Am 5. Juni 1947 hielt der damalige U.S.-Außenminister George C. Marshall anlässlich einer Abschlussfeier an der Universität von Harvard, MA seine berühmte Rede zur Sanierung der europäischen Wirtschaft, die später in die Geschichte eingehen sollte. Die Infrastruktur Europas war zu diesem Zeitpunkt durch den Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört und daher war es den Europäern nach Meinung Marshalls unmöglich selbstständig wieder auf die Beine zu kommen. “Europe’s requirements ... are so much greater than her present ability to pay that she must have substantial additional help, or face economic, social and political deterioration of a very grave character.”
Doch nicht nur die wirtschaftliche Lage in den europäischen Ländern war katastrophal: Politische Instabilität, ideologische Orientierungslosigkeit und Hungersnot prägten besonders im Deutschland der Nachkriegszeit das Bild. Wie bereits sein Vorgänger James Francis Byrnes, der am 6. September 1946 die berühmte Stuttgarter „Speech of Hope“ hielt, war auch Marshall davon überzeugt, dass internationale Hilfe unumgänglich sein würde, um ein neues, demokratisches Europa aufzubauen, welches auch den USA von Nutzen sein würde. “Aside from the demoralizing effect on the world at large and the possibilities of disturbances arising as a result of the desperation of the people concerned, the consequences to the economy of the United States should be apparent to all.“ Ansonsten würde Europa seinem sicheren Niedergang entgegensteuern. Zur Dringlichkeit gab er in einer Radioansprache im Frühjahr bekannt: “We were faced with immediate issues which vitally concerned the impoverished and suffering people of Europe who are crying for help, for coal, for food and for most of the necessities of life, and the majority of whom are bitterly disposed towards the Germany that brought about this disastrous situation. ... The recovery of Europe has been far slower than had been expected. Disintegrating forces are becoming evident. The patient is sinking while the doctors deliberate...action cannot await compromise through exhaustion.”
Diese Erkenntnis führte zur Skizzierung des „European Recovery Programms“ (ERP), ein gemeinschaftliches Wiederaufbauprogramm, basierend auf den Grundsätzen des Marshall-Plans. Dieser Plan wurde von Präsident Truman als „Economic Cooperation Act“ unterzeichnet und trat am 3. April 1948 in Kraft.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Motive des European Recovery Programs
- 2.1. Amerikanische Position – eine kapitalistische Perspektive
- 2.2. Britische Position – eine Reaktion auf den „Eisernen Vorhang“
- 2.3. Französische Bedenken
- 2.4. Kommunistische Ideologie – die Ablehnung Moskaus
- 3. Rahmenbedingungen des European Recovery Programs
- 4. Zur Bedeutung des European Recovery Programs
- 5. Zur Amerikanisierung Westdeutschlands
- 6. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung des Marshall-Plans für Deutschland. Sie konzentriert sich auf die politischen Motive hinter dem European Recovery Program (ERP) und analysiert die unterschiedlichen Positionen der beteiligten Mächte (USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion). Die Arbeit vermeidet eine detaillierte ökonomische Analyse und beschränkt sich auf die deutschlandspezifische Perspektive.
- Die politischen Motive der USA, Großbritanniens und Frankreichs im Hinblick auf den Marshall-Plan.
- Die Ablehnung des Marshall-Plans durch die Sowjetunion und deren ideologische Begründung.
- Die spezifische Rolle Deutschlands im Rahmen des ERP.
- Die Auswirkungen des ERP auf die politische Entwicklung Westdeutschlands.
- Der Vorwurf einer „Amerikanisierung“ Westdeutschlands im Kontext des Marshall-Plans.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und beschreibt den Kontext der Marshall-Plan Rede von George C. Marshall im Jahr 1947. Sie hebt die katastrophale wirtschaftliche und politische Lage Europas nach dem Zweiten Weltkrieg hervor und betont Marshalls Überzeugung, dass umfassende internationale Hilfe notwendig sei, um ein demokratisches Europa aufzubauen, das auch den Interessen der USA dient. Die Einleitung deutet die zentrale Forschungsfrage an: die deutschlandspezifische Bedeutung des Marshall-Plans.
2. Motive des ERP: Dieses Kapitel analysiert die unterschiedlichen Motive der beteiligten Mächte hinter dem European Recovery Program. Es untersucht die amerikanische Perspektive, die den Marshall-Plan als Instrument zur Stärkung des Kapitalismus und zur Eindämmung des Kommunismus sah. Weiterhin werden die britische Reaktion auf den Eisernen Vorhang, die französischen Bedenken gegenüber einem wirtschaftlich starken Deutschland und die absolute Ablehnung des Plans durch die Sowjetunion aus kommunistischer Sicht beleuchtet. Das Kapitel legt den Grundstein für das Verständnis der komplexen politischen Dynamik, die den Marshall-Plan prägte.
Schlüsselwörter
Marshall-Plan, European Recovery Program (ERP), Deutschland, Kalter Krieg, amerikanische Außenpolitik, sowjetische Außenpolitik, Besatzungspolitik, Wiederaufbau, Kapitalismus, Kommunismus, Amerikanisierung, Westdeutschland.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument: Bedeutung des Marshall-Plans für Deutschland
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung des Marshall-Plans (European Recovery Program, ERP) für Deutschland. Der Fokus liegt auf den politischen Motiven hinter dem ERP und den unterschiedlichen Positionen der beteiligten Mächte (USA, Großbritannien, Frankreich, Sowjetunion). Ökonomische Aspekte werden nur am Rande betrachtet.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit analysiert die politischen Motive der USA, Großbritanniens und Frankreichs bezüglich des Marshall-Plans, die Ablehnung des Plans durch die Sowjetunion und deren ideologische Begründung, die Rolle Deutschlands im ERP, die Auswirkungen des ERP auf die politische Entwicklung Westdeutschlands und den Vorwurf der „Amerikanisierung“ Westdeutschlands im Kontext des Marshall-Plans.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Motive des European Recovery Programs (mit Unterkapiteln zu den Positionen der USA, Großbritanniens, Frankreichs und der Sowjetunion), Rahmenbedingungen des ERP, Bedeutung des ERP, Zur Amerikanisierung Westdeutschlands und Schlussbetrachtung.
Welche Kapitelzusammenfassung wird gegeben?
Die Einleitung beschreibt den Kontext der Marshall-Plan-Rede und die damalige Lage Europas. Kapitel 2 analysiert die unterschiedlichen Motive der beteiligten Mächte hinter dem ERP. Weitere Kapitel befassen sich mit den Rahmenbedingungen, der Bedeutung und den Auswirkungen des Plans, insbesondere auf Westdeutschland.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Marshall-Plan, European Recovery Program (ERP), Deutschland, Kalter Krieg, amerikanische Außenpolitik, sowjetische Außenpolitik, Besatzungspolitik, Wiederaufbau, Kapitalismus, Kommunismus, Amerikanisierung, Westdeutschland.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Bedeutung des Marshall-Plans für Deutschland zu untersuchen, indem sie die politischen Motive der beteiligten Akteure analysiert und die deutschlandspezifische Perspektive in den Vordergrund stellt.
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- Julia Koehler (Author), 2007, Der Marshall-Plan in den westlichen Besatzungszonen: Deutschland - Spielball der Großmächte?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83421