Normen und ihre Genese sind zentrale Themen in der Soziologie. Das liegt daran, dass die soziale Norm einer der wichtigsten Faktoren der menschlichen Interaktion ist. Das Konstrukt der sozialen Norm ist immer dann im Spiel, wenn der Mensch durch sein Verhalten, eine bestimmte Antwort seiner Mitmenschen erwarten muss. Aufgrund dessen, wurden schon unzählige Hypothesen über ihre genaue Funktion für das menschliche Zusammenleben formuliert. Meist geht es in ihnen um die Frage, unter welchen Bedingungen Personen normative Erwartungen akzeptieren.
Das Ziel dieser Hausarbeit ist es, einige der Theorien miteinander in Einklang zu bringen und die wichtigsten Faktoren der sozialen Normgebundenheit und ihrer Entstehung hervorzuheben. Zuerst werde ich deshalb versuchen die Entstehung von Normen aus mehreren Blickwinkeln zu beleuchten. Dann werde ich mich mit der Geltung von Normen und ihren Sanktionsmechanismen auseinandersetzen. Danach werde ich noch der Frage nachgehen, inwieweit Macht einen Einfluss auf Normen und ihre Entstehung hat. Letztendlich werde ich, mit Bezug auf die Menschenrechte, mein Fazit ziehen.
Für diese Arbeit waren vor allem die Schriften von Heinrich Popitz, Karl-Dieter Opp, Michael Schmid und Steffen Wesche hilfreich.
Gliederung
1. Einleitung
2. Norm und Normverständnis
2.1. Entstehung sozialer Normen
2.1.1. Entstehung geplanter Normen
2.1.2. Entstehung ungeplanter Normen
2.1.3. Partikularnormen
2.2. Geltung von Normen
2.3. Sanktionen
2.4. Eine Frage der Macht
3. Fazit mit Bezug zu den Menschenrechten
4. Literaturliste
5. Zitatnachweise
1. Einleitung
Normen und ihre Genese sind zentrale Themen in der Soziologie. Das liegt daran, dass die soziale Norm einer der wichtigsten Faktoren der menschlichen Interaktion ist. Das Konstrukt der sozialen Norm ist immer dann im Spiel, wenn der Mensch durch sein Verhalten, eine bestimmte Antwort seiner Mitmenschen erwarten muss. Aufgrund dessen, wurden schon unzählige Hypothesen über ihre genaue Funktion für das menschliche Zusammenleben formuliert. Meist geht es in ihnen um die Frage, unter welchen Bedingungen Personen normative Erwartungen akzeptieren.
Das Ziel dieser Hausarbeit ist es, einige der Theorien miteinander in Einklang zu bringen und die wichtigsten Faktoren der sozialen Normgebundenheit und ihrer Entstehung hervorzuheben. Zuerst werde ich deshalb versuchen die Entstehung von Normen aus mehreren Blickwinkeln zu beleuchten. Dann werde ich mich mit der Geltung von Normen und ihren Sanktionsmechanismen auseinandersetzen. Danach werde ich noch der Frage nachgehen, inwieweit Macht einen Einfluss auf Normen und ihre Entstehung hat. Letztendlich werde ich, mit Bezug auf die Menschenrechte, mein Fazit ziehen.
Für diese Arbeit waren vor allem die Schriften von Heinrich Popitz, Karl-Dieter Opp, Michael Schmid und Steffen Wesche hilfreich.
2. Norm und Normverständnis
2.1. Entstehung sozialer Normen
Normen sind Phänomene von Gesellschaften. Die Bedingung für eine Gesellschaft ist unter anderem, dass zwischen mehreren Menschen ein Orientierungsbezug herrscht und somit ein wechselseitiges Ausrichten der Handlungen stattfindet. Die einzelnen Menschen, bzw. Akteure in einer Gesellschaft berücksichtigen die vollzogenen Handlungen und das mögliche zukünftige Verhalten der Mitakteure, um ihr eigenes Verhalten abzustimmen. Entscheidungen treffen wir indem wir auf das vergangene, bzw. zukünftige Verhalten der Anderen Rücksicht nehmen. Durch dieses „Hineinversetzen“ in die Mitakteure, basiert die Abstimmung des individuellen Verhaltens also nicht auf faktischem Wissen, sondern auf Spekulationen, Unterstellungen, Annahmen, Befürchtungen – also auf einer bestimmten Erwartung.[i] „Das noch ausstehende Handeln der jeweils anderen muss eine Voraussetzung gegenwärtiger Handlungen sein können.“[ii] Durch dieses subjektive, durch Interessen geleitete, Bewerten von Situationen, entstehen Erwartungen, aus denen dann Prämissen für unsere Entscheidungen und daraus folgenden Handlungen resultieren. Stellen sich diese Vorraussetzungen unseres Handelns als falsch heraus, lassen sie unser Verhalten auch als „falsch“ erscheinen.[iii] Doch wie können Akteure überhaupt davon ausgehen, dass ihre Mutmaßungen irgendwann mal annähernd richtig sind? Wie macht man also Verhalten voraussehbarer? Indem man es Regelmäßigkeiten unterwirft, bzw. Unregelmäßigkeiten kommuniziert. Diese Regel-mäßigkeiten sind gesellschaftsspezifisch konstruiert. Damit ist nicht gesagt, dass jede kleine Einzelheit des erwartbaren Verhaltens festgelegt ist und somit immer gleich verläuft, es werden jedoch erwartbare Handlungsräume produziert. „Die Konstruktion sozialer Verhaltensregelmäßigkeiten bedeutet also eine Gleichsetzung von Verhaltensabläufen in gleich gesetzten Situationen.“[iv] Bei der Schaffung solcher erwartbaren Handlungsräume, kommt es darauf an, dass die Erkennbarkeit der gleichsetzenden Faktoren gewährleistet ist. Das soll bedeuten, dass man von der exemplarischen Gesamtsituation „Straßenverkehr“, z.B. die Regelmäßigkeit „Halten an einer roten Ampel“ separiert von weiteren Umständen, wie z.B., dass es regnet oder im Radio der Lieblingssong läuft.[v] Diese Identifikation bestimmter Faktoren, hängt auch mit vereinheitlichen Wertemaßstäben der Gesellschaft, bzw. Gruppe zusammen, was in einer wiederkehrenden Situation geboten – also für richtig gehalten wird.[vi] Damit eine daraus folgende Erwartung normrelevant wird, muss diese – wie auch immer – kommuniziert werden.[vii] Jedoch muss nicht jede verhaltensformende Prognose im normspezifischen Sinne wichtig sein. Sie kann auch nur von unseren, aus Erfahrung resultierenden, Erkenntnissen geleitet sein: z.B. wenn man davon ausgeht, dass es heute sehr warm wird, und man deshalb leichte Kleidung anzieht.[viii] Auf das Wetter hat man keinen Einfluss, eher auf die Mitmenschen, bzw. Mitakteure. „Meine Bewertung des Verhaltens anderer kann sich gegebenenfalls auf diese auswirken.“[ix] Ich kann Menschen z.B. dazu auffordern sich an meine Erwartung zu halten. Diese Art von Erwartung ist normativ. Zum einen, weil sie vorschreibt und damit auffordert, und zum anderen, weil sie enttäuschungsfest ist. D.h., auch wenn meine Erwartungen vom Aufgeforderten enttäuscht werden, werde ich weiter versuchen ihn dazu zu bringen, sich meinen Erwartungen entsprechend zu verhalten.[x] „Wir signalisieren die Hoffnungen und Befürchtungen, die wir mit bestimmten Verhaltenserwartungen verbinden“[xi], indem wir etwas erbitten, wünschen, fordern, drohen oder versprechen. Entweder kommunizieren wir unsere Erwartungen mit Hilfe von Sprache, Mimik, Gestik oder einer Kombination dieser Möglichkeiten.[xii] Durch das beim Mitakteur damit erzeugte Empfinden, wie Mitleid, Angst oder Wohlwollen rechnen wir meist auch mit einer Änderung des Verhaltens – unsere Verhaltenserwartung ändert sich. Dieser bewusste, bzw. unbewusste Versuch der Manipulation des Mitakteurs entsteht vor allem, weil wir ein individuelles Interesse an der Handlung des Anderen haben. Vielleicht haben wir auch schon etwas in die Handlungen investiert, das bei nicht Zutreffen unserer Handlungsprämissen, also der Verhaltenserwartung über den Mitakteur, umsonst oder selbst destruktiv war. Die Enttäuschung der erwarteten Handlung, würde man dann entweder als bloße Mitteilung formulieren, oder man steigert den Grad der Schärfe zur Klage, Anklage oder gar zur Gegenreaktion, um den Verlust rückgängig zu machen, bzw. auszugleichen.[xiii]
Doch das Problem ist immer noch nicht gelöst: Das Verhalten des Menschen, als Reaktion auf äußere Reize in bestimmten Situationen, ist nicht klar vorauszusagen. „Das Handeln des Menschen steht in ‚doppelter Kontingenz’ (Luhmann/Parsons).“[xiv] Es herrscht eine beiderseitige Unsicherheit: Was der eine Akteur tun wird, ist vom Mitakteur nicht eindeutig vorhersagbar, doch wie der Akteur dann letztlich handelt, hängt damit zusammen, wie der Mitakteur sich verhalten wird, was wiederum der Akteur nicht sicher wissen kann. „Dabei muss jeder der Akteure zu Recht unterstellen können, dass die anderen um diese Bedingung wechselseitiger Erwartungsanpassung […] wissen und zugleich davon ausgehen können, dass er dazu berechtigt ist, das Handeln der Mitakteure als eine (kausal attributierbare) Folge der eigenen Anpassungsversuche zu interpretieren.“[xv] Jeder Akteur ist also an das Verhalten des Mitakteurs gebunden, indem er dieses als Input für seine eigene Entscheidung auffassen muss.[xvi] Daraus folgt, dass man die eigenen Handlungen, als Antwort auf das Verhalten der anderen zu verstehen hat. Ein weiteres Problem, welches dabei entsteht ist, dass kein Akteur genau weiß, inwieweit die Handlungen anderer ihn betreffen. Dies spielt besonders eine Rolle bei der Frage, ob der Akteur die Hilfe andere Akteure braucht um sein Ziel zu erreichen, oder ob er die Anliegen und Ziele der anderen einfach übergehen kann, bzw. ob die Mitakteure ihm sogar bei seiner Zielumsetzung in die Quere kommen könnten. Die Beziehungen, die sich unter den Akteuren bilden können, hängen vor allem von ihren Zielen ab. Diese können auf der einen Seite miteinander vereinbar sein, weil sie entweder übereinstimmen oder sich ergänzen, oder sie sind auf der anderen Seite nicht miteinander vereinbar, weil sie eben identisch sind oder sich nicht miteinander vereinbaren lassen.[xvii] Es können folglich Kooperationen oder Konflikte entstehen. Konflikte ergeben sich, wenn so genannte positive oder negative Externalitäten entstehen. „Dies sind Handlungen von Individuen oder Kollektiven, die Kosten (negative Externalitäten) oder Nutzen (positive Externalitäten) für andere Akteure sind.“[xviii] Es handelt sich um negative Externalitäten, wenn ein Interesse durchgesetzt wird, auch wenn es sich mit anderen Interessen überschneidet. Dies ist vor allem der Fall, wenn sich das Interesse verschiedener Akteure auf knappe Ressourcen bezieht. Dann beginnt meist ein Wettbewerb um das knappe Gut. „Wettbewerb ist durch potentielle, latente oder ausgebrochene Konflikte gekennzeichnet, weil nicht jeder jederzeit alles haben kann, was er gern hätte.“[xix] Jedoch auch bei positiven externen Effekten, kann es zu Kontroversen kommen, denn egal welche Form die Externalitäten haben, führen sie zwischen den Akteuren zur Frage der weiteren Verfahrensweise. „Eine weitgehend akzeptierte Hypothese lautet, dass die Entstehung von Normen wahrscheinlich ist, wenn Externalitäten vorliegen.“[xx] Vor allem Akteure die negativen Externalitäten ausgesetzt sind möchten, dass diese abgeschwächt oder ganz beseitigt werden. Normen, können dabei helfen Externalitäten einzuschränken oder sie zu verbieten. Auch können betroffene Akteure durch sie entschädigt werden.
Außerdem dienen Normen auch der Wiederherstellung der Verlässlichkeit, die sonst z.B. durch Vertrauen entsteht.[xxi] Doch je „geringer der Einfluss enger persönlicher Beziehungen (Verwandtschaft oder Freundschaft), desto weniger berechtigt ist Vertrauen und desto größer die Notwendigkeit für Normen.“[xxii]
Normen können auch von Vorteil sein, wenn Kooperationsprobleme zwischen den Akteuren beim abstimmen der jeweiligen Handlungen auftreten, wie dies z.B. durch die bekannten Spezialfälle „Gefangenen-Dilemma“[xxiii] oder „Dilemma des Soldaten“[xxiv] deutlich wird. Das Grundproblem liegt darin, dass die Akteure zwar ein Ziel gemeinsam verwirklichen können, jeder Einzelne Akteur sein Ziel jedoch am besten umgesetzt sieht, wenn der Mitakteur kooperiert und er selber seinen Kooperationsanteil nicht ausführt. Andersherum ist für den Mitakteur diese einseitige Ausbeutung der schlimmste Fall der eintreten kann. Wollen nun beide Akteure denn schlimmsten Fall vermeiden und gleichzeitig den ihrem Ziel dienlichsten Fall umsetzen, kommt es zu keiner Kooperation. Es liegt also vor allem an einem Problem der Koordination, ob eine Kooperation möglich ist, da kein Akteur genau weiß, zu welchem Zeitpunkt die Mitakteure ihre versprochene Leistung auch erfüllen. Es herrscht eine gegenseitige Unsicherheit, also eine doppelte Kontingenz. Die Akteure sind also oft genötigt in Situationen zu handeln, in denen die jeweiligen Handlungsziele nicht einfach so konfliktfrei in Einklang zu bringen sind.[xxv] Es gibt jedoch Konstellationen, in denen Akteure „auf einen Teil ihrer Handlungsfreiheit verzichten und Handlungsbeschränkungen in der Erwartung akzeptieren würden, dass dieser Verzicht in nachvollziehbarer Weise andere dazu motiviert, dasselbe zu tun.“[xxvi] So ein Wechselverhältnis bildet sich jedoch nur aus, wenn die Akteure sich sicher sein können, dass die Akzeptanz der einschränkenden Regeln nötig ist und zu Kooperationserträgen führt.[xxvii]
[...]
[i] vgl. Popitz, Heinrich: Die Normative Konstruktion von Gesellschaft. Tübingen 1980, S.1 / Popitz, Heinrich:
Soziale Normen. Frankfurt am Main 2006, S.76.
[ii] Popitz, Heinrich: Die Normative Konstruktion, S.3.
[iii] vgl. ebd. S.2
[iv] ebd. S.5
[v] vgl. ebd.
[vi] vgl. Korthals-Beyerlein, Gabriele: Soziale Normen. Begriffliche Explikation und Grundlagen empirischer
Erfassung. München 1979, S.171.
[vii] vgl. ebd. S.83.
[viii] vgl. Wesche, Steffen: Gegenseitigkeit und Recht. Eine Studie zur Entstehung von Normen. Berlin 2001, S.26.
[ix] ebd.
[x] vgl. ebd.
[xi] Popitz, Heinrich: Die Normative Konstruktion, S.6.
[xii] vgl. ebd. / Popitz, Heinrich: Soziale Normen, S.81.
[xiii] vgl. ebd. S. 8 / ebd. S.83.
[xiv] Wesche, Steffen: Gegenseitigkeit und Recht, S.24.
[xv] Schmid, Michael: Soziale Normen und soziale Ordnung II. Grundriß einer Theorie der Evolution sozialer
Normen; in: Berliner Journal, Heft 1, 1995, S 42.
[xvi] vgl. Schmid, Michael: Soziales Handeln und strukturelle Selektion. Beiträge zur Theorie sozialer Systeme.
Opladen/Wiesbaden 1998, S.150-151.
[xvii] vgl. ebd. S.151.
[xviii] Opp, Karl-Dieter: Die Entstehung sozialer Normen als geplanter und spontaner Prozeß; in: Normen und
Institutionen: Entstehung und Wirkung, hrsg. u. a. v. Regina Metze. Leipzig 2000, S.39.
[xix] Wesche, Steffen: Gegenseitigkeit und Recht, S.27.
[xx] Opp, Karl-Dieter: Die Entstehung sozialer Normen, S.39.
[xxi] vgl. Wesche, Steffen: Gegenseitigkeit und Recht, S.45.
[xxii] ebd.
[xxiii] vgl. Rapoport, Anatol/Chammah, A.M.: Prisoner’s Dilemma. Ann Arbor 1965.
[xxiv] vgl. Ullmann-Margalit, Edna: The Emergence of Norms. Oxford 1977. S.30ff.
[xxv] vgl. Schmid, Michael: Soziales Handeln, S.152-154.
[xxvi] ebd. S.154.
[xxvii] vgl. ebd. S.155.
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