Im März 1971 unternimmt der Autor Hubert Fichte seine zweite große Brasilienreise, die bis zum Mai 1972 dauert. Er hält sich vorwiegend zum Studium der Afrobrasilianischen Religionen in Bahia de Todos os Santos auf. Im Mai reist er für kurze Zeit nach Argentinien, um Jorges Luis Borges zu besuchen und die spanische Sprache zu studieren. Im Juni des selben Jahres reist er weiter nach Chile und interviewt den chilenischen Präsidenten Salvador Allende im Palacio de la Moneda, dem Regierungsgebäude in Santiago de Chile. Er hält sich zwei Monate in Chile auf, bevor er weiter auf die Osterinseln reist, um schließlich wieder nach Bahia in Brasilien zurückzukehren. Während Fichtes Brasilienreise insgesamt später unter dem Titel Die doppelte Verachtung in den Band VII Explosion der Geschichte der Empfindlichkeit eingeht, ist die Reise nach Chile kaum in seinen literarischen Arbeiten mit eingeflossen. Seine Eindrücke und das Interview mit Allende wurden jedoch in einem Radiofeature am 18. März 1972 im Südwestfunk ausgestrahlt und am 10. September erschien ein Interview Fichtes mit dem ehemaligen Pressesprecher der Regierung Allende Carlos Jorquera in der Frankfurter Rundschau unter dem Titel Die Gefängnisse in Chile leeren sich nicht. Diese beiden Veröffentlichungen werden der vorliegenden Arbeit als Grundlagen dienen. Sie wird versuchen, Hubert Fichtes Blickpunkte auf Chile zu beleuchten. Es soll untersucht werden, wie Hubert Fichte die Sprache in seinen journalistischen Arbeiten gebraucht und ob sie sich anders präsentiert, als in seinen poetischen Arbeiten. Dabei werden wir uns sowohl mögliche Formen des Interview, sowie des Features näher ansehen. Fichte begegnet uns hier in erster Linie als Journalist, doch auch dieses Schaffen ist Teil seines gesamten schriftstellerischen Werkes, das mit seinem Leben untrennbar verwoben ist. Es wird die These aufgestellt, diese Verwobenheit von Leben und Schreiben existiere auch in Fichtes journalistischen Arbeiten und es bestehe eine große Nähe, vielleicht sogar Untrennbarkeit zwischen dem journalistischen und poetischen Schreiben dieses Autors. Um diese These zu prüfen wird untersucht, ob sich das Leben Fichtes und seine wichtigsten Themen auch in seinen Arbeiten über Chile wiederspiegeln und ob sich seine journalistischen von seinen poetischen Darstellungsweisen unterscheiden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Ziel der Chilereise und Fichtes Sprachgebrauch
- Fichtes Darstellungsformen zwischen Feature, Collage und Interview
- Santiago Chile – Ein Radiofeature von Hubert Fichte
- Allende und die Situation der Gefangenen – Zwei Interviews von Fichte
- Schlussbetrachtungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit Hubert Fichtes Chilereise im Juni 1972, die er während seiner Brasilienreise unternahm. Sie analysiert Fichtes journalistische Darstellungsweisen und setzt diese in Bezug zu seinem gesamten literarischen Werk. Dabei wird untersucht, wie Fichte die Sprache in seinen journalistischen Arbeiten gebraucht und welche Rolle seine Lebensgeschichte und -themen in seinen Texten über Chile spielen.
- Fichtes journalistische Darstellungsformen im Kontext seiner Gesamtwerke
- Die Bedeutung der Sprache in Fichtes journalistischen Arbeiten
- Die Rolle von Lebensgeschichte und -themen in Fichtes Texten über Chile
- Die Analyse von Fichtes Interviews mit Salvador Allende und Carlos Jorquera
- Die Einordnung der Chilereise in Fichtes Gesamtwerk
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einleitung
Die Einleitung bietet eine Einführung in die Chilereise Hubert Fichtes im Juni 1972 und stellt die beiden zentralen Veröffentlichungen, das Radiofeature "Santiago Chile" und das Interview mit Carlos Jorquera, in der Frankfurter Rundschau, vor. Sie skizziert die Forschungsfrage, welche die Beziehung zwischen Fichtes journalistischen Arbeiten und seinem Gesamtwerk untersucht.
Kapitel 2: Das Ziel der Chilereise und Fichtes Sprachgebrauch
Dieses Kapitel beleuchtet Fichtes Motivation für die Chilereise und analysiert seinen Sprachgebrauch. Es wird deutlich, dass Fichtes Reisen nicht nur der Flucht vor der Enge und Gefangennahme in der Heimat dienen, sondern auch der Selbstfindung und der Auseinandersetzung mit dem Fremden.
Kapitel 3: Fichtes Darstellungsformen zwischen Feature, Collage und Interview
Dieses Kapitel untersucht Fichtes journalistische Darstellungsformen und stellt die Unterschiede zwischen Feature, Collage und Interview dar. Es zeigt, wie Fichte in seinen Arbeiten verschiedene Formate und Stilmittel einsetzt, um seine Eindrücke und Erkenntnisse zu vermitteln.
Kapitel 4: Santiago Chile – Ein Radiofeature von Hubert Fichte
Hier wird Fichtes Radiofeature "Santiago Chile" analysiert. Das Kapitel untersucht die Struktur des Features, die Sprache und den Stil sowie Fichtes Eindrücke von Chile.
Kapitel 5: Allende und die Situation der Gefangenen – Zwei Interviews von Fichte
Dieses Kapitel analysiert Fichtes Interviews mit Salvador Allende und Carlos Jorquera. Es untersucht die Interviewsituation, den Inhalt der Gespräche sowie Fichtes Fragestellungen und Interpretationen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themenfeldern Journalismus, Literatur, Sprache, Identität, Reisen und Fremdheit. Zentral sind dabei die Arbeiten Hubert Fichtes, insbesondere seine Chilereise, das Radiofeature "Santiago Chile" und das Interview mit Carlos Jorquera. Weitere wichtige Begriffe sind: Interview, Feature, Collage, politische Situation in Chile, Salvador Allende.
- Quote paper
- Muriel Schindler (Author), 2005, Versuch über Chile - eine Darstellung in der Empfindsamkeit des Autors Hubert Fichte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83270