Die folgende Arbeit befasst sich mit dem Videoclip „Coffee & TV“ (1999) der britischen Band „Blur“, und analysiert jenen Clip unter dem Gesichtspunkt des Verhältnisses von Bild und Ton.
Unter diesen Analyseaspekt fallen ebenso die Interpretation und Intention der lyrics, wie auch deren visuelle Realisierung im Videoclip. Hierbei soll genauer auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der lyrics- story und der Bild- story eingegangen werden.
Da die meisten Videoclips heutzutage eine Komplexität hinsichtlich ihrer visuellen Struktur aufweisen, ist eine genauere Betrachtung des Inhaltes von Nöten, um die Bild- story des Clips erfassen zu können. Erschwert wird diese Analyse durch die Reizüberflutung, welcher der Rezipient auf Grund von auditiven und visuellen Elementen ausgesetzt wird. Grund für diese Komplexität, wie sie auch in „Coffee & TV“ vorzufinden ist, ist die Absicht des Regisseurs, den Zuschauer zum mehrmaligen Betrachten des Musikvideos zu bewegen. Dieses Ziel wird ebenso durch eine gewisse Unklarheit in der lyrics- story und/ oder Bild- story erreicht, wodurch der Rezipient gezwungen wird, das Video wiederholt zu betrachten, um Sinnzusammenhänge zu klären. Ob und in wie weit dies in „Coffee & TV“ der Fall ist, wird ebenfalls in der Arbeit erörtert.
Als weiterer und abschließender Analyseaspekt folgt die Untersuchung der Zusammenwirkung der realen und irrealen Welt, symbolisiert durch computergesteuerte Trickbilder.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. „Coffee & TV“: Verhältnis von Bild und Ton
1. lyrics
1.1 Interpretation der lyrics
1.2. visuelle Realisierung der lyrics
1.3. Diskrepanz zwischen lyrics - story und Bild- story
2. Symbolik der fiktionalen „Darsteller“
III. Resümee
IV. Anhang
V. Bibliographie
I. Einleitung
Die folgende Arbeit befasst sich mit dem Videoclip „Coffee & TV“ (1999) der britischen Band „Blur“, und analysiert jenen Clip unter dem Gesichtspunkt des Verhältnisses von Bild und Ton.
Unter diesen Analyseaspekt fallen ebenso die Interpretation und Intention der lyrics, wie auch deren visuelle Realisierung im Videoclip. Hierbei soll genauer auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der lyrics- story und der Bild - story eingegangen werden.
Da die meisten Videoclips heutzutage eine Komplexität hinsichtlich ihrer visuellen Struktur aufweisen, ist eine genauere Betrachtung des Inhaltes von Nöten, um die Bild- story des Clips erfassen zu können. Erschwert wird diese Analyse durch die Reizüberflutung, welcher der Rezipient auf Grund von auditiven und visuellen Elementen ausgesetzt wird. Grund für diese Komplexität, wie sie auch in „Coffee & TV“ vorzufinden ist, ist die Absicht des Regisseurs, den Zuschauer zum mehrmaligen Betrachten des Musikvideos zu bewegen. Dieses Ziel wird ebenso durch eine gewisse Unklarheit in der lyrics- story und/ oder Bild- story erreicht, wodurch der Rezipient gezwungen wird, das Video wiederholt zu betrachten, um Sinnzusammenhänge zu klären. Ob und in wie weit dies in „Coffee & TV“ der Fall ist, wird ebenfalls in der Arbeit erörtert.
Als weiterer und abschließender Analyseaspekt folgt die Untersuchung der Zusammenwirkung der realen und irrealen Welt, symbolisiert durch computergesteuerte Trickbilder.
II. „Coffee & TV“: Verhältnis von Bild und Ton
1. lyrics
Der Text des songs „Coffee & TV“ lässt sich in fünf Strophen gliedern, welche wie folgt angeordnet sind: 1. Strophe, 2. Strophe (Refrain), 3. Strophe, 4./5. Strophe (Refrain). (vollständiger song- Text siehe Anlage 1)
Bei Betrachtung des gesamten song - textes wird dem Leser bzw. Hörer der Eindruck vermittelt, es handele sich thematisch um eine Person, die mit ihrem Leben abschließen möchte, da sie mit der Welt nichts mehr anzufangen weiß.
Um diesen ersten Eindruck bestätigen zu können, ist jedoch eine genauere Betrachtung der einzelnen Strophen erforderlich.
1. 1. Interpretation der lyrics
Bereits der erste Vers der ersten Strophe „Do you feel like a chainstore“ vermittelt eine melancholische Grundstimmung. Da mit dem Begriff „Kette“ eine gewisse Gebundenheit, im extremsten Falle sogar Gefangenschaft, assoziiert wird, wird dem Leser/ Hörer bereits hier die negative Stimmungslage präsentiert. Vorwiegend der Begriff der Einsamkeit/ Verlassenheit wird in der ersten Strophe thematisiert. Der Erzähler verweist auf den vergeblichen Versuch, mit Mitmenschen in Kontakt zu treten („holding out your heart to people who never really care how you are“) und geht somit auf zwischenmenschliche Beziehungen ein, die Vorraussetzung sind, um Einsamkeit fühlen zu können. Nicht einmal die Geräusche und Gespräche des Umfeldes können die innere Leere der Person füllen. („your ears are full but you’re empty“) Da diese Strophe als Frage bzw. in der zweiten Person Singular formuliert ist, besteht Grund zu der Annahme, dass es sich um eine zweite Person handeln muss, welche mit dem Protagonisten im Dialog steht. Wahrscheinlicher allerdings ist es, jene zweite Person als die innere Stimme der Hauptfigur zu betrachten.
Der anschließende Refrain wechselt von der zweiten Person Singular in die Ich- Erzähler- Perspektive, wodurch dem Leser/ Hörer eine subjektive Darstellung der Emotionen gewährleistet wird. Der Refrain beginnt mit dem Titel des songs „so give me coffee and tv“, der jedoch einen Widerspruch in sich beinhaltet. Auf Grund der Resignation des Protagonisten auf zwischenmenschliche Beziehungen, bietet ihm der Fernseher eine Unterhaltungs- Alternative. Im Gegensatz dazu steht die Symbolik, welche mit Kaffee assoziiert wird, nämlich ein Mittel, um wach, im übertragenen Sinne am Leben zu bleiben. Da jedoch die Hauptfigur mit ihrem Leben abzuschließen gedenkt, wirft dieser Begriff eine gewisse Diskrepanz auf. Die Vermutung des Suizid- Gedankens des Protagonisten wird durch die letzten Verse des Refrains bekräftigt. („take me away from this big bad world and agree to marry me so we can start all over again“). Da hierbei keine konkreten Angaben in Bezug auf die Person, welche die Hauptfigur zu heiraten beabsichtigt, erfolgen, können nur vage Vermutungen aufgestellt werden, um welche Person es sich handelt. Eine mögliche Interpretation, welche sich in den Sinnzusammenhang fügen würde, wäre, den Tod selbst als Wesen zu personifizieren, mit dem der Protagonist eine Bindung eingehen möchte, um in einer anderen Welt ein neues Leben zu beginnen. Eine konkrete Anspielung auf den Tod wird allerdings im fünften Vers des Refrains gegeben (and I’m brain-dead virtually“). Für diese Behauptung macht er die visuelle Reizüberflutung, welche ihn allmählich erblinden lässt, verantwortlich („I’ve seen so much, I’m going blind“).
Die ersten vier Verse der dritten Strophe behandeln das Thema der Diskriminierung („Do you go to the country, it isn’t very far, there’s people there who will hurt you cos of who you are“). Hierbei wird auf die Stadt- Land- Diskrepanz aufmerksam gemacht, welche, obgleich Stadt und Land nicht weit voneinander entfernt sind, Diskriminierung auf Grund von Herkunft hervorruft. Die folgenden vier Verse müssen über Kreuz gelesen werden, d.h. der erste und dritte, sowie der zweite und vierte Vers bilden zusammen jeweils eine Aussage. Somit ergeben sich die Phrasen „your ears are full of the language ´til the words are slurring” und “there’s wisdom there you’re sure and you can’t find the door”. In diesem Zusammenhang kann die erste Phrase als erneute Reizüberflutung, hier in auditiver Hinsicht, gesehen werden. Die zweite Phrase nimmt Bezug auf die letzten Verse des Refrains und verweist somit erneut auf den Tod. Das Wort „there“ würde demnach für eine Welt nach dem Tod stehen, in welcher der Protagonist Weisheit finden würde, wobei sich jedoch die Tür zu dieser Welt nicht auffinden lässt und ihm damit der Weg in diese Welt verschlossen bleibt. Eine weiterführende Interpretation dieser Phrase wäre, den Zugang zu dieser Welt nur dann als verschlossen anzusehen, wenn der Protagonist direkt nach der Tür suchen, d.h. Suizid beabsichtigen würde. Falls die Person allerdings auf natürliche Weise den Tod erlangt, würde sich jene Tür problemlos auffinden lassen. Da die Hauptfigur folglich kein erzwungener Tod in die ersehnte neue Welt bringen würde, bleibt ihr nur die Möglichkeit, sich mit „coffee and tv“ am Leben zu halten, da dies die einzigen Mittel sind, welche keiner zwischen- menschlichen Beziehung bedürfen. Damit schließt der Refrain, die vierte Strophe, mit dem Vers „so give me coffee and tv“ sinngemäß an die Dritte an. Die fünfte Strophe besteht aus einer Repetition des Refrains, bei dem der letzte Vers „so we can start all over again“ mehrmals zum Abschluss des songs wiederholt wird.
1. 2. visuelle Realisierung der lyrics
Allgemein ist festzuhalten, dass bei der Visualisierung der lyrics die Schnittfolge der einzelnen Szenen meist an die einzelnen Verse angepasst ist. „Die Schnittfolge ist nicht übermäßig schnell, relativ musikalisch, z.T. sehr eng an rhythmischen Akzenten orientiert (…).“ (Behne 1987: 114) Nach Behne kann der Videoclip Coffee & TV als narrative - Clip mit Elementen eines performance - Clips angesehen werden. Narrative bezeichnet Clips, „(…) die in erster Linie aus Bilderfolgen bestehen, die der Zuschauer zur Story ergänzen oder zumindest als Verssatzstücke einer Handlung verstehen kann.“ (Behne 1987: 129) Performance - Clips präsentieren vordergründlich die Band selbst in ihrer Tätigkeit als Musiker. Da dies in Coffee & TV teilweise der Fall ist, muss dieses Element berücksichtigt werden. Die Definition des narrative - Clips wird hierbei nochmals unterteilt in „Video- Story“, in welcher das Video zu einem kleinen Spielfilm ausgedehnt wird (Einleitungsszene- Song- Schlussszene), und „Effekt- Clip“.
Optische Effekte, meist Zeichentricks oder Tricks der computergesteuerten Videoregie, garnieren hier nicht nur das Bild, (…) sondern beeinflussen entscheidend die narrative Substanz bzw. bilden sie überhaupt.“ (Behne 1987: 135)
Diese optischen Effekte werden hier durch animierte Tetra- Pak- Milchtüten und Dosen erreicht.
Die Einleitungsszene beschreibt die Ausgangssituation der Thematik des Videoclips: bevor die Musik einsetzt, wird auf einem Esstisch eine blau- weiße Tetra- Pak- Milchtüte, auf der ein Foto des vermissten Sohnes einer Familie mit dem Wort „missing“ gedruckt ist, gezeigt (siehe Anlage 2), anschließend die Eltern und schließlich die Tochter.
Anschließend, und damit zeitgleich mit dem Einsetzten der lyrics der ersten Strophe, beginnt die Story. Die Milchtüte wird lebendig und versucht vergeblich durch tanzende Gesten die Aufmerksamkeit der Eltern zu erlangen bzw. jene aufzumuntern. Da die Familienmitglieder die Milchtüte jedoch nicht wahrnehmen oder, wie es der Fall zu sein scheint, sie nicht wahrnehmen wollen, verlässt die Milchtüte mit melancholischer Mimik das Haus, um nach dem vermissten Sohn zu suchen. Folglich kann der Inhalt der ersten Strophe des Textes auf die Milchtüte bezogen werden, eine Milchtüte, welcher keinerlei Beachtung geschenkt wird, obwohl diese durch Mimik und Gestik den Versuch unternimmt, mit ihren „Mitmenschen“ in Kontakt zu treten („Holding out your heart to people who never really care how you are“). Der folgende Refrain wird mit dem Weg, den die Milchtüte vom Haus der Familie bis in die Stadt zurücklegt, visualisiert. Auffällig ist hierbei die nahezu humane Behandlung der Milchtüte durch andere Menschen, wodurch die Personifizierung des Objektes neben menschlichen Gesichtszügen, Armen, Beinen und Bewegungen erweitert wird. Auf Grund der Anerkennung bzw. Akzeptanz von Dritten werden dem Objekt menschliche Charaktereigenschaften zugesprochen, wodurch die Milchtüte als Person behandelt wird. Jedoch lässt die Visualisierung der zweiten Strophe/des Refrains hier keine weiteren Interpretationsmöglichkeiten zu, wodurch dem Zuschauer erschwert wird, eine thematische Relation zwischen Text und Bild herzustellen. Diese Unvereinbarkeit von Text und Bild ist allerdings eine Methode, welche häufig in Musikvideos eingesetzt wird, um den Zuschauer zum mehrmaligen Ansehen des Clips zu bewegen.
„Rätselhaftigkeit kann nun auf sehr verschiedene Arten erzeugt werden. Wenn dies nicht, was am häufigsten der Fall ist, durch Überforderung unserer Wahrnehmung geschieht, so werden Bilder, Symbole, Stereotype angeboten, die in ihrer Beziehung zueinander nicht vollkommen abwegig sind, die sich aber auch keineswegs problemlos zu einer schlüssigen Story anordnen lassen.“ (Behne 1987: 117)
Während der Artikulation der lyrics „There’s people there who will hurt you cos of who you are“ in der dritten Strophe wird im Clip ein Mann gezeigt, der eine Milchtüte austrinkt und sie anschließend zerdrückt. Des Weiteren werden Kinder, die mit einer Dose spielen, welche ebenfalls mimische Züge besitzt, eingeblendet. Folglich wird die Personifizierung der Objekte relativiert, indem mit jener Phrase darauf aufmerksam gemacht wird, dass es sich hierbei trotz menschlicher Züge dennoch um Objekte handelt.
Die Phrase „I’ve seen so much I’m goin blind and I’m brain-dead virtually” in der folgenden Strophe kann ebenfalls in Verbindung mit der animierten Milchtüte gesetzt werden, indem die Phrase als Ergebnis der ständigen Kontaktierung zwischen Objekt und Menschen, welche teilweise Irritation auf Grund von Zurückweisung bei dem Objekt hervorgerufen haben, verstanden wird. Dies wird im Clip durch die Flucht der Milchtüte vor einigen Personen visuell realisiert. Die anschließende Einstellung zeigt die Milchtüte, welche eine rosa- weiße, mit weiblichen Gesichtszügen versehene Milchtüte auf der gegenüberliegenden Straßenseite erblickt. Die nun folgenden lyrics „take me away from this big bad world and agree to marry me“ werden im Videoclip wie folgt umgesetzt: die blaue Milchtüte läuft über die Straße auf die Rosafarbene zu. Kurz bevor das Ziel erreicht ist, tritt ein Mann auf die rosa Milchtüte, worauf Milch aus der Tüte läuft. Diese Szene, in der die auslaufende Milch menschliches Blut und somit den Tod symbolisiert, unterstreicht die melancholische Grundstimmung des Videoclips. (siehe Anlage 3)
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- Quote paper
- Reni Ernst (Author), 2005, Analyse des Musikvideos "Coffee & TV" - Verhältnis von Bild und Ton, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80926
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