Viele Bundesbürger waren Mitte April 2006 wohl einigermaßen überrascht, als der neue Hoffnungsträger der SPD Matthias Platzeck aus gesundheitlichen! Gründen seinen Rücktritt vom Parteivorsitz bekannt gab. Die Reaktion der SPD auf diesen Vorfall war aller Enttäuschung zum Trotz reine Formsache. Für solche Fälle gibt es nämlich überall wo sich Menschen gleich zu welchem Zweck zusammenschließen, angefangen beim Schülersprecher über den Kapitän einer Fußballmannschaft bis hin zur Bundeskanzlerin zumindest nominell das Amt eines Stellvertreters. Der Vorsorgegedanke, der hinter der Einsetzung eines Vertreters bei Vakanz der Führungsposition steht, ist jedoch kein moderner.
Ausgehend von einem Hauptseminar in mittelalterlicher Geschichte über die Pfalzgrafschaft bei Rhein im Spätmittelalter, das innerhalb dieses räumlichen und zeitlichen Rahmens immer wieder die inhaltlichen Schwerpunkte Rang und Herrschaft setzte, will ich das neben dem Papsttum wohl würdevollste Stellvertreteramt des Mittelalters untersuchen. Das Reichsvikariat und das damit verknüpfte Richteramt. Aus Urkunden und anderen Texten der genannten Zeit ist häufig zu entnehmen, dass gerade der Pfalzgraf bei Rhein diese beiden Ämter bekleidete, obwohl oder vielleicht gerade weil er im Konzert der Fürsten des Mittelalters keine ebenbürtige Machtgrundlage besaß, die gerade auch in einem zusammenhängenden umfangreichen Territorium ihre Grundlage besaß.
In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen, die ich zu bearbeiten versuche: Aus welchen Gründen wurde dem Pfalzgrafen bei Rhein das Amt des Reichsvikars und das Richteramt übertragen? Waren diese Ämter neben der Auszeichnung es zu tragen auch wirkungsmächtig?
Im ersten Kapitel geht es mir um die (rechtshistorische) Erklärung und innere und äußere Differenzierung des Begriffs Reichsvikariat.
Das zweite Kapitel untersucht chronologisch anhand von Urkunden und anderen Rechtstexten beispielhafte Fälle der Reichsvikariate der Pfalzgrafen bei Rhein
Im dritten Kapitel gebe ich ausgehend vom Schwabenspiegel eine Erklärung und Differenzierung des Richteramtes des Pfalzgrafen bei Rhein.
Ich zeige im vierten Kapitel wiederum an Quellentexten wann, wo, wie und warum es zur Ausübung des Richteramtes des Pfalzgrafen bei Rhein gekommen ist.
Das fünfte Kapitel fasst die Ergebnisse zusammen und zieht ein kritisches Fazit.
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 1. Begriffsklärung - Reichsvikariat
- 2. Der Pfalzgraf bei Rhein als Reichsvikar
- 2.1 Pfalzgraf bei Rhein Otto II. als Reichsvikar 1251-1253
- 2.2 Pfalzgraf bei Rhein Ludwig II. als Reichsvikar 1267
- 2.3 Der Pfalzgraf bei Rhein als Reichsvikar im Schwabenspiegel
- 2.4 Pfalzgraf bei Rhein Ludwig II. als Reichsvikar 1277
- 2.5 Der Pfalzgraf bei Rhein als Reichsvikar in der Goldenen Bulle von 1356
- 2.6 Der Pfalzgraf bei Rhein Ruprecht II. als Reichsvikar 1394
- 3. Begriffsklärung – Richteramt
- 4. Der Pfalzgraf bei Rhein als Richter über und anstelle des Königs
- 4.1 Pfalzgraf bei Rhein Ludwig II. als Richter anstelle des Königs 1274
- 4.2 Das Richteramt des Pfalzgrafen bei Rhein in der Goldenen Bulle 1356
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Reichsvikariat und dem Richteramt des Pfalzgrafen bei Rhein im Spätmittelalter. Sie analysiert, welche Gründe zur Übertragung dieser Ämter an den Pfalzgrafen führten und ob diese Ämter neben der Auszeichnung auch wirkungsmächtig waren.
- Entwicklung und Funktionsweise des Reichsvikariats
- Beispiele für Reichsvikariate der Pfalzgrafen bei Rhein
- Definition und Funktion des Richteramts des Pfalzgrafen bei Rhein
- Ausübung des Richteramts durch den Pfalzgrafen bei Rhein
- Die Bedeutung des Reichsvikariats und des Richteramts für die Machtposition des Pfalzgrafen bei Rhein
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 erklärt den Begriff Reichsvikariat, seine historischen Rahmenbedingungen und die Entstehung als praktische Folge der mittelalterlichen königlichen Herrschaftspraxis. Kapitel 2 analysiert anhand von Urkunden und Rechtstexten verschiedene Reichsvikariate der Pfalzgrafen bei Rhein in chronologischer Reihenfolge. Kapitel 3 erklärt und differenziert das Richteramt des Pfalzgrafen bei Rhein, basierend auf dem Schwabenspiegel. Kapitel 4 zeigt an Quellentexten wann, wo, wie und warum das Richteramt des Pfalzgrafen bei Rhein ausgeübt wurde.
Schlüsselwörter
Reichsvikariat, Richteramt, Pfalzgraf bei Rhein, Spätmittelalter, Reichsordnung, Reichsgeschichte, Rechtsgeschichte, mittelalterliche Herrschaftspraxis, königliche Autorität, Stellvertretung, Verweser, Interregnum, Goldene Bulle.
- Quote paper
- Frank Rückert (Author), 2006, Der Pfalzgraf bei Rhein, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82908