Durch den Bund am Sinai werden Gott und sein heiliges Volk Israel Bundespartner. Die theologische Konzeptionen von Erwählung und Bund bilden die Grundlagen der „Heiligung des göttlichen Namens“. Erwählungsverpflichtung und Bundesschluss fordern die Nachfolge Israels auf Gottes Wegen. Die Erwählung zeichnet sich durch die Gabe und Aufgabe der Tora aus. Diese wird zum modus vivendi, der die Erfüllung des Gotteswillen, nämlich das Halten der Gebote, verlangt.
Der Begriff Kiddusch ha-Schem, Heiligung des göttlichen Namens, gehört somit zum Zentrum des jüdischen Selbstverständnisses, denn Israel soll als das Volk der Erwählung Gottes durch seine Existenz den Namen Gottes heiligen. Somit liegt in seiner Bedeutung auch ein identitätsstiftender Aspekt.
Im Laufe der Entwicklung wurde dieser Begriff mehr und mehr eingeschränkt im Sinne des Martyriums zur Heiligung des göttlichen Namens. Des Weiteren stellt das Martyrium Kiddusch ha-Schem die höchste Stufe der Zeugenschaft Israels für Gott dar. Meistens wird unter Kiddusch ha-schem ein Martyrium verstanden, welches den Tod zwingend impliziert. Die Heiligung Gottes hat aber eine umfassendere Bedeutung. Jeder Jude, der täglich das Schma Jisrael spricht, muss innerlich die Bereitschaft zur Selbsthingabe besitzen. Schon der Vortrag des Schma wird grundsätzlich als Kiddusch ha-Schem gewertet. Das Kiddusch ha-Schem ist also wesentlich mehr als nur ein förmliches Bekenntnis. Es ist vielmehr ein besonderes Bewusstsein der Juden, mit der ständigen Präsenz Gottes zu leben. Als auserwähltes Volk ist man davon überzeugt, dass ein in der Geschichte handelnder Gott immer mit seinem Volk ist. So wurde das Schma Jisrael zum traditionellen Märtyrerbekenntnis des Judentums. Im Augenblick des Todes hat man sich zur Einheit und Einzigartigkeit des göttlichen Namens bekannt. Das Kiddusch ha-Schem schließt aber nicht notwendigerweise den Tod ein, sondern hat das Leben als Inhalt, das Halten der Gesetze, welche nur im Leben vollzogen werden können. Weil das Kiddusch ha-Schem ein identitätsstiftendes Element im Judentum ist, lässt dies vielleicht auf einen Grund für seine Beständigkeit schließen und soll im Folgenden erschlossen werden. Auf der anderen Seite ist zu erforschen, ob und wann es einen Bedeutungswandel des Begriffes gegebenen hat und letztlich auch warum sich sein Verständnis geändert hat.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemstellung
- Methodischer Zugang
- Hauptteil
- Begriffsdefinition und die Grundzüge des Konzeptes von Kiddusch ha-Schem im Wandel seiner historischen Entwicklung
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die historische Entwicklung des Begriffs Kiddusch ha-Schem (Heiligung des göttlichen Namens) im Judentum. Sie befasst sich mit der Frage, wie sich der Begriff in seiner Bedeutung verändert hat, welche Relevanz er für das jüdische Selbstverständnis besitzt und welche Rolle das Martyrium in diesem Kontext spielt.
- Die Bedeutung des Kiddusch ha-Schem für das jüdische Selbstverständnis.
- Die historische Entwicklung des Begriffs Kiddusch ha-Schem.
- Die Verbindung zwischen Kiddusch ha-Schem und dem Konzept des Martyriums.
- Die Unterscheidung zwischen Kiddusch ha-Schem und Chillul ha-Schem (Entweihung des göttlichen Namens).
- Die Rolle der Öffentlichkeit im Kontext des Kiddusch ha-Schem.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Problemstellung des Themas Kiddusch ha-Schem dar und erläutert den methodischen Zugang der Arbeit. Sie zeigt auf, dass der Begriff Kiddusch ha-Schem im Laufe der Geschichte verschiedene Bedeutungsformen erfahren hat und im Zentrum des jüdischen Selbstverständnisses steht. Die Arbeit streift Disziplinen wie Ethik, Religion, Theologie und Geschichte und beschäftigt sich mit der Frage nach dem Sinn des Lebens und dem Sinn des Märtyrertodes.
Hauptteil
Der Hauptteil beleuchtet zunächst die Begriffsdefinition von Kiddusch ha-Schem und seine Entwicklung in der Geschichte. Er untersucht verschiedene Quellen, darunter das 1. und 2. Makkabäerbuch, das 4. Makkabäerbuch und die rabbinische Tradition. Die Arbeit betrachtet auch den Komplementärbegriff Chillul ha-Schem und analysiert die verschiedenen Auffassungen des Kiddusch ha-Schem im Kontext der rabbinischen Tradition, insbesondere die von Maimonides. Es wird festgestellt, dass der Begriff Kiddusch ha-Schem im Laufe der Zeit zunehmend als Martyrium zur Weihe oder Heiligung des göttlichen Namens verstanden wurde. Die Arbeit stellt aber auch die Bedeutung des Kiddusch ha-Schem im Alltag und als Ausdruck eines bewussten Lebens in der Präsenz Gottes heraus.
Schlüsselwörter
Kiddusch ha-Schem, Heiligung des göttlichen Namens, Chillul ha-Schem, Entweihung des göttlichen Namens, Martyrium, jüdisches Selbstverständnis, Geschichte des Judentums, rabbinische Tradition, Maimonides, Soteriologie, Eschatologie, Ethik, Religion, Theologie.
- Quote paper
- Margarete Roewer (Author), 2006, Die Bedeutung des Kiddusch ha-Schem im jüdischen Selbstverständnis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82945