prinzip mit Push-Komponenten
2.1 Optimized Production Technology (OPT)
Das OPT- Konzept (auch bekannt unter der Bezeichnung Engpasssteuerung) wurde von Eliyahu M. Goldratt entwickelt und als Produktionsplanungs- und Steuerungsinstrument auf dem amerikanischen (1982) und deutschen (1984) Markt eingeführt. Der dem Konzept zu Grunde liegende Optimierungsalgorithmus ist urheberrechtlich geschützt und weitestgehend unbekannt.11 Trotzdem sind einige Inhalte in vielen Fachbüchern erläutert.
Die OPT- Planung und Steuerung erfolgt engpassorientiert und wird auch ferner als „Theorie der Beschränkungen“ bezeichnet. Diese Beschränkungen bzw. Engpässe können intern (z.B. Maschinen oder Personal), extern (z.B. Marktentwicklung) sowie aufgrund weiterer Rahmenbedingungen (z.B. Arbeitsvorschriften) entstehen.12
Goldratt definiert drei grundlegende Kennzahlen, basierend auf dem gesamtunternehmerischen Ziel „Geldverdienen“13
-Durchsatz: ist die Geldmenge pro Zeiteinheit, die das Unternehmen durch Verkäufe erwirtschaftet.
-Bestände: Geld, das in das System für den Ankauf von Dingen investiert wurde, die für den Verkauf gedacht sind.
-Betriebskosten: Ist all jenes Geld, das im Unternehmen ausgegeben wird, um Bestände in den Durchsatz umzuwandeln.14
Die Ziele des OPT- Systems sind daher:
-Erhöhung des Durchsatzes
-Senkung der Zwischen- und Endlagerbestände
-Senkung der Kosten für durchsatzerhöhende und bestandsverringernde Maßnahmen
Diese sollen unter Berücksichtigung der neun OPT- Regeln und des Mottos „die Summe der Einzeloptima ist nicht gleich der Summe des GesamtOptimums“ erreicht werden:15
1. Der Fertigungsfluss ist abzugleichen, nicht die Kapazität.
2. Der Nutzungsgrad einer Leistungseinheit, die keinen Engpass darstellt,
wird nicht von ihrer Leistungsfähigkeit, sondern durch eine andere Restriktion im Gesamtablauf bestimmt.
3. Bereitstellung und Nutzen einer Kapazität sind nicht gleichbedeutend.
4. Eine Stunde an Kapazität oder Durchlaufzeit an einem Engpass zu verlieren bedeutet den Verlust einer Stunde für das ganze System.
5. Eine Stunde an einem Nicht-Engpass zu gewinnen ist bedeutungslos.
6. Engpässe bestimmen sowohl die Durchlaufzeit als auch die Bestände.
7. Das Transportlos sollte in vielen Fällen nicht mit dem Produktionslos identisch sein, und darf es in vielen Fällen auch nicht.
8. Die Produktionslosgröße sollte variabel und flexibel sein.
9. Die Kapazitätsbelegung und Auftragsreihenfolge sollten gleichzeitig und nicht nacheinander betrachtet werden. Durchlaufzeiten sind das Ergebnis der Planung und können nicht im Voraus festgelegt werden
Vorgehensweise16:
1. Identifiziere den am stärksten wirkende Engpass
2. Maximiere die Nutzung am Engpass, minimiere die Rüst- und Leerzeiten
3. Alle weiteren Entscheidungen sind gegenüber denen aus 2.
unterzuordnen
4. Erhöhe die Kapazität der Ressource durch geeignete Maßnahmen
5. Sobald die betrachtete Kapazität kein Engpass mehr darstellt, gehe zu 1.
Das Identifizieren eines Engpasses beginnt mit der Zusammenführung von Daten. Das können sein: Stücklisten, Arbeitspläne, Kapazitäten, Maximalbestandsdaten, minimale Losgrößen, Bestellmengen, Endtermine, Kundenaufträge usw. Diese Daten werden zunächst als Produktionsnetzwerk abgebildet. Anschließend wird eine Vorwärtsterminierung (Einlastung der neuen Aufträge in Richtung Endtermin) durchgeführt. Das Ergebnis ist eine Reihe von Kapazitätseinheiten und deren Belastungsprofil. So können Engpässe identifiziert werden.
Danach wird der Produktionsnetzplan in 2 Teilnetze aufgeteilt: das eine enthält kritische und das andere nicht-kritische Kapazitäten. Für den kritischen Bereich erfolgt nun eine Optimierung der Engpässe. Danach erfolgt eine Rückwärtsterminierung der Aufträge, um evtl. Auswirkungen auf vorangegangene Arbeitsschritte zu ermitteln.
Bei erneutem Identifizieren von Engpässen wird der Algorithmus solange angewandt bis kein neuer Engpass mehr entsteht.17
Der OPT- Algorithmus besteht aus fünf Modulen, deren Arbeitsweise hier (soweit bekannt) kurz vorgestellt wird:18
[...]
1 Pawellek, Günther; “Produktionslogistik”, München 2007; S. 14
2 vgl. Schulte, Christoph; “Logistik”, München 2005, S. 370, 371
3 vgl. ebenda, S. 416
4 vgl. ebenda, S. 442
5 vgl. Pawellek S. 91
6 vgl. Schulte S 409
7 vgl. Pawellek S. 91
8 vgl. Schulte S. 409 - 410
9 vgl. Corsten Hans; „Dezentrale PPS- Steuerung“, Stuttgart 1998, S. 31
10 vgl. Corsten S. 31
11 vgl. Wiendahl, Hans-Peter „Belastungsorientierte Fertigungssteuerung“, München 1987, S. 332
12 vgl. Bloech, Jürgen „Einführung in die Produktion“, Berlin-Heidelberg 2004, S. 321
13 vgl. Goldratt, Eliyahu „Das Ziel“, Maidenhead 1984, S. 46.
14 vgl. Goldratt, S. 67-68
15 vgl. Pawellek, S. 30
16 vgl. Bloech, S. 322
17 vgl. Schulte, S. 431
18 vgl. Corsten, Hans „Produktionswirtschaft - Einführung in das industr. Produktionsmanagement“, München 1997, S. 527-529
- Arbeit zitieren
- Simone Ziser (Autor:in), 2007, Einsatz von Optimized Production Technology (OPT), Constant Work in Process (CONWIP) und Retrograde Terminierung (RT) in der Industrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83982
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