Freiheit, Selbstverwirklichung, Selbstentfaltung – so lauteten die wichtigsten Forderungen der jungen Schriftsteller des Sturm und Drang, der literarischen Epoche, oder besser Jugendbewegung, die, nach dem gleichnamigen Drama Friedrich Maximilian Klingers benannt, zeitlich von der Mitte der 60er bis zur Mitte der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts einzuordnen ist. Rebellisch und sozialkritisch sind die Werke der Stürmer und Dränger, aber auch gefühlsbetont und leidenschaftlich - und vor allem wird immer wieder die Freiheit propagiert: die Freiheit des Körpers und des Geistes und damit verbunden auch die dichterische Freiheit. Im Sturm und Drang erlebt der Dichter eine programmatische Aufwertung vom beruflichen Schriftsteller zum göttlich inspirierten literarischen Genie. Doch ein Genie darf nicht durch irdische Regeln eingeschränkt werden und aus diesem Grund brachen die Anhänger des Sturm und Drang mit den, bis dahin unangefochtenen poetologischen Bestimmungen des Aristoteles und deren neuzeitlichen Vertretern, den deutschen und vor allem französischen Klassizisten. Als Vorbild für ihre literaturtheoretischen Erwägungen, die sich hauptsächlich auf das Drama, die wichtigste Gattung des Sturm und Drang, beziehen, diente den jungen Schriftstellern vor allem der englische Dichter William Shakespeare (1564-1616), in ihm sahen sie ihre Ideale von der Befreiung von den Regeln bestätigt und stilisierten ihn zum unerreichten Genie. Ein regelrechter Shakespeare-Kult entstand im Kreis der Stürmer und Dränger und Shakespeare, bzw. dessen Werke wurden Vorbild für viele Dramen und Gegenstand mehrerer literaturtheoretischer Schriften.
Die folgende Arbeit befasst sich nun eben mit dem Einfluss der Shakespeare-Lektüre auf die Dramentheorie des Sturm und Drang. An das Thema heranführen sollen ein Kapitel über die literaturtheoretische Auseinandersetzung mit Shakespeare vor dem Sturm und Drang, sowie eines über die traditionelle, von Aristoteles geprägte, Dramentheorie. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt jedoch auf der tatsächlichen Dramentheorie des Sturm und Drang, welche anhand der Vorstellung und Analyse der drei wohl bedeutendsten literaturtheoretischen, auf Shakespeare Bezug nehmenden Schriften dieser Epoche, untersucht wird. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: „Die prätendierte Freiheit unsres Wollens [...]“
- Die literarische Shakespeare-Debatte in Deutschland bis zum Sturm und Drang
- Traditionelle Dramentheorie - das geschlossene Drama
- „Ich sprang in die freie Luft“ - Einflüsse der Shakespeare-Rezeption auf die Dramentheorie des Sturm und Drang
- Das offene Drama – Dramentheorie im Sturm und Drang
- Johann Gottfried Herder: Shakespear (1773)
- Johann Wolfgang Goethe: Zum Schäkespears Tag (1771)
- Jakob Michael Reinhold Lenz: Anmerkungen übers Theater (1774)
- Konklusion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Einfluss der Shakespeare-Lektüre auf die Dramentheorie des Sturm und Drang. Die Arbeit untersucht, wie die Werke Shakespeares die jungen Sturm und Drang-Autoren in ihrer Dramentheorie beeinflusst haben und wie sie die bestehenden, traditionellen Dramentheorien in Frage stellten.
- Die literaturtheoretische Auseinandersetzung mit Shakespeare vor dem Sturm und Drang
- Die traditionelle Dramentheorie
- Die Entwicklung einer neuen, „offenen“ Dramentheorie im Sturm und Drang
- Der Einfluss Shakespeares auf die Werke der Sturm und Drang-Autoren
- Die Bedeutung des „Genies“ in der Sturm und Drang-Ästhetik
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: „Die prätendierte Freiheit unsres Wollens [...]“
Die Einleitung führt in die Epoche des Sturm und Drang ein und stellt die wichtigsten Forderungen der jungen Sturm und Drang-Autoren vor. Die Arbeit befasst sich mit der Bedeutung von Freiheit, Selbstverwirklichung und Selbstentfaltung in der Sturm und Drang-Ästhetik und zeigt auf, wie die Werke Shakespeares die literaturtheoretischen Ansätze der Sturm und Drang-Autoren beeinflusst haben.
Die literarische Shakespeare-Debatte in Deutschland bis zum Sturm und Drang
Dieses Kapitel beleuchtet die Auseinandersetzung mit Shakespeare in der deutschen Literatur bis zum Sturm und Drang. Es zeigt die wachsende Bedeutung Shakespeares in der deutschen Literatur und die gegensätzlichen Reaktionen auf sein Werk. Im Zentrum steht die Kritik des Klassizisten Gottsched, der die „Unordnung und Unwahrscheinlichkeit“ in Shakespeares Werken kritisierte. Auch die Entstehung eines deutschen Nationaltheaters nach englischem Vorbild wird diskutiert.
Traditionelle Dramentheorie - das geschlossene Drama
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die traditionelle Dramentheorie, die auf Aristoteles zurückgeht. Die aristotelischen Einheiten von Ort, Zeit und Handlung werden vorgestellt, und es wird gezeigt, wie diese in der klassischen Dramatik des 17. und 18. Jahrhunderts angewendet wurden.
„Ich sprang in die freie Luft“ - Einflüsse der Shakespeare-Rezeption auf die Dramentheorie des Sturm und Drang
In diesem Kapitel wird die neue „offene“ Dramentheorie des Sturm und Drang vorgestellt und die Auswirkungen der Shakespeare-Rezeption auf diese Theorie untersucht. Es werden drei bedeutende literaturtheoretische Schriften des Sturm und Drang analysiert, die sich mit Shakespeare befassen.
Konklusion
Dieser Abschnitt wird in der vorliegenden Vorschau nicht zusammengefasst, um den Leser nicht mit wichtigen Ergebnissen und Schlussfolgerungen zu spoilern.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter in der Arbeit sind: Sturm und Drang, Shakespeare, Dramentheorie, „offenes Drama“, „geschlossenes Drama“, Aristoteles, Freiheit, Selbstverwirklichung, Selbstentfaltung, Genie.
- Quote paper
- Julia Sproll (Author), 2006, Der Einfluss Shakespeares auf die Dramentheorie des Sturm und Drang, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81006