Die Frage nach einer Positionierung in der Gesellschaft stellt sich dem Individuum immer wieder. Sei es, wenn die nächste Gartenparty mit den Nachbarn ansteht, sei es wenn das nächste Familientreffen stattfinden soll, wenn man Freunde in der Kneipe oder nur zufällig einen entfernten Bekannten auf der Strasse trifft. Der Mensch steht unter gesellschaftlichem Druck und ist meist in der Rechtfertigung anderen gegenüber wie es gerade läuft und wie man sich gerade sieht. Bewusst oder unbewusst ist der Mensch jeden Tag mehrmals in der Situation sich zu positionieren. Selbst oder gerade im Konsum ganz besonders. Denn schaltet man heutzutage den Fernseher ein, macht man das Radio an oder geht mit dem Computer ins Internet, werden wir erschlagen von Werbeunterbrechungen, Bannerschaltungen und Produktanpreisungen. Unser Konsumverhalten ist Ausdruck unseres Geschmacks. Unser Geschmack trägt dazu bei, dass wir uns in der Gesellschaft einordnen können. Rein ökonomisch betrachtet das wohl lukrativste Feld überhaupt. Genau darum dreht es sich, wenn wir uns jeden Tag neuen Werbefeldzügen aussetzen müssen in denen es darum geht unsere Gunst, unsere Kapitalien zu erlangen. Diese Spirale des Konsums dreht sich immer weiter nach oben. Die Menschen haben gelernt damit umzugehen, dass immer neue Produkte ihren Weg pflastern. Mittlerweile ist es sogar schon so weit, dass eine Irritation auftritt, wenn an bestimmten, gewohnten Stellen auf einmal keine Werbung mehr auftreten würde . Unsere Gesellschaft zeichnet sich im Konsum vor allem dadurch aus, dass mit jedem Produkt das man kauft, gleichzeitig ein sozial anerkanntes Image mit erworben wird. Produkte transportieren viele Botschaften die Zugehörigkeit, soziale Situiertheit oder auch Kenntnis und Prestige mit beinhalten können. Wo letztendlich das Kapital eingesetzt wird, entscheidet unser Geschmack. Geschmack definiert das wir gut finden, was wir gut finden und warum wir mögen, was wir haben. Mit zunehmender Nischenbildung und ansteigender Individualisierung ist es fast schon unabdinglich genau darauf zu achten wo man seine Position einnimmt. Doch, sind wir wirklich noch selbst in der Lage unsere soziale Position zu bestimmen oder ist dies ohne unser Zutun, allein durch unsere soziale Bedingtheit schon von Geburt an in uns festgelegt? Sind diese Rituale und alles was vermeidlich mit konsumbasierter gesellschaftlicher Positionierung zu tun hat wirklich nötig? Wir grenzen uns ab und fügen uns ein.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Pierre Bourdieu - Die feinen Unterschiede
3. Der Habitus
3.1. Der Habitus als Klasse
3.2. Habitus als Klasse – Zukunftsaussichten
3.3. Habitus als Bindeglied zwischen Lebensstil und Klasse
4. Zwischenbetrachtung
5. Die Erlebnisgesellschaft
5.1. Die Erlebnisgesellschaft – Eine Einteilung
6. Bourdieu vs. Schulze – Ein Vergleich
7. Abschlussbetrachtung
1. Einleitung
Die Frage nach einer Positionierung in der Gesellschaft stellt sich dem Individuum immer wieder. Sei es, wenn die nächste Gartenparty mit den Nachbarn ansteht, sei es wenn das nächste Familientreffen stattfinden soll, wenn man Freunde in der Kneipe oder nur zufällig einen entfernten Bekannten auf der Strasse trifft. Der Mensch steht unter gesellschaftlichem Druck und ist meist in der Rechtfertigung anderen gegenüber wie es gerade läuft und wie man sich gerade sieht. Bewusst oder unbewusst ist der Mensch jeden Tag mehrmals in der Situation sich zu positionieren. Selbst oder gerade im Konsum ganz besonders. Denn schaltet man heutzutage den Fernseher ein, macht man das Radio an oder geht mit dem Computer ins Internet, werden wir erschlagen von Werbeunterbrechungen, Bannerschaltungen und Produktanpreisungen. Unser Konsumverhalten ist Ausdruck unseres Geschmacks. Unser Geschmack trägt dazu bei, dass wir uns in der Gesellschaft einordnen können. Rein ökonomisch betrachtet das wohl lukrativste Feld überhaupt. Genau darum dreht es sich, wenn wir uns jeden Tag neuen Werbefeldzügen aussetzen müssen in denen es darum geht unsere Gunst, unsere Kapitalien zu erlangen. Diese Spirale des Konsums dreht sich immer weiter nach oben. Die Menschen haben gelernt damit umzugehen, dass immer neue Produkte ihren Weg pflastern. Mittlerweile ist es sogar schon so weit, dass eine Irritation auftritt, wenn an bestimmten, gewohnten Stellen auf einmal keine Werbung mehr auftreten würde[1]. Unsere Gesellschaft zeichnet sich im Konsum vor allem dadurch aus, dass mit jedem Produkt das man kauft, gleichzeitig ein sozial anerkanntes Image mit erworben wird. Produkte transportieren viele Botschaften die Zugehörigkeit, soziale Situiertheit oder auch Kenntnis und Prestige mit beinhalten können. Wo letztendlich das Kapital eingesetzt wird, entscheidet unser Geschmack. Geschmack definiert das wir gut finden, was wir gut finden und warum wir mögen, was wir haben. Mit zunehmender Nischenbildung und ansteigender Individualisierung ist es fast schon unabdinglich genau darauf zu achten wo man seine Position einnimmt. Doch, sind wir wirklich noch selbst in der Lage unsere soziale Position zu bestimmen oder ist dies ohne unser Zutun, allein durch unsere soziale Bedingtheit schon von Geburt an in uns festgelegt? Sind diese Rituale und alles was vermeidlich mit konsumbasierter gesellschaftlicher Positionierung zu tun hat wirklich nötig? Wir grenzen uns ab und fügen uns ein. Pierre Bourdieu entwickelte in seinem Buch „Die feinen Unterschiede“ eine Theorie, die auf einem Klassensystem beruht. Laut Bourdieu sind unser Geschmack und unsere gesellschaftliche Positionierung schon von Geburt an festgelegt. Mit der Habitustheorie, die im ersten Teil dieser Hausarbeit genauer beleuchtet werden soll, teilt er die Gesellschaft in drei Klassen auf und sagt, dass unser Habitus, unsere strukturierte, uns strukturierende Struktur schon lange bevor wir überhaupt damit beginnen zu konsumieren, unsere Position bereits festgelegt hat. Sicherlich muss man Bourdieu unterstellen, dass er sich sehr am Frankreich der 1960er und 1970er Jahre festhält. Eine gesellschaftliche Struktur, die insgesamt äußerst zentralisiert ist und durchaus von geographischen Aspekten geprägt ist. Für eine dezentralisierte Gesellschaft funktioniert Bourdieus Konzept vielleicht nicht so ganz. Deswegen soll dem gegenüber Gerhardt Schulzes „Die Erlebnisgesellschaft“ zum tragen kommen, eine Studie, die sich maßgeblich auf die deutsche Gesellschaft der 1980er Jahre bezieht. Im ersten Teil dieser Hausarbeit wird die Habitustheorie nach Bourdieu erläutert und in einer Zwischenbetrachtung auf aktuelle Bezüge übertragen. Der zweite Teil dieser Hausarbeit nimmt die so genannte Erlebnisgesellschaft nach Gerhardt Schulze unter Betracht und stellt seine von ihm entwickelten „neuen“ gesellschaftlichen Einteilungsschemata vor. Abschließend soll ein grober Vergleich versuchen die Theorien gegeneinander abzuwägen um eine Gewichtung zu erhalten, die erlaubt auf ein Heute der Gesellschaft schließen zu können.
2. Pierre Bourdieu - Die feinen Unterschiede
Pierre Bourdieu, am 01. August 1930 in Denguin (Frankreich) als Sohn eines verhältnismäßig armen Bauern geboren, schrieb sein Hauptwerk „la distinction“, im deutschen „Die feinen Unterschiede“, im Zeitraum von 1963 bis 1979. Das Buch ist eine empirische Studie die belegen soll, dass Geschmack keine individuelle Eigenschaft ist, sondern immer auf gesellschaftliche Zusammenhänge zurückzuführen ist. Ähnlich der Auffassung von Maurice Halbwachs, dass Erinnerungen nur auf soziale Bedingtheit zurückzuführen ist, beschreibt Bourdieu einen Gedanken der versucht Geschmack als Produkt von sozialen Gefügen zu verstehen. Er verwendet in seiner Theorie die Thesen des „sozialen Raumes“ und des Habitus, auf die in den folgenden Teilen dieser Hausarbeit näher eingegangen werden soll. Pierre Bourdieu ist einer der herausragenden Soziologen der Gegenwart. Er wurde 1981 an das Collége de France berufen und erhielt dort 1993 die höchste akademische Auszeichnung Frankreichs, die „Medaille d´or“ des „Centre National de Recherche Scientifique“. Er starb im Jahre 2002 im Alter von 72 Jahren in Paris.
3. Der Habitus
3.1 Der Habitus als Klasse
Ähnlich wie bei Karl Marx stellt die Gesellschaft für Pierre Bourdieu ein Klassensystem dar. Die einfältige marx´sche Sicht, dass Klassen rein über ökonomisches Kapital einzuordnen sind, teilt Bourdieu nicht. Sein zentraler Kritikpunkt an den Theorien Marx´ ist, dass er sein Klassenkonzept 1:1 aus der Theorie in die Wirklichkeit übertragen hat. Für Bourdieu jedoch existieren Klassen nur, wenn sie in der realen Wirklichkeit vorkommen und sich durch Praxis und Alltagshandeln kennzeichnen. Bourdieu erweitert den Begriff Klasse um mehrere Komponenten. Zunächst geht er von einem sozialen Raum aus. Dieser soziale Raum ist ein Raum voller Unterschiede in dem das Individuum sich bewegt. Diese Individuen unterscheiden sich hier durch, erstens, verschiedene zugewiesene Kapitalien, deren Ausstattung, Art und Gesamtmenge entscheidend dazu beitragen wie stark sich die Menschen in diesem sozialen Raum voneinander unterscheiden. Bourdieu bringt an dieser Stelle mehrere Kapitalarten ins Spiel. Er differenziert zwischen ökonomischem, kulturellem, sozialem und symbolischem Kapital, durch deren jeweiligen Anteil sich die Individuen voneinander abgrenzen. Zur weiteren Differenzierung spielt, zweitens, die Verortung der Individuen untereinander eine Rolle. Damit geht er von einer relativen Stellung der Individuen zueinander aus, die die verschiedenen Beziehungen verdeutlichen. Drittens, fügt er den relativen Abstand, die Distanzen, zwischen den Menschen an. Die Aspekte „Stellung zueinander“ und „Distanz voneinander“ werden jedoch erst Relevant, wenn man danach fragt, wie sich die Personen in der Art der Lebensführung, sprich, im Geschmack, in der Sichtweise der Welt und in der sozialen Praxis voneinander unterscheiden. Nach Bourdieu entsteht erst dadurch der so genannte soziale Sinn. Denn, wenn die Kapitalverteilungen, die Art und Weise der Menschen miteinander und distanziert voneinander zu leben nicht in der Praxis sichtbar werde, sich also nicht im sozialen Handeln niederschlägt, dann bleibe der Entwurf der „objektiv gegebenen Klassen“ nichts weiter als ein auf Papier festgehaltenes Konstrukt der Soziologie.
An der Stelle, an der Klassenzugehörigkeit und Lebensentwurf verknüpft werden, kommt der Habitus als „strukturierte und strukturierende Struktur“ ins Spiel. Die durch den Habitus zum Ausdruck gebrachten Klassifikationen und Denkschemata äußern sich wiederum in der Art und Weise des Lebensentwurfs/ der Lebensführung. Über materielle Dinge wie Schmuck, Auto, Wohnungseinrichtung, Kleidung und Bücher etc. und Aktivitäten wie sportliche Betätigung, kulturelles Engagement, Reisen etc. werden aus „kontinuierlichen Verteilungen […] diskontinuierliche Gegensätze: […] geraten die Unterschiede aus der physischen Ordnung der Dinge in die symbolische Ordnung signifikanter Unterscheidungen“ (vgl. Bourdieu 1982a, S. 284). So definiert das Individuum über Besitz, Aktivität, Meinung etc. seine Zughörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, bzw. Klasse und gibt so seinem Lebensentwurf einen sozialen Sinn.
Treten nun die materiellen Dinge, auf die ein Lebensentwurf aufgebaut ist, bei vielen Individuen gemeinsam auf, so kann man von einem Klassenhabitus sprechen.
„Die soziale Lage der Individuen manifestiert sich in der äußeren Erscheinung, in den Moralvorstellungen, im ästhetischen Empfinden und im Umgang mit den Produkten der Kulturindustrie – sie äußert sich in ihrem Geschmack“ (vgl. Krais, Gebaur, 2002, S. 37).
Für Bourdieu ist das zentrale Kriterium zwischen dem Geschmack der dominierenden Klasse, dem so genannten legitimen Geschmack, und dem Geschmack der unteren Klassen zu unterscheiden. So ist der Luxusgeschmack, der ökonomisch und kulturell dominierenden Klasse eine Notwendigkeit um eine Distanz zu den niedrigeren Klassen zu erhalten. Die unteren Klassen zeichnen sich durch den Notwendigkeitsgeschmack aus. Doch auch hier unterscheidet Bourdieu noch einmal. Die unteren Schichten teilen sich in mittlere Schicht und untere Schicht auf. Man kann ungefähr sagen, dass sich in der mittleren Schicht das Bürgertum befindet, während die Unterschicht durch das Proletariat belegt wird. Der Lebensstil des Proletariats dient der mittleren Schicht einzig und allein zur Abgrenzung. Ein Lebensstil, auf den man sich nur bezieht, wenn es darum geht sich abzuheben. Nach Bourdieu bestätigt die Unterschicht durch ihr Verhalten und Handeln immer wieder das Klischee, dass sie nur das hat, was sie auch verdienen. Dies darf nun nicht nur rein auf Äußerlichkeiten bezogen werden. Luxusgeschmack und Notwendigkeitsgeschmack sind bei weitem nicht nur „Geschmackssache“ sondern implizieren ein anderes Verhältnis zur Welt, bzw. zum eigenen Körper. Dadurch entsteht in den Klassen ein grundlegend unterschiedliches Verständnis der menschlichen Vollkommenheit. Nach Bourdieu wird das vollkommene Körperbild gesellschaftlich konstruiert und ist für alle Klassen gleichermaßen gültig. Doch scheint der Zugang zur Annäherung an dieses Ideal aus den verschiedenen Positionen höchst unterschiedlich zu sein. Nicht verpauschalisiert, dennoch offensichtlich erscheint ihm, dass die typisch kleinbürgerlichen Erfahrungen der sozialen Welt aus Schüchternheit und Gehemmtheit bestehen. Bourdieu erkennt, dass sobald ein Mensch in Körper und Sprache nicht sicher ist, also beides nicht miteinander vereinen kann, durch seine Überkorrektheit und eben dieses Ungeschick sein „Sein-für-den-Anderen“ vollständig preisgibt. Im Gegensatz zur G ehemmtheit bestehen die meist von der oberen Schicht typisierten Erfahrungen der sozialen Welt aus Ungezwungenheit. Hieraus entsteht eine gewisse Art Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrnehmung der Mitglieder unterer Schichten und es entsteht eine Neutralisation. Die davon ausgehende Macht, nämlich gewonnene Selbstsicherheit, führt dazu in der Lage zu sein, die Normen der Wahrnehmung des eigenen Körpers durchzusetzen.
„Die objektiven gegebenen Möglichkeiten und Notwendigkeiten, die die Klassenlage ausmachen, bestimmen nicht nur das Verhältnis der Individuen zur Welt, ihren Geschmack und ihre Lebensgewohnheiten, also ihre aktuelle Praxis, sondern auch ihre Zeithorizonte, ihre Hoffnungen und Erwartungen für die Zukunft und ihre Strategien der Reproduktion oder Veränderung ihrer sozialen Lage“ (vgl. ebd., S. 41).
[...]
[1] Als Beispiel sei hier erwähnt, dass eine Verwirrung auftrat, als die Zigarettenmarkenwerbung von heute auf morgen auf den Banden und Bannern der großen Formel 1 Rennübertragung von Silverstone im Jahre 2001 fehlte.
- Quote paper
- Marco Metternich (Author), 2007, Pierre Bourdieu, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80586
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