Der Westfälische Friede – Das 'Unglück' des deutschen Volkes?


Seminararbeit, 2007

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede – Das Verhältnis Kaiser - Reichsstände im Wandel?
2.1 Der Dreißigjährige Krieg
2.2 Der Westfälische Friede
2.3 Der Westfälische Frieden und das Kaiserreich – die Festlegung der Doppelstaatlichkeit

3. Ergebnis und Ausblick

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der dreißigjährige Krieg gilt als eine der größten Zäsuren der deutschen Geschichte. Über seine Ursachen und die Ziele der einzelnen Parteien haben Historiker immer wieder gestritten, und dem Krieg zur Klassifizierung Beinamen wie „Konflikt zweier Machtblöcke“, „Staatsbildungskrieg“, „Kampf um ständische und absolutistische Herrschaft“ und „Konfessionskrieg“[1] gegeben. Diese Klassifizierung verweist dabei „auf Probleme, die in Deutschland wie beinahe überall in Europa zur offenen Austragung drängten.“[2] Jedoch schließen sich diese unterschiedlichen Begrifflichkeiten nicht aus, sondern geben lediglich die Hauptintention des Historikers wider. Erst ihre Summe vermag zu erklären, warum der „Krieg der Kriege“[3], bestehend aus „mindestens 13 Kriege[n] und 10 Friedensschlüsse[n]“[4] millionenfachen Tot, Verwüstung und Leiden über Europa, hauptsächlich jedoch Deutschland, brachte. Warum Zeitgenossen bereits nach 18 Jahren dichteten: „Wir sind doch nunmehr gantz / ja mehr denn gantz verheeret!“[5]

Die Folgen des Krieges waren aber nicht nur demographischer, wirtschaftlicher und sozialer, sondern auch politischer Art. Eben weil es sich auch um einen Staatsbildungskrieg und einen Kampf um ständische und absolutistische Herrschaft handelte, führte der Westfälische Frieden von 1648 auch diese Konflikte zumindest einer Teillösung zu. So wurde der Westfälische Frieden von den Zeitgenossen noch bejubelt, da er einen über eine Generation dauernden Krieg beendete. Er galt „als Grundlage des europäischen Staatensystems und Meisterwerk der internationalen Diplomatie“.[6] Doch im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wandelte sich das Bild in sein Gegenteil.[7] Denn die Geschichtsschreibung band sich an die nationale Bewegung. Der starke Zentralstaat wurde zum Ideal erhoben und damit das nachwestfälische Reich zum „negativen Gegenbild“ des gewünschten Einheits- und Machtstaates.[8] Der Westfälische Friede wurde zum absoluten Tiefpunkt der deutschen Geschichte, der den endgültigen Verlust von Elsaß an Frankreich brachte. Erst nach dem zweiten Weltkrieg und unter den Erfahrungen des zweiten Weltkrieges und der europäischen Einigung gelang eine schrittweise Umbewertung. Der wissenschaftliche Ertrag des Jubiläumsjahres 1998 betont die über die einzelnen Verhandlungsergebnisse hinaus „vorwärtsweisende ordnungspolitische Bedeutung“ des Friedens für Europa.[9] Vor allem das Verhältnis Kaiser und Reichsstände erfuhr eine Neubewertung. Mit ihr setzt sich auch diese Arbeit auseinander.

Zunächst wird ein allgemeiner Überblick über die Entstehung und den Verlauf des Krieges gegeben. Auch hierbei wird das Augenmerk immer wieder auf das Verhältnis zwischen Kaiser und den Reichsständen gelegt.

Im Anschluss wird knapp der Inhalte des Westfälischen Friedens erläutert. Nachfolgend soll genauer auf die Bedeutung des Westfälischen Friedens für das Kaiserreich und die Machtverteilung im Reich eingegangen werden. War der Westfälische Frieden wirklich der Anfang vom Ende der kaiserlichen Macht? Konnte nichts als Kleinstaaterei nach dem Friedensschluss entstehen? Hierfür sind besonders die mächtepolitischen und verfassungstechnischen Regelungen des Vertrages von Bedeutung. Die Ausführungen zu religiösen Aspekten sind zwar nicht minder interessant, könnten aber auf Grund des gegebenen Rahmens nur unzureichend behandelt werden. Daher muss hier auf andere Darstellungen zum Thema verwiesen werden.[10]

Im Zentrum dieser Arbeit soll die Frage stehen, ob der Westfälische Frieden den Kaiser schwächte und zu seiner oft beklagte Machtlosigkeit führte, oder ob er eine sinnvolle Reaktion auf die Verhältnisse im Reich darstellte.

2. Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede – Das Verhältnis Kaiser - Reichsstände im Wandel?

2.1 Der Dreißigjährige Krieg

Die Ursachen des Krieges sind nicht auf wenige Punkte zu reduzieren und reichen weit in die Geschichte des Reiches und der Habsburger Dynastie zurück.[11] Zum einen zu nennen wären die konfessionellen Gegensätze, die sich seit der Reformation verstärkten und mit dem Augsburger Religionsfrieden nur bedingt gelöst wurden. Des Weiteren rangen die Landesherren mit den Ständen und der Kaiser mit den Landesherren um die Machtverteilung im Reich. Durch ihre Doppelfunktion als Kaiser des heiligen römischen Reiches deutscher Nation und als Landesfürsten der kaiserlichen Erblande wurde die Habsburger Dynastie gleich doppelt in die Auseinandersetzungen verwickelt. Unstimmigkeiten innerhalb des Hauses, namentlich zwischen Kaiser Rudolf II. und seinem Bruder Matthias, führten dann zum habsburgischen Bruderzwist[12], in dessen Folge das Haus Habsburg weiter geschwächt und die „zentrifugalen Kräfte“[13] nicht nur im Reich, sondern auch in Böhmen und Ungarn, herausgefordert wurden. Nach seiner Wahl versuchte Kaiser Matthias dann, diesen Machtverlust durch entschiedene, gegenreformatorische Aktionen in den Erblanden auszugleichen und seine Macht wieder zu stärken.

Die Gegenreformation ließ aber die evangelischen Reichsstände aufschrecken. Im Prager Fenstersturz im Frühjahr 1618 entlud sich die Furcht der böhmischen evangelischen Stände, ihren Glauben und ihre Macht aufgeben zu müsse. Dieser demonstrative Bruch mit der Habsburger Herrschaft sollte den Evangelen das Gesetz des Handelns zurückgeben.[14] Das daraus ein dreißig Jahre dauernder Krieg entstehen sollte, war sicherlich niemandem bewusst. In der Folge wählten die böhmischen Stände Friedrich V. von der Pfalz[15] zum König von Böhmen. Erste militärische Erfolge kehrten sich aber schon bald um. Als Ferdinand II. im August 1619 in Frankfurt einstimmig zum Nachfolger des verstorbenen Kaisers Matthias gewählt wurde konnte er den Einsatz des Ligaheeres in Böhmen und die Besetzung der linksrheinischen Pfalz durch spanische Truppen durchsetzen. Friedrich der V. – der Winterkönig – erhielt weder von der evangelischen Union noch von seinem Schwiegervater König Jakob I. von England militärische Unterstützung. Auch innerhalb der deutschen Fürsten war Friedrich isoliert, denn zahlreiche evangelische Stände standen loyal zu Ferdinand.[16] Auf dem Fürstenkonvent zu Mühlhausen 1620 hatte der Kaiser ihnen versprochen, sich nicht in die Frage der säkularisierten Kirchen einzumischen, ihren Besitzstand also anzuerkennen. Verbunden mit der Ächtung einiger abtrünniger Fürsten führte dies zu Loyalität der meisten Fürsten und Stände gegenüber dem Kaiser.[17]

Die Entscheidungsschlacht am Weißen Berg bei Prag endete mit einer Niederlage des böhmischen Ständeheeres, Friedrich V. floh über Schlesien und Norddeutschland ins niederländische Asyl.[18]

Die Schlacht am Weißen Berg war der Auftakt einer Reihe von Siegen des kaiserlichen Heeres gegen Söldnerführer auf der Seite Friedrichs. So konnte auch die Pfalz eingenommen werden.

Im Februar 1623 erhielt Maximilian von Bayern die Pfälzer Kurwürde. Die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg aber erkannten die Kurwürde Maximilians – die eindeutig gegen die Reichsverfassung zu Stande kam - nicht an, und auch die anderen protestantischen Fürsten lehnten es auf dem Deputationstag im Februar 1623 ab, die kaiserliche Kriegsführung weiterhin zu finanzieren, fühlten sie sich doch durch das Heer nun selbst bedroht. Denn obwohl es nach weiteren Siegen 1624 ohne Gegner war, wurde es nicht aufgelöst sondern ging im evangelischen Westfalen ins Winterlager. Es war klar, dass das Ziel nur sein konnte, den evangelischen Norden zu katholisieren[19], auch entgegen früheren Versprechen.

Denn die militärischen Erfolge hatten beim Kaiser den Wunsch geweckt, das Verfassungsgefüge im Reich nach eigenen Wünschen umzugestalten, die Macht der Stände und Fürsten zu begrenzen und das Reich zu katholisieren. Solche Ziele aber mussten auch andere europäische Mächte auf den Plan rufen, denen an einer allzu starken habsburgischen Dominanz in Europa nicht gelegen war, namentlich vor allem Frankreich und England. Doch außer Subsidien für die protestantischen Truppen und ihre glücklosen Heerführer passierte zunächst nichts. Erst das Eingreifen des dänischen Königs Christian IV., der sich vom Ligaheer und der gegenreformatorischen Politik des Kaisers bedroht fühlte, denn er war nicht nur König von Schweden, sondern auch Herzog von Holstein mit seinen protestantischen Fürstbistümern Bremen, Verden und Osnabrück, machte den Konflikt zu einem echten europäischen Krieg. Des Weiteren wollte er einer Intervention Schwedens, die schon in Polen Krieg führten, zuvorkommen und damit eine schwedische Vorherrschaft im norddeutschen Raum verhindern.[20]

[...]


[1] Aufzählung bei: Schmidt, Georg: Der dreissigjährige Krieg. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage, München 1999, S. 8

[2] Ebda.

[3] Burkhardt, Johannes: Vollendung und Neuorientierung des frühmodernen Reiches 1648-1763. Stuttgart 2006; In: Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, 10. Auflage, Bd. 11, S. 25

[4] Schmidt: Dreissigjähriger Krieg, S. 8

[5] Gryphius, Andreas: Thränen des Vaterlandes Anno 1636. In: Mettenleiter, Peter; Knöbl, Stephan (Hrsg.): Blickfeld Deutsch. Oberstufe. Paderborn 2003, S. 117

[6] Lahrkamp, Helmut: Dreißigjähiger Krieg. Westfälischer Frieden. Eine Darstellung der Jahre 1618-1648 mit 326 Bildern und Dokumenten. Münster 1997, S. 260

[7] Detailliert nachgezeichnet und ebenfalls mit Beschreibung und Erklärung der Langlebigkeit des negativen Urteils bei: Burkhardt: Der Westfälische Friede und die Legende von der landesherrlichen Souveränität. In: Engelbrecht, Jörg; Laux, Stephan (Hrsg.): Landes- und Reichsgeschichte. Festschrift für Hansgeorg Molitor zum 65. Geburtstag. Bielefeld 2004, S. 202-207

[8] Burkhardt: Vollendung und Neuorienierung, S. 32

[9] Ebda., S. 26

[10] Insbesondere: Dickmann, Fritz: Der Westfälische Frieden. Herausgegeben von Konrad Repgen. 6. Auflage, Münster 1992, S. 343-373

[11] Im Folgenden können diese Ursachen nur kurz skizziert werden, da eine angemessene Bearbeitung den Rahmen dieser Arbeit überziehen würde; siehe hierzu und für den folgenden Absatz: Schormann, Gerhard: Der Dreißigjährige Krieg. Göttingen 1985, S. 9-24; detaillierter und umfangreicher dazu: Lanzinner, Maximilian: Konfessionelles Zeitalter 1555-1618. In: Gebhardt Handbuch, 10. Auflage, Band 10

[12] Siehe hierzu: Erbe, Michael: Die Habsburger 1493-1918. Eine Dynastie im Reich und in Europa. Stuttgart 2000, S. 75-81

[13] Lanzinner: Konfessionelles Zeitalter, S. 195

[14] Schmidt: Dreißigjähriger Krieg, S. 29

[15] Findeisen, Jörg-Peter: Der Dreißigjährige Krieg. Eine Epoche in Lebensbildern. Graz 1998, S. 78-83

[16] Schormann: Dreißigjähriger Krieg, S. 31

[17] Ebda., S. 32ff

[18] Schmidt: Dreißigjähriger Krieg, S. 30ff

[19] Ebda., S. 34ff

[20] Schormann, Gerhard: Dreißigjähriger Krieg 1618-1648. In: Gebhardt Handbuch, S. 227

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Der Westfälische Friede – Das 'Unglück' des deutschen Volkes?
Hochschule
Universität Rostock  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Proseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
20
Katalognummer
V81592
ISBN (eBook)
9783638875998
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Westfälische, Friede, Unglück, Volkes, Proseminar
Arbeit zitieren
Michael Draeger (Autor:in), 2007, Der Westfälische Friede – Das 'Unglück' des deutschen Volkes?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81592

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