Der Themen- und Problemstellung der vorliegenden Arbeit liegen folgende drei Gedankengänge zugrunde:
Zum Ersten ist jede Länder umspannende Geschäftstätigkeit von Unternehmen geprägt durch das Berühren verschiedenster nationaler wie supranationaler Rechtskreissysteme. Vor allem im Unternehmenssteuerrecht kann das Zusammen-treffen zwei oder mehrerer Steuerrechtsordnungen, die internationale Disharmonie im Zusammenwirken nicht aufeinander abgestimmter Steuersysteme und das international vorherrschende Steuerbelastungsgefälle insgesamt erhebliche Risiken bergen, aber auch steuergestalterische Möglichkeiten und Chancen eröffnen. Dies gilt in besonderem Maße für Holdinggesellschaften, die in der betriebswirtschaftli-chen Praxis – genauer gesagt, in der Organisationsstruktur vieler international agierender Unternehmungen – nicht mehr wegzudenken sind.
Zweitens gelten die Staaten in Mittel- und Osteuropa (MOES) für ausländische Investoren generell seit dem Fall des Eisernen Vorganges – in zunehmendem Maße jedoch seit der ersten Etappe der EU-Osterweiterung im Mai 2004 – als besonders interessanter Investitionszielraum. International ausgerichtete Unternehmen bauen Ihre wirtschaftlichen Verflechtungen in diesem Raum zunehmend aus. Allein im Jahr 2005 betrugen die Zuflüsse ausländischer Direktinvestitionen in die MOES über 42 Milliarden Euro. Nach dem EU-Beitritt zweier weiterer Staaten – Rumänien und Bulgarien – am 1. Jänner 2007 ist davon auszugehen, dass die Region weitere Anreize für Direktinvestitionen schaffen wird. Es ist somit mit einem weiterhin anhaltenden Wirtschaftswachstum zu rechnen.
Letztendlich bieten sich Österreich und Deutschland aufgrund ihrer geographischen Nähe als optionale Holdingstandorte für Direktinvestitionsvorhaben in Mittel- und Osteuropa an, auch wenn beide Staaten nicht als „die“ klassischen Holdingstandorte – wie etwa Luxemburg oder die Niederlande – gelten. Zudem machen viele außersteuerliche Standortfaktoren wie die gemeinsame Sprache, die unübersehbare Ähnlichkeit der Rechtssysteme insgesamt, das ähnliche Lohnniveau sowie der grundsätzlich in beiden Staaten bestehende hohe Qualitätslevel öffentlicher Infrastruktur einen Holdingstandortvergleich aus steuerlicher Sicht interessant.
Ziel der Arbeit ist es nun die oben dargelegten Gedanken zu verknüpfen und zu untersuchen, inwieweit österreichische und deutsche Zwischenholdinggesellschaften für international tätige Unternehmen aus Drittstaaten als steuerschonendes Sprungbrett bzw. Gestaltungsinstrument für Direktinvestitionen im besagten Raum geeignet sind. Dabei eröffnen sich wiederum weitere konkretere Fragestellungen:
Welchen Prinzipien der internationalen Steuerordnung folgt das Unternehmensteuer-recht der beiden Staaten und welche steuerlichen Rahmenbedingungen bieten die beiden Steuerrechtsordnungen für Holdinggesellschaften insbesondere im Hinblick auf Direktinvestitionen in den MOES? Ist die Zwischenschaltung einer Holdinggesell-schaft in einem der beiden Staaten überhaupt sinnvoll, und wenn ja, in welchem? Die Untersuchung gibt grundlegende Antworten auf die ersten beiden Fragen. In Bezug auf die beiden letzen Fragestellungen, deren Beantwortung nur Einzelfall bezogen und unter Berücksichtigung konkreter – auch außersteuerlicher – Informationen vom betroffenen Entscheidungsträger selbst getroffen werden müssen, soll die Arbeit entscheidungsunterstützend wirken.
Inhaltsverzeichnis
- Grundlegung
- Einführung
- Problemstellung
- Untersuchungsziel
- Untersuchungsgang
- Prämissen
- Begriffsbestimmungen und Definitionen
- Der Begriff „Holdinggesellschaft“
- Definition der Holdinggesellschaft
- Typologien von Holdinggesellschaften – Die internationale Zwischenholding
- Modell des dreistöckigen Konzerns – Spitzen-, Zwischen- und Grundeinheit
- Der Begriff „Direktinvestition“
- Konkretisierung des Begriffes „Mittel- und Osteuropa“
- Steuergestaltung als Teildisziplin der (internationalen) Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre
- Internationales Steuerrecht als Rechtsrahmen der Steuergestaltung mit internationalen Zwischenholdings
- Der Begriff „,Internationales Steuerrecht“
- Prinzipien des Internationalen Steuerrechts
- Das Souveränitätsprinzip
- Prinzipien zur Anknüpfung der Besteuerungsrechte
- Prinzipien zum Umfang der Besteuerungsrechte
- Kombination der Prinzipien
- Das Problem der Doppelbesteuerung im internationalen Steuerrecht
- Begriff und Arten der Doppelbesteuerung
- Methoden zur Vermeidung bzw. Minderung der Doppelbesteuerung
- Anrechnungsmethode
- Freistellungsmethode
- Abzugs- und Pauschalierungsmethode
- Ursachen der Steuergestaltung mit internationalen Zwischenholdings – Problemhintergrund
- Betriebswirtschaftlich-organisatorische Ziele als Ausgangspunkt
- Trennungstheorie und das damit verbundene Problem der Mehrfachbesteuerung
- Internationaler Konsens zur Vermeidung von Mehrfachbesteuerung
- Steuerarbitragemöglichkeiten als Kollateralschaden?
- Grundriss der Ertragsbesteuerung von Kapitalgesellschaften in Österreich und Deutschland
- Allgemeines
- Die Körperschaftsteuer
- Die Kapitalgesellschaft als Körperschaftsteuersubjekt
- Das Einkommen als Körperschaftsteuerobjekt
- Der Körperschaftsteuertarif
- Der Solidaritätszuschlag (Deutschland)
- Die Gewerbesteuer (Deutschland)
- Spezifische Regelungen des österreichischen Außensteuerrechts zur internationalen Zwischenholding
- Regelungen im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht der Zwischenholding
- Gewinnausschüttungen
- Beteiligungsveräußerung
- Teilwertabschreibungen von Beteiligungen
- Beschränkungen des Betriebsausgabenabzugs
- Allgemeine Einkommenskorrekturmaßnahmen
- Gesellschafterfremdfinanzierung
- Konsolidierte Besteuerung
- Unilaterale Maßnahmen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung
- Regelungen im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht der Spitzeneinheit
- Gewinnausschüttungen
- Beteiligungsveräußerung
- Zinsen
- Lizenzgebühren
- Spezifische Regelungen des deutschen Außensteuerrechts zur internationalen Zwischenholding
- Regelungen im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht der Holding
- Gewinnausschüttungen
- Beteiligungsveräußerung und Teilwertabschreibungen von Beteiligungen
- Beschränkungen des Betriebsausgabenabzugs
- Allgemeine Einkommenskorrekturmaßnahmen
- Gesellschafterfremdfinanzierung
- Konsolidierte Besteuerung
- Unilaterale Maßnahmen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung
- Regelungen im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht der Spitzeneinheit
- Gewinnausschüttungen
- Beteiligungsveräußerung
- Zinsen
- Lizenzgebühren
- Entscheidungsrelevante Regelungen des nationalen Steuerrechts in den mittel- und osteuropäischen Staaten
- Ertragsteuerniveaus
- Möglichkeit intertemporärer Verlustverwertung
- Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen und Lizenzen
- Richtlinienumsetzung in den betroffenen EU-Staaten
- Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie in Bezug auf Quellensteuern
- Umsetzung der Zins-Lizenz-Richtlinie
- Die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Österreich bzw. Deutschland und den Staaten MOES
- Allgemeines
- Rechtskräftige DBA mit den mittel- und osteuropäischen Staaten
- Quellensteuerbeschränkungen nach den bestehenden DBA
- Österreich
- Deutschland
- Quellensteuern - integrierte Darstellung und Belastungsvergleich für Österreich und Deutschland
- Entwicklung von Gestaltungsstrategien
- Steuerliche Gestaltungsziele einer (internationalen) Zwischenholding
- Steuerliche Funktionen einer (internationalen) Zwischenholding als Gestaltungsbausteine
- Umleitungsfunktion
- Umwandlungsfunktion
- Abschirmfunktion
- Allokationsfunktion
- Anmerkungen zu den Funktionen
- Ausgewählte Strategien mit österreichischen bzw. deutschen Zwischenholdings
- Treaty shopping
- Strategiebeschreibung
- Umsetzung mit österreichischer bzw. deutscher Holding
- Directive shopping
- Strategiebeschreibung
- Umsetzung mit österreichischer bzw. deutscher Zwischenholding
- Participation exemption shopping
- Strategiebeschreibung
- Umsetzung mit österreichischer bzw. deutscher Zwischenholding
- Credit mix shopping
- Umsetzung mit österreichischer bzw. deutscher Zwischenholding
- Rule shopping
- Strategiebeschreibung
- Umsetzung mit österreichischer bzw. deutscher Zwischenholding
- Steuerliche Rahmenbedingungen für internationale Zwischenholdings in Österreich und Deutschland
- Steuerliche Aspekte von Direktinvestitionen in Mittel- und Osteuropa
- Gestaltungsmöglichkeiten und -strategien im internationalen Steuerrecht
- Doppelbesteuerungsabkommen und ihre Bedeutung für Steuergestaltung
- Analyse von Steuerarbitragemöglichkeiten und deren Auswirkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Steuergestaltung mit österreichischen und deutschen internationalen Zwischenholdinggesellschaften im Kontext von Direktinvestitionen in Mittel- und Osteuropa. Ziel ist es, die relevanten Steuerregelungen in Österreich und Deutschland zu analysieren und anhand eines Vergleichs der steuerlichen Rahmenbedingungen in den Zielländern Gestaltungsstrategien zu entwickeln.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer grundlegenden Einführung in die Thematik der Steuergestaltung mit internationalen Zwischenholdinggesellschaften. Es werden Begriffsbestimmungen und Definitionen relevanter Fachbegriffe erläutert, sowie die Bedeutung der Steuergestaltung im Kontext der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre hervorgehoben.
Im zweiten Kapitel wird das Internationale Steuerrecht als Rechtsrahmen für die Steuergestaltung mit internationalen Zwischenholdings beleuchtet. Es werden zentrale Prinzipien des Internationalen Steuerrechts, insbesondere die Problematik der Doppelbesteuerung, thematisiert.
Kapitel 3 beleuchtet die Ursachen der Steuergestaltung mit internationalen Zwischenholdings und analysiert den Problemhintergrund. Die betriebswirtschaftlich-organisatorischen Ziele, die Trennungstheorie und der internationale Konsens zur Vermeidung von Mehrfachbesteuerung werden dabei diskutiert.
Kapitel 4 bietet einen Grundriss der Ertragsbesteuerung von Kapitalgesellschaften in Österreich und Deutschland. Es werden die relevanten Steuerarten, wie die Körperschaftsteuer, der Solidaritätszuschlag und die Gewerbesteuer, erläutert.
Kapitel 5 und 6 analysieren die spezifischen Regelungen des österreichischen und deutschen Außensteuerrechts im Hinblick auf internationale Zwischenholdings.
Im siebten Kapitel werden entscheidungsrelevante Regelungen des nationalen Steuerrechts in den mittel- und osteuropäischen Staaten betrachtet.
Kapitel 8 behandelt die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich bzw. Deutschland und den Staaten Mittel- und Osteuropas.
Kapitel 9 befasst sich mit der Entwicklung von Gestaltungsstrategien im Kontext der Steuergestaltung mit österreichischen bzw. deutschen Zwischenholdings.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Bereiche Internationale Steuergestaltung, Zwischenholdinggesellschaften, Direktinvestitionen, Mittel- und Osteuropa, Doppelbesteuerungsabkommen, Steuerarbitrage, betriebswirtschaftliche Steuerlehre, österreichisches Außensteuerrecht, deutsches Außensteuerrecht.
- Quote paper
- Mag. Christian Roth (Author), 2007, Steuergestaltung mit österreichischen bzw. deutschen internationalen Zwischenholdinggesellschaften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81904