Geht man die Straßen in Italien entlang hört oder liest man häufig Ausdrücke oder Aussprüche welche weder Standardsprache, noch Fachsprache noch Dialekt sind. Werden diese von jungen Menschen verwendet gehen viele Men-schen davon aus, dass es sich um Jugendsprache handelt. Diese Abweichun-gen von der Normsprache sind das Thema der vorliegenden Arbeit und ein, aus linguistischer Sicht, relativ neuer Forschungsgegenstand. Um die „lingua dei giovani“ bearbeiten zu können muss man erst einmal der Überlegung Raum geben, wer der Jugendliche ist und von welchem Standard seine Sprache ab-weicht. Diese Erklärungen sind in den beiden folgenden Unterpunkten zu finden. Im zweiten Abschnitt wird der Frage nachgegangen warum die Jugendsprache eine Varietät ist und sie wird unter dem diaphasischen, dem diachronen, dem diatopischen und dem diamesischen Aspekt untersucht. Da diese Darstellungen alle sehr theoretisch und weit gefächert sind folgt im dritten Teil die Betrachtung einer speziellen Form der Jugendkultur, der Hip Hop Kultur in Italien und die dort vorkommenden sprachlichen Besonderheiten unter Einbeziehung der, mit der Musikrichtung Hip Hop einhergehenden, Kunstrichtung Graffiti.
Inhalt
1 Vorbetrachtung und Einführung
1.1 Wer spricht Jugendsprache?
1.2 Was ist italienische Standardsprache?
2 Jugendspezifischer Sprachgebrauch in Italien
2.1 Der diaphasische Aspekt
2.2 Der diachrone Aspekt
2.3 Der diatopische Aspekt
2.4 Der diastratische Aspekt
2.5 Der diamesische Aspekt
3 Jugendsprache in der Praxis
3.1 Hip-Hop-Kultur in Italien: Ein geschichtlicher Überblick
3.2 Die Hip-Hop-Anhänger und ihre sprachlichen Mittel
3.2.1 Entlehnungen aus dem Amerikanischen
4 Untersuchungen und Untersuchungsproblematiken
1 Vorbetrachtung und Einführung
Geht man die Straßen in Italien entlang hört oder liest man häufig Ausdrücke oder Aussprüche welche weder Standardsprache, noch Fachsprache noch Dialekt sind. Werden diese von jungen Menschen verwendet gehen viele Menschen davon aus, dass es sich um Jugendsprache handelt. Diese Abweichungen von der Normsprache sind das Thema der vorliegenden Arbeit und ein, aus linguistischer Sicht, relativ neuer Forschungsgegenstand. Um die „lingua dei giovani“ bearbeiten zu können muss man erst einmal der Überlegung Raum geben, wer der Jugendliche ist und von welchem Standard seine Sprache abweicht. Diese Erklärungen sind in den beiden folgenden Unterpunkten zu finden. Im zweiten Abschnitt wird der Frage nachgegangen warum die Jugendsprache eine Varietät ist und sie wird unter dem diaphasischen, dem diachronen, dem diatopischen und dem diamesischen Aspekt untersucht. Da diese Darstellungen alle sehr theoretisch und weit gefächert sind folgt im dritten Teil die Betrachtung einer speziellen Form der Jugendkultur, der Hip Hop Kultur in Italien und die dort vorkommenden sprachlichen Besonderheiten unter Einbeziehung der, mit der Musikrichtung Hip Hop einhergehenden, Kunstrichtung Graffiti.
1.1 Wer spricht Jugendsprache?
Um das Phänomen der Jugendsprache in Italien tief gehend erläutern zu können, ist es äußerst wichtig erst einmal ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wer der Jugendliche ist. Ist es eine Person welche materiell abhängig von finanziellen Zuwendungen der Eltern bzw. erziehungsberechtigten Personen ist? Ist das Dasein des Jugendlichen an eine spezielle Altersspanne geknüpft oder ist es ein nur Gefühl, welches dem Individuum innewohnt? Ralf Oerter geht von zwei Merkmalsbereichen im psychologischen Alltagsverständnis aus, die den Jugendlichen kennzeichnen.[1]
„Der eine bezieht sich auf die drastische und dramatische körperliche Veränderung, die äußerlich das Kind innerhalb von wenigen Jahren zum Erwachsenen verwandelt. Der andere Bereich umfasst die auffälligen eigenwilligen Einstellungen, Gefühle und Verhaltensweisen des Jugendlichen. So sieht man das Jugendalter als Zeit des „Sturm und Drangs“, der extremen Gefühlsschwankungen und der Rebellion gegenüber Sitte und Moral der Erwachsenen an“[2]
Diese Definition gibt uns jedoch nur vage einen klaren, zur wissenschaftlichen Analyse geeigneten, Ansatzpunkt. Reinhold Solle[3] ist in seiner Auslegung weitaus konkreter und dient im Folgenden als Basis für die Frage, wen wir als den Jugendlichen bezeichnen können. Nach seiner Auffassung sind alle die Jugendlich, die zwischen 14 und 19 Jahren alt sind, unabhängig ihrer pekuniären Situation. Diese Spanne gilt in unserem Kulturkreis seit dem Ende des zweiten Weltkrieges laut Solle als Vorbereitung auf das Erwachsenenalter. Oftmals ist nicht die Familie in diesem Entwicklungsabschnitt der primär formende Normen- und Wertevermittler, sondern verstärkt tritt die Peergroup, also die Bezugsgruppe einer Person, welche sich aus Menschen des gleichen Alters oder ähnlichen Interessen zusammensetzt, in diese wichtige und äußerst prägende Position. Durch den Einfluss des Internets besteht diese Peergroup nicht nur aus Menschen die der Jugendliche jeden Tag zu Gesicht bekommt, sondern sie kann sich auch aus Personen verschiedener Regionen oder gar Nationalitäten zusammensetzen. Dies lässt diatopische Grenzen langsam verschwinden und führt zu der rasanten Geschwindigkeit in welcher sich die Jugendsprache heutzutage ausbreitet und verändert.
Jugendliche, im oben definierten Sinne, möchten sich während ihrer Entwicklung von der Masse, dem Standart der Gesellschaft abheben, in ihrer eigenen Gesellschaft leben und dadurch kommt es, unter anderem, zu der Ausbildung der Varietät Jugendsprache. Sie signalisieren damit die Zugehörigkeit zu einer spezifischen Gruppe, der Jugendgruppe.
Die Jugend genießt heute eine besonders wichtige Bedeutung. In den Medien wird Jugend als die Zeit der Freiheit, Dynamik, Spontaneität und Unbekümmertheit idealisiert. Die Menschen wollen ihre Jugend erhalten. Wie können sie diese Entwicklungsphase so weit wie möglich nach hinten ausdehnen? Sie versuchen, wie Jugendliche zu wirken. Dazu gehört auch der Gebrauch der Sprache der Jugendlichen. Genau an dieser Stelle wird das Phänomen "Mythos Jugendsprache" deutlich. Durch die zahlreichen Publikationen zur Jugendsprache entsteht der Eindruck, als gäbe es eine bestimmte Sprache, die alle Jugendlichen sprächen. Diese Sprache scheint durch verschiedene Merkmale gekennzeichnet zu sein, über ein bestimmtes Vokabular zu verfügen und ist in Wörterbüchern nachzulesen. Obwohl die meisten Menschen in irgendeiner Weise Kontakt zu Jugendlichen haben und feststellen müssten, dass diese nicht alle in jeder Kommunikationssituation die in den Wörterbüchern aufgeführten Vokabeln benutzen, bleibt der Mythos von der Sprache der Jugend bestehen. Viele Menschen, die im entwicklungspsychologischen Sinne nicht mehr als jugendlich gelten sondern als Erwachsene, fühlen sich jung, kleiden sich entsprechend und sprechen wie Jugendliche, oder meinen zumindest diesen Substandart zu beherrschen. Weitläufig ist aber bekannt, dass die Sprache dieser Gruppe, die häufig als Berufsjugendliche bezeichnet werden, keine Jugendsprache, sondern eher eine eigene Ausprägung der Sprache von Erwachsenen ist. Interessant wäre auch die Betrachtung dieser Varietät, doch das würde den vorgegebenen Rahmen dieser Arbeit sprengen. Vielleicht hat diese Klasse von Personen ihr Wissen über jugendliche Sprache aus einem der zahlreichen, künstlich zusammengestellten „Lexika der Jugendsprache“ oder „Sprüchesammlungen“ in welchen die Autoren Jugendsprache auf bestimmte Ausdrücke und Formeln reduzierten. Diese Lexika waren in fast allen Fällen, sowohl quantitativ als auch qualitativ, als pseudowissenschaftliche Werke zu betrachten und dienten eher der Unterhaltung als einer ernsthaften linguistischen Untersuchung. Es gibt in der Bücherwelt laut Radtke[4] drei Formen von Abhandlungen bzw. Lexika bezüglich der Jugendsprache, a) von Laien erstellte, b) von Linguisten laienhaft erstellte, und schließlich c) nach linguistischen Kriterien erstellte. Punkt c) ist das Novum in der linguistischen Landschaft und Werke aus dieser Kategorie sollen im Weiteren als Basis für die genaue Betrachtung der „lingua dei giovanne“ dienen.
1.2 Was ist italienische Standardsprache?
Da Jugendsprache ein Substandard ist, ist die Einbeziehung der Standardsprache und eine Definition dieser von hoher Wichtigkeit. Bekanntlich ist die Standardsprache ein sehr junges Phänomen, insbesondere im italienischen Raum. Die Standardsprache ist diejenige Varietät einer Sprache deren Regeln und Gesetzmäßigkeiten in Grammatiken und Wörterbüchern verankert und nachweisbar sind.[5] Dabei wird in erster Linie die Schriftsprache kodifiziert; zur Standardsprache gehören aber auch Aussprachenormen. Unter moderner Standardsprache versteht man eine Sprache, die nicht nur alle Kriterien einer Normsprache aufweist, sondern auch einen so reichen und differenzierten Wortschatz hat, dass sie im täglichen Leben für alle Aspekte der modernen Welt gebraucht werden kann. Meist verfügen moderne Standardsprachen über verschiedene "Register", wie etwa einen gehobenen literarischen Stil, einen eher journalistischen Stil, einen informellen Stil sowie einen oder mehrere fachsprachliche Stile.[6] Die Standardsprache ist weitgehend unmarkiert bezüglich der diaphasischen, diastratische und diatopischen Aspekte. Wie jede andere Sprache verändert und entwickelt sich auch die italienische Sprache in ihrer Grammatik und in ihrem Vokabular, das zeigt sich daran dass Wortbildung, Morphologie, Syntax und Phonologie sich im Wandel befinden und sich den Anforderungen der Gesellschaft anpasst. Die Sprachlandschaft Italiens unterliegt keiner starren unbeweglichen Struktur sondern besteht aus verschiedensten Varietäten, Dialekten, Soziolekten und Jargons. Varietäten sind Sprachformen, deren sich bestimmte Gruppen oder auch Individuen bedienen. Sie unterscheiden sich durch lautliche, intonatorische, morphologische, lexikalische syntaktische und/ oder pragmatische Besonderheiten von der Standardsprache bzw. den anderen Varietäten.[7]
[...]
[1] Vgl Oerter,Ralf: Jugendalter. in Oertler, Ralf/ Montada, Leo: Entwicklungspsychologie, S. 265. Weinheim (Psychologie Verlags Union) 1987.
[2] Ebd.
[3] Vgl Mavellia, Clara: Die Sprache der Jugendlichen in Mailand; Untersuchungen zur Semantik und Wortbildung des aktuellen Italienischen, S. 162f, Frankfurt am Main (Peter Lang) 1991., zitiert nach Solle, Reinhold: Der feldtheoretische Ansatz. in Graumann, Carl-Friedrich (Hrsg.): Handbuch der Psychologie (Vol.7 Sozialpsychologie. 1. Halbband: Theorien und Methoden, pp. 133-166) Göttingen (Verlag für Psychologie) 1969.
[4] Radtke, Edgar: Ein italienisches Jugendsprachewörterbuch der Mikrodiachronie; Der Dizionario della Lingua Parlata dei Giovani 1982–1992 (DLPG). in Androutsopoulos, Jannis/Scholz, Arno (Hrsg.): Jugendsprache – langue des jeunes – youth language; Linguistische und soziolinguistische Perspektiven. S. 59–70. Frankfurt am Main (Peter Lang) 1998.
[5] Vgl. Haase, Martin: www.web.fu-berlin.de/phin/phin7/p7t2.htm#haaa, Stand 22.09.2006
[6] Alfred Lameli: Standard und Substandard. Regionalismen im diachronen Längsschnitt. Stuttgart (Steiner) 2004.
[7] Vgl. Duden: Die Grammatik, S. 1252., Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich. (Duden) 2005.
- Quote paper
- Dorina Kind (Author), 2006, Jugendsprache in der Hip-Hop-Kultur in Italien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81164
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