Der Titel dieser Seminararbeit „Vers versus Prosa“ deutet bereits an, dass sie sich mit zwei verschiedenen Redeweisen auseinandersetzt. Es geht um die Frage, in welcher Weise sich Vers und Prosa unterscheiden und welche Möglichkeiten sowohl dem Verfasser beim Schreiben eines Textes als auch dem Leser zum Verständnis eines Textes in Versform bzw. Prosaform zur Verfügung stehen.
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlegung
2. Vers versus Prosa
2. 1. Das Zusammenspiel von Vers und Satz
2. 2. Zur Rolle des Metrums
2. 2. 1. Die Rekurrenz im Vers
2. 2. 2. Die Bedeutung von Strophen
2. 2. 3. Restriktion aus metrischer Gebundenheit
3. Fazit
4. Literaturverzeichnis
1. Grundlegung
Der Titel dieser Seminararbeit „Vers versus Prosa“ deutet bereits an, dass sie sich mit zwei verschiedenen Redeweisen auseinandersetzt. Es geht um die Frage, in welcher Weise sich Vers und Prosa unterscheiden und welche Möglichkeiten sowohl dem Verfasser beim Schreiben eines Textes als auch dem Leser zum Verständnis eines Textes in Versform bzw. Prosaform zur Verfügung stehen.
Hierzu ist zunächst einmal eine Begriffsbestimmung beider Redeweisen notwendig. Um einen ersten Unterschied so evident wie möglich zu gestalten, erfolgt hierauf im Hauptteil eine Gegenüberstellung eines Verstextes und eines Prosatextes. Als Verstext dient Joseph von Eichendorffs „Morgenlied (Ein Stern still nach dem andern fällt...)“, welcher von mir in Prosaform umgeschrieben wurde und somit den für diese Arbeit notwendigen Prosatext darstellt. Ausgehend von diesem Textmaterial wird im weiteren Verlauf das Zusammenspiel von Vers und Satz sowie die Rolle des Metrums genauer beleuchtet.
Nomen est omen: Der Name ist eine Vorbedeutung. Dieser Satz lässt sich ohne weiteres auf die Begriffe Vers und Prosa anwenden. Etymologisch betrachtet leitet sich der Begriff Vers von lateinisch versus ab und meint ursprünglich die Umwendung des Pfluges.[1] Der Begriff Prosa hingegen hat seinen Ursprung in prorsa oratio und bedeutet „die geradeausgerichtete Rede“.[2] Würde man sich in diesem Zusammenhang rein auf das optische Erscheinungsbild eines Textes beschränken, hätte man sehr schnell ein differenzierendes Merkmal von Vers und Prosa gefunden, denn „wenn auf einer Seite um das Gedruckte herum sehr viel weißer Raum ist, dann haben wir es gewiß mit Versen zu tun.“[3] Doch diese Erklärung reicht bei weitem nicht aus und vernachlässigt grundlegende Tatsachen. Verstexte zeichnen sich „durch ihre besondere Art der Segmentierung“[4] aus. „Das Prinzip dieser Segmentierung ist die Setzung von Pausen [...]“.[5] „Das Segment, das durch zwei solche, aufeinander folgende Pausen geschaffen wird, ist der Vers.“[6] Anders als bei Prosatexten kommt somit der Art und Weise der Beendigung der Zeile eine besondere Bedeutung zu. Diese Seminararbeit ist traditionell in Prosaform geschrieben und es ist reiner Zufall und völlig unbeabsichtigt, dass die vorangegangene Zeile auf Zufall endet. Durch das bewusste Setzen von Pausen durch Verssegmentierung in Verstexten werden die Zeilen gebrochen. Es liegt Zeilenbrechung vor, die den Ausgangspunkt für den weiteren Verstext- und Prosatextvergleich darstellt, auf den im nächsten Kapitel ausführlich eingegangen wird.
2. Vers versus Prosa
Joseph von Eichendorff Kevin Masalon
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. 1. Das Zusammenspiel von Vers und Satz
Wie bereits angemerkt wurde, ist der Zeilenbruch die „formale Minimalbedingung“[8], um einen Verstext als solchen bezeichnen zu können. Dieses Kriterium ist im vorangegangenen Morgenlied sowohl in seiner Verstext- als auch in seiner Prosatextform gegeben; allerdings resultieren die mitunter auftretenden Zeilenbrüche im Morgenlied als Prosatext einzig und allein daraus, dass diese Seminararbeit Formatierungsregeln unterliegt. Der Zeilenbruch im Morgenlied als Verstext hingegen hat „den Charakter eines Signals, dessen Bedeutung als Pause den Unterschied zur ‚geradeaus gehenden Rede’ [= Prosatext] ausmacht.“.[9] Dieses Signal erhöht die Aufmerksamkeitschance und sorgt für Bedeutungsvermehrung. Die Konsequenz aus dieser Überlegung ist die Tatsache, dass Sätze auf diese Weise in Verse aufgeteilt werden können, dass semantische Effekte erzielt werden und dass „Vers und Satz [...] grundsätzlich zwei von einander unabhängige Ordnungen [sind], deren Zusammentreffen potentiell konfliktträchtig ist.“[10] Der Vers ist demnach an syntaktische Regeln nicht gebunden. „Die Formen des Zusammentreffens […] [dieser beiden Ordnungen lassen sich] auf einer kleinen Skala zwischen Harmonie und Konflikt bzw. nach dem Grad der Eigenständigkeit […] des Verses […]“[11] anordnen.
[...]
[1] vgl. Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. 8., verbesserte und erweiterte Auflage. Stuttgart. 2001, S. 876.
[2] vgl. Ebd., S. 640.
[3] Wolfgang Kayser: Kleine deutsche Versschule. 27. Auflage. Tübingen. 2002 (UTB Bd. 1727), S. 9.
[4] Dieter Lamping: Das lyrische Gedicht. Definitionen zu Theorie und Geschichte der Gattungen. Göttingen. 1989, S. 24.
[5] Ebd.
[6] Ebd.
[7] Joseph von Eichendorff: Gedichte Versepen. Hrsg. von Hartwig Schultz. Frankfurt am Main. 1987 (Werke Bd. 1).
[8] Dieter Burdorf: Einführung in die Gedichtanalyse. 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Stuttgart. 1997 (Sammlung Metzler Bd. 284), S. 58.
[9] Rudolf Brandmeyer: Skript zum Proseminar Einführung in die Gedichtanalyse. Duisburg. 1999, S. 5.
[10] Ebd., S. 44.
[11] Ebd., S. 27.
- Arbeit zitieren
- Kevin Masalon (Autor:in), 2005, Vers versus Prosa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81001
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