(...) Diese Arbeit setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Im ersten Teil wird die Theorie der Persönlichkeit
nach Rogers geklärt, im zweiten der Begriff der Beratung sowie die Relevanz der Theorie
Rogers´ für die Beratung in der Sozialarbeit.
Zu Beginn des ersten Teils der konstruktiven Persönlichkeitsentwicklung nach Rogers wird das
dieser Theorie zugrunde liegende humanistische Menschenbild vorgestellt. Dies beinhaltet die
Auseinandersetzung mit der Struktur des menschlichen Organismus und dessen Grund- und
Wachstumsbedürfnissen, was in einer kurzen Zusammenfassung in Bezug zum Thema gesetzt
wird.
Daran anschließend geht es um die Dynamik der Persönlichkeit und deren wichtige Bestandteile
Aktualisierungstendenz, Selbstaktualisierung und Selbstexploration, die dort beschrieben werden.
Zum besseren Verständnis der darauf folgenden Ausführungen zur Struktur der Persönlichkeit
nach Rogers werden dann die Begriffe des Organismus und des Selbst definiert.
Der zentrale Punkt des ersten Teils ist die Theorie der Persönlichkeit. Hier werden als erstes deren
neun wesentlichen Prozesszustände beschrieben und daran anknüpfend die notwendigen Voraussetzungen
für konstruktive Persönlichkeitsentwicklung beleuchtet. Diese sind ein bewusstes
Problem auf der Seite des Klienten, sowie Empathie, bedingungslose positive Zuwendung und
Kongruenz auf der des Beraters. Auch die Erfahrbarkeit der drei Merkmale sollte gegeben sein.
Als Endziel der konstruktiven Persönlichkeitsentwicklung steht die voll integrierte Persönlichkeit,
die nun noch charakterisiert wird.
Im zweiten Teil der Arbeit wird der Begriff ‚Beratung in der Sozialarbeit’ mit Inhalt gefüllt.
Hierbei geht es zunächst um Inhalte und Ziele der Beratung.
Darauf folgend werden die schon erwähnten Beratermerkmale Rogers in Bezug zur Beratung gesetzt
und als Orientierungshilfe für die Sozialarbeiterin näher betrachtet.
Aus dem bis dahin gesagten ergeben sich weitere Anforderungen an die Sozialarbeiterin, die zum
Abschluss der Arbeit noch kurz zusammengefasst werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die konstruktive Persönlichkeitsentwicklung nach Rogers
2.1 Das humanistische Menschenbild
2.1.1 Struktur des Organismus
2.1.2 Grundbedürfnisse
2.1.3 Wachstumsbedürfnisse
2.1.4 Zusammenfassung und Relevanz
2.2 Dynamik der Persönlichkeit
2.2.1 Aktualisierungstendenz
2.2.2 Selbstaktualisierung
2.2.3 Selbstexploration
2.3 Struktur der Persönlichkeit
2.3.1 Der Organismus
2.3.2 Das Selbst
2.4 Theorie der Persönlichkeit
2.4.1 Das Wesen des Kindes
2.4.2 Die Entwicklung des Selbst
2.4.3 Das Bedürfnis nach positivem Bezug
2.4.4 Die Entwicklung des Bedürfnisses nach Selbstbeachtung
2.4.5 Die Entwicklung von Bewertungsbedingungen
2.4.6 Die Entwicklung der Inkongruenz zwischen Selbst und Erfahrungen
2.4.7 Die Erfahrung von Bedrohung und der Prozess der Abwehr
2.4.8 Der Prozess des Zusammenbruchs und der Desorganisation
2.4.9 Der Prozess der Reintegration
2.5 Notwendige Voraussetzungen für konstruktive Persönlichkeitsentwicklung
2.5.1 Bewusstes Problem
2.5.2 Psychologischer Kontakt
2.5.3 Kongruenz
2.5.4 Bedingungslose positive Zuwendung
2.5.5 Empathie
2.5.6 Erfahren der drei Merkmale
2.6 Charakteristika einer integrierten Persönlichkeit
3 Beratung in der Sozialarbeit
3.1 Inhalte und Ziele von Beratung
3.2 Rogers und seine Beratermerkmale als Orientierungshilfe für die Sozialarbeiterin
3.3 Weitere Anforderungen an die Sozialarbeiterin
4 Schlussbetrachtungen
5 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Durch Anerkennung und Aufmunterung kann man in einem Menschen die besten Kräfte mobilisieren“[1].
Oder anders gesagt:
‚Wer an einen Menschen glaubt, bringt das Beste in ihm zum Vorschein.’
Dieser letzte Satz hat mich während der Entstehung meiner Hausarbeit aus verschiedenen Gründen begleitet. Erstens hat er mich sehr angesprochen, da für mich aus meiner eigenen Erfahrung viel Wahrheit in ihm steckt und zweitens bringt er meiner Meinung nach Rogers Kernaussagen auf den Punkt.
Das Interesse am Thema Persönlichkeitsentwicklung ist teilweise aus persönlichen Gründen schon lange vorhanden, wurde jedoch im letzten Semester noch einmal wieder ganz konkret angesprochen. In der Seminarreihe „Soziale Beratung“ ging es um Sozialisationsfaktoren, die Entstehung des Selbst- und Weltbildes des Menschen. Warum Menschen so sind wie sie sind hat mich viel beschäftigt. Wie und warum entwickelt sich das Selbstbewusstsein, der Selbstwert bei den Menschen? Und warum so unterschiedlich? So wenig? Oder gar nicht? Kann positiv darauf eingewirkt werden? Wenn ja, wie ist das möglich?
Die Relevanz dieses Themas für die Sozialarbeit sehe ich darin, verstehen zu lernen, welche Beweggründe Menschen für ihr Handeln haben und wie ihre Wesenszüge entstanden sind. Dies bewirkt höhere Toleranz und Verständnis ihnen gegenüber und eröffnet Möglichkeiten bzw. Ansatzpunkte effektiver zu intervenieren.
Ein anderer wichtiger Punkt ist mein Anspruch, mich mit mir selbst auseinander zu setzen, um mir meiner selbst klar zu werden, um nicht meine Gefühle, Interessen und unterschwelligen Beweggründe auf den Klienten zu projizieren und den Hilfeprozess damit eventuell zu be- oder verhindern.
Letztendlich geht es bei diesem Thema auch um Wachstum, Eigenverantwortung, Reife und das Vertrauen in eigene Fähigkeiten. Erhalt und Unterstützung dieser Dinge ist ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Teil der Sozialarbeit.
Um sich dem Thema anzunähern und um es einzugrenzen, war es nötig sich vorerst auf eine Theorie der Persönlichkeit und deren Entwicklung zu beschränken. Da Rogers Menschenbild mich sehr angesprochen hat und mir seine Beratervariablen nicht ganz unbekannt waren, fiel meine Wahl auf ihn.
Aus dem gesagten ergaben sich folgende erkenntnisleitende Fragen:
Wie erklärt Rogers die Entwicklung der Persönlichkeit? Welche Voraussetzungen sind dadurch für eine Beratungstätigkeit gegeben und welche Bedeutung hat dieses für Beratung?
Diese Arbeit setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Im ersten Teil wird die Theorie der Persönlichkeit nach Rogers geklärt, im zweiten der Begriff der Beratung sowie die Relevanz der Theorie Rogers´ für die Beratung in der Sozialarbeit.
Zu Beginn des ersten Teils der konstruktiven Persönlichkeitsentwicklung nach Rogers wird das dieser Theorie zugrunde liegende humanistische Menschenbild vorgestellt. Dies beinhaltet die Auseinandersetzung mit der Struktur des menschlichen Organismus und dessen Grund- und Wachstumsbedürfnissen, was in einer kurzen Zusammenfassung in Bezug zum Thema gesetzt wird.
Daran anschließend geht es um die Dynamik der Persönlichkeit und deren wichtige Bestandteile Aktualisierungstendenz, Selbstaktualisierung und Selbstexploration, die dort beschrieben werden.
Zum besseren Verständnis der darauf folgenden Ausführungen zur Struktur der Persönlichkeit nach Rogers werden dann die Begriffe des Organismus und des Selbst definiert.
Der zentrale Punkt des ersten Teils ist die Theorie der Persönlichkeit. Hier werden als erstes deren neun wesentlichen Prozesszustände beschrieben und daran anknüpfend die notwendigen Voraussetzungen für konstruktive Persönlichkeitsentwicklung beleuchtet. Diese sind ein bewusstes Problem auf der Seite des Klienten, sowie Empathie, bedingungslose positive Zuwendung und Kongruenz auf der des Beraters. Auch die Erfahrbarkeit der drei Merkmale sollte gegeben sein.
Als Endziel der konstruktiven Persönlichkeitsentwicklung steht die voll integrierte Persönlichkeit, die nun noch charakterisiert wird.
Im zweiten Teil der Arbeit wird der Begriff ‚Beratung in der Sozialarbeit’ mit Inhalt gefüllt. Hierbei geht es zunächst um Inhalte und Ziele der Beratung.
Darauf folgend werden die schon erwähnten Beratermerkmale Rogers in Bezug zur Beratung gesetzt und als Orientierungshilfe für die Sozialarbeiterin näher betrachtet.
Aus dem bis dahin gesagten ergeben sich weitere Anforderungen an die Sozialarbeiterin, die zum Abschluss der Arbeit noch kurz zusammengefasst werden.
2 Die konstruktive Persönlichkeitsentwicklung nach Rogers
2.1 Das humanistische Menschenbild
Das humanistische Menschenbild ist der humanistischen Psychologie zuzuordnen, die auch als Psychologie der dritten Kraft bezeichnet wird. Einer der wichtigsten Vertreter der humanistischen Psychologie, Abraham Harold Maslow (1908 - 1970) beschreibt in seinen beiden Hauptwerken[2] dieses völlig neue Konzept vom Menschen und seiner Natur. Die vorher bekannten und anerkannten psychologischen Richtungen, die Freudianische[3] und die Behavioristische[4], lehnt er ab. Er selbst bezeichnet seine neue Sicht als eine Revolution, die „neue Wege der Wahrnehmung und des Denkens, neue Betrachtungsweisen von Mensch und Gesellschaft, neue Konzeptionen der Ethik und der Werte“[5] ermöglicht.
In vorherigen Konzepten des Menschen wurden lediglich seine defizitären Anteile hervorgehoben ohne die ihm innewohnenden Fähigkeiten und Potentiale zu berücksichtigen.
Maslow betont die Wichtigkeit der Annahme des sich selbstverwirklichenden Menschen als Grundlage für die humanistische Psychologie. Er geht davon aus, dass menschliche Persönlichkeit aus verschiedenen Schichten und Tiefen besteht, die im weiteren noch erläutert werden. Ergebnis seiner Untersuchungen der menschlichen Struktur ist die ‚positive Theorie der Motivation’ oder die ‚dynamische Motivationstheorie’[6].
2.1.1 Struktur des Organismus
Der Mensch besteht nicht nur aus seinem Körper - seiner Biologie, Anatomie, Physiologie – „sondern auch aus seinen grundlegenden Bedürfnissen, Sehnsüchten und psychologischen Fähigkeiten“[7]. Diese sind eher schwer zu erkennen, eher unbefriedigt und schwach.
Maslow geht vom gesunden menschlichen Wesen aus und findet in ihm eine Anzahl sich nicht verändernder, instinktiv und genetisch bedingter Bedürfnisse heraus. Diese gelten für alle Menschen, motivieren sie zum Handeln und beeinflussen ihr Verhalten. Nach Maslow besitzt der Mensch eine spezifische Natur, dessen Konstruktion er erforscht hat und zu dem Ergebnis kam, dass „der Mensch (...) ein Lebewesen mit physiologischen und psychologischen Bedürfnissen oder Werten“[8] ist. Er bezeichnet dies als wahre innere Natur des Menschen[9].
Die erwähnten Bedürfnisse werden im folgenden gegliedert und beschrieben.
2.1.2 Grundbedürfnisse
Die Grundbedürfnisse oder Grundwerte lassen sich unterteilen in:
physiologische Bedürfnisse Sie sind die wesentlichsten und setzen sich zusammen aus den Bedürfnissen nach Luft, Wasser, Nahrung, Unterkunft, Schlaf und Sex. Sind alle Bedürfnisse unbefriedigt, wird der Organismus von den physiologischen Bedürfnissen geleitet; sie werden zur Hauptmotivation und alle anderen verlieren an Wichtigkeit.
Sind die physiologischen Bedürfnisse befriedigt, ergeben sich andere und übergeordnete. Werden auch diese befriedigt, treten wieder höhere, sozialere Ziele, zum Vorschein. Dies bedeutet, „dass die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse in einer Hierarchie der relativen Vormächtigkeit organisiert sind“[10]. Daraus folgt, dass sowohl Befriedigung als auch Entbehrung grundlegende Begriffe der Motivationstheorie sind.
Wesentlich ist, dass der Mensch und sein Verhalten nur von den unbefriedigten Bedürfnissen bestimmt wird.
Sicherheitsbedürfnis Es beinhaltet die Bedürfnisse nach, Stabilität, Geborgenheit, Schutz, Angstfreiheit, Struktur, Ordnung, Gesetz, Grenzen, und Schutzkraft. Sie treten auf, sobald die physiologischen Bedürfnisse verhältnismäßig gut befriedigt sind.
Schlussfolgernd und verallgemeinernd kann man sagen, dass das normale Kind und der normale Erwachsene eine berechenbare, verlässliche Welt favorisieren, welche die oben genannten Voraussetzungen erfüllt.
Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Zuneigung und Liebe Es tritt auf, wenn sowohl die physiologischen Bedürfnisse als auch die Sicherheitsbedürfnisse zufrieden gestellt sind.
Bedürfnis nach Achtung Dies kann beschrieben werden durch die Bedürfnisse nach Selbstachtung, Verlangen nach Selbstvertrauen, Kompetenz, Meisterschaft, Zulänglichkeit, Leistung, Unabhängigkeit, Freiheit, Achtung bei anderen Menschen durch Prestige, Anerkennung, Akzeptanz, Aufmerksamkeit, Status, Ruf und Wertschätzung.
Achtet sich ein Mensch ausreichend, dann hat er ein tiefes Vertrauen in sich und seine Fähigkeiten. Sein Handeln ist konstruktiv und erfolgreich. So fühlt er sich hilfreich und wichtig für seine Umgebung[11].
2.1.3 Wachstumsbedürfnisse
Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung Die aus Abbildung 1 auf Seite 7 ersichtlichen Inhalte dieser Bedürfnisse schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern verbinden und überlappen sich, ergeben ein Ganzes und können als Facetten des Seins gesehen werden.
Maslow versteht unter Selbstverwirklichung: „Was ein Mensch sein kann, muss er sein. Er muss seiner eigenen Natur treu bleiben. (...) Diese Neigung kann als das Verlangen formuliert werden immer mehr zu dem zu werden, was man (...) ist, alles zu werden, was zu werden man fähig ist.“[12]
Selbstverwirklichung kann sowohl als eine Phase als auch als ein Prozess verstanden werden, in der ein Mensch seine Ressourcen entdeckt, effektiv vereint und nutzbringend einsetzt. Er wird dadurch er selbst, verwirklicht all seine Möglichkeiten, wird integrierter, Spontan und Kreativ, offener für Erfahrungen und unabhängiger von den niedrigeren Bedürfnissen.
Wie schon erwähnt, sind alle bisher genannten Bedürfnisse hierarchisch durch den Organismus geordnet. Daraus ergibt sich, dass bei Zufriedenstellung des einen, niedrigeren Bedürfnisses das nächst höhere auftaucht und so fort. So entwickelt sich der Mensch wie Schilling es nennt von seiner niederen Natur zu seiner höheren, wobei die niedere als die unbedingte Grundlage für die höhere Natur zu verstehen ist[13].
2.1.4 Zusammenfassung und Relevanz
Das humanistische Menschenbild geht von einem Menschen aus, der das Bedürfnis nach Wachstum hat – sein Ziel ist die Selbstverwirklichung. Er besitzt eine inhärente Wachstumstendenz bzw. Wachstumsmotivation und strebt Selbstvervollkommnung an. Das Individuum wird grundsätzlich als gesund und normal[14] bezeichnet, sein Kern als unbedingt gut und positiv. Daraus folgend ist seine Entwicklung zu sich selbst auch immer konstruktiv. Um dies jedoch zu erreichen, müssen seine Grundbedürfnisse erfüllt werden.
Selbstverwirklichung bedeutet Wachstum während des gesamten Lebens, die Entfaltung und das Einsetzten aller eigenen Ressourcen um das bestmögliche zu tun, wozu man als Mensch in der Lage ist. Wachstum muss als Merkmal der Bedürfnisbefriedigung gesehen werden.
Der Mensch ist also im Kern ein guter Mensch. Das heißt auch, dass positiv über ihn gedacht werden muss. Ziel des Menschen ist Selbstverwirklichung, darum sollte dies auch Ziel in der Arbeit mit ihm sein.[15]
In der folgenden Abbildung wird noch einmal zusammenfassend der Zusammenhang bzw. die Hierarchie der oben genannten Bedürfnisse verdeutlicht.
Die vorangegangenen Erläuterungen tragen wesentlich zum Verständnis der folgenden Ausführungen bei, da Rogers das beschriebene Menschenbild seiner Theorie der Persönlichkeit zu Grunde legt. Weiterhin ermöglichen sie ein erstes Verstehen der Voraussetzungen konstruktiver Veränderung im Menschen.
Abbildung 1: Hierarchie nach Maslow in Schilling (2000), Seite 121
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Dynamik der Persönlichkeit
Die Persönlichkeit und ihre Entwicklung sind als ein aktiver Prozess zu verstehen, genau wie das ganze Leben. „Der Mensch wird gesehen als einer, der in einem Prozess andauernder Veränderung steht“[16]. Aus diesem Grund wird bei Rogers Ansatz auch von der Dynamik der Persönlichkeit gesprochen. Hierzu folgend drei zentrale Begriffe[17].
2.2.1 Aktualisierungstendenz
Wird in der Theorie Rogers als einziges Axiom vorausgesetzt und von ihm als einzige Antriebskraft bezeichnet. Gemeint ist die Tendenz des Menschen, sich positiv und konstruktiv in Richtung sowohl auf Selbstverwirklichung und Unabhängigkeit hin, als auch weg von äußeren Zwängen zu entwickeln, denn „in jedem Organismus, auf welcher Entwicklungsstufe er auch stehen mag, sind Kräfte wirksam, die ihn zu einer konstruktiven Erfüllung seiner inhärenten Möglichkeiten drängen. Der Mensch hat eine angeborene Tendenz zur vollständigen Selbstentfaltung“[18]
Es meint eine Tendenz zur Entwicklung aller Möglichkeiten des Individuums, die ihrerseits der Förderung und dem Erhalt des Organismus zuträglich sind und ihn reifen lässt. Also die Tendenz sich zum integrierten, psychisch gesunden Individuum zu entfalten.
2.2.2 Selbstaktualisierung
Wird als ein Teilaspekt der allgemeinen Aktualisierungstendenz verstanden, der sich auf die Entfaltung des Selbst bezieht.
Aktualisierungstendenz und Selbstaktualisierung sind unter positiven Bedingungen konstruktiv. Gemäß dem humanistischen Menschenbild ist die menschliche Natur positiv und der Mensch bewegt sich grundsätzlich auf Selbstverwirklichung und größere Reife zu. Unter normalen Umständen streben beide in die gleiche Richtung. Stimmen Selbstaktualisierung und Aktualisierungstendenz allerdings nicht überein befindet sich der Mensch in einem Zustand der Inkongruenz, worauf später noch genauer eingegangen wird.
Aus der Selbstaktualisierung ergeben sich die Beweggründe des Menschen. Rogers sind hierbei besonders zwei Bedürfnisse wichtig:
- das Bedürfnis nach Anerkennung, das befriedigt wird durch den Kontakt zu anderen Menschen. Hierbei wird es sowohl die Befriedigung des eigenen Bedürfnisses als auch die Befriedigung dieses Wunsches der anderen durch ihn positiv erlebt.
- das Bedürfnis nach Selbstachtung, das sich durch die Erfahrungen, von anderen angenommen und geschätzt zu werden entwickelt. Wie das Individuum die Achtung anderer erlebt, so achtet es sich selbst.
2.2.3 Selbstexploration
In einer Beziehung, die durch Empathie, positive Wertschätzung und Kongruenz (siehe 2.5.3 bis 2.5.5 auf Seite 15f.) geprägt ist, wird es einem Menschen möglich zu sich selbst zu finden. Darunter versteht man, dass er „über seine emotionalen Erlebnisse spricht, über seine gefühlsmäßigen Einstellungen, Bewertungen, Wünsche und Ziele und dass er sich über sie klarer wird oder sich wenigstens deutlich um Klärung bemüht“[19]. Die drei oben erwähnten Merkmale der Beziehung schaffen eine nichtwertende und angstfreie Atmosphäre, in der sich der Mensch in sich selbst wagen kann. Wenn ein Mensch erfährt, dass sich andere seinen Gefühlen, seinem Innern zuwenden, wird er es ihnen nachtun.
Es wird von einem engen Zusammenhang der Selbstexploration und der konstruktiven Veränderung des Menschen gesprochen.
2.3 Struktur der Persönlichkeit
Obwohl Rogers die Persönlichkeit nicht als Struktur, sondern als einen Entwicklungs- und Veränderungsprozess versteht, tauchen in seinen Ausführungen zwei Begriffe auf, die als Strukturbegriffe gesehen werden können.
Zum besseren Verständnis seiner noch folgenden Theorie der Persönlichkeit werden hier nun diese zwei grundlegende Begriffe seines Ansatzes beschrieben.
[...]
[1] www.zitate.de; Stichwort Anerkennung; Charles M. Schwab (1862 - 1939), amerikanischer. Stahlindustrieller
[2] Motivation und Persönlichkeit (1954) und Psychologie des Seins(1962)
[3] Sigmund Freud als Namensgeber und Begründer und geht in seinen Darstellungen von Erfahrungen mit kranken Menschen aus. Maslow nennt sie aus diesem Grund „Krüppelpsychologie“. Wird auch als Psychologie der ersten Kraft bezeichnet.
[4] Wissenschaft vom Verhalten des Menschen, die diesen als eine andere Art von Tier ansieht. Wird auch als Psychologie der zweiten Kraft bezeichnet.
[5] Maslow in Schilling (2000), Seite 117
[6] vgl. Schilling (2000), Seite 117 f.
[7] Maslow in Schilling (2000), Seite 118
[8] Maslow in Schilling (2000), Seite 118
[9] vgl. Schilling (2000), Seite 118 f.
[10] Schilling (2000), Seite 119
[11] vgl. Schilling (2000), Seite119 f.
[12] Maslow in Schilling (2000), Seite120
[13] vgl. Schilling (2000), Seite120
[14] „Normalität ist im Verständnis von Maslow Vollkommenheit, Vorzüglichkeit, ideale Gesundheit, Erfüllung der menschlichen Möglichkeiten. Normal, gesund, natürlich sind für ihn synonyme Begriffe.“ Zit. Schilling (2000), Seite123
[15] vgl. Schilling (2000), Seite120 bis 128
[16] Schmid in Alterhoff (1994), Seite 45
[17] vgl. Rogers (1989), Seite 21 f.; Alterhoff (1994), Seite 44 bis 48; Weinberger (1998), Seite 84
[18] Rogers in Rechtien (1998), Seite 42
[19] Weinberger (1998), Seite 84
- Arbeit zitieren
- Andrea Warda (Autor:in), 2003, Zur Entwicklung der Persönlichkeit - der Beitrag Rogers als Orientierung für eine Beratungstätigkeit als Sozialarbeiterin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82501
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