Mit den Römischen Verträgen von 1957 zur Gründung der EWG, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, und der EURATOM, der Europäischen Atomgemeinschaft, begann in Europa ein langer politischer und auch gesellschaftlicher Prozess. Das Ende dieses gesamteuropäischen Prozesses ist noch nicht absehbar, nicht einmal das Ziel ist genau definiert.
Deutschland nimmt in der Europäischen Union eine Führungsrolle ein und bestimmt die europäische Politik maßgeblich mit. Zurzeit hat die Bundesrepublik Deutschland die Ratspräsidentschaft inne und versucht auf diesem Wege verschiedene politische Ziele, wie das Vorantreiben der Integration und der Konstitutionalisierung, sowie die Festlegung auf das endgültige „Format“ der EU, durch zu setzen.
Diese Arbeit wird sich in 2 Teilen mit der deutschen Europapolitik befassen. Der erste Teil zeigt den Weg der europapolitischen Willensbildung und die beteiligten Institutionen und Strukturen, besondere Beachtung findet hier auch der Anfang der 1990er Jahre eingeführte Artikel 23 des Grundgesetzes. Der zweite Teil befasst sich mit der Frage nach Kontinuität und Wandel der deutschen Europapolitik in jüngster Zeit und zeigt anhand der Integration einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik als Säule des Maastrichter Vertrages den Einfluss und die Tragweite deutscher Europapolitik
Im Schluss erfolgt ein Ausblick auf die Gestaltungsmöglichkeiten und Probleme der deutschen EU-Ratspräsidentschaft.
Die Anzahl der Publikationen zum Thema deutsche Europapolitik scheint schier grenzenlos. Besonders wichtig erscheinen mir der Band 77 der Europäischen Schriften des Instituts für Europäische Politik: „Eine neue deutsche Europapolitik? Rahmenbedingungen – Problemfelder – Optionen“, herausgegeben von Heinrich Schneider, Matthias Joop und Uwe Schmalz, und Axel Lüdekes „Europäisierung“ der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Nicht zu vergessen ist das vierteljährlich erscheinende Heft „integration“ des Instituts für Europäische Politik.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1. Akteure und Institutionen europapolitischer Willensbildung
2.1.1. Prinzipien und Akteure
2.1.2. Der Bundestag
2.1.3. Der Bundesrat
2.1.4. Die Bundesregierung
2.1.5. Artikel 23 Grundgesetz
2.2. Ausgewählte Felder deutscher Europapolitik
2.2.1. Allgemeine Aspekte und aktuelle Entwicklungen –
Wandel und Kontinuität deutscher Europapolitik
2.2.2. Deutsche Initiativen zur Errichtung einer
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
3. Möglichkeiten und Optionen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft
4. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Mit den Römischen Verträgen von 1957 zur Gründung der EWG, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, und der EURATOM, der Europäischen Atomgemeinschaft, begann in Europa ein langer politischer und auch gesellschaftlicher Prozess. Das Ende dieses gesamteuropäischen Prozesses ist noch nicht absehbar, nicht einmal das Ziel ist genau definiert.
Deutschland nimmt in der Europäischen Union eine Führungsrolle ein und bestimmt die europäische Politik maßgeblich mit. Zurzeit hat die Bundesrepublik Deutschland die Ratspräsidentschaft inne und versucht auf diesem Wege verschiedene politische Ziele, wie das Vorantreiben der Integration und der Konstitutionalisierung, sowie die Festlegung auf das endgültige „Format“ der EU, durch zu setzen.
Diese Arbeit wird sich in 2 Teilen mit der deutschen Europapolitik befassen. Der erste Teil zeigt den Weg der europapolitischen Willensbildung und die beteiligten Institutionen und Strukturen, besondere Beachtung findet hier auch der Anfang der 1990er Jahre eingeführte Artikel 23 des Grundgesetzes. Der zweite Teil befasst sich mit der Frage nach Kontinuität und Wandel der deutschen Europapolitik in jüngster Zeit und zeigt anhand der Integration einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik als Säule des Maastrichter Vertrages den Einfluss und die Tragweite deutscher Europapolitik
Im Schluss erfolgt ein Ausblick auf die Gestaltungsmöglichkeiten und Probleme der deutschen EU-Ratspräsidentschaft.
Die Anzahl der Publikationen zum Thema deutsche Europapolitik scheint schier grenzenlos. Besonders wichtig erscheinen mir der Band 77 der Europäischen Schriften des Instituts für Europäische Politik: „Eine neue deutsche Europapolitik? Rahmenbedingungen – Problemfelder – Optionen“, herausgegeben von Heinrich Schneider, Matthias Joop und Uwe Schmalz, und Axel Lüdekes „Europäisierung“ der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Nicht zu vergessen ist das vierteljährlich erscheinende Heft „integration“ des Instituts für Europäische Politik.
2. Hauptteil
2.1. Akteure und Institutionen europapolitischer Willensbildung
2.1.1. Prinzipien und Akteure
Die europapolitische Willensbildung in Deutschland funktioniert nach dem Kanzler-, Ressort- und Kabinettsprinzip.
Der Bundeskanzler bestimmt nach Artikel 65 Grundgesetz die Leitlinien der Europa-Politik. Die politische Macht wird in Fragen der europäischen Integration jedoch auf horizontaler Ebene – auf die Bundesregierung mit den beteiligten Ministerien – und auf vertikaler Ebene – auf eine Koordination zwischen Bund und Ländern – verteilt. Vor wichtigen europapolitischen Entscheidungen berät das Bundeskabinett über das Vorgehen. Vorher werden im Staatssekretärausschuss für Europafragen die Beschlüsse zu europapolitischen Grundsatzfragen verabschiedet. Die Ausgestaltung der Europa-Politik wird im Wesentlichen von den zuständigen Bundesministerien wahr genommen, welche sich untereinander abstimmen. Die Hauptaufgaben bei der Koordination der Europa-Politik übernehmen hierbei seit jeher das Auswärtige Amt, das seit 1993 eine Europa-Abteilung besitzt, und das Bundeswirtschaftsministerium. In den 1990er Jahren wuchs zudem – zu Lasten der anderen Ministerien - die Bedeutung des Bundesministeriums für Finanzen.[1]
Die Schnittstelle für den Informationsfluss zwischen Bund und EU ist die ständige Vertretung der Bundesrepublik in Brüssel. Hier werden deutsche Interessen gegenüber den EU-Institutionen vertreten. Die Ständigen Vertreter der Bundesrepublik und der anderen europäischen Mitgliedsstaaten treffen sich im Ausschuss der Ständigen Vertreter, um hier die Arbeiten des EU-Ministerrats vorzubereiten und sich auf gemeinsame Positionen zu einigen.[2]
Die Willensbildung in EU – Angelegenheiten erfolgt dezentral. Wegen der großen Anzahl der Beteiligten gestaltet sich die europapolitische Willensbildung weitaus komplizierter als in anderen europäischen Mitgliedsstaaten. Gleichzeitig erschwert die Vielzahl der oft konkurrierenden Akteure eine wirksame parlamentarische Kontrolle[3].
2.1.2. Der Bundestag
Der Deutsche Bundestag ist das Parlament der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz in Berlin. Er wird direkt durch das Volk gewählt und ist eines der fünf ständigen Verfassungsorgane der Bundesrepublik. Der Bundestag ist das einzige Verfassungsorgan des Bundes mit unmittelbarer demokratischer Legitimation.
Der Bundestag ist nicht befähigt Änderungen an europäischen Gemeinschaftsverträgen vorzunehmen, ihm bleibt bei der Ratifizierung lediglich die Ja- oder Nein-Alternative. An Beschlüssen über EU-Verordnungen und Richtlinien hat der Bundestag keinerlei Beteiligungs-Kompetenz. Einzig über die Bundesregierung, welche im Rat der EU vertreten ist, und über die Europa-Abgeordneten kann der Bundestag ein Mindestmaß an Einfluss auf Entscheidungen nehmen. Die Europa-Abgeordneten sind allerdings weisungsfrei und es bleibt zu bezweifeln, ob der Bundestag die Bundesregierung auf ein bestimmtes Abstimmverhalten im EU-Ministerrat verpflichten kann.
Die Bemühungen um Einfluss des Bundestages auf die deutsche Europa-Politik müssen sich also in einem engen Rahmen bewegen. Gewisse Möglichkeiten eröffnet der Europa-Artikel im Grundgesetz. Die Bundesregierung muss den Bundestag umfassend und zum frühstmöglichen Zeitpunkt über laufende EU-Angelegenheiten unterrichten. Das Parlament kann daraufhin zu dem Thema Stellung beziehen, die dann von der Regierung bei Verhandlungen berücksichtigt werden muss.[4] Weitere Möglichkeiten eröffnet der Europa-Ausschuss des Bundestages, welchem auch einige Europa-Abgeordnete angehören. Der Ausschuss soll die EU-Politik im Bundestag koordinieren und kann als einziger nach Stellungnahmen anderer Bundestagsausschüsse zu EU-Vorlagen Änderungsvorschläge einbringen. Auf die europäische Rechtsetzung hat der Bundestag keinen nennenswerten Einfluss, ihm bleibt nur die unverbindliche Meinungsäußerung. Dem Bundestag droht – wie auch anderen nationalen Parlamenten in Europa – eine Marginalisierung seiner legislativen Funktionen.[5] Zwar hat das Parlament bei der Umsetzung von EU-Richtlinien theoretisch die Möglichkeit zu unterschiedlichen Ausführungsvarianten. Doch sind die Vorgaben meist so detailliert, dass kein nennenswerter Spielraum bleibt und die Parlamente teilweise nur noch ausführendes Organ der EU auf nationaler Ebene sind.
2.1.3. Der Bundesrat
Der Bundesrat ist – neben dem Bundestag, der Bundesregierung, dem Bundespräsidenten und dem Bundesverfassungsgericht - eines der 5 ständigen Verfassungsorgane und als Vertretung der Länder das föderative Bundesorgan. Die 16 Länder wirken im Bundesrat bei Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in EU – Angelegenheiten mit. Die Frage ob der Bundesrat als zweite Kammer des Parlaments gelten kann, ist umstritten und wird an dieser Stelle ausgeklammert.[6]
Die Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten des Bundesrates sind ähnlich begrenzt wie im Falle des Bundestages. Jedoch ist der Bundesrat, nach Artikel 23 des Grundgesetzes, an der europapolitischen Willensbildung zu beteiligen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären. Die Bundesregierung muss bei der Entscheidungsfindung, im Falle einer legislativen Zuständigkeit des Bundes, die Stellungnahmen des Bundrates berücksichtigen. Wenn hauptsächlich Gesetzgebungsbefugnisse der Länder oder ihre Verwaltung betroffen sind, muss die Regierung die Stellungnahmen sogar maßgeblich berücksichtigen. Bei ausschließlicher Betroffenheit der deutschen Länder, wird die Bundesrepublik in den Gremien der Europäischen Union von einem durch den Bundesrat ernannten Vertreter der Länder repräsentiert, der in Abstimmung mit der Bundesregierung agiert.[7]
Dahinter steckt der Wille, die föderale Machtverteilung auch bei fortschreitender Mitwirkung Deutschlands in Europa zu erhalten.
Für eine rasche Stellungnahme besitzt der Bundesrat, nach Artikel 52 des Grundgesetzes, eine Europakammer, deren Beschlüsse als Beschlüsse des Bundesrates gelten. Die Länder sind dort – anders als in Bundesratsausschüssen - durch Politiker, die für ihr Land die Stimmen abgeben, statt durch Beamte vertreten. Wahrgenommen wird diese Möglichkeit jedoch kaum, stattdessen tagt regelmäßig der normal konstituierte EU – Ausschuss des Bundesrates. Er erwies sich meist als fähig, die europapolitische Handlungsfähigkeit des Bundesrates zu gewährleisten. Zwischen 1993 und 2003 gab der Bundesrat 1500 Stellungnahmen ab, wobei er in 37 Fällen, zwischen 1998 und 2003, die maßgebliche Berücksichtigung der Stellungnahmen durch die Bundesregierung forderte.[8] In 20 Fällen kam es seitens der Regierung zu einer Ablehnung der Forderungen. Trotz unterschiedlicher Rechtsauffassungen von Regierung und Bundesrat, blieb in diesen Fällen die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichtes aus.
[...]
[1] Weidenfeld, W.; Wessels, W.: Europa von A bis Z. Taschenbuch der europäischen Integration. Bonn 2002. S.101.
[2] http://www.eu-info.de/deutsche-europapolitik/strukturen-deutschen-europapolitik/ Stand 12.03.07
[3] Vgl. Weber-Panariello, P. A.: Nationale Parlamente in der Europäischen Union. Schriftenreihe des Europäischen Zentrums für Föderalismusforschung. Band 6. Baden-Baden 1995. S. 314.
[4] Callies, Chr.: Innerstaatliche Mitwirkungsrechte der deutschen Bundesländer nach Art. 23 und ihre Sicherung auf europäischer Ebene. In: Hrbek, R. (Hrsg.): Europapolitik und Bundesstaatsprinzip. Schriftenreihe des Europäischen Zentrums für Föderalismus-Forschung. Band 17. Baden-Baden 2000. S. 18.
[5] Vgl. Rudzio, W.: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden 2006. S. 496.
[6] Weber-Panariello, P. A.: Nationale Parlamente in der Europäischen Union. S. 213.
[7] Vgl. Callies, Chr.: Innerstaatliche Mitwirkungsrechte...In: Hrbek, R. (Hrsg.): Europapolitik und Bundesstaatsprinzip. S. 15 ff.
[8] Rudzio: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland. S. 498.
- Quote paper
- Martin Jürgen (Author), 2007, Die Europapolitik Deutschlands seit 1990, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80277
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