Einführung
Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Autismus“ entspringt einer praktischen Tätigkeit an einer Schule für Sehbehinderte und Blinde. Während einer Einzelförderung im Rahmen eines diagnostischen Gutachtens, habe ich ein Mädchen betreut, dessen Verhaltensweisen mir, sowie einer beteiligten Professorin und dem Klassenlehrer, einige Rätsel aufgaben. Sie zeigte Auffälligkeiten in einer Regelmäßigkeit, die selbst für ein blindes Kind, unüblich sind. Zu
diesen Verhaltensweisen zählte u.a. die Unfähigkeit zur Interaktion mit anderen, stereotypes Verhalten bei alltäglichen Vorgängen oder das Nachsprechen verschiedener Sätze, ohne ein entsprechendes Verständnis (Echolalie).
Aus diesen Verhaltensmustern direkte Rückschlüsse auf eine autistische Störung zu ziehen ist sicher sehr gewagt. Aufgrund der vorliegenden Behinderung und ohne die genaue Kenntnis der Anamnese und Ontogenese, sind sicher Zweifel an einer solchen „laienhaften“ Diagnose. Dennoch erschien es mir gerechtfertigt, mich der Thematik anzunehmen und sie für diese Prüfung auszuwählen.
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Inhalt
1. Einführung
2. Symptome des Autismus
3. Ursachen autistischer Störungen
4. Verbreitung, Verteilung und Verlauf autistischer Störungen
5. Therapie autistischer Störungen
5. Eigene Einschätzung
6. Literatur
1. Einführung
Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Autismus“ entspringt einer praktischen Tätigkeit an einer Schule für Sehbehinderte und Blinde. Während einer Einzelförderung im Rahmen eines diagnostischen Gutachtens, habe ich ein Mädchen betreut, dessen Verhaltensweisen mir, sowie einer beteiligten Professorin und dem Klassenlehrer, einige Rätsel aufgaben. Sie zeigte Auffälligkeiten in einer Regelmäßigkeit, die selbst für ein blindes Kind, unüblich sind. Zu diesen Verhaltensweisen zählte u.a. die Unfähigkeit zur Interaktion mit anderen, stereotypes Verhalten bei alltäglichen Vorgängen oder das Nachsprechen verschiedener Sätze, ohne ein entsprechendes Verständnis (Echolalie).
Aus diesen Verhaltensmustern direkte Rückschlüsse auf eine autistische Störung zu ziehen ist sicher sehr gewagt. Aufgrund der vorliegenden Behinderung und ohne die genaue Kenntnis der Anamnese und Ontogenese, sind sicher Zweifel an einer solchen „laienhaften“ Diagnose. Dennoch erschien es mir gerechtfertigt, mich der Thematik anzunehmen und sie für diese Prüfung auszuwählen.
Der Begriff „Autismus“ wurde 1911 geprägt vom Schweizer Psychologen Erwin Bleuler (vgl. RODIER (2000), der ihn jedoch für bestimmte Symptome der Schizophrenie verwendete. Autismus wird im Fremdwörter-Lexikon als „Krankhafte Selbstbezogenheit“ und „Kontaktunfähigkeit“ definiert. Eine erste komplexe Beschreibung mit einer eigenen Symptomatik nahm 1943 der amerikanische Kinderarzt Leo Kanner vor (vgl. KUSCH & PETERMANN 1998). Seitdem hat eine umfangreiche Erforschung und Untersuchung dieser „tiefgreifenden Entwicklungsstörung“ (vgl. ICD 10) stattgefunden.
2. Symptome des Autismus
Das Kardinalsymptom ist, entsprechend der Begriffsdefinition, die Unfähigkeit zur Kontaktaufnahme und zur sozialen Interaktion. Autistische Kinder sind nicht in der Lage Beziehungen zu anderen Kindern aufzunehmen oder ihre Gefühle anderen Menschen gegenüber durch eine entsprechende Mimik und Gestik auszudrücken.
Die Erscheinungsformen des Autismus lassen sich in drei Hauptkategorien unterteilen (vgl. RODIER 2000, KUSCH & PETERMANN 1998):
a) Mangelhaftes Sozialverhalten
- Unfähigkeit zur Kontaktaufnahme
- Unfähigkeit zur Äußerung von eigenen Gefühlen und/oder Bedürfnissen (z.B. Trost)
- Fehlende Mimik und Gestik (z.B. Freude, Trauer u.a. können nicht durch einen entsprechenden Gesichtsausdruck angezeigt werden)
- Fehlender Augenkontakt bei sozialer Interaktion (autistische Kinder schauen regelrecht am Partner vorbei)
b) Mangelhafte Kommunikation
- Fehlendes, verzögertes oder unverständliches Sprachverhalten
- Fehlende Reaktionen auf Kommunikationsversuche anderer (manchmal reagieren autistische Kinder nicht mal auf den Zuruf ihres Namens)
- Stereotyper Sprachgebrauch (eigene Sätze ohne Bedeutung werden ständig grundlos wiederholt)
- Echolalie (Nachsprechen von Sätzen, z.B. Wiederholung einer gestellten Frage, statt einer Antwort)
- Fehlende Konversationsfähigkeit (Aufgrund des fehlenden Verständnis reden Autisten oft am Thema vorbei)
c) Spezielle Interessen/stereotypes Verhalten
- Beharrung auf gleichen Gewohnheiten (z.B. Kleidung, Essen etc.)
- Stereotype Motorik (z.B. ständiges Kratzen an der Nase)
- Zwanghaftes Festhalten von Ritualen (z.B. im Tagesablauf)
- Gestörtes Verhalten auf Veränderungen im gewohnten Umfeld
Über diese Hauptmerkmale hinaus, gibt es noch weitere Symptome, die sich nicht klassifizieren lassen. Dazu zählen u.a. extreme Stimmungsschwankungen, die sich in plötzlichen Wutausbrüchen äußern, ohne das besondere Gründe dafür erkennbar sind. Gleiches gilt für ein auftretendes aggressives Verhalten gegenüber der eigenen oder anderen Personen. Auch Eßstörungen und eine unvollkommene Eigenhygiene (z.B. Umgang mit dem Stuhlgang etc.) können als Symptome in Betracht gezogen werden.
Bei der Beschreibung dieser „negativen“ Merkmale darf jedoch nicht außer acht gelassen werden, daß Autisten oft beachtliche Fähigkeiten aufweisen. Musikalische Fähigkeiten, wie das verblüffend schnelle Lernen von Melodien zählen ebenso dazu wie außergewöhnliche Gedächtnisleistungen. Mitunter sind autistische Menschen in der Lage die kompliziertesten Rechenaufgaben zu lösen oder sich die schwierigsten Statistiken (Beispiel im Film „Rain Men“) zu merken und fehlerfrei wiederzugeben.
3. Ursachen autistischer Störungen
Die Entwicklung autistischer Störungen läßt sich nicht an einer Ursache festmachen. Vielmehr werden verschiedene Faktoren in einen Zusammenhang gebracht, die diese „Erkrankung“ auslösen.
a) Neurobiologische Faktoren
Neurologische Untersuchungen zeigen Ergebnisse, die auf abnorme Veränderungen im Kleinhirn weisen, die wiederum zur einer veränderten (negativen) Entwicklung weiterer Hirnareale führen. Durch eine Interaktion mit anderen Faktoren (z.B. Komplikationen bei der Geburt) wird dann eine autistische Störung verursacht. Daher spricht man bei neurologischen Auffälligkeiten auch von „Prädisponierenden Faktoren“ (vgl. CORDES & PETERMANN 2000). KUSCH & PETERMANN (1991), sowie RODIER (2000) bringen eine Dysfunktion des Hirnstamms als (zumindestens) sekundäres Problem, in Zusammenhang mit der Entstehung autistischer Störungen. Bei pathologischen Untersuchungen bei Autisten entdeckte RODIER (2000) einen verkleinerten Hirnstamm, den sie für eine verminderte Entwicklung anderer Hirnregionen verantwortlich macht. Gleichfalls waren der Facialiskern und der Olivenkern deutlich verkleinert bzw. fehlten. Der Facialiskern steuert die Muskelbewegungen der Mimik, während der Olivenkern als Schaltstelle für die Verarbeitung von Hörinformationen gilt. Diese abnormen Veränderungen könnten die fehlende Mimik und Gestik, sowie die fehlenden Reaktionen auf Kommunikationsversuche der Umwelt erklären.
b) Auslösende Faktoren
Neben den genannten neurologischen Auffälligkeiten, die wie gesagt mehr als begünstigende Bedingungen gesehen werden, gibt es verschiedene Faktoren, die als Auslöser für eine autistische Störung in Frage kommen. Dazu gehören u.a. Komplikationen in der Schwangerschaft und/oder bei der Geburt, bei denen es zu Unterversorgungen kommt. Eine weitere Ursache kann eine gestörte Wahrnehmungsverarbeitung sein. Autistische Kinder sind kaum in der Lage, die auf sie einwirkenden Reize aus der Umwelt, entsprechend zu koordinieren, so daß es zu einer Überforderung kommt. Daraus ließe sich der soziale Rückzug erklären und die Reaktion mit einfachen Handlungen (z.B. Riechen an Gegenständen oder Personen).
Auch das Familienverhalten wird oft als Auslösemechanismus gesehen. Allerdings kaum noch auf der Ebene, daß eine mangelhafte Mutter-Kind-Bindung in den ersten Lebensmonaten dafür verantwortlich gemacht wird. Vielmehr wird das Problem auf dieser Ebene wieder in der mangelnden Informationsverarbeitung gesehen. Familiäre Probleme (z.B. eine Scheidung mit häufig wechselnden Besuchen bei der Mutter und dem Vater) können das Kind, speziell in den ersten zwei Jahren, überfordern.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Entwicklung des frühkindlichen Autismus immer von mehreren Faktoren abhängt, die das Kind in der Zeit von der embryonalen Phase bis ca. zum zweiten Lebensjahr betreffen.
4. Verbreitung, Verteilung und Verlauf autistischer Störungen
Die Zahlen über die Verbreitung autistischer Störungen sind unterschiedlich. RODIER (2000) nenn eine Zahl von 0,16 % (sechzehn von zehntausend) der Kinder, bei denen nach der Geburt Autismus diagnostiziert wird, KUSCH & PETERMANN dagegen nur 0,05 % (fünf von zehntausend). In Deutschland leben lt. Verschiedener Statistiken ca. 30000 erwachsene Autisten.
Die geschlechtsspezifische Verteilung zeigt, daß bei Jungen deutlich häufiger autistische Störungen auftreten, nämlich bis zu viermal mehr als bei Mädchen (vgl. KUSCH & PETERMANN 1998). Die Risikowahrscheinlichkeit für Geschwister eines autistischen Kindes liegt bei fünf bis acht Prozent (vgl. RODIER 2000) und damit deutlich über dem Bevölkerungsdurchschnitt.
Zum Verlauf autistischer Störungen läßt sich feststellen, daß eine Heilung so gut wie ausgeschlossen ist. Nur ca. ein bis zwei Prozent aller Patienten sind in der Lage im Erwachsenenalter ein relativ normales Leben zu führen (vgl. KUSCH & PETERMANN 2000). Ca. 70 % aller Betroffenen sind auf eine ständige Betreuung angewiesen und müssen in Heimen untergebracht werden.
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- Arbeit zitieren
- Marco Danisch (Autor:in), 2001, Autismus. Versuch einer eigenen Diagnose im Rahmen von Sozialer Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/811