So wie die Krankheit in das Leben des Menschen hineingehört, gehört die Sorge um die Kranken in das Leben der Kirche. Kranke besuchen, sie trösten und begleiten ist ein zentrales Anliegen christlicher Caritas. Eine Grunderfahrung der heutigen Zeit ist allerdings eine wachsende Sprachlosigkeit, wenn es um Glauben und existenzielle Erfahrungen – zu denen auch Krankheit und Sterben gehören – geht. Ohne zu einer Sprache zu finden, ist Begegnung nicht möglich.
Vorliegende Seminararbeit befasst sich mit einem Teilaspekt des Bemühens, in der Krankenpastoral zur Sprache zu finden, Gespräche zu führen.
Im ersten Teil der Arbeit wird die sozialpsychologische und theologische Bedeutung von Kommunikation und Gespräch betrachtet. Im zweiten Teil wird ein Überblick über die von Carl R. Rogers begründete Gesprächspsychotherapie gegeben, deren Grundhaltungen wegweisend auch für das pastorale Gespräch waren. Im dritten Teil dann werden diese Grundhaltungen der partnerzentrierten Gesprächsführung im Kontext des pastoralen Gesprächs genauer entwickelt, auf biblische Gesprächshaltungen sowie Besonderheiten des Gesprächs mit Kranken eingegangen und schließlich auch Schwierigkeiten in den Blick genommen.
Gliederung
1 Einleitung
2 Kommunikation und Gespräch
2.1 Sozialpsychologisch
2.2 Theologisch
3 Carl R. Rogers und die Gesprächspsychotherapie
3.1 Biografisches
3.2 Grundzüge der Gesprächspsychotherapie
3.2.1 Begriffsklärung
3.2.2 Person / Selbst
3.2.3 Beziehung
4 Das pastorale Gespräch
4.1 Biblische Hinweise zum ‚Gespräch’
4.2 Merkmale des pastoralen Gesprächs
4.3 Partnerzentrierte Gesprächsführung in der Pastoral
4.3.1 Die „therapeutischen Grundhaltungen“
4.3.2 Gesprächsbeispiele und Übungsmethoden
4.4 Hinweise zum Gespräch in der Krankenpastoral
4.5 Schwierigkeiten
5 Schlusswort
6 Literaturverzeichnis
7 Anhang
1 Einleitung
So wie die Krankheit in das Leben des Menschen hineingehört, gehört die Sorge um die Kranken in das Leben der Kirche. Kranke besuchen, sie trösten und begleiten ist ein zentrales Anliegen christlicher Caritas. Eine Grunderfahrung der heutigen Zeit ist allerdings eine wachsende Sprachlosigkeit, wenn es um Glauben und existenzielle Erfahrungen – zu denen auch Krankheit und Sterben gehören – geht. Ohne zu einer Sprache zu finden, ist Begegnung nicht möglich.
Vorliegende Seminararbeit befasst sich mit einem Teilaspekt des Bemühens, in der Krankenpastoral zur Sprache zu finden, Gespräche zu führen. Im ersten Teil der Arbeit wird die sozialpsychologische und theologische Bedeutung von Kommunikation und Gespräch betrachtet. Im zweiten Teil wird ein Überblick über die von Carl R. Rogers begründete Gesprächspsychotherapie gegeben, deren Grundhaltungen wegweisend auch für das pastorale Gespräch waren. Im dritten Teil dann werden diese Grundhaltungen der partnerzentrierten Gesprächsführung im Kontext des pastoralen Gesprächs genauer entwickelt, auf biblische Gesprächshaltungen sowie Besonderheiten des Gesprächs mit Kranken eingegangen und schließlich auch Schwierigkeiten in den Blick genommen.
Alle Aspekte krankenpastoraler Begleitung konnten selbstverständlich nicht ausgeführt werden, auch wenn ich mich bemüht habe, in dieser Arbeit über die rein technisch-methodischen Hinweise zur Gesprächsführung hinaus zu gehen.
Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Personenbezeichnung verzichtet. Die Verwendung des generischen Maskulinums bedeutet keine Herabsetzung des weiblichen Geschlechts, sondern schließt die weibliche Form mit ein.
2 Kommunikation und Gespräch
2.1 Sozialpsychologisch
Kommunikation wird gängigerweise in vier Arten unterteilt, man unterscheidet zwischen inner-menschlicher (intrapersönlicher), zwischen-menschlicher (interpersönlicher), Massen- und Massenmedien-Kommunikation.[1]
Allen vier Art liegt die Definition von Kommunikation als einem Prozess zugrunde, „in dessen Verlauf Information von einem Sender an einen Empfänger übermittelt wird.“[2] Drei Elemente sind daher an jeder Form von Kommunikation beteiligt:
„(a) ein Sender oder eine Quelle, der oder die (b) eine Botschaft kodiert, die dann
(c) über einen speziellen Kanal an einen Sender übermittelt wird, der seinerseits die Botschaft dekodiert. Die besonderen Eigenschaften von jeweils Sender, Botschaft, Kanal und Empfänger haben einen bedeutenden Einfluß auf den Kommunikationsprozeß.“[3]
Diese Definition legt nahe, „dass Kommunikation ein einfacher, eingleisiger Prozeß ist und die Botschaften ohne Bezug zur Umwelt und der Abfolge vergangener und erwarteter zukünftiger Ereignisse gesendet und empfangen werden.“[4] Dem ist nicht so, Kommunikation wird heute als ein „dynamischer Prozess in zwei Richtungen [beschrieben], wobei die Beteiligten gleichzeitig Botschaften senden und darauf achten, was der Partner signalisiert.“[5] Auch die Botschaften selber können nur dann verstanden werden, wenn sie, z.B. durch ein allen Beteiligten gemeinsames Vorwissen, Bedeutung erhalten.
Kommunikation als eine „soziale Grundfähigkeit zur interaktiven Vermittlung bedeutungsvoller Inhalte“[6] gibt es sowohl verbal als auch nonverbal. Interpersönliche Kommunikation findet zumeist als Gespräch statt. „Gespräch kann als Beziehungsgeschehen zwischen Menschen verstanden werden, das auf Verständnis zielt.“[7]
Das Phänomen ‚Sprache’ stellt in seiner Vielfalt (Wort, Laut, Gestik, Mimik, etc.) dabei ein hochkomplexes und subtiles Kommunikationssystem dar,[8] bei dem die verbale Kommunikation augenscheinlich zwar im Vordergrund steht, die non-verbale aber von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist:
„Interpersonale Kommunikation besteht nur zu einem kleinen Teil aus verbalen Botschaften. Gewöhnlich übermitteln wir zusammen mit Worten und Sätzen eine Vielfalt nonverbaler Signale, die der verbalen Botschaft Nachdruck verleihen, sie aber auch modifizieren oder völlig ersetzen können.“[9]
Nonverbale Kommunikation ist meistens wesentlich unmittelbarer als verbale, eine Geste oder ein Gesichtsausdruck ruft beim „Angesprochenen“ sehr viel schneller und automatischer eine Reaktion hervor, als eine sprachliche Botschaft, die unter Umständen noch dekodiert und interpretiert werden muss. Nonverbale Äußerungen begleiten verbale Botschaften nicht einfach nur, ihr Einfluss ist vielfach größer als der der verbalen. „Information über Einstellungen und Emotionen wird nonverbal tendenziell effektiver übermittelt als verbal.“[10]
Kommunikation bzw. Gespräch geschieht in der Regel auf verschiedenen, mindestens drei Ebenen:
„Da gibt es die ‚Kopf’-ebene. Es ist der Bereich der Werte und Normen, der Meinung und der Einstellung. Was auf dieser Ebene gedacht wird, wird mit der Sprache und in Worten transportiert. […]
Die zweite Ebene ist die ‚Sach’-ebene. Sie enthält das, was ein Satz aussagt. Es ist die sprachliche Gestalt der Gedanken eines Menschen.
Die emotionale, die ‚Bauch’-ebene transportiert die Gefühle. Je nachdem, wie ein Satz gesagt wird, kommt die Botschaft an.“[11]
Während im alltäglichen Gespräch die emotionale Ebene selten bewusst reflektiert wird, verlangt das professionelle Gespräch eine genaue Beobachtung aller Ebenen, im Besonderen des gefühlsmäßigen Bereichs.[12]
Eine weitere, soziologische Definition könnte hier hilfreich sein. Kommunikation wird darin beschrieben als „Prozesse, in denen sich Individuen als denkende, sprechende, empfindende und handelnde Personen zueinander in Beziehung setzen“[13].
2.2 Theologisch
Kommunikation hat etwas mit „in Beziehung setzen“[14] zu tun und lässt sich auch im Bereich von Kirche und Theologie deshalb nicht ausschließlich auf Informationsaustausch oder eine technische Bedeutung, bspw. im Hinblick auf Kommunikationsmedien, begrenzen.
„Kommunikation ist eine fundamentaltheologische Leitkategorie geworden, seit […] Offenbarung, Glaube, Überlieferung (Tradition) und kirchliche Praxis als von Grund auf kommunikative Wirklichkeiten beschreibbar wurden.“[15]
„Offenbarung als kommunikatives Geschehen“[16], das ist die Grundlage vom Verständnis der Kirche als communio:
„eine Gemeinschaft von Personen und eucharistischen Gemeinschaften, die aus der Gemeinschaft der Dreifaltigkeit hervorgehen und sie spiegeln; Kommunikation gehört deshalb zum Wesen der Kirche.“[17]
Nach Peter F. Schmid ist die Kirche „das Sakrament des Dialogs“,[18] wenn man von einem Gott ausgeht, der selbst Gemeinschaft und Dialog ist und auch den Menschen „zu einer dialogischen Existenz“[19] beruft. „Gott selbst ist Gespräch und er sucht das Gespräch. Seine Zuwendung zu den Menschen, seine Offenbarung geschieht dialogisch.“[20]
Gespräch, als eine Form der Kommunikation, ermöglicht daher Beziehung und Begegnung. Dazu gehört immer ein Gegenüber, dem man nicht nur etwas mitteilt sondern sich als Gesprächspartner selbst mitteilt, etwas von sich offenbart.[21]
Es wird deutlich, dass aus theologischer Sicht, Kommunikation und Gespräch ganz herausragende Qualitäten von fundamentaler Bedeutung für die Kirche sind. Gespräch und Begegnung durch Gespräch sind wichtig für den Verkündigungsauftrag der Kirche, für innerkirchliche Auseinandersetzung und für die pastoralen Aufgaben, zu denen das beratende, pastorale Gespräch in der Seelsorge gehört - „Jeder Christ ist dazu aufgerufen, mit anderen ins Gespräch zu treten und solcherart Seelsorger zu sein.“[22]
Auf das Gespräch aus biblischer Sicht wird in Kapitel 3.1. noch etwas genauer eingegangen.
3 Carl R. Rogers und die Gesprächspsychotherapie
3.1 Biografisches
Der Psychotherapeut Carl Ransom Rogers wurde am 8. Januar 1902 in Oak Park bei Chicago (Illinois, USA) geboren. Rogers studierte Agrar-Wissenschaften, Geschichte, Theologie, Pädagogik und Psychologie, lehrte ab 1940 als Professor für Psychologie an verschiedenen nordamerikanischen Universitäten (Ohio, Chicago, Wisconsin) und gründete 1964 in La Jolla (Kalifornien) das ‚Center for the study of the person’.[23]
Er gilt als Begründer der klientenzentrierten Psychotherapie bzw. der Gesprächspsychotherapie, bei der die interpersonale Beziehung und die emotionale Verfassung der Personen im Zentrum des therapeutischen Gesprächs stehen. Dieser Ansatz prägte die moderne Psychotherapie und die Konzepte beratender Gesprächsführung nachhaltig. Rogers Arbeit war von einem – durchaus strittigen – humanistischen, an das grundlegend Gute im Menschen glaubenden Weltbild bestimmt.
Carl R. Rogers starb am 4. Februar 1987 im Alter von 85 Jahren im kalifornischen La Jolla.
3.2 Grundzüge der Gesprächspsychotherapie
Im Folgenden sollen die wesentlichen Grundzüge der von Rogers begründeten Gesprächspsychotherapie vorgestellt werden: Zunächst eine kurze Unterscheidung einzelner Begrifflichkeiten und dann die Betrachtung zweier Grundkonzepte der Gesprächspsychotherapie: die Person bzw. das Selbst und die Beziehung. Vertieft wird die Methodik des klientenzentrierten Ansatzes im Kapitel 3., wenn es um die partnerzentrierte Gesprächsführung in der Krankenpastoral geht.
3.2.1 Begriffsklärung
Synonym werden heute die Begriffe ‚ personzentriert’, ‚ partnerzentriert’, ‚ klientenzentriert’ und ‚ nicht-direktiv’ verwendet, um das von Rogers konzipierte Kommunikationsprinzip zu bezeichnen.[24]
Rogers selbst wählte zunächst, als er seine Therapie- und Gesprächsführungskonzepte ab 1942 entwickelte, den Begriff ‚ nicht-direktiv ’ (‚nondirektiv’) und unterschied sie damit bewusst von einem nach seiner Ansicht ‚direktiven’ Ansatz, also der seinerzeit gängigen Haltung des Therapeuten, von vorneherein die Leitung im therapeutischen Prozess zu übernehmen. Bei Rogers tritt dieser Therapieleiter, der den Verlauf des Gesprächs und der gesamten Behandlung bestimmt, in den Hintergrund. Nach Rogers sollte der Therapeut nur auf das reagieren, was der Klient an Gefühlen und Einstellungen äußerte, und auf keinen Fall den Gesprächsverlauf ‚dirigieren’.[25] Die nondirektive Methode war in der Anfangszeit auch unter dem beschreibenden Schlagwort „Spiegeln von Gefühlen“ bekannt.[26] Später änderte man den Begriff nondirektiv in klientenzentriert, um den Fokus auf das zu richten, was getan wird – also der Klient steht im Zentrum – und nicht auf das, was nicht getan wird.
[...]
[1] Hahn 2006, 213
[2] Forgas 1995, 106
[3] Ebd., 106
[4] Ebd., 107
[5] Ebd., 107
[6] Hahn 2006, 213
[7] Maurer 2006, 598
[8] Forgas 1995, 108
[9] Ebd., 126
[10] Ebd., 127f.
[11] Gärtner 2004, 31
[12] Ebd., 31f.
[13] Scherr 2000, 176
[14] Ebd., 176
[15] Werbick 2006, 214
[16] Funiok 2006, 216
[17] Deutsche Bischofskonferenz 2002, 18
[18] Schmid 2004 (Gespräch und Begegnung), 361
[19] Ebd., 360
[20] Ebd., 360 / Vgl. Joh 1,1ff. („Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott…“)
[21] „In einem solchen Gespräch findet Begegnung statt. Personale Begegnung bedeutet, sich vom Wesen der gegenüberstehenden Person betreffen zu lassen.“ Ebd., 358f.
[22] Ebd., 361
[23] Vgl. Schall 2006, 1237
[24] Vgl. Sander / Ziebertz 2006, 13
[25] Bourne / Ekstrand 2001, 508
[26] Rogers 2004, 18
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