In der Geschichtswissenschaft wird der Begriff Krisis seit dem Ende des 18. Jahrhunderts verwendet als Umschreibung eines Prozesses, dessen Endpunkt die Entscheidung sein muss. Dennoch bleibt seine Verwendung grossen Variationen unterworfen. Die heutige, speziell auch von den Populär-Medien geprägte, vorrangig negative Konotation des Begriffs kann keine generelle Gültigkeit haben, um so mehr, da er seit dem 19. Jahrhundert zunehmend inflationär verwendet wird und sich bis heute zu einem Schlagwort entwickelt hat.
Krise kann ebenso und vielleicht sogar in erster Linie eine Neuerung, einen Umbruch beschreiben, die eben nicht nur zu Schlechterem führen muss.
Wenn wir Krise also als einen Prozess verstehen, folgt daraus auch, dass während dieses Prozesses die Möglichkeit der Intervention gegeben ist.
Angewandt auf die Situation im 3. Jahrhundert hat das Seminar desweiteren gezeigt, dass dieser kausale Zusammenhang nicht zweifelsfrei für das ganze Gebilde des Reiches hergestellt werden kann.
Wir haben es im 3. Jahrhundert mit einer Ausgangslage zu tun, die man grob vereinfacht auch als eine generelle Zeit des Umbruchs betrachten könnte, ohne dass einzelne Faktoren unbedingt von anderen beeinflusst oder gar erzeugt werden müssen. Das römische Reich steht nicht nur im Äusseren neuen Herrausforderungen gegenüber, wie etwa der Völkerwanderung, die mit Gewalt an die Grenzen des Hoheitsgebietes brandet – im Übrigen ist auch diese Völkerwanderung nicht als ein plötzlich auftretender, autarker Prozess zu verstehen, sondern ist selbst durch verschiedenste Faktoren beeinflusst und begründet - und die Führungschicht zu einer Reaktion zwingt, auch im Inneren macht sich eine Veränderung in fast allen Bereichen des Lebens bemerkbar. Angefangen von der Entwicklung (oder Stagnation) der Wirtschaft, des urbanen Systems, dem Münzwesen, bis hin zu den Bereichen der Religion, des Agrarwesens und der politischen Verwaltung. Ebenso gut kann man aber auch anders herum argumentieren und versuchen, eine kausale Kette zwischen den einzelnen Komplexen herzustellen und so aufzeigen, dass ein Wandel in der politischen Führung beispielsweise, auch zwangsläufig einen Wandel auf kommunaler Ebene nach sich zieht, der wiederum die Mikro-Ökonomie beeinflusst, was sich schliesslich auf Makroebene auswirkt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Krise des Heeres
3. Die Heeresreform des Gallienus
3.1. Die Änderungen in Struktur und Hierarchie der Armee
3.2. Die Ziele der Reform
4. Fazit und Schlussbetrachtung
5. Literatur
1. Einleitung
Der Begriff einer Krise lässt sich nicht ohne weitere Erklärung verwenden. Er selbst ist problematisch, nicht nur das, was er umschreibt. Eine diskussionsfreie Definition lässt sich, wenn überhaupt, nur dann geben, wenn man sowohl den Wandel in der Bedeutung der Begrifflichkeit miteinbezieht, als auch seine Konotation in der heutigen Zeit. Bevor wir uns also mit einer Krise im 3. Jahrhundert befassen und in dieser Hausarbeit speziell mit der Krise des Heeres und seiner Führung als Teil eines grösseren Gebildes, wollen wir noch einmal kurz zusammenfassen, was wir unter diesem Krisenbegriff verstehen müssen.
In seiner ursprünglichen Bedeutung meint der Begriff Krisis eine Entscheidung zwischen mindestens zwei, sich gegenseitig ausschliessenden Punkten. Das Augenmerk liegt hier auf diesem punktuellen Ereignis der Entscheidung selbst. Weder das Vorrangegangene, das zur Entscheidung führt, noch ihre Folgen werden hier miteinbezogen. Verwendet wurde der Begriff vorangig im medizinischenn, juristischen und theologischen Berreich, wo er ein hart kontrastierendes Oppositionspaar beschreibt.[1]
In der Geschichtswissenschaft wird der Begriff seit dem Ende des 18. Jahrhunderts verwendet als Umschreibung eines Prozesses, dessen Endpunkt die Entscheidung sein muss. Dennoch bleibt seine Verwendung grossen Variationen unterworfen. Die heutige, speziell auch von den Populär-Medien geprägte, vorrangig negative Konotation des Begriffs kann keine generelle Gültigkeit haben, um so mehr, da er seit dem 19. Jahrhundert zunehmend inflationär verwendet wird und sich bis heute zu einem Schlagwort entwickelt hat.[2]
Krise kann ebenso und vielleicht sogar in erster Linie eine Neuerung, einen Umbruch beschreiben, die eben nicht nur zu Schlechterem führen muss, sondern nach einer intensiven Auseinandersetzung mit den vorhandenen Problemen, einen gelungenen Neuanfang, eine positive Weiterentwicklung nach sich ziehen kann.
Wenn wir Krise also als einen Prozess verstehen, folgt daraus auch, dass während dieses Prozesses die Möglichkeit der Intervention gegeben ist. Der Entscheidungsträger muss sich der Gründe dieser Phase der Veränderung bewusst sein. Er muss die Gründe begreifen, warum jetzt etwas nicht mehr möglich ist, was in früheren Zeiten Usus war und funktionierte, genauso wie er voraussehen muss, wie sich seine Entscheidung, die die Krise beenden wird, auswirken wird.
Angewandt auf die Situation im 3. Jahrhundert hat das Seminar desweiteren gezeigt, dass dieser kausale Zusammenhang nicht zweifelsfrei für das ganze Gebilde des Reiches hergestellt werden kann. Sicher lassen sich in vielen Bereichen, die den Staat ausmachen, Unzufriedenheiten und Veränderungen feststellen. Eine Verbindung zwischen allen diesen Punkten herzustellen, also die Teile zu einer einzigen grossen, das ganze System betreffenden Entwicklung zusammen zu fügen, erscheint nach wie vor schwierig.
Wir haben es im 3. Jahrhundert mit einer Ausgangslage zu tun, die man grob vereinfacht auch als eine generelle Zeit des Umbruchs betrachten könnte, ohne dass einzelne Faktoren unbedingt von anderen beeinflusst oder gar erzeugt werden müssen. Das römische Reich steht nicht nur im Äusseren neuen Herrausforderungen gegenüber, wie etwa der Völkerwanderung, die mit Gewalt an die Grenzen des Hoheitsgebietes brandet – im Übrigen ist auch diese Völkerwanderung nicht als ein plötzlich auftretender, autarker Prozess zu verstehen, sondern ist selbst durch verschiedenste Faktoren beeinflusst und begründet - und die Führungschicht zu einer Reaktion zwingt, auch im Inneren macht sich eine Veränderung in fast allen Bereichen des Lebens bemerkbar. Angefangen von der Entwicklung (oder Stagnation) der Wirtschaft, des urbanen Systems, dem Münzwesen, bis hin zu den Bereichen der Religion, des Agrarwesens und der politischen Verwaltung. Ebenso gut kann man aber auch anders herum argumentieren und versuchen, eine kausale Kette zwischen den einzelnen Komplexen herzustellen und so aufzeigen, dass ein Wandel in der politischen Führung beispielsweise, auch zwangsläufig einen Wandel auf kommunaler Ebene nach sich zieht, der wiederum die Mikro-Ökonomie beinflusst, was sich schliesslich auf Makroebene auswirkt.
Wir wollen uns im Folgenden einem speziellen Punkt widmen und diesen näher betrachten: dem römischen Heer, insbesondere seiner Führungsschicht und der
Militärkarrieren. Dazu wollen wir in einem kurzen Abriß die Probleme darstellen denen der Kaiser als oberster Befehlsherr gegenüber steht, um dann im Besonderen auf die Heeresreform des Gallienus überzuleiten. Diese Heeresreform bezeugt zum einen, dass man von einer Krise des Militärapparates sprechen kann, eine Krise, auf die mit einer Reform reagiert werden muss, und sie stellt zum anderen eine der einschneidensten Veränderungen in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts dar, die sich nicht nur auf die Armee, sondern auch auf die Machtverteilung im System auswirkt und den Aufstieg der Soldatenkaiser ermöglicht. Die Quellenlage zum zu behandelnden Thema lässt keine eindeutige Rekonstruktion der Ereignisse zu[3], aber es mangelt nicht an modernen Interpretationen, über die hier ein kurzer Überblick gegeben werden soll.
2. Die Krise des Heeres
Seit der Regentschaft Domitians kann man eine Entwicklung beobachten, die den Kaiser enger mit der Armee verbindet. Feldzüge werden öfter vom Kaiser selbst kommandiert, und deren Erfolg oder Mißlingen liegen in seiner Hand. Durch diese Praxis entsteht eine engere Bindung zwischen dem Regenten und seinen Soldaten und Offizieren. Wie Campbell es ausdrückt, ensteht der Glaube, dass ein Mann nur dann als Kaiser erfolgreich ist, wenn er es auch als oberster Feldherr ist.[4] Das führt dazu, dass die militärischen Verpflichtungen des Kaisers wachsen und seine persönliche Sicherheit, eine offensichtlich zwingende Vorraussetzung für die Kontinuität seiner Herrschaft, durch den Umstand, dass er seine Truppen ins Feld führt, viel stärker gefährdet ist.
Die Armee selbst, vom Kaiser nun besser umsorgt und versorgt, gewinnt an Bedeutung.[5] Sie hat allerdings auch mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, die schliesslich zu der militärischen Krise werden, auf die Gallienus 260 mit seiner Reform reagieren wird und auch reagieren muss.
Wenn wir also von der oben erwähnten gestiegenen Bedeutung des Kaisers als Feldherr ausgehen, verwundert es nicht, dass neben seinen eigenen auch die Mißerfolge und Ineffizienzen seiner Offiziere stärker ins Gewicht fallen. Campbell erwähnt schon einleitend, dass „the feeble ineffectiveness of many ephemeral emperors, drawn in the main from the senatorial class, may have raised doubts about the competence and suitability of senators in top military posts.“[6] Die Instabilität in der Führung - gut nachzuvollziehen allein an der grossen Anzahl verschiedener Kaiser im 3. Jahrhundert - wird nach Campbell noch verstärkt durch die neuen militärischen Bedrohungen, denen das Reich gegenübersteht, sowie einer generellen Verschlechterung der Qualität der römischen Armee. Wir wollen diese Punkte nun im Einzelnen näher betrachten.
[...]
[1] Kosellek, Krise, S. 617, als medizinischer Terminus gültig bis zum 17. Jh
[2] Kosellek, Krise, S. 650
[3] Über das Edikt des Gallienus selbst, haben wir nur den Text des Aurelius Victor zur Verfügung, sowie einige Militärkarrieren, die Aufschlüsse darüber geben, wie das Edikt umgesetzt wurden. Da ihre Anzahl die 90 aber nicht übersteigt und somit nur eine sehr geringe Prozentzahl, der infrage kommenden Karrieren abdeckt, ist eine allgemein gültige Aussage nicht zu treffen.
[4] Campbell, „The Army“, S. 110
[5] hierzu auch Alföldy: „Das Heer in der Sozialstruktur“, S. 186
[6] Campbell, „The Army“, S. 110
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