„Just look at the pictures“ , so die Antwort Robert Franks, wenn er nach der Bedeutung seines Werks gefragt wird. Er ist der Meinung, das Werk brauche den Kommentar seines Autors nicht. Seine Fotografien bieten viele anspruchsvolle Lesearten und erlauben auch Jahrzehnte später interessante Diskurse.
Die vorliegende Arbeit stellt den Künstler Robert Frank und sein Werk „The Americans“ vor. Es wird vor allem der Frage nachgegangen, wie der Bildband „gelesen“ werden könnte. Anhand ausgesuchter Beispiele wird eine mögliche „Leseart“ behandelt.
Gliederung
1. Einleitung
2. Biographie
3. Die Fotografie zu Franks Zeit und Einordnung seiner Werke
4. Formale Betrachtung: „The Americans“
4.1 Reaktionen auf „The Americans“
4.2 Beschreibung und Analyse ausgewählter Fotografien
4.2.1 Beispiel für formale Beschädigung: „Parade – Hoboken, New Jersey“ (Abb. 1)
4.2.2 Beispiel für Opposition und Korrespondenz: „Covered Car, Long Beach, CA“ und „Car accident, U.S. 66, Between Winslow and Flagstaff, AZ “ (Abb. 2 und 3)
4.2.3 Beispiel einer Sequenz mit dem Motiv Kreuz (Abb. 4-6)
5. Abschließende Betrachtung
6. Literaturverzeichnis:
7. Abbildungen:
1. Einleitung
„Just look at the pictures“[1], so die Antwort Robert Franks, wenn er nach der Bedeutung seines Werks gefragt wird. Er ist der Meinung, das Werk brauche den Kommentar seines Autors nicht. Seine Fotografien bieten viele anspruchsvolle Lesearten und erlauben auch Jahrzehnte später interessante Diskurse.
Die vorliegende Arbeit stellt den Künstler Robert Frank und sein Werk „The Americans“ vor. Es wird vor allem der Frage nachgegangen, wie der Bildband „gelesen“ werden könnte. Anhand ausgesuchter Beispiele wird eine mögliche „Leseart“ behandelt.
2. Biographie
Robert Frank wurde am 9. November 1924 in Zürich als Sohn eines jüdischen deutschen Vaters und einer Schweizer Mutter geboren. Nachdem Hitler allen deutschen Juden die deutsche Staatsbürgerschaft entzog, wurden Franks Vater und beide Söhne staatenlos. Die Schweizer Staatsbürgerschaft zu bekommen, erwies sich als schwierig und wurde den Kindern schließlich nach drei Jahren genehmigt, während sie dem Vater verwehrt blieb.[2]
Eher aus Verlegenheit begann Frank nach der Schule 1941 eine Ausbildung zum Fotografen bei Hermann Segesser. Neben dem fotografischen Handwerk brachte Segesser Robert Frank auch die moderne Kunst näher, so zum Beispiel die Werke Paul Klees.
Zwischen 1942 und 1944 setzte Frank seine Ausbildung bei Michael Wolgensinger fort, dem späteren Assistenten von Hans Finsler. Finsler trat seit Ende der zwanziger Jahre für die sachliche „neue Fotografie“ ein. Die Aufnahmen Franks aus der Zeit bei Wolgensinger zeigen, dass sich der Lehrling auch verstärkt mit der „neuen Fotografie“ auseinandersetzte. Neben dem Arrangement von Motiven war dabei die Beleuchtung ein wichtiger Aspekt. Frank begann auch in jener Zeit, Studien über populäre Motive, wie sie in der „Zürcher Illustrierten“ oder „Du“ erschienen, anzufertigen.
Anschließend arbeitete Frank in Genf und in Basel. In dieser Zeit stellte er seine ersten Arbeiten in einem Art Zeigebuch mit dem Titel „40 Fotos“ zusammen.
1947 verließ Frank Europa und wanderte in die USA aus. Angekommen in New York, fand er schnell Arbeit als Assistenzfotograf bei „Harper`s Bazaar“. Er fotografiert Modeprodukte für die Zeitschrift und deren Ableger „Junior`s Bazaar.“ Die Stadt New York beeindruckte den jungen Fotografen und beeinflusste seine Art, Motive zu sehen. Seine Sehweise „[...] wurde spontaner, intuitiver, von unnötiger Technik unbelasteter, tatsächlich freier.“[3]
Bereits 1948 verließ er die USA jedoch schon wieder, nachdem das Studio von „Harper`s Bazaar“ geschlossen wurde. Frank reiste nach Peru und Bolivien. 1949 kehrte er nach Europa zurück, um mit dem Auto nach Frankreich, Spanien, Italien und schließlich durch die Schweiz zu fahren. Während seiner Reise durch die Schweiz entstanden die Aufnahmen von der Landgemeinde in Hundwil, Kanton Appenzell Ausserboden. Frank wollte die Bilder als „story“ an eine Illustrierte verkaufen, jedoch ohne Erfolg.
In den darauf folgenden Jahren reiste Frank mehrere Male zwischen den USA und Europa hin und her. Er wollte nirgends sesshaft werden.
1951 veröffentlichte das Magazin „LIFE“ eine Doppelseite mit seinen Bildern. 1952 wurde in Paris ein ganzes Heft mit Bildern herausgegeben, die auf seiner Reise durch Peru entstanden waren. Durch seine Arbeit für die New York Times wurde Edward Steichen auf ihn aufmerksam und nahm später einige Fotografien Franks in seine bekannte Ausstellung „The Familiy of man“ auf. Gemeinsam reisten sie auch 1953 zur Materialbeschaffung nach Europa. Trotz dieser ersten Erfolge schwebte Frank mehr vor, da er „[...] sich als Künstler tatsächlich „frei“ ausdrücken [...]“ wollte.[4] Frank sagte später in einem Interview, dass er immer gegen Steichens Idee der Fotografie als eine Art Volkskunst sei, die man unter einen Titel wie „The family of man“ setzt. Er sah „The Americans“ auch als seine Antwort auf Steichens Ausstellung, deren Thema Geburt, Tod, Liebe und Arbeit war. Politische Themen wie Rasse, Klassenunterschiede und Nationalität wurden in Steichens Ausstellung jedoch ausgeklammert.
Frank bewarb sich 1954 mit einem Fotoprojekt über die USA um ein Stipendium bei der Simon-Guggenheim-Stiftung. Er erklärte sein Fotoprojekt folgendermaßen: „Ich habe vor, das zu beobachten und zu dokumentieren, was ein eingebürgerter Amerikaner in den Vereinigten Staaten vorfindet, das, was die Zivilisation bestimmt, die hier geboren ist und sich anderswo ausbreitet.“[5]
Unterstützt wurde er dabei von Walker Evans, der Frank als „[...] wahrscheinlich den begabtesten der heutigen jüngeren Fotografen,... als geborenen Künstler“[6] bezeichnete. Tatsächlich erhielt Frank als erster Europäer das Stipendium und fuhr daraufhin mit dem Auto durch die USA. Auf dieser Reise entstanden jene 83 Bilder, die zu 1958 zuerst in Paris und ein Jahr später in Amerika mit dem Titel „The Americans“ erschienen sind.
Nachdem Frank bereits 1958 seinen ersten Kurzfilm auf 16-mm-Material fertiggestellt hat, begann er 1965 seinen ersten Film „Me and my brother“ in Spielfilmlänge.
Die erste Ausstellung Franks Werke mit dem Titel „Robert Frank Photographer“ war 1961 in the Art Institute of Chicago. 1976 stellte er im Kunsthaus Zürich aus und erst im Dezember 2005 war die Ausstellung „Robert Frank – Storylines“ im Fotomuseum Winterthur zu sehen, um nur einige Ausstellungen zu nennen. 1990 gründete die National Gallery of Art in Washington die Robert Frank Collection, wofür der Künstler Negative, Arbeits –und Ausstellungsprints gestiftet hat.
Geprägt durch tragische Schicksalsschläge in der Familie, seine Tochter Andrea starb 1974 bei einem Flugzeugabsturz, sein Sohn Paolo 1994 an einer Überdosis, wohnt Frank in die Abgeschiedenheit Neuschottlands.
3. Die Fotografie zu Franks Zeit und Einordnung seiner Werke
In den sechziger Jahren gab es einen entscheidenden Umbruch in der amerikanischen Fotografie. Das Medium hielt als Ausstellungs- –und Sammlungsgegenstand Einzug in die Museen und wurde an Universitäten als Lehrgegenstand eingeführt. Durch diese Entwicklung konnte sich die Fotografie langsam als Kunst profilieren. In dieser Zeit entstand auch, geprägt durch die Auseinandersetzung mit den formalen Kriterien der Fotografie und der Gesellschaft, die sich in dieser Zeit in einem Umbruch befand, eine besondere Art der dokumentarischen Kunstfotografie.[7]
Das Museum of Modern Art (MoMA) war maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt. Die Ausstellungspolitik, geprägt durch den Leiter der fotografischen Sammlung, John Szarkowski, war von großer Bedeutung für die Fotografie, unter anderem auch weil der Wert von Fotografen maßgeblich durch seine Entscheidungen bestimmt wurde. Zudem verfasste er eine normative Theorie, die er mit seinen Ausstellungen unterstrich. Das fotografische Werk solle sich der eigenen formalen Ausdrucksmöglichkeiten bedienen und nicht durch Techniken aus der Malerei oder anderer bildenden Künste, wie zum Beispiel Drucktechniken, verfälscht werden. „Die Fotografie muss mit den Mitteln arbeiten, die sie konstituiert.“[8] Eine direkte, „unmanipulierte“ Aufnahme, in der Literatur häufig als „straight photography“ bezeichnet, ist Szarkowski nach die Vorraussetzung. Frühe Arbeiten von Paul Strand und somit seine Absage an den Piktorialismus ebneten bereits den Weg für diese neue künstlerische Haltung.
Dies bedeutete eine Rückkehr zur künstlerischen Fotografie, die vor allem in den dreißiger und vierziger Jahre durch die sozialdokumentarische und journalistische Fotografie abgelöst wurde. Wie bereits die dreißiger Jahre Abbildung und Berichterstattung sozialer Probleme forderten, so gab es auch in den sechziger Jahre eine Tendenz zur sozialdokumentarischen Fotografie. So lässt sich auch erklären, warum Aufnahmen der Farm Security Administration (FSA) aus den dreißiger Jahren in den sechziger Jahren den Weg aus den Archiven in die Museen fanden und so Kunststatus erlangten.
Diese Entwicklung beeinflusste auch die Fachzeitschriften und Publikationen. In den vierziger und fünfziger Jahren veröffentlichten so genannte „Pictures Magazines“ das Format der Photostory, später wurde durch Magazine wie „Aperture“ von Minor White auch Raum für künstlerische Fotografie geschaffen.
Robert Frank war neben William Klein und dem wieder aktuellen Walker Evans Wegbereiter der dokumentarischen Fotografie der sechziger Jahre. Das Portrait, das sie von Amerika mit ihren Fotografien zeichneten, stand im totalen Gegensatz zu den formalen Aspekten der Photostory. Im Kontext des Umbruchs in der amerikanischen Gesellschaft und dem politischen Klima in dieser Zeit gesehen, veränderten sie maßgeblich den Begriff der dokumentarischen Fotografie.
Robert Frank in eine bestimmte Richtung der Fotografie einzuordnen, ist nicht einfach. Mal wird er in der Literatur der Schnappschussfotografie, der so genannten „candid photography“, mal der Autorenfotografie als Gegenteil zur Auftragsfotografie zugeordnet.
Coleman nennt in seinem Aufsatz „Inszenierende Fotografie. Annäherung an eine Definition“ (1976) Fotografen wie (unter anderem) Cartier-Bresson, Brassai und Robert Frank in einem Atemzug. Nicht als Fotografen derselben Richtung, sondern als Fotografen mit einer Einheit in der Haltung: Der Fotograf überträgt Colemann zufolge sein Verständnis und seine Gefühle bezüglich des realen Ereignis auf das Bild.[9] Er nennt diese Richtung auch „empfängliche“ Fotografie.
Walter Koschatzky sieht es „nahe liegend, dass [...] die Photographie nach einer neuen Position suchte, sich vom „Abbilden“ aller Spielarten des Realismus - der Reportage, dem Bildjournalismus [...] - zu einer kreativen „Ideen“- Kunst“[10] zu entwickeln. Dies bedeutete eine Wendung vom Humanismus zur Subjektivität. Dabei entsteht das Bild nur durch eine persönliche Interpretation der Umwelt und einer subjektiven Bildvorstellung des Fotografen. Dies gilt auch für Frank. Seine Bilder sind subjektiv, so wie er es oft betont hat.
[...]
[1] Gasser, Martin: Robert Frank: Those goddamned stories with a beginning and an end. In: Stahel, Urs et al.
(Hrsg.): Essays über Robert Frank. Buch zur Ausstellung „Robert Frank –Storylines. Fotomuseum
Winterthur/Fotostiftung Schweiz, Göttingen 2005, S. 24.
[2] vgl. Gasser, Martin: „..really more like Russia in feeling and looking...“ – Robert Frank und Amerika. In: Swiss
Made: die Schweiz im Austausch mit der Welt, Zürich 1998, S. 79-92.
[3] Gasser: „..really more like Russia in feeling and looking...“ (opt. zit., vgl. Anm. 2), S. 84.
[4] Gasser: „..really more like Russia in feeling and looking...“ (opt. zit., vgl. Anm. 2), S. 86.
[5] Gasser: „..really more like Russia in feeling and looking...“ (opt. zit., vgl. Anm. 2), S. 87
[6] Gasser: „..really more like Russia in feeling and looking...“ (opt. zit., vgl. Anm. 2), S. 87.
[7] vgl. Neumann, Pia: Metaphern des Misslingens: Amerikanische Dokumentarfotografie der sechziger und
siebziger Jahre zwischen Konzeptkunst und Gesellschaftskritik, Frankfurt am Main 1996.
[8] Neumann: Metaphern des Misslingens (opt. zit., vgl. Anm. 7), S.13.
[9] Coleman, A.D.: Inszenierende Fotografie. Annäherung an eine Definition. In: Kemp, Wolfgang: Theorie der
Fotografie, III. Band, München 1983, S. 241.
[10] Koschatzky, Walter: Die Kunst der Photographie–Technik, Geschichte, Meisterwerke, München 1987, S. 241.
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