„Cogito ergo sum“ – ich denke, also bin ich. Diese berühmt gewordene Erkenntnis des französischen Philosophen, Mathematikers und Naturwissenschaftlers René Descartes (1596-1650) ist heutzutage das wahrscheinlich bekannteste Zitat eines Philosophen überhaupt. Selbst René Goscinny, der Texter der Asterix-Bände, legt einem römischen Legionär die Worte Descartes’ in den Mund. Doch was steckt hinter dieser Phrase, die oft nur wiederholt wird ohne seinen Ursprung und seine wahre Bedeutung zu kennen? Die Größe und die beachtliche Wirkung des Zitats geht nicht selten unter, ohne überhaupt zu wissen, von wem es eigentlich stammt. Tausendfach wiederholt verkommt es zu einer Floskel, die meist völlig zusammenhangslos im Raum steht. Warum hat gerade dieser Ausspruch des Begründers der analytischen Geometrie einen derart großen Bekanntheitsgrad erlangt? Wie lässt sich diese besondere Bedeutung und Wirkung für die Nachwelt erklären? Was steckt hinter der weltberühmten Formel Descartes’?
Im Folgenden möchte ich daher näher auf des Gesamtwerk des „Begründers des Rationalismus“ eingehen, Hintergründe erläutern und den Gedankengang des Philosophen nachvollziehen, der maßgeblich das Menschenbild der Neuzeit geprägt hat. Dazu soll es in dieser Arbeit nicht nur bei einer Darstellung des Argumentationsgangs des „Cogito-Arguments“ bleiben, sondern auch auf die Bedeutung und die Wirkung des neuartigen Denkens eingegangen werden.
Unzählige Literatur lässt sich über dieses recht weit gefasste Thema finden. Aufsätze, etliche Einführungen und Übersetzungen der Schriften lassen die Tragweite des philosophischen Klassikers erkennen. Ich habe mich daher auf wenige Monographien beschränkt, um von der Informationsvielfalt nicht erschlagen zu werden. Das Standardwerk über Descartes ist sicherlich die grundlegende Studie „René Descartes“ von Dominik Perler , der sehr ausführlich und detailliert auf das Gesamtwerk des Philosophen eingeht. Sehr zu empfehlen ist außerdem die Monographie von Eva-Maria Engelen , die zwar weniger komplex, aber dafür sehr anschaulich und verständlich die Grundzüge des Rationalisten darstellt. Für einzelne Kapitel war darüber hinaus das Werk „Die Situation der Menschenwürde in der westlichen Kultur“ von Johannes Spinner und das umfassende Überblickswerk „Geschichte der Philosophie“ von Karl Vorländer sehr hilfreich.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Abkehr vom mittelalterlichen Denken
a) Ablehnung der scholastischen Tradition
b) Der „methodische Zweifel“
III. Vom Zweifel zur Gewissheit: das „Cogito-Argument“
a) Die Destruktion der Wirklichkeit
b) Die Konstruktion der Wirklichkeit
IV. Die Bedeutung und Wirkung des cartesischen Menschenbildes
V. Schlussbetrachtung
VI. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
„Cogito ergo sum“[1] – ich denke, also bin ich. Diese berühmt gewordene Erkenntnis des französischen Philosophen, Mathematikers und Naturwissenschaftlers René Descartes (1596-1650) ist heutzutage das wahrscheinlich bekannteste Zitat eines Philosophen überhaupt. Selbst René Goscinny, der Texter der Asterix-Bände, legt einem römischen Legionär die Worte Descartes’ in den Mund. Doch was steckt hinter dieser Phrase, die oft nur wiederholt wird ohne seinen Ursprung und seine wahre Bedeutung zu kennen? Die Größe und die beachtliche Wirkung des Zitats geht nicht selten unter, ohne überhaupt zu wissen, von wem es eigentlich stammt. Tausendfach wiederholt verkommt es zu einer Floskel, die meist völlig zusammenhangslos im Raum steht. Warum hat gerade dieser Ausspruch des Begründers der analytischen Geometrie einen derart großen Bekanntheitsgrad erlangt? Wie lässt sich diese besondere Bedeutung und Wirkung für die Nachwelt erklären? Was steckt hinter der weltberühmten Formel Descartes’?
Im Folgenden möchte ich daher näher auf des Gesamtwerk des „Begründers des Rationalismus“ eingehen, Hintergründe erläutern und den Gedankengang des Philosophen nachvollziehen, der maßgeblich das Menschenbild der Neuzeit geprägt hat. Dazu soll es in dieser Arbeit nicht nur bei einer Darstellung des Argumentationsgangs des „Cogito-Arguments“ bleiben, sondern auch auf die Bedeutung und die Wirkung des neuartigen Denkens eingegangen werden.
Unzählige Literatur lässt sich über dieses recht weit gefasste Thema finden. Aufsätze, etliche Einführungen und Übersetzungen der Schriften lassen die Tragweite des philosophischen Klassikers erkennen. Ich habe mich daher auf wenige Monographien beschränkt, um von der Informationsvielfalt nicht erschlagen zu werden. Das Standardwerk über Descartes ist sicherlich die grundlegende Studie „René Descartes“ von Dominik Perler[2], der sehr ausführlich und detailliert auf das Gesamtwerk des Philosophen eingeht. Sehr zu empfehlen ist außerdem die Monographie von Eva-Maria Engelen[3], die zwar weniger komplex, aber dafür sehr anschaulich und verständlich die Grundzüge des Rationalisten darstellt. Für einzelne Kapitel war darüber hinaus das Werk „Die Situation der Menschenwürde in der westlichen Kultur“[4] von Johannes Spinner und das umfassende Überblickswerk „Geschichte der Philosophie“[5] von Karl Vorländer sehr hilfreich.
II. Abkehr vom mittelalterlichen Denken
a) Ablehnung der scholastischen Tradition
Der eigene Verstand bildet nach Descartes das Grundgerüst des Denkens. Auf dem Weg zur Wahrheit und zur sicheren Erkenntnis könne man sich nur auf ihn verlassen. Andere Meinungen, Traditionen oder Erklärungen lehnt er strikt ab, da sie von Irrtümern und falschen Voraussetzungen ausgehen könnten. In seinen Worten klingt dies folgendermaßen:[6]
„Und ebenso dachte ich, dass die Wissenschaften, die sich in den Büchern finden, [...] die keine Beweise anführen und die sich bloß aus Meinungen mehrerer verschiedener Personen nach und nach zusammengesetzt haben und dadurch angewachsen sind, sich der Wahrheit nicht so annähern wie die einfachen Überlegungen, die ein Mann von gesundem Verstand auf natürliche Weise hinsichtlich der sich zeigenden Dinge anstellen kann.“[7]
Descartes’ Ablehnung gegenüber den mittelalterlichen Wissenschaften, die sich in erster Linie auf Traditionen beziehen, stellt eine bedeutende Neuerung in der philosophischen Denkweise dar. Die Scholastik, die führende Denkrichtung des Mittelalters, war vor allem durch die Schriften des Aristoteles geprägt. Sie begründete ihren Denkansatz nicht allein im Verstand, sondern in Autoritäten. Diese Form des wissenschaftlichen Arbeitens und Unterrichtens war daher geprägt von den üblichen Lehrmeinungen und Überlieferungen. Anhand von bestehenden Lehrbüchern, die sich in der Philosophie in erster Linie auf Aristoteles bezogen, sollten durch deduktive Schlussfolgerungen neue Erkenntnisse gewonnen werden. Vielfach durch weltliche und kirchliche Mächte bestimmt, lieferte die Scholastik vorgefertigte Glaubenswahrheiten, die überprüft und durch die rational-deduktive Methode gefestigt wurden. Descartes dagegen forderte eine Neuausrichtung der bestehenden Sichtweise, indem er seine Argumentation nicht von sogenannten Obersätzen[8] ableitete, sondern anhand des „methodischen Zweifels“ von Grund auf neu aufbaute. An die Stelle von Glaubenswahrheiten setzte er Vernunftwahrheiten. Anders als seine Zeitgenossen, die meist ihrem Glauben, ihren Traditionen und Autoritäten verpflichtet waren, rückte er den eigenen Verstand in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Grundlage seines Werkes ist somit allein das rationale Denken.[9]
b) Der „methodische Zweifel“
Auf der Suche nach der sicheren Erkenntnis knüpft Descartes an den Skeptizismus[10] der Antike an. In seinem Werk „Discours de la méthode“ verwirft er alles, „worin ich nur den geringsten Zweifel erahnen könnte, um zu sehen, ob in meinen Meinungen nicht etwas übrig bliebe, was ganz unbezweifelbar ist.“[11] Die Frage, ob ein sicheres System des Wissens möglich ist, war eine der grundlegendsten Fragen der damaligen Zeit. Descartes sucht daher nach einem archimedischen Punkt des Wissens, eine sichere und unbezweifelbare Grundlage, die jedem Zweifel standhält. Um an diesen Punkt zu gelangen, begibt er sich in die Position des radikalen Skeptikers. Er hinterfragt vorgefertigte Denkmuster und verwirft bestehende Annahmen, um schließlich den Ausgangspunkt zu erreichen, an dem er seine Argumentation aufbauen kann. Anhand der mathematischen Analyse schafft er Grundlagen für eine sichere Methode. Der Begründer der analytischen Geometrie benutzt das Vorgehen aus der Mathematik, indem er lediglich sichere und einfache Regeln gelten lässt:[12]
[...]
[1] Descartes, René: Principia philosophia, AT VIII-1,7.
[2] Perler, Dominik : René Descartes, München 1998 (Beck’sche Reihe 542: Denker).
[3] Engelen, Eva-Maria: Descartes, Leipzig 2005.
[4] Spinner, Johannes: Die Situation der Menschenwürde in der westlichen Kultur, Berlin 2005.
[5] Vorländer, Karl: Geschichte der Philosophie mit Quellentexten. Bd. 3: Neuzeit bis Kant, hrsg. v. Herbert Schnädelbach und Anke Thyen. Reinbek bei Hamburg 1990.
[6] Vgl. Engelen: Descartes, S. 30.
[7] Descartes, René: Discours, AT VI, 12f, Übersetzung nach Oswald, S. 29.
[8] Der Obersatz (propositio maior), der meist von Aristoteles stammte, wurde einem Untersatz (proposition minor) gegenübergestellt und dadurch widerlegt oder bestätigt. Die Scholastiker schlossen somit ausgehend von Grundsätzen vom Allgemeinen auf das Besondere.
[9] Vgl. Engelen: Descartes, S. 31f und Spinner: Menschenwürde, S. 68f.
[10] Der Skeptizismus ist eine philosophische Denkrichtung der Antike, die davon ausging, dass es keine unfehlbare und grundlegende Erkenntnis gibt. Wissen und Denken sind nach den Skeptikern unerkennbar und entziehen sich somit einer objektiven Betrachtung. Descartes dagegen leugnet nicht die Existenz der Erkenntnis, sondern ist auf der Suche nach dem unbezweifelbaren Punkt des Wissens, an dem sich ein neues Wissenssystem aufbauen lässt.
[11] Descartes, René: Discours, AT VI, 31f, zitiert nach Perler, S. 127.
[12] Vgl. Perler: René Descartes, S. 127f.
- Arbeit zitieren
- Jochen Engelhorn (Autor:in), 2006, "Cogito ergo sum", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80849
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