In den sogenannten „Formgedächtnisstählen" steckt im Vergleich zu den konventionellen Formgedächtnislegierungen wie Nickel-Titan oder Kupfer-Zink Legierungen ein überaus großes und bisher nicht im Entferntesten ausgeschöpftes Potenzial. Zwar sind die maximalen Ein- und Zweiwegeffekte, d.h. die reversiblen Formänderungsanteile deutlich kleiner, doch decken die Formgedächtnisstähle auf Basis von Fe-Ni-Legierungen dafür wiederum sehr viel größere Bereiche der technisch nutzbaren Umwandlungstemperaturen und -hysteresen ab. Daneben erreichen sie aufgrund der für die Einstellung des Formgedächtnisses unbedingt notwendigen Ausscheidungshärtung bei den maximalen Festigkeiten ebenfalls sehr gute Werte. Diese sind jedoch ganz wesentlich von spezifischen thermischen und/oder mechanischen Parametern abhängig.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Werkstoffwissenschaftliche Grundlagen
3 Nachweis der Formgedächtniseigenschaften
4 Einsatzmöglichkeiten in der Praxis
5 Zusammenfassung und Ausblick
6 Literaturhinweise
Zusammenfassung
In den sogenannten „Formgedächtnisstählen" steckt im Vergleich zu den konventionellen Formgedächtnislegierungen wie Nickel-Titan oder Kupfer-Zink Legierungen ein überaus großes und bisher nicht im Entferntesten ausgeschöpftes Potenzial. Zwar sind die maximalen Ein- und Zweiwegeffekte, d.h. die reversiblen Formänderungsanteile deutlich kleiner, doch decken die Formgedächtnisstähle auf Basis von Fe-Ni-Legierungen dafür wiederum sehr viel größere Bereiche der technisch nutzbaren Umwandlungstemperaturen und -hysteresen ab. Daneben erreichen sie aufgrund der für die Einstellung des Formgedächtnisses unbedingt notwendigen Ausscheidungshärtung bei den maximalen Festigkeiten ebenfalls sehr gute Werte. Diese sind jedoch ganz wesentlich von spezifischen thermischen und/oder mechanischen Parametern abhängig.
1. Einleitung
Formgedächtnislegierungen (FGL) wie z.B. NiTi oder CuZnAl sind seit langem bekannt und können daher bereits als konventionell bezeichnet werden. Relativ neu und lange Zeit bei vielen Forschern als für nicht möglich angesehen sind Stähle mit Formgedächtniseigenschaften.
Die Zielsetzung für ihre Entwicklung ist die Verbindung der Preiswürdigkeit von Cu-Basis-Legierungen mit der Leistungsfähigkeit von NiTi-Legierungen. Damit sind sie sowohl im Hinblick auf industriell/wirtschaftliche- als auch auf werkstoffwissenschaftliche Aspekte von ganz besonderem Reiz. Tabelle 1 zeigt eine Übersicht von martensitisch umwandelnden Fe-Basis-Legierungen, bei denen bisher mehr oder weniger deutlich Formgedächtnsieffekte (FGE) nachgewiesen werden konnten. Nach relativ langen Forschungsaktivitäten haben sich in diesem Bereich zwei große Entwicklungstendenzen herauskristallisiert. Zum einen sind dies Legierungen auf Fe-Ni- und zum anderen auf Fe-Mn-Basis [1,2].
Im folgenden wird das im Augenblick wieder neu in das Blickfeld internationaler Forschungsaktivitäten rückende Beispiel der FGL des Typs Fe-Ni (hier im Speziellen Fe-Ni-Co-Ti-Legierungen) ausführlich vorgestellt.
2. Werkstoffwissenschaftliche Grundlagen
Aus den mechanischen und thermo-dynamischen Komponenten der martensitischen Umwandlung ergeben sich die Voraussetzungen für FGE. Die wichtigste und bei Fe-Basis-Legierungen gleichzeitig die am schwierigsten zu realisierende Eigenschaft, die dabei erreicht werden muss, ist die Thermoelastizität des Martensits. Diese wird gekennzeichnet durch [3]:
- die Reversibilität der Umwandlung
- eine kleine Temperaturhysterese zwischen der Hin- und Rückumwandlung (dabei sollten die Rückumwandlungstemperaturen As und Af grundsätzlich deutlich unter etwa 350°C liegen),
- eine bewegliche Phasengrenzfläche zwischen Austenit und Martensit sowie
- ein identischer mikrostruktureller Rückweg in den Austenit wie bei der Umwandlung in den Martensit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Martensitisch umwandelnde Fe-Basis-Legierungen
Aufgrund der Umwandlungsthermodynamik von FGL (auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll – der interessierte Anwender findet jedoch in der angegebenen Literatur zahlreiche Stellen hierzu) sind die für die Praxis sinnvollen chemischen Zusammensetzungen generell relativ eng vorgegeben. Die Bilder 1 a+b zeigen dies für das Legierungssystem Fe-Ni-Co-Ti. Die Lage der möglichen Legierungen ist hierbei sehr gut in einem Realisierungsdiagramm des Dreistoffsystems Fe-Ni-Co abzulesen (Bild 1 a, siehe Feld IV). Vereinfacht ist dies nochmals in Bild 1 b in einem schematischen Fe-Ni-Co-Dreistoffdiagramm dargestellt.
Das austenitische Ausgangsgefüge wie es nach einer Lösungsglühung vorliegt und ein ideales Gefüge für die weiteren notwendigen Schritte darstellt, zeigt Bild 2 a. Wird dieser Zustand nun unter die Martensitstarttemperatur unterkühlt, so wandelt er martensitisch um (Bild 2 b). Die Umwandlung verläuft hier jedoch noch vollkommen normal (also irreversibel), d.h. der Werkstoff besitzt in diesen Zuständen noch keinen Formgedächtniseffekt. Dieses Verhalten kann der Fachmann bereits an der Morphologie der Martensitnadeln erkennen. Diese sind sehr breit und haben daher in ihrer Umgebung zu großen Anteilen nichtreversibler plastischer Verformung geführt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 1a:
Realisierungsdiagramm des Dreistoffsystems Fe-Ni-Co bei Raumtemperatur
I: Ferrit,
II: Martensit,
III: Austenit,
IV: Martensit bei Abkühlung (-196°C),
V: hexagonale Phase,
VI: hexagonale Phase und Austenit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 1b: Lage der möglichen Legierungen im Dreistoffsystem Fe-Ni-Co
(Ti = konst. = 4 m-%), schematisch
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