Hinsichtlich des kriminalliterarischen Feldes fehlt der Name einer Autorin in keiner Gattungsstudie: Agatha Christie. Die literarische Rezeption ihrer rätselhaften Detektivromanen hat weltweit auf die Entwicklung der Kriminalliteratur-Szene eingewirkt, wurde daher bereits in zahlreichen Forschungsansätzen unter die Lupe genommen.
Im Zuge dieser Studie soll der Fokus nun auf den deutschsprachigen Raum und die bisherige Gesamtdauer der Rezeption – vom Zeitpunkt der Erstveröffentlichung in Übersetzung bis heute – verlagert werden: Wer liest bzw. las Christies Detektivgeschichten zu welcher Zeit aus welchen Gründen und mit welcher Wirkung? Welche Rezeptionsvorteile bietet die von Christie (mit-)entwickelte spezifische Werkstruktur?
Hieran knüpft sich außerdem die Fragestellung an, welche Auswirkungen die mediale Ausweitung des Christie'schen Werkes – vor allem in Richtung audio-visueller Medien – auf die Rezeptionssituation (gehabt) hat.
Und nicht nur die unmittelbaren Konsumenten haben Anteil an der werkgeschichtlichen literarischen Rezeption; ganz entscheidendend determiniert ein weiterer Faktor, inwiefern die literarischen Texte Verbreitung finden: die Distribution, vor allem durch zahlreiche Verlage. Wie hat sich der deutsche Vertrieb von und der Markt mit Christies Werken seit den ersten übersetzten Publikationen entwickelt? Welche Hinweise geben in diesem Kontext auch paratextuelle Anhaltspunkte (wie etwa divergente Einbandgestaltungen) auf Verkaufsstrategien der Verlage, auf ihre adressierte Leserschaften und damit auf die gesamte Rezeptionslandschaft?
Nicht zuletzt sollen die produktiven Rezipienten in Augenschein genommen werden: Hat Agatha Christies literarisches Schaffen Auswirkungen auf die (Fort-)Entwicklung einer deutschen Kriminalliteratur gehabt? Inwiefern greifen hiesige Autoren auf die Werke der englischen ‚Mentorin’ zurück, machen sich einerseits ihre Vorlagen zunutze und wandeln sie andererseits ab? Und welche evolutionären Einflüsse bergen zudem kritisch wertende Stimmen der Literaturwissenschaft auf die genrespezifische Rezeptions- und Produktionslandschaft?
All diese Bereiche beleuchtet die vorliegende Studie - wobei es sich freilich lediglich um theoretische Annäherungen mittels exemplarischer Analysen rezeptionsrelevanter Größen handeln kann, die nicht auf Vollständigkeit plädieren, sondern in erster Linie Anregungen liefern wollen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Definitorische Einführungen
2.1. Rezeptionstheorien
2.2. Formen der Kriminalliteratur – ein gattungsästhetischer Abriss.
2.3. Zur Theorie des Detektivromans.
3. Christies Werk
3.1. Gattungsbezeichnungen
3.2. Christies formeller Rahmen
4. Zur Popularität der Christie-Rezeption: Belege und erste Ursachenanalyse
4.1. Paratextuelle Rezeptionssignale: Die Relevanz divergenter Verlagsausgaben
4.1.1. Einbandgestaltungen
4.1.2. Titel
4.2. Internationalität
4.3. Strukturorientierte Rezeptionsanalyse: Christie als intellektuelle Trainerin
5. Psychologisch determinierte Rezeptionsmotive: Christies ‚Gebrauchswert’
5.1. Leser und Bedürfnisse
5.2. Unterhaltungsliteratur
5.3. Spannung und Angstlust
5.4. Beruhigung.
5.5. Exkurs 1: Spezifische Christie-Rezeption in der Nachkriegszeit
5.6. Exkurs 2: Besonderheiten der heutigen Christie-Rezeption
6. Zur medialen Ausweitung des Christieschen Werkes.
6.1. Aktuelle Filmprojekte
6.2. Literaturverfilmungen: Möglichkeiten und Probleme
7. Die produktive Christie-Rezeption in Deutschland
7.1. Exemplarische Autorenanalyse: Sabine Deitmer – eine deutsche Autorin auf Christies Spuren?
7.2. Übertragung auf die aktuelle deutsche Krimi-Landschaft
8. Fazit
9. Bibliographie
1. Einleitung
Buchmarktanalysen zufolge kann ein spezielles literarisches Genre seit Jahren eine führende Position innerhalb der Verkaufs- und Beliebtheitsrankings behaupten: die Kriminalliteratur.[1] Als nicht mehr als triviale Unterhaltung wurde sie von vielen Kritikern und Literaturwissenschaftlern lange Zeit vollkommen missachtet bzw. degradiert. Doch ein solches Pauschalurteil sollte nicht übereilt gefällt werden, denn die Gattung umfasst ein derart facettenreiches Textspektrum, dass es problematisch ist, allgemeine Aussagen über ihre Eigenarten und Qualität zu formulieren. In seiner 2003 in 3. Auflage erschienenen Studie zum Kriminalroman bemerkt Peter Nusser folgerichtig: „Die Erforschung des Kriminalromans unter literatursoziologischen und rezeptionsästhetischen Gesichtspunkten steckt zwar noch in den Anfängen […], doch wird an der Notwendigkeit dieser Aufgabe nicht mehr gezweifelt.“[2]
Hinsichtlich des kriminalliterarischen Feldes fehlt der Name einer Autorin in keiner Gattungsstudie: Agatha Christie. Die 1976 verstorbene Britin konnte ihr Leben lang beständig Erfolge feiern – und auch nach ihrem Tod bleibt die Popularität der englisches Schriftstellerin weltweit ungebrochen: Es kann, so der Stand weltweiter Schätzungen 1990, von über zwei Milliarden verbreiteten Roman-Exemplaren der Christie, die insgesamt 95 Bücher geschrieben hat,[3] ausgegangen werden – eine Zahl, die lediglich die Bibel zu übertreffen vermag.[4] Ihr zu Ehren gibt es in Deutschland seit 2003 den vom Scherz-Verlag und der Zeitschrift AMICA ins Leben gerufenen Agatha-Christie-Krimipreis,[5] und übersetzt wurden die Werke der durch die Bouchercon Mystery Convention[6] im Dezember 2000 zur „Beste Kriminalschriftstellerin des Jahrhunderts“[7] gekrönten Autorin bislang in insgesamt 103 Sprachen, was sogar Shakespeares Verbreitung überbietet.[8]
Dass Agatha Christies Werk eine finanzielle Goldgrube darstellt, belegt noch konkreter die Tatsache, dass 1990 allein die jährlichen Tantiemen durch Buch-, Theater-, Film- und Fernsehrechte knapp 15 Millionen betrugen.[9] Weiter wurden der Autorin wegen ihrer enormen Popularität und ihres Einfluss auf die literarischen Landschaften unterschiedlicher epochaler Zeiträume und Nationen bis heute zahlreiche Einzelstudien gewidmet, und zwar nicht nur in ihrer englischen Heimat, sondern ebenso hierzulande. Die literarische Rezeption ihrer rätselhaften Detektivromanen hat dementsprechend auch in Deutschland auf die Entwicklung der Kriminalliteratur-Szene eingewirkt und verdient es somit zweifelsohne, auf literaturwissenschaftlicher Ebene eingehend beleuchtet zu werden.
Die Seite der direkten Leserschaft, auf welche Christies Werk seit mehr als 70 Jahren eine stetige Faszination ausübt, ist von der Forschung bereits in diversen Ansätzen und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet worden, meist jedoch insbesondere mit Blick auf die Entstehungszeit der Romane und hinsichtlich des englischen Heimatraums der Autorin. Im Zuge dieser Studie soll der Fokus nun auf den deutschsprachigen Raum und die bisherige Gesamtdauer der Rezeption – vom Zeitpunkt der Erstveröffentlichung in Übersetzung bis heute – verlagert werden. Die zu beantwortenden Fragen lauten hier primär: Wer liest bzw. las Christies Detektivgeschichten zu welcher Zeit aus welchen Gründen und mit welcher Wirkung? Und: Welche Rezeptionsvorteile bietet die von Christie vertretene spezifische Werkstruktur? Hieran knüpft sich außerdem die Fragestellung an, welche Auswirkungen die mediale Ausweitung ihres Werkes – vor allem in Richtung audio-visueller Medien – auf die Rezeptionssituation (gehabt) hat.
Doch nicht nur die unmittelbaren Konsumenten haben Anteil an der werkgeschichtlichen literarischen Rezeption; ganz entscheidendend determiniert ein weiterer Faktor, inwiefern die literarischen Texte Verbreitung finden: die Distribution, vor allem durch zahlreiche Verlage. Wie hat sich der deutsche Vertrieb von und der Markt mit Christies Werken seit den ersten übersetzten Publikationen entwickelt? Welche Hinweise geben in diesem Kontext auch paratextuelle Anhaltspunkte (wie etwa divergente Einbandgestaltungen) auf Verkaufsstrategien der Verlage, auf ihre adressierte Leserschaften und damit auf die gesamte Rezeptionslandschaft?
Einen weiteren Faktor, der auf das literarische Rezeptionsfeld wirkt, stellen die Autoren selbst als produktive Rezipienten dar. Hat Agatha Christies literarisches Schaffen Auswirkungen auf die (Fort-)Entwicklung einer deutschen Kriminalliteratur gehabt? Inwiefern greifen hiesige Autoren[10] auf die Werke der englischen ‚Mentorin’ zurück, machen sich einerseits ihre Vorlagen zunutze und wandeln sie andererseits ab? Und welche evolutionären Einflüsse bergen zudem kritisch wertende Stimmen der Literaturwissenschaft auf die genrespezifische Rezeptions- und Produktionslandschaft?
All diese Bereiche zu beleuchten ist Ziel der vorliegenden Studie, wobei – dies soll vorab schon einmal festgehalten werden – es sich lediglich um theoretische Annäherungen mittels exemplarischer Analysen rezeptionsrelevanter Größen handeln kann, die nicht auf Vollständigkeit plädieren, sondern in erster Linie Anregungen liefern wollen.
2. Definitorische Einführungen
2.1. Rezeptionstheorien
Eine Arbeit wie diese, in deren Zentrum die Rezeption eines spezifischen Werkes steht, bedarf vorab einer kurzen Darstellung rezeptionstheoretischer Faktoren, welche auf Probleme innerhalb der Rezeptionserforschung aufmerksam machen soll und das weitere Vorgehen außerdem bereits vorskizziert.
Zunächst einmal ist generell festzuhalten: Rezeptionstheorien analysieren alle erdenklichen (Leser-)Reaktionen auf einen literarischen Text – seien sie soziologischer, politischer, historischer, hermeneutischer, psychologischer oder auch semiotischer Natur.[11] Ihnen allen ist gemein, dass sie den Leser bzw. die durch ihn stattfindende Textaneignung ins Zentrum der Betrachtung stellen, also weniger, bzw. gar nicht, auf die Werkentstehung eingehen. Im Zuge der seit 1960[12] durch den Literaturwissenschaftler Hans Robert Jauß etablierten Rezeptionsästhetik und -geschichte haben die Rezeptions- sowie die Leserforschung stetig literaturwissenschaftliches Interesse geschürt. Einen Schritt weitergehend, haben Rezeptionstheorien das Aufkommen zahlreicher empirischer Forschungen zum Literaturkonsum angeregt.[13] Diese Studien wiederum helfen auf dialektische Weise bei der Weiter- bzw. Neuentwicklung theoretischer Ansätze.[14] Empirie kann betrachtet werden als eine Art Kontrollinstanz, und auch Theoretiker sind darauf bedacht, ihre Thesen auf empirisch fundierte Untersuchungen zu stützen.[15] Speziell der Zweig der Literaturdistribution, das Verlagswesen und der Buchhandel also, unterstützen die empirische, literatursoziologisch ausgelegte Erforschung gegenwärtiger Rezeptionsbedingungen, primär natürlich um ihren Absatz durch eine auf das favorisierte Leseverhalten abgestimmte Ausrichtung ihres Angebots zu steigern. Im Vordergrund steht bei solchen Studien demnach stets die kommunikative, gesellschaftsbildende Funktion literarischer Texte.[16] Gleichgesinnt fragen etwa Eggert und Rutschky in erster Linie nach den sozialen Bedingungen von Lesemotivationen, um im Zuge einer näheren Bestimmung konkreter Lesesituationen und -interessen spezifische „Rezeptionshandlungstypen herauszudestillieren.“[17] Problematisch bei derartigen Studien zur Erforschung des Leseaktes ist, dass sie sich zumeist auf spekulative Wahrscheinlichkeitsaussagen oder Selbstinterpretation der Leser berufen, welche jedoch als wissenschaftliche Werte unzulänglich sind.[18] Man muss sich hier also mit suggestiven Ergebnissen zufrieden geben.
Dahingegen operiert beispielsweise Iser in seiner Wirkungsästhetik mit dem Begriff des impliziten, also ideellen und somit nicht konkretisierten Lesers, was diverse Probleme birgt. Denn eine derartige Typisierung ist keineswegs empirisch, sondern vollends im Werk verankert. Damit fällt Iser, dessen Ziel ursprünglich ein Paradigmenwechsel von der medienzentrierten Werks- auf die Publikumsebene war, zwangsweise wieder zurück auf eine werkimmanente Stufe,[19] obwohl er sich bewusst ist, dass die Gesellschaft nie von Literatur getrennt werden darf.[20] Insgesamt muss allerdings ebenso festgehalten werden, dass die Wirkung eines Textes auch nicht ohne Bezüge zur Produktionsgeschichte und Darstellungsästhetik zu ergründen ist, da die Faktoren Produktion, Rezeption sowie – dies wird häufig vergessen – die Distribution und die Kritik ein in unauflösbarer Wechselwirkung stehendes Zirkelsystem aus Beeinflussungen bilden. Trotz seiner vorbehaltlichen Mängel kann ein an Iser und Jauß angelehntes Verfahren der Rezeptionsanalyse daher durchaus von Nutzen sein, muss jedoch im Anschluss für eine weiterführende soziale Erfassung des literarischen Wertes noch ergänzt werden durch historisch konkretisierte Beobachtungen sowie selektive Betrachtungen divergierender Lesetypen. Einbeziehen sind hier Erkenntnisse der Sozialwissenschaften, der Buchmarktforschung wie der Psychologie.
Intention dieser Arbeit ist es, unter Zuhilfenahme diverser der dargestellten rezeptionstheoretischen und -ästhetischen Methoden[21] und unter Berücksichtigung der am Rezeptionsprozess beteiligten Faktoren literarische Produktion sowie Distribution einen detaillierten Überblick über die möglichen Ansätze zur Rezeptionserforschung des Christieschen Werkes zu liefern. Hierbei spielt natürlich auch der besondere Charakter der zu untersuchenden Detektivromane eine Rolle. Er soll im Folgenden kurz vorgestellt werden.
2.2. Formen der Kriminalliteratur – ein gattungsästhetischer Abriss
Die ursprünglichen Wurzeln der Kriminalliteratur können im Grunde bis in die Antike zurückverfolgt werden, und das Genre entwickelt sich – auf globaler Ebene – bis heute stetig weiter; die Gattungsgeschichte ist dementsprechend umfangreich und in zahlreichen Studien ausführlich erörtert worden.[22] Ältere Untersuchungen zu kriminalistischer Literatur weisen hierbei zumeist gattungsterminologische Unstimmigkeiten auf, da sich folgende, mittlerweile weitestgehend anerkannte Übereinkunft erst entwickeln und durchsetzen musste:
Das Genre der Kriminalliteratur ist aufzufassen als übergeordnete Rubrik, unter die sich all jene fiktiven Werke fassen lassen, die ein Verbrechen und seine Bestrafung ins Zentrum setzen. Abzugrenzen ist diese Gattung von der sogenannten ‚Verbrechensliteratur’, einer kunstvollen Dichtungsform, die auf philosophischem Wege nach „dem Ursprung, der Wirkung und dem Sinn des Verbrechens und damit nach der Tragik der menschlichen Existenz“[23] sucht. Demgegenüber thematisiert Kriminalliteratur in erster Linie die prozessuale Täterüberführung und lässt sich hier wiederum in zwei idealtypische Sparten untergliedern: in Detektivroman und Thriller.
Ulrich Schulz-Buschhaus legt als gattungsstrukturelle Basis des Kriminalromans drei Grundelemente fest: „action“, „analysis“ und „mystery“.[24] Für den (meist chronologisch erzählten) Thriller, der „die Verfolgungsjagt eines schon bald identifizierten oder von vornherein bekannten Verbrechers“[25] zentriert, ist die Dominanz der ‚action‘ typisch. Dahingegen befasst sich der als Rätsel angelegte Detektivroman mit der durch einen verstandesmächtigen Detektiv auf analytische Weise vorgenommenen, retrograd gerichteten Auflösung eines mysteriösen, eingangs und im Verborgenen begangenen Verbrechens. Den Kern bildet hier also „die hindernisreiche gedankliche Entschlüsselung des verrätselten Verbrechens“.[26] Hindernisse stellen hierbei etwa falsche Fährten dar, die den Ermittlungsweg erschwerten und damit Spannung erzeugen. Im Detektivroman herrschen dementsprechend die miteinander verknüpften Elemente ‚analysis‘ und ‚mystery‘ vor. Analog kann festgehalten werden: Während beim Thriller die Leserneugierde – ähnlich wie beim epischen Theater – auf den Gang der Handlung gerichtet ist, steht im Detektivroman die Spannung auf den Ausgang im Vordergrund, was letzterem eine dramatische Tradition annektiert. In formeller Hinsicht zeichnet sich der Detektivroman ferner (im Unterschied zum singulär aufgebauten Thriller) durch eine spezifische Doppelstruktur aus, was im Kommenden noch relevant sein und beleuchtet werden wird.[27]
2.3. Zur Theorie des Detektivromans
Für ‚den’ Detektivroman sind bis heute diverse Regelkataloge aufgestellt worden, die darauf zielen, seine Besonderheiten herauszustellen und ihm seine Grenzen zuzuweisen. So geht beispielsweise Tzvetan Todorov davon aus, dass ein Detektivroman einen Detektiv, mindestens ein Opfer und einen nicht als Berufsverbrecher handelnden, aus persönlichen Gründen mordenden Täter, der in der fiktiven Welt wie auch in seiner Darstellung im Buch eine einigermaßen gewichtige Stellung haben muss, benötige. Ferner sei das Thema ‚Liebe’ im Detektivroman ebenso auszuklammern wie phantastische, irrationale Momente, psychologische Analysen und banale Lösungen oder Situationen.[28] Vorschriftsmäßige Dogmen dieses Typus sind, häufig noch tiefer ins Detail gehend, zuhauf erstellt worden.[29]
Derartige Normierungen bewirken unabwendbar eine hochgradige, schablonenhafte Stilisierung der Gattung, anders ausgedrückt: eine festgefahrene Standardisierung, deren formelhafte, eindimensionale Natur mit den Gesetzen literarischer Kunst, die auf freigeistlicher Schöpferkraft beruht, nicht kompatibel sein kann. Hieraus erklärt sich das althergebrachte Vorurteil vieler Gebildeter, Detektivliteratur sei ein „außerliterarisches Machtwerk“, welches Siegfried Kracauer bereits in einem 1925 abgeschlossenen philosophischen Traktat betonte.[30]
Doch solche pauschal formulierten, auf Allgemeingültigkeit zielenden strukturellen und inhaltlichen Genrefestlegungen bleiben zweifelsohne allenfalls ideelle Konstrukte. Die Gattung lebt insbesondere von Abweichungen und Spielen innerhalb dieser Konventionen – und so hat sich diese Auslegung der ‚Vorschriften’ auch das im Zentrum der Studie stehende Werk Agatha Christies zueigen gemacht, was sich im Folgenden noch zeigen wird.
3. Christies Werk
3.1 Gattungsbezeichnungen
Man trifft innerhalb der Sekundärliteratur auf verschiedene Titulierungen für das von Christie vertretene Genre, die vorab einer Einführung und terminologischen Erläuterung bedürfen.
Innerhalb der Detektivliteratur kann nochmals weiter spezifiziert werden: In vielen Texten der Sekundärliteratur werden die Werke der Christie unter der Etikette „Klassischer Detektivroman“ zusammenfasst – eine lange zirkulierende, sicherlich zu einem gewissen Grade auch nachvollziehbare Bezeichnung, die jedoch nicht ganz unproblematisch ist:
Das Adjektiv „klassisch“, das aufgrund seiner Polyvalenz stets eine gesonderte Definition verlangt, ist in diesem Kontext als ästhetischer Normbegriff aufzufassen und unterstreicht somit den musterhaften Charakter der entsprechend betitelten Werke.[31] Doch auch epochal kann die Bezeichnung ausgelegt werden, und zwar bezogen auf die Eingrenzung eines bestimmten Entstehungszeitraums: Als die ‚klassische’ Phase des nach den Forderungen des ‚fair-play’ aufgebauten Detektivromans gelten die 20er- und 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts,[32] die die so genannte „goldene Ära“ der Gattung darstellen.[33] Schließlich ließe sich die Titulierung außerdem als relationaler Begriff verstehen, der die Kanonwerke einer Gattung, hier also des Genres ‚Detektivroman’, umfasst.[34] Agatha Christie wird daher häufig als „Klassikerin“,[35] ihre Werke als „klassisch“ bezeichnet. In Anlehnung an diese Tradition greift also auch die vorliegende Arbeit auf das verbreitete Attribut als Genrepointierung zurück – allerdings, aufgrund der dargelegten Unstimmigkeiten, lediglich unter Vorbehalt, daher in Anführungszeichen gesetzt.
In der neueren Literatur zu Christies Detektivromanen findet sich überdies auffallend häufig der Ausdruck ‚pointierter Rätselroman’,[36] der das Wesen der Gattung, nämlich die Fixierung auf die Enträtselung eine Verbrechensgeschichte, recht treffend erfasst. Angelehnt ist die Bezeichnung an den englischen Ausdruck des ‚Whodunit’-Prinzips, das die Rätselkomponente zentriert und als dessen „Prototyp“[37] sich Christies Werk präsentiert.
Auch mit Blick auf gegenwärtige Krimiliteratur wird die Terminologie „Rätselroman“ gemeinhin noch als Gattungsbezeichnung verwendet,[38] wobei die unter diesen – nur noch wenig konkreten – Oberbegriff gefassten Werke z.T. sehr breit gefächert sind. In Anlehnung an diese Überlegung untersucht Kapitel 7.2. die Auswirkungen der Christie-Romanform auf heutige Kriminalliteratur und -filme.
3.2. Christies formeller Rahmen
Die Detektivromane Agatha Christies, als deren direkte Wegbereiter vor allem Edgar Allan Poe mit seiner Erzählung The Murder in the Rue Morgue (1841) und Arthur Conan Doyles Romane und Kurzgeschichten um den schnell berühmt gewordenen Sherlock Holmes (1887-1927) gesehen werden können,[39] haben, wie Allingham betont, eine enorme Bedeutung für die Gattungsgeschichte der pointierten Rätselliteratur, da sie einer „somewhat loose art form […] a concrete shape […] [with] both life and a tradition“[40] gaben. Die strukturellen und inhaltlichen Besonderheiten der Christieschen Werke verdienen aufgrund ihrer Rezeptionswirksamkeit eine kurze Einführung:
Agatha Christie sah sich selbst als solide Handwerkerin, die ihre Bücher mittels angelernter technischer Fähigkeiten verfasste und keineswegs im Zeichen eines von Gott begünstigten Genies zu stehen glaubte[41] – hier findet der Vorwurf des übersteigerten Schematismus gewiss Anklang. Das formelle Verfahren Agatha Christies lässt sich – einige abweichende Exzeptionen ausgenommen – im Grunde unter folgendes ‚Kurzrezept’ fassen: Innerhalb des gehobenen englischen Bürgertums zu Beginn des 20. Jahrhunderts veranlasst ein die vollkommene Idylle der Ausgangssituation zerstörender Mord durch einen Unbekannten das allgemeine Bestreben nach der Enträtselung der bedrohlichen Ungewissheit. Das soziale System der a-realistisch angelegten Romanwelt hat nämlich durch die Untat unschöne Veränderungen erfahren, die es wieder zu be schönigen gilt, indem das Mordrätsel auf analytisch-ordnendem Wege und unter Zuhilfenahme des Ausschlussverfahrens gelöst und so die ursprüngliche Harmonie zurückerlangt wird. Hierbei sind die Hauptbeteiligten das (oftmals unsympathische, lasterhafte) Opfer, ein raffinierter (stereotypisierter) Detektiv und der das Böse personifizierende Mörder.[42] Nach eingehender, systematischer Befragung aller beteiligten (und damit verdächtigen) Individuen des geschlossenen Personenkreises ist der Detektiv in der Lage, die vertrackte, oftmals äußerst unwahrscheinliche Verbrechensgeschichte zu rekonstruieren, alle Rätseleinheiten aufzulösen und der Geschichte durch Zurückgabe der anfänglichen Idylle ihre formelle Geschlossenheit zu geben.
Ferner besteht ein pointierter Rätselroman nicht aus einer, sondern aus zwei expliziten[43] Geschichten:[44] der des Verbrechens und der seiner Auflösung.[45] Die Zurückhaltung der einzig richtigen Lösung der Verbrechensgeschichte bis kurz vor Schluss dient hierbei dem permanenten Erhalt der Spannung und ist somit ebenso fester Bestandteil des Lektüreprinzips wie die konstante Form, in der sie präsentiert wird: als Rekonstruktion bzw. Nachlieferung zuvor ausgeblendeter, jedoch zur Täterentlarvung wesentlicher Bestandteile der Auflösungsgeschichte durch den Detektiv.[46] Besonders Christies Detektiv Hercule Poirot betreibt diese Praxis gern exzessiv und theatralisch; er zelebriert sozusagen in ausschweifenden Darlegungen die Nachzeichnung seiner gesamten Ermittlungsschritte. Die Bedeutung dieser narrativen Struktureigenart wird speziell in Kapitel 4.3. erörtert werden.
4. Zur Popularität der Christie-Rezeption: Belege und erste Ursachenanalyse
4.1. Paratextuelle Signale: Die Relevanz divergenter Verlagsausgaben
Die Tatsache, dass Agatha Christies Romane im Laufe ihrer Wirkungszeit allein in Deutschland bislang von mehr als dreißig unterschiedlichen Verlagen[47] veröffentlicht worden sind, bzw. noch heute – in immer neuer Aufmachung – veröffentlich werden, birgt weiteres für die Rezeptionserforschung relevantes Analysematerial. Denn innerhalb der verschiedenen Ausgaben gibt die facettenreiche, niemals uniforme, sondern stets variierende Gestaltung der Bucheinbände Aufschluss über das implizite Zielpublikum der Distribuenten. Hier lassen sich interessante Beobachtungen machen, deren totale Erfassung allerdings den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Die nun folgenden Befunde sollen deshalb lediglich als exemplarische Anhaltspunkte dienen und nicht die Illusion des Anspruchs auf Vollkommenheit evozieren.
4.1.1. Einbandgestaltungen
Wer sich die Einbandgestaltungen zirkulierender Christie-Werke, die im Laufe der Jahre von unterschiedlichen Verlagen herausgegeben wurden und noch heute werden, einmal vergleichend ansieht, wird schnell die unglaubliche Vielseitigkeit der Romanerscheinungen erkennen, nicht nur hinsichtlich zeitlicher Entwicklungen, sondern auch bezüglich gleichzeitig herausgegebener Ausgaben, was für die Rezipientenadressierung besonders aussagekräftig ist. Ein kleiner Einblick:
Der seit 1943 alle Rechte an den deutschsprachigen, d.h. ins Deutsche übersetzen Romanen Agatha Christies tragende Scherz-Verlag[48] ließ kurz vor der Jahrtausendwende das Werk der Autorin neu übersetzen und brachte sodann eine Neuauflage bewährter Titel heraus.[49] Ebenso wie die sprachliche hat auch die optische Gestaltung dieser Ausgabe eine Adaptation an heutige Konventionen im Sinne einer Modernisierung erfahren: Die mit mattem Schutzumschlag versehenen, gebundenen Bücher sind in verschiedenfarbigen, ausdrucksstarken Pastelltönen gehalten. Die Titelabbildungen präsentieren schlichte Motive in Foto-Optik, deren Inhalt variiert: mal ein Landschaftsabschnitt,[50] mal figurative Gegenstände (wie beispielsweise eine kleine Gruppe edler Champagnergläser in einer Nahaufnahme[51] ), mal schlichtweg verschwommene, beinahe unkenntlich gemachte Ausschnitte substanzloser Objekte, etwa den von unten erfolgenden Blick auf eine mit Balken versehene Zimmerdecke.[52] Der farblich angepasste Buchrücken zeigt das Titelmotiv in verkleinerter Ausführung. Insgesamt ist auf ästhetischer Ebene bei dieser Ausgabe auf ein zeitgemäßes, optisch ansprechendes Erscheinungsbild geachtet worden, wobei die Aufmachung interessanterweise darauf verzichtet zu signalisieren, dass es sich bei den Bänden um Kriminalliteratur handelt – keine Leichen, keine Pistolen, kein Blut. Anders handhabte dies beispielsweise in den 1960ern noch der Goldmann-Verlag: Auf den Christie-Taschenbüchern, die in Goldmanns ‚Roter Krimireihe’ publiziert wurden, druckte man noch Graphiken ab, die den Inhalt klar indizierten, so etwa ins Bild ragende, schwarz bekleidete Beine und Füße eines Mordopfers auf (Blut-)rotem Hintergrund.[53] Anscheinend verlässt sich der Scherz Verlag in seiner Neuausgabe darauf, dass der Name der Autorin aufgrund seiner Popularität heute als Genre-Indikation ausreicht.
Die Optik der Scherz-Bände verweist also nicht primär auf inhaltliche Aspekte, sondern ihre Ästhetik soll im modernen Bücherregal etwas hermachen. Preislich unterscheiden sie sich dennoch nicht sonderlich von den (noch etwas günstigeren) Taschenbuchausgaben. Der vom Scherz-Verlag mit dieser Neuauflage angesprochene Reziepientenkreis ist somit recht breit, wobei die zarten Pastelltöne sicherlich hauptsächlich auf ein weibliches Publikum ausgerichtet sind – ein Faktum, dass damit begründet werden kann, dass bereits in der Zeit des „golden age“ des Detektivromans gerade Hausfrauen als primäre Leserschaft für den ‚Boom’ der Gattung sorgten. Die regelmäßige Anschaffung neuer Rätsellektüre gehörte für viele bald als fester Bestandteil auf den Einkaufszettel: „Housewifes brought it home in the shopping basket as conscientiously as they remembered to renew the family supplies of bread and sugar.“[54] – Gleichermaßen wird hierzulande auch heute noch von einer Dominanz des weiblichen Geschlechts innerhalb der Christieschen Rezipientenschaft ausgegangen,[55] was der Scherz-Verlag mit seiner Optik manifestiert.
Die wesentliche Zirkulationsform für Kriminalliteratur war und ist das Taschenbuch – da bilden auch die Christie-Romane keine Ausnahme. Beispielhaft hierfür sind die Ausgaben des Fischer-Verlags, der mit hoher Frequenz Neuauflagen herausbringt – quasi pausenlos.[56] Die broschierten Bücher sind bedruckt mit expressionistisch wirkenden, farblich exorbitanten Landschaftsbildern. Als Taschenbücher sind die Romane preisgünstig zu erwerben.[57] Sie adressieren sicherlich primär eine Leserschaft, die im Buch ein Gebrauchs- und kein Dekorationsobjekt sieht, beispielsweise Lektüre für unterwegs sucht (Zugfahrten, Urlaub etc.) und diese also als Entspannungsmittel konsumiert. Dieses Käuferfeld ist freilich enorm weitgefasst; im Grunde sind hier weder Personen bestimmter Altersgruppen oder Bildungsstände ausgeschlossen, noch wird Aufschluss über ein bevorzugt angesprochenes Geschlecht gegeben.
Konkreter geben dagegen die Ausgaben des Loewe-Verlags Auskunft über ihre Adressaten: Der Kinder- und Jugendbuchverlag hat 1975 mit der Herausgabe einer Christie-Reihe unter der Titulierung „Unterhaltungsromane für Jugendliche ab 12“ begonnen.[58] Dieses Zielpublikum spiegelt sich klar in der Aufmachung der Bände wider: Auf der Frontseite der überwiegend schwarzen, gebundenen Ausgaben ist jeweils eine in bunten Farben gemalte Szene des Buchinhalts Inhalt zu sehen. Gewöhnlich konveniert das Gemälde sogar mit dem Romantitel, verbildlicht also auf apodiktische Weise das, was darüber steht, und gibt durch seine Eindeutigkeit somit bereits eine erste, die Fantasie der jungen Leser lenkende – man könnte auch sagen einschränkende – Rezeptionsanleitung.
Charakteristisch ist hierbei außerdem ein logoartiger, skizzierter Kopf auf den Buchrücken und Titelseiten aller Bände dieser Reihe, der zweifellos dem Wiedererkennungswert dient. Bei einem Miss-Marple-Roman zeigt er die fiktive Gestalt selbst, bei allen anderen Titeln, auch jenen um Hercule Poirot, ist ein gezeichnetes Portrait der Autorin abgebildet.[59] In Verbindung mit den bunt gemalten Coverbildern verstärken die im Tuschestil gezeichneten Kopfskizzen a priori den Eindruck eines Jugendbuches.[60]
Dass die Romane um Miss Marple eine besondere Stellung haben, dass diese Figur innerhalb der Serie wahrscheinlich besonders beliebt, gefragt und daher ‚marktfördernd’ ist, wird anhand der Tatsache deutlich, dass kein Poirot-Logo existiert. Auf den Werken um den belgischen Detektiv ist lediglich Christies Kopf und der Name der Autorin zu sehen, während die Marple-Bände nicht nur das bereits erwähnte Portrait der Detektivin zeigen, sondern zudem auch in farblich markanten, voluminösen Lettern den Namen der Titelheldin, „Miss Marple“, an eben jener Stelle platzieren, an welcher beim Poirot-Roman in ähnlicher Optik der Autorinnenname steht. Agatha Christies Autorschaft wird im Fall Marple demnach als von sekundärem Interesse stehend angesehen; den Publikumsmagnet scheint hier vielmehr die fiktive Heldin darzustellen. Allein dieses Faktum kann bereits einigen Aufschluss über die angesprochene Zielgruppe geben, denn dass Miss Marple ihrem männlichen Kollegen gegenüber augenscheinlich einen Popularitätsvorsprung genießt, lässt den Verdacht aufkommen, dass wiederum insbesondere ein weiblicher Rezipientenkreis als Käuferschaft in Frage kommt, in erster Linien natürlich junge Mädchen.
[...]
[1] Vgl. z.B. Alfred Clemens Baumgärtner: Lesen. Ein Handbuch. Hamburg: Verlag für Buchmarktforschung 1973, S. 167. Vgl. außerdem Bodo Franzmann u.a. (Hg.): Handbuch Lesen. München: K. G. Saur 1999, S. 120ff.
[2] Peter Nusser: Der Kriminalroman. Stuttgart/ Weimar: Metzler 32003, S. 11.
[3] Vgl. Dennis Sanders u. Len Lovallo: The Agatha Christie Companion. The complete guide to Agatha Christie’s life and work. London: W.H. Allen 1985, S. xvi.
[4] Vgl. Thomas Klingenmaier: „Tod in einer schmerzlosen Welt. Zum hundertsten Geburtstag der Kriminalschriftstellerin Agatha Christie“. In: Stuttgarter Zeitung, Nr. 214, 15.09.90, S. 37.
[5] Sandra Uschtrin: Der Krimiwettbewerb. AMICA und der Scherz-Verlag vergeben den Agatha-Christie-Krimipreis 2004. URL: http://www.uschtrin.de/pr_amica.html [Stand 20. Juli 2005].
[6] Die Bouchercon Mystery Convention ist die älteste, jährlich stattfindende Versammlung von Krimi-Liebhabern.
[7] Vgl. Peggy Voigt: „Agatha Christie ist die Jahrhundertautorin“. In: buchreport.magazin, Dez. 2000, S. 63-65.
[8] Vgl. H.R.F. Keating (Hg.): Agatha Christie. First Lady of Crime. London: Weidenfeld and Nicolson Ldt. 1977, S. 7 („Introduction”).
[9] Vgl. Fred Moor: „Im September wäre Agatha Christie 100 Jahre alt geworden. Das Gesicht der „Königin des Krimis“ prangt auf Vasen und Büroklammern“. Westfälische Rundschau, Nr. 169, 24.07.90.
[10] Die Verwendung der maskulinen Form in derartigen Fällen (Autor, Leser, Rezipient etc.) geschieht lediglich der Einfachheit halber; selbstverständlich sind hier auch weibliche Personen mit inbegriffen.
[11] Vgl. Heinz Ludwig Arnold u. Heinrich Detering (Hg.): Grundzüge der Literaturwissenschaft. München: dtv 52002, S. 689f.
[12] Generell interessiert die Frage nach dem Leser von Büchern schon seit der Antike, erst in den 1960ern erreicht sie jedoch neue theoretische Dimensionen. Vgl. Peter Wille: Literarische Rezeptionsforschung. Siegen: GHB 1982, S. 1f.
[13] Eine ausführliche, praxisorientierte Darstellung empirischer Methoden findet sich etwa bei Hartmut Heuermann u.a.: Werkstruktur und Rezeptionsverhalten. Empirische Untersuchung über den Zusammenhang von Text-, Leser- und Kentextmerkmalen. Göttingen: Vandenhoeck und Rupprecht 1982.
[14] Vgl. Jürgen E. Müller: Literaturwissenschaftliche Rezeptionstheorien und empirische Rezeptionsforschung. Mit einem Forschungsmodell, erläutet am Paradigma des französischen Populärromans. Frankfurt a.M./ Bern: Peter Lang 1981, S. 145.
[15] Vgl. ebd., S. 148.
[16] Eine theoretische Betrachtung hierzu liefert beispielsweise Wolfgang Strauß: Leserforschung in Deutschland. In: Marion Beaujean u.a. (Hg.): Der Leser als Teil des literarischen Lebens. Bonn: Bouvier Verlag Herbert Grundmann, 21972, S. 85-115. Vgl. auch Heinz Bonfadelli: Leser und Leseverhalten heute – Sozialwissenschaftliche Buchlese(r)forschung. In: Bodo Franzmann u.a. (Hg.): Handbuch Lesen. Im Auftrag der Stiftung Lesen und der Deutschen Literaturkonferenz. München: K.G. Saur 1999, S. 86-144.
[17] Müller, S. 152.
[18] Vgl. Müller, S. 157ff.
[19] Gleiches gilt auch für das Jaußsche Verfahren.
[20] Vgl. Wille, S. 53 u. 57.
[21] Hierbei handelt es sich aufgrund mangelnder Forschungsmaterialien wie Verkaufszahlen oder Leserumfragen weniger um empirische Erkenntnisse.
[22] Vgl. hierzu etwa Paul G. Buchloh/ Jens-Peter Becker: Der Detektivroman. Studien zur Geschichte und Form der englischen und amerikanischen Detektivliteratur, Darmstadt 1973. Vgl. auch Nusser, S. 12ff.
[23] Richard Gerber: Verbrechensdichtung und Kriminalroman [1966]. In: Jochen Vogt (Hg.): Der Kriminalroman. Poetik. Theorie. Geschichte. München: Fink 1998, S. 73-84; Zitat S. 79.
[24] Ulrich Schulz-Buschhaus: Formen und Ideologien des Kriminalromans. Ein gattungsgeschichtlicher Essay. Frankfurt a. M.: Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, 1975, S. 1-5.
[25] Nusser, S. 3.
[26] Ebd.
[27] Vgl. Tzvetan Todorov: Typologie des Kriminalromans [1996]. In: Jochen Vogt (Hg.): Der Kriminalroman. Poetik – Theorie – Geschichte. München: Fink, 1998, S. 209-215; besonders S. 209-211; vgl. auch Elisabeth Schulze-Witzenrath: Die Geschichten des Detektivromans. Zur Struktur und Rezeption seiner klassischen Form. In: Jochen Vogt (Hg.): Der Kriminalroman. Poetik – Theorie – Geschichte. München: Fink, 1998, S. 216-238.
[28] Vgl. Günter Waldmann: Literatur zur Unterhaltung 2. Texte, Gegentexte und Materialien zum produktiven Lesen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1980, S. 270.
[29] Vgl. hierzu beispielsweise Nusser, Kapitel 2.1 (S. 22-47).
[30] Vgl. Siegfried Kracauer: Der Detektiv-Roman. Ein philosophischer Traktat. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1979, S. 9.
[31] Vgl. Manfred Fuhrmann: Der europäische Bildungskanon des bürgerlichen Zeitalters. Frankfurt a.M.: Surkamp 1999, S. 38. (Fuhrmann betont, dass die primäre Bedeutung des Klassikbegriffs diejenige eines ästhetischen Werturteils sei.)
[32] Vgl. Schulze-Witzenrath, S. 221; vgl. auch Ira Tschimmel: Kriminalroman und Gesellschaftsdarstellung. Eine vergleichende Untersuchung zu Werken von Christie, Simenon, Dürrenmatt und Capote. Bonn: Bouvier Verlag Herbert Grundmann 1979, S. 1: Tschimmel konkretisiert die Blütezeit der Gattung auf den Rahmen von 1914 bis 1939.
[33] Vgl. Colin Watson: Snobbery with Violence. English Crime Stories and their Audience. London: Methuen Ldt. 1987, S. 95f.
[34] Zu den verschiedenen Bedeutungen des Klassik-Begriffs vgl. Bettina Kümmerling-Meibauer: Kinderliteratur, Kanonbildung und literarische Wertung. Stuttgart/Weimar: Metzler 2003, Kapitel 3.1 „Klassisch – Klassik – Klassiker, S. 147-151; besonders S. 150.
[35] Vgl. beispielsweise Barbara Sichtermann/ SusanneBartsch: „Mord am Schreibtisch“. In: Zeitmagazin, Nr. 38, 14.09.90, S. 13-29; hier S. 21.
[36] Vgl. z.B. Nusser, Kapitel 3.2.5.1.
[37] Tschimmel, S. 15.
[38] Im Englischen wird die Gattung auch „crossword puzzle type“ genannt. Vgl. Buchloh/Becker, S. 70f.
[39] Vgl. hierzu ausführlich auch Nussers Studie, welcher nicht nur weitere Vorreiter in den Blick nimmt, sondern auch die Nachwirkungen skizziert und außerdem Hinweise zu relevanter Sekundärliteratur liefert (S. 80-106).
[40] Interview mit Margery Allingham (in: THE NEW YORK TIMES, Book Review, 04.06.1950, S. 3) zitiert bei Tschimmel, S. 15.
[41] Vgl. Susanne Schaber: „Agatha Christie: ‚Eine ganz normale, hart arbeitende, erfolgreiche Schriftstellerin’“. In: Die Presse, Nr. 12759, 15./16.09.90, S. VIII.
[42] Vgl. Tschimmel, S. 15-48.
[43] Hinzu kommen noch zahlreiche implizite, vom Autor im Leser durch geschickte Rezeptionslenkung evozierte, jedoch nach und nach, bzw. mit der Endauflösung als falsche Verdachte verworfene Interpretationen des Tatvollzugs.
[44] Dies ist die spezifische Doppelstruktur, die den Detektivroman vom Thriller unterscheidet. Vgl. Kapitel 2.3.
[45] Vgl. Todorov, S. 209ff.
[46] Vgl. Schulze-Witzenrath, S. 220 und 227.
[47] In der Tat hat allein eine Recherche bezüglich des Internet-Buchhändlers „amazon“ über 30 verschiedene Verlage (darunter auch reine Hörbuchverlage) zutage getragen, welche – z.T. in verschiedenen zeitlichen Abschnitten – Christie-Romane herausgaben, bzw. dies bis heute tun.
[48] Scherz gehört heute zur Verlagsgruppe Fischer.
[49] Vgl. Ulrich Baron: „Verwirrende Verhältnisse. Scherz läßt das Werk von Agatha Christie neu übersetzen“. In: Die Welt, Nr. 266, 13.11.99, S. 10.
[50] Vgl. Agatha Christie: Der Tod wartet. Bern u.a.: Scherz 1999.
[51] Vgl. Agatha Christie: Blausäure. Bern u.a.: Scherz 1999.
[52] Vgl. Agatha Christie: Das Haus an der Düne. Bern u.a.: Scherz 1999.
[53] Vgl. Agatha Christie: Alibi. München: Goldmann 311962.
[54] Watson, S. 95.
[55] Vgl. Tom Appleton: „Läuft und läuft und läuft. Die Geschichte eines mörderischen Erfolges: Warum ich auch in 200 Jahren Agatha Christie lesen werde“. In: Die Presse, Nr. 13435, 12.12.92, S. VI.
[56] Bereits im Frühjahr 2006 erscheinende Werke werden im Internet angeboten.
[57] Taschenbücher sind insgesamt die häufigste Distributionsform für Kriminalliteratur, wie Wilhelm Roth betont. Vgl. Wilhelm Roth: Der Bürger als Verbrecher. Materialien zum deutschen Kriminalroman. In: Erhard Schütz (Hg.): Zur Aktualität des Kriminalromans. Berichte, Analysen, Reflexionen zur neueren Kriminalliteratur. München: Wilhelm Fink 1978, S. 76-85; besonders S. 83.
[58] Verlagsredaktion Loewe: Über uns. Die Verlagsgeschichte. URL: http://www.loewe-verlag.de/f_main_dh.htm [Stand: 23. Juni 2005].
[59] Eine derartige optische Gestaltung seiner Bände beschränkt der Loewe-Verlag übrigens nicht auf Christie-Titel, sondern er hält beispielsweise auch Kriminalromane Arthur Conan Doyles im gleichen Design – hier prangt entsprechend signifikant der Kopf der Titelfigur Sherlock Holmes of Titelseite und Buchrücken.
[60] Dieser Eindruck wird außerdem auch bestätigt durch die zahlreichen Illustrationen innerhalb des Textes.
- Quote paper
- Sabine Buchholz (Author), 2005, Die literarische Rezeption der Detektivromane Agatha Christies in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82592
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.