Um Dialekte sprachwissenschaftlich zu erforschen, betrachtet man am besten die frühesten Epochen von Sprachentwicklungen. Die romanische Philologie ist eine vorwiegend auf das hohe Mittelalter ausgerichtete Disziplin, da die Entlehnung und Individualisierung der romanischen Sprachen in diesen Zeitraum, zwischen dem Mittelalter bis ins goldene Zeitalter, dem Siglo de Oro (16./17. Jahrhundert), fällt.
„… die Romanistik, wie sie im Mittelalter, in der Renaissance und teilweise sogar noch im 18. Jahrhundert betrieben wurden, ist auf bestimmte klassische Prinzipien zurückzuführen, die man am besten dort studiert, wo sie entstanden sind…“
Die wesentlichen Veränderungen im Sprachwandelprozess vom mittelalterlichen Spanisch zum modernen Spanisch vollzogen sich vorwiegend in den so genannten „Siglos de Oro“, im Laufe des 15. bis 17. Jahrhunderts. Diese verstärkten den Unterschied gegenüber dem Katalanischen und Portugiesischen.
Gegenstand dieser Hausarbeit wird die Untersuchung der gesprochenen Dialekte in der Romania mit schwerpunktartiger Thematisierung der Dialekte Kastilisch, Katalanisch und Portugiesisch, insbesondere im Siglo de Oro, sein.
Besondere Berücksichtigung finden hierbei, neben den linguistischen Aspekten, auch die literarischen und polit-historischen Hintergründe.
„Der Zusammenhang der modernen Linguistik mit der klassischen ist in diesem Bereich stets gegenwärtig.(…)“
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Romania
2.1. Der Ursprung der romanischen Sprachen vom Lateinischen
2.2. Die Klassifizierung der romanischen Sprachen
2.3. Damalige Sprachverteilung
3. Das Kastilische
3.1. Der Aufstieg des Kastilischen
3.2. Die Ausbreitung des Kastilischen im Mittelalter
3.3. Das Siglo de Oro
3.4. Sprachwandelprozess Alt- /Neuspanisch
3.4.1. Phonischer Bereich:
3.4.2. Grammatischer Bereich
3.5. Das heutige Spanisch
3.6. Die Ausbreitung des Spanischen außerhalb des Mutterlandes
4. Das Portugiesische
4.1. Historie
4.2. Charakeristische Lauterscheinungen des Portugiesischen
4.2.1. Phonologie
4.2.2. Morphologie
4.2.3. Syntax
4.2.4. Wortschatz
4.3. Dialektale Varianten
4.4. Die Ausbreitung des Portugiesischen
5. Das Katalanische
5.1. Historie
5.2. Merkmale des Katalanischen
5.3. Die Stellung des Katalanischen in der Romania
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Um Dialekte sprachwissenschaftlich zu erforschen, betrachtet man am besten die frühesten Epochen von Sprachentwicklungen. Die romanische Philologie ist eine vorwiegend auf das hohe Mittelalter ausgerichtete Disziplin, da die Entlehnung und Individualisierung der romanischen Sprachen in diesen Zeitraum, zwischen dem Mittelalter bis ins goldene Zeitalter, dem Siglo de Oro (16./17. Jahrhundert), fällt.
„… die Romanistik, wie sie im Mittelalter, in der Renaissance und teilweise sogar noch im 18. Jahrhundert betrieben wurden, ist auf bestimmte klassische Prinzipien zurückzuführen, die man am besten dort studiert, wo sie entstanden sind…“[1]
Die wesentlichen Veränderungen im Sprachwandelprozess vom mittelalterlichen Spanisch zum modernen Spanisch vollzogen sich vorwiegend in den so genannten „Siglos de Oro“, im Laufe des 15. bis 17. Jahrhunderts. Diese verstärkten den Unterschied gegenüber dem Katalanischen und Portugiesischen.
Gegenstand dieser Hausarbeit wird die Untersuchung der gesprochenen Dialekte in der Romania mit schwerpunktartiger Thematisierung der Dialekte Kastilisch, Katalanisch und Portugiesisch, insbesondere im Siglo de Oro, sein.
Besondere Berücksichtigung finden hierbei, neben den linguistischen Aspekten, auch die literarischen und polit-historischen Hintergründe.
„Der Zusammenhang der modernen Linguistik mit der klassischen ist in diesem Bereich stets gegenwärtig.(…)“[2]
2. Die Romania
Die Romania umfasst die Länder Portugal Spanien, Frankreich, Italien, einige Kleinstaaten, wie Andorra, Monaco und San Marino, das frankophone Belgien, die französisch-, italienisch, oder rätoromanischsprachige Schweiz, sowie die italienischsprachigen Gebiete in Istien und Dalmatien. Das Katalanische, das Okzitanische, das Sardische, sowie das Ladinische werden als selbständige Gruppierungen betrachtet.
Durch die Ansiedlung spanischsprachiger jüdischer Gemeinden auf dem Balkan, die 1492 von der iberischen Halbinsel vertrieben wurden und im türkischen Reich Asyl fanden, wurde die spanische Sprache durch deren Nachkommen, den sephardischen Juden der Levante, in einigen Städten des europäischen Ostens, wie in Bosnien, Mazedonien, in der Türkei, bis in die moderne Zeit bewahrt. Dieses Spanisch entspricht in erstaunlicher Weise der älteren Sprache (zum Beispiel die Erhaltung von –f-, die Unterscheidung zwischen dem stimmhaften und stimmlosen „s“, zwischen stimmhaftem und stimmlosen „z“, Bewahrung des Lautes š für χ, j).[3] Dieses Spanische wird auch als „Ladino“ bezeichnet.
Als eine Sonderentwicklung des Spanischen ist das Papamiento, eine zusätzliche Bildung einer kreolischen Variante auf den Philippinen, das lexikalisch stark vom Spanischen beeinflusst worden ist, zu nennen.
Die so genannte „Neue Romania“ umfasst die romanischsprachigen Regionen, wo die romanischen Sprachen nicht durch die Romanisierung, sondern erst durch die Kolonisierung eingeführt wurden. Auf diese Weise gelangte das Spanische nach Mittel- und Südamerika, das Portugiesische nach Brasilien und das Französische nach Kanada und auf die Antillen.
Die Pidgin- und Kreolensprachen bilden Nebenzweige der Romanistik, vor allem diejenigen, die auf portugiesischer oder französischer Grundlage entstanden sind. Sie haben sich beim Kontakt von europäischen Sprachen mit den Eingeborenensprachen in Afrika herausgebildet[4].
2.1. Der Ursprung der romanischen Sprachen vom Lateinischen
„Sechs romanische Sprachen ziehen von n grammatischer Eigenthümlichkeit oder litterärischer Bedeutung unsre Aufmerksamkeit auf sich: zwei östliche, die italienische und walachische [=rumänische ]; zwei südwestliche, die spanische und portugiesische; zwei nordwestliche, die provenzalische und französische. Alle haben ihre erste und vornehmste Quelle in der lateinischen. Aber nicht aus dem classischen Latein, dessen sich die Schriftsteller bedienten, flossen sie, sondern…aus der römischen Volkssprache…und zwar aus der spätlateinischen Volksmundart“[5] .
Der Gedanke von der gemeinsamen Abstammung der romanischen Sprachen vom Lateinischen, bzw. dem so genannten Vulgärlatein, kehrt vom 15. Jahrhundert an ständig in den Werken der spanischen, französischen und italienischen Literaten wieder. Die Verwandtschaft wurde schon viele Jahrhunderte vor der Entstehung der historischen Sprachwissenschaft erkannt.
Im Gegensatz zum klassischen Latein, das Vokale nach dem Prinzip der Quantität (lange und kurze Vokale) differenzierte, wurde beim Vulgärlatein nach Klangfarbe und Qualität unterschieden, d.h. der lange Vokal des klassischen Lateins wurde zum geschlossenen, der kurze zum offenen Vokal: “…the distinction between CL vowels an VL vowels was the difference between quantity and quality.[6] “
Dies führte zum Zusammenfall einiger Vokallaute und Vokalgruppen(= Quantitätenkollaps). Dieses simplifizierte Vokalsystem des Vulgärlateins bildete die Grundlage für fast alle romanischen Sprachen.
Die Vokale der (nicht anfangs-) vortonigen und nachtonigen Silbe schwanden:
à amaricu(m)< amargo; capitulu(m)< cabildo.
Der Vokal „e“ der letzten Silbe nach den Konsonanten t, d, n, l, r, s, c schwand:
à bonitate(m)< bondad; mercede(m)< merced[7].
Das aus dem klassischen Latein entstandene Vulgärlatein bildet den Ursprung für die uns heute bekannten Sprachen. Diese Sprache des einfachen Volkes, auch „vulgaris sermo“(nach Cicero) stand im Gegensatz zum kultivierten literarischen Latein des gehobenen Standes.
Vulgärlateinische Formen sind zum Beispiel:
(1) die Entstehung des Artikels (aus ille wird ipsum, bzw. unum)
(2) die Entstehung der synthetischen Formen des lateinischen Futurs (aus cantabo wird cantare habeo)
(3) die analoge Umformungen bei Verben (potere statt posse)[8].
Man betrachtet zwei oder mehrere Sprachen als verwandt, wenn sie die Fortsetzung einer einzigen älteren Sprache sind. Da die romanischen Sprachen eine sehr große Ähnlichkeit untereinander aufweisen und das Lateinische eine uns erhaltene Sprache ist, stellen sie den Idealfall einer genetisch verwandten Gruppe dar.[9]
2.2. Die Klassifizierung der romanischen Sprachen
Zur Analyse genealogischer Verwandtschaftsverhältnisse wurden zahlreiche Methoden philologischer Untersuchungen entwickelt. In diesem Zusammenhang sei der Indogermanist August Schleicher genannt, der die Vorstellung von der Sprache als Organismus hatte. Er entwickelte die „Darwinsche Theorie von der Sprachwissenschaft“[10] und veranschaulichte diese in einem Stammbaum, der die Entwicklung der Sprachen ähnlich wie die der Menschen und Pflanzen rekonstruiert.
Eine andere Theorie ist die von der wellähnlichen Verbreitung sprachlicher Neuerungen.
Die Gründe für die Entstehung und der fortschreitenden Differenzierung der romanischen Sprachen sind vielfältiger Art, keine Sprache befindet sich je in vollkommener statischer Ausgeglichenheit[11]
Der Begründer der romanischen Philologie, Professor Friedrich Diez, unterscheidet nur sechs romanische Sprachen: das Italienische, das Walachische (= rumänisch) als östliche Sektion, das Portugiesische und das Spanische als westliche und das Provenzalische und das Französische als nordwestliche Gruppe. Bei der Anwendung der historisch-vergleichenden Methode beruht seine Klassifikation nicht auf streng sprachlichen, sondern auf vorwiegend kulturellen und historischen Kriterien, er berücksichtigt dabei nur Sprachen mit literarischer Tradition, die also eine eigene Literatur hervorgebracht haben.[12]
Der Philologe W. Meyer-Lübke unterscheidet hingegen in seiner „Einführung in das Studium der romanischen Sprachwissenschaften“ (Heidelberg, 1920, S.17) neun Einheiten innerhalb der romanischen Sprachfamilie: Rumänisch, Dalmatisch, Rätoromanisch, Italienisch, Sardisch, Provenzalisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch.
Das Katalanische ordnet er, wie Diez auch, dem Provenzalischen zu.[13]
Bei Carlo Tagliavini findet sich in seiner „Einführung in die romanische Philologie“ wiederum eine andere Einteilung. Er schlägt das „Klassifikationssystem der romanischen Sprachen[14] “ vor.
Rumänisch Balkanromanisch
Dalmatisch
Italienisch Italoromanisch
Sardisch
Rätoromanisch
Französisch
Frankoprovenzalisch Galloromanisch
Provenzalisch (und Gaskognisch)
Katalanisch
Spanisch Iberoromanisch
Portugiesisch
2.3. Damalige Sprachverteilung
Im Mittelalter war die Sprachlandschaft auf der iberischen Halbinsel sehr heterogen: nach der Invasion der Araber war das Gebiet in zahlreiche kleine Königreiche zerstückelt. Als Folge hiervon waren ebenso zahlreiche Dialekte zu finden:
Südlich des Dueroflusses lebten die mozarabischen Dialekte (= Dialekte der christlichen hispano-romanischen Bevölkerung im moslemischen Herrschaftsraum der Halbinsel) unter arabischer Herrschaft weiter.
Im Norden existierten klar differenzierte linguistische Grenzen:
- Leonesisch, im Reich von Asturien und León,
- das Kastilische, in Kantabrien,
- das Navarreisch-Aragonesische, in den Königreichen Navarra und Aragón,
- Galizisch-Portugiesisch und Katalanisch im Westen und Osten,
- sowie das nicht-romanische Baskische.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 vgl.: Gómez-Moriana, Antonio: „Die sprach- und literarhistorische Entwicklunmg des Spanischen“; Ernst Klett (Hrsg.), Stuttgart 1973
3. Das Kastilische
Das heute gesprochene moderne Spanisch (= el castellano, oder lengua castellana) gehört neben Rumänisch, Italienisch, Sardisch, Rätoromanisch, Französisch, Katalanisch und Portugiesisch zu den romanischen Sprachen und wird auf der Welt von etwa 200 Millionen Menschen gesprochen[15]. In erster Linie ist das Kastilische die Sprache des Königreichs Spanien, mit Ausnahmen des nordöstlichen Teils (dort wird katalanisch gesprochen), der baskischen Provinzen (die Sprache dort ist baskisch) und der vier nordwestlichen Provinzen La Coruna, Lugo, Orense und Pontevedra (dort spricht man galicisch).
3.1. Der Aufstieg des Kastilischen
Ihrer Herkunft nach ist die spanische Schriftsprache ein nordspanischer Dialekt, dessen Zentrum im Gebiet von Burgos liegt.
Vom Ausgang des 11. bis Mitte des 13. Jahrhunderts erlebte das Kastilische eine Phase der Expansion und des Triumphs. Für den Aufstieg des Kastilischen war insbesondere die Existenz von sprachlichen Austrahlungszentren, z.B. in Burgos und Toledo, von großer Bedeutung[16].
Allmählich bildete sich eine Tradition der Texterzeugung in Konkurrenz zum Lateinischen heraus: Als berühmtestes Werk ist das erste Denkmal altkastilischer Epik, der auf das Jahr 1140 datierte „Cantar de mio Cid“ zu nennen[17]. Dabei handelt es sich um ein Heldenepos um die Abenteuer des Nationalhelden Rodrigo Diaz de Bivar.
Nach und nach verlor das Königreich León an Macht, das Kastilische dehnte sich aus und verwandelte die spanische Dialektgliederung grundlegend: Die kastilische Sprache trennte bei seiner Ausdehnung in Toledo und Andalusien endgültig die westlichen von den östlichen Dialekten.
[...]
[1] Renzi, Lorenzo: „Einführung in die romanische Sprachwissenschaft“; Gustav Ineichen (Hrsg.),
Tübingen 1980, S.2
[2] ebd.: S. 10
[3] vergl.: Tagliavini, Carlo: „Einführung in die romanische Philologie“; A. Francke (Hrsg.), Tübingen/Basel 1998, S.155
[4] vergl.: Renzi, Lorenzo: „Einführung in die romanische Sprachwissenschaft“; Gustav Ineichen (Hrsg.),
Tübingen 1980, S.89
[5] Diez, Friedrich: „Grammatik der romanischen Sprachen, S.3. In: Taglavini, Carlo: „Einführung in die romanische Philologie“; A. Francke (Hrsg.), Tübingen/Basel 1998, S.8
[6] Poulter, Virgil L.:“An introduction to old Spanish“, New York, Bern; Frankfurt a.M.; Paris:Lang, 1990
[7] Beispiele: vgl.: Gómez-Moriana, Antonio: „Die sprach- und literarhistorische Entwicklung des Spanischen“; Ernst Klett (Hrsg.), Stuttgart 1973, S.10
[8] vgl.: Elwert, Wilhem T.: „Die romanischen Sprachen und Literaturen“; Beck (Hrsg.), München 1979
[9] Taglavini, Carlo: „Einführung in die romanische Philologie“; A. Francke (Hrsg.), Tübingen/Basel 1998, S.275
[10] vergl.: Renzi, Lorenzo: „Einführung in die romanische Sprachwissenschaft“; Gustav Ineichen (Hrsg.),
Tübingen 1980, S.17
[11] Tagliavini, Carlo: „Einführung in die romanische Philologie“; A. Francke (Hrsg.), Tübingen/Basel 1998, S.274
[12] Tagliavini, Carlo: „Einführung in die romanische Philologie“; A. Francke (Hrsg.), Tübingen/Basel 1998, S.276
[13] ebd.: S.277
[14] ebd.: S. 279
[15] vergl.: Renzi, Lorenzo: „Einführung in die romanische Sprachwissenschaft“; Gustav Ineichen (Hrsg.),
Tübingen 1980, S.91
[16] Tagliavini, Carlo: „Einführung in die romanische Philologie“; A. Francke (Hrsg.), Tübingen/Basel 1998, S.395
[17] Dietrich, Wolf:„Einführung in die spanische Sprachwissenschaft“; Erich Schmidt (Hrsg.), Berlin 1993, S.174
- Quote paper
- M.A. (Magistra Artium) Julia Brenner (Author), 2003, Dialekte in der Romania - Kastilisch, Katalanisch und Portugiesisch, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82766
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