Ziel dieser Ausarbeitung ist es, die für die ärztliche Niederlassung wichtigen Planungsbereiche zu identifizieren, und darauf aufbauend eine schlüssige Gründungsberatung bzw. Struktur und Inhalt eines sinnvollen Gründungskonzeptes abzuleiten. Der Arzt soll eine umfassende und seinen individuellen Bedürfnissen entsprechende Gründungsberatung erhalten. Dadurch soll dem potenziellen Praxisgründer aufgezeigt werden, dass mit Hilfe eines gut durchdachten Gründungskonzepts die Berufsalternative als selbständiger Arzt nicht dringend unattraktiv sein muss, wie es oft in Medien und von Verbänden dargestellt wird. Aufgrund der überalterten niedergelassenen Ärzteschaft wird der seit Jahren anhaltende Trend abnehmender Zuwachsraten bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten anhalten, was schließlich in einer ambulanten Unterversorgung resultieren könnte. Diese Entwicklung, die Gründe dafür sowie die alternativen Karriereoptionen junger Mediziner werden einleitend erläutert. Daraufhin werden die für die ärztliche Niederlassung zu berücksichtigenden betriebswirtschaftlichen Planungsbereiche aufgezeigt und erläutert. Der Hauptteil dieser Arbeit beinhaltet die Auswertung der Ergebnisse einer empirischen Erhebung, die im Rahmen dieser Ausarbeitung durchgeführt wurde. Ziel dieser Befragung war es herauszufinden, wo die Erfolgsfaktoren und Probleme bei der ärztlichen Niederlassung liegen, sowie welche betriebswirtschaftlichen Planungsfelder bei einer Praxisgründung mit welcher Priorität werden müssen. Dabei gilt es verschiedene Planungsbereiche zu berücksichtigen. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Erhebung kam zu dem Ergebnis, dass die Unklarheit über das zu erwartende Einkommen die größte Unsicherheit für Praxisgründer darstellt. Aus diesem Grunde sollte eine sinnvolle Gründungsberatung an diesem Punkt ansetzen und aus verschiedenen Komponenten bestehen. Die so genannte vernetzte Betrachtung bestimmter betriebswirtschaftlicher Planungsbereiche zeigt dem Gründer auf, unter welchen Bedingungen und Einflussfaktoren ein für ihn attraktives Einkommen erzielt werden kann. Weitere zentrale Punkte sind die Simulation der Praxisentwicklung über mehrere Jahre, die Unterstützung bei der Beantragung von Gründungshilfen, die Hilfestellung bei rechtlichen und steuerlichen Fragen durch spezialisierte Berater sowie die weitere Beratung während der Anlaufphase des Praxisgründers.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Entwicklung der ambulanten Versorgung durch niedergelassene Ärzte
2.1. Die verschiedenen Karriereoptionen junger Ärzte
2.2. Die ambulante Versorgung durch niedergelassene Ärzte
2.2.1. Die Entwicklung der Altersstruktur der Vertragsärzte
2.2.2. Die Entwicklung des medizinischen Nachwuchses
2.2.3. Die Entwicklung der Artzahlen in der ambulanten Versorgung
2.3. Gründe für die rückläufigen Niederlassungszahlen von Ärzten
3. Entscheidungsfelder bei der ärztlichen Niederlassung – Anforderungen an eine Gründungsberatung
3.1. Allgemeine Anforderungen an den Praxisgründer
3.1.1. Persönliche Vorraussetzungen
3.1.2. Fachliches Wissen
3.1.3. Formale Anforderungen
3.2. Wahl der Praxis- bzw. Gründungsform
3.2.1. Praxisübernahme oder –neugründung
3.2.2. Einzelpraxis oder Kooperation
3.2.3. Neue Versorgungsformen
3.3. Betriebswirtschaftliche Planungsbereiche
3.3.1. Leistungsspektrum
3.3.2. Marketingaktivitäten
3.3.3. Standortwahl
3.3.4. Finanzierungs- und Ertragskonzept
3.3.4.1. Investitions-, Kosten- und Kapitalbedarfsplanung
3.3.4.2. Umsatzplanung – Break-Even-Analyse
3.3.4.3. Liquiditätsanalyse
3.3.4.4. Finanzierungsmöglichkeiten
3.3.4.5. Gründungshilfen – Öffentliche Förderung
4. Die Gründungberatung – Angebot und Umfang
5. Empirische Erhebung zur Gründungsentscheidung im ambulanten Versorgungsbereich durch niedergelassene Ärzte
5.1. Ziele, Methodik und Konzeption der empirischen Erhebung
5.1.1. Forschungsziel
5.1.2. Stichprobenumfang und Struktur der Erhebung
5.1.3. Erhebungsmethode und Gestaltung des Fragebogens
5.2. Ergebnisse und Auswertung der Untersuchung
6. Handlungsempfehlung - Ableitung einer sinnvollen Gründungs- beratung
7. Schlussbemerkung
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Struktur der Ärzteschaft 2005 (Zahlen in Tausend)
Abb. 2: Anteil an Vertragsärzten, die zum jeweiligen Jahresende 60 oder älter sind
Abb. 3: Anteil der unter 35-jährigen an allen berufstätigen Ärzten
Abb. 4: Entwicklung der Absolventenzahlen und der Neuzugänge von Ärzten im Praktikum bei den Ärztekammern
Abb. 5: Entwicklung der Zahl der Ärzte im Praktikum
Abb. 6: Zuwächse der niedergelassenen Ärzteschaft in absoluten Zahlen
Abb. 7: Zuwachsraten der niedergelassenen Ärzteschaft in Prozent
Abb. 8: Anzahl offener und gesperrter Planungsbereiche in den Kassen- ärztlichen Vereinigungen 2005
Abb. 9: Hausärztliche Versorgungsgrade in den Planungsbereichen der Kassenärztlichen Vereinigungen (Stand: Frühjahr 2005)
Abb. 10: Geschätzte Entwicklung der Bruttoabgänge bei Vertragsärzten
Abb. 11: Entwicklung der Integrierten Versorgung 2005
Abb. 12: Entwicklung des realen Honorars je Arzt und des realen Bruttoverdientes von Angestellten
Abb. 13: Wirtschaftliche und persönliche Motive zur Standortentscheidung
Abb. 14: Investitions- und Finanzierungsposten bei der Praxisgründung
Abb. 15: Positionen der Kostenanalyse einer Arztpraxis
Abb. 16: Mindestumsatzanalyse (Ermittlung des Break-Even-Punktes)
Abb. 17: Ermittlung der Mindestbehandlungsfälle zur Kostenabdeckung
Abb. 18: Berechungsmodus der Liquidität
Abb. 19: Übersicht der Anbieter für Gründungsberatung und deren Zuständigkeit für die unterschiedlichen Planungsfelder
Abb. 20: Gründe für die Niederlassung von Ärzten
Abb. 21: Probleme und Schwierigkeiten der ärztlichen Niederlassung
Abb. 22: Inanspruchnahme von Beratungsanbietern
Abb. 23: Art der Finanzierung des Startkapitals für die Niederlassung
Abb. 24: Themen der Beratung und Bewertung dieser
Abb. 25: Wahl der Standortfaktoren
Abb. 26: Planungsbereiche, die intensiver betrachtet werden müssen
Abb. 27: Die für die Praxisgründung und ein Gründungskonzept betrachteten Planungsbereiche
Abb. 28: Informationsgrad bzgl. der Planung und Umsetzung der Niederlassung
Abb. 29: Gewünschte Diskussionsthemen eines Erfahrungsaustausches
Abb. 30: Umsatz-, Kosten- und Ertragsvorschau
Abb. 31: Die vernetzte Betrachtung der Planungsbereiche
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Bruttoverdienst eines Klinikarztes im internationalen Vergleich
Tab. 2: Durchschnittliches Einkommen niedergelassener Ärzte
Tab. 3: Niedergelassene Ärztinnen/Ärzte nach Gebietsbezeichnung
Tab. 4: Durchschnittsalter der ambulanten Ärzteschaft
Tab. 5: Entwicklung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte
Tab. 6: Erwartete Abgänge an Haus- und Fachärzten bis 2015
Tab. 7: Investitionen in Einzelpraxen (in Tausend Euro)
Tab. 8: Förderdarlehen der KfW
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
In den letzten beiden Jahrzehnten haben sich die ökonomischen, finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die ärztliche Existenzgründung deutlich geändert. Durch ständige Umwälzungen und Restriktionen im deutschen Gesundheitswesen wird sich auch auf Dauer nur noch derjenige niedergelassene Arzt wirtschaftlich behaupten können, der sich nicht nur fachlich auf seine neue Aufgabe vorbereitet, sondern auch sein unternehmerisches Vorhaben betriebswirtschaftlich sinnvoll umsetzt. Dabei sind sämtliche für eine Praxisgründung wichtigen Aspekte sinnvoll zu berücksichtigen. Da viele Ärztinnen und Ärzte jedoch nur unzureichend über betriebswirtschaftliches Wissen verfügen, ist es die Aufgabe einer Gründungsberatung, den niederlassungswilligen Arzt bei seinem Vorhaben zu unterstützen und ihn zu einer erfolgreichen Existenz zu begleiten.
Ziel dieser Ausarbeitung ist es, die für die ärztliche Niederlassung wichtigen Planungsbereiche zu identifizieren, und darauf aufbauend eine schlüssige Gründungsberatung bzw. Struktur und Inhalt eines sinnvollen Gründungskonzeptes abzuleiten. Der Arzt soll eine umfassende und seinen individuellen Bedürfnissen entsprechende Gründungsberatung erhalten. Dadurch soll dem potenziellen Praxisgründer aufgezeigt werden, dass mit Hilfe eines gut durchdachten Gründungskonzepts die Berufsalternative als selbständiger Arzt nicht dringend unattraktiv sein muss, wie es oft in Medien und von Verbänden dargestellt wird. Ganz im Gegenteil, die Niederlassung als Arzt bietet derzeit und in Zukunft weiterhin eine gute Berufsperspektive, zumal durch die tendenziell überalterte Ärzteschaft bei abnehmenden Medizinernachwuchs freie Praxen vergleichsweise günstig zu erwerben sind.
Trotzdem wählen immer weniger junge Mediziner den Weg in die freie Praxis. Aufgrund dieser Tatsache und wegen der überalterten niedergelassenen Ärzteschaft wird der seit Jahren anhaltende Trend abnehmender Zuwachsraten bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten anhalten, was schließlich in einer ambulanten Unterversorgung resultieren könnte. Diese Entwicklung, die Gründe dafür sowie die alternativen Karriereoptionen junger Mediziner werden einleitend in Kapitel zwei erläutert. Der dritte Abschnitt gibt einen umfassenden Überblick über die betriebswirtschaftlichen Aspekte einer Praxisgründung. Dabei werden die für die ärztliche Niederlassung zu berücksichtigenden Planungsbereiche aufgezeigt und erläutert. In Punkt vier wird ein Überblick über das bestehende Angebot an Gründungsberatungen gegeben sowie aufgeschlüsselt, welche Institutionen oder Dienstleister für welche Bereiche in Anspruch genommen werden. Kapitel fünf beinhaltet die Auswertung der Ergebnisse einer empirischen Erhebung, die im Rahmen dieser Ausarbeitung durchgeführt wurde. Ziel dieser Befragung war es herauszufinden, wo die Erfolgsfaktoren und Probleme bei der ärztlichen Niederlassung liegen, sowie welche betriebswirtschaftlichen Planungsfelder bei einer Praxisgründung mit welcher Priorität berücksichtigt werden müssen. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wird im letzten Abschnitt eine Handlungsempfehlung für eine sinnvolle Gründungsberatung für niederlassungswillige Ärztinnen und Ärzte abgeleitet, die den Praxiserfolg nachhaltig gewährleisten soll.
2. Die Entwicklung der ambulanten Versorgung durch niedergelassene Ärzte
Die niedergelassene Ärzteschaft bildet die Basis der ambulanten Versorgung im deutschen Gesundheitssystem. Durch die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen scheint sich jedoch die Tendenz zu einer ambulanten Unterversorgung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zu verstärken. Im Folgenden werden die verschiedenen Karriereoptionen junger Ärzte, die Entwicklung der niedergelassenen Ärzteschaft sowie die Gründe dafür näher aufgezeigt.
2.1. Die verschiedenen Karriereoptionen junger Ärzte
Deutschen Medizinstudenten stehen nach Abschluss des Studiums und nach Erlangen der Approbation als Arzt oder Ärztin viele Möglichkeiten offen ihre zukünftige Berufstätigkeit zu gestalten. Neben den klassischen Tätigkeitsfeldern Krankenhaus und Praxis sowie der Tätigkeit bei Behörden oder Körperschaften haben sich jungen Ärztinnen und Ärzte in den letzten Jahren alternative berufliche Perspektiven geöffnet. Dies sind zu einem die Berufsausübung im Ausland oder die nichtkurative Tätigkeit in der freien Wirtschaft.[1] Zum anderen existieren durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz aus dem Jahre 2004 sowie durch die zum 1. Januar 2007 in Kraft tretende neue Musterberufsordnung für Ärzte (MBO) neue Formen der ärztlichen Ausübung, die als Alternative in Frage kommen. Dazu gehören bspw. die Tätigkeit in Medizinischen Versorgungszentren, die Teilnahme an der Integrierten Versorgung oder das Angestelltenverhältnis in einer Praxiskooperation.[2]
Sowohl der Arbeitsplatz Krankenhaus als auch die Tätigkeit als niedergelassener Arzt haben viel von ihrer früheren Attraktivität verloren. Die Anreize, sprich die Arbeitsbedingungen und besonders die Verdienstmöglichkeiten, sind auf den ersten Blick im Ausland oder in anderen Berufsfeldern bei weitem attraktiver. In Großbritannien (80.000 – 105.000 Euro brutto), den Niederlanden (100.000 Euro brutto), Frankreich (90.000 Euro brutto) oder Saudi-Arabien (90.000 Euro netto) liegen die Einkommen von im Krankenhaus tätigen Fachärzten um teilweise mehr als ein Drittel höher als in Deutschland (ca. 73.000 Euro brutto).[3] Niedergelassene Ärzte verdienen nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung durchschnittlich je nach Fachrichtung zwischen 64.410 und 106.600 Euro per anno, vor Steuern und abzüglich Betriebskosten. Nicht berücksichtigt sind dabei die Aufwendungen für die Altersvorsorge.[4]
Besonders die nichtkurative Tätigkeit in anderen Berufsfeldern weckt das Interesse bei den Nachwuchsmedizinern. Bereiche wie die Medizinische Informatik, die pharmazeutische Industrie, Versicherungen, Umweltmedizin, Forschungseinrichtungen, Gesundheitsmanagement, Medizinjournalismus, Unternehmensberatung oder Hochschulen bieten attraktive Berufsalternativen zur Tätigkeit am Patienten. Es locken oft bessere Bezahlung, bessere Arbeitszeiten und –bedingungen sowie weniger Bürokratieaufwand.[5]
2.2. Die ambulante Versorgung durch niedergelassene Ärzte
Im Jahr 2005 waren in Deutschland insgesamt 400.562 Ärztinnen und Ärzte bei den Landesärztekammern gemeldet, von denen etwa ein Drittel (134.800) an der ambulanten Versorgung teilnahm. Davon waren 126.200 Ärzte niedergelassen (7.900 Privatärzte und 118.300 Vertragsärzte) und 8.600 Ärzte im Angestelltenverhältnis. Abbildung 1 stellt die gesamte Ärztestruktur 2005 in der Bundesrepublik Deutschland dar.
Abb. 1: Struktur der Ärzteschaft 2005 (Zahlen in Tausend)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, entnommen aus: Bundesärztekammer (1) (Hrsg.) (Stand: 31.12.2005).
Die bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten am häufigsten vertretenen Fachrichtungen sind Internisten und Allgemeinmediziner mit 55.448 Vertretern. Tabelle 3 (Anhang, S. XV) gibt eine Übersicht über die Anzahl der tätigen Ärzte in den jeweiligen Fachgebieten. Der Anteil der Ärztinnen und Ärzte, die in alternativen Berufsfeldern bzw. nichtkurativ tätig sind beträgt 5,4 % der gesamten berufstätigen Ärzteschaft. 2002 betrug deren Anteil noch 5,1 % und ist seitdem jährlich um 0,1 % gestiegen.[6]
2.2.1. Die Entwicklung der Altersstruktur der Vertragsärzte
Die Betrachtung der Alterstruktur der Ärzteschaft ergibt einen klaren Trend. „Der deutschen Ärzteschaft droht die Gefahr der Überalterung! Das Durchschnittsalter nimmt stetig zu, zugleich schrumpft der Anteil der unter 35-jährigen Ärzte kontinuierlich.“[7] Während 1993 das Durchschnittsalter der Vertragsärzte noch bei 47,46 Jahren lag, betrug dieses 2004 bereits 50,82 Jahre.[8] Der Anteil an Vertragsärzten, die zum Jahresende 60 Jahre oder älter sind, stieg im gleichen Zeitraum ebenfalls kontinuierlich, von 8,8 % im Jahr 1993 auf 18,0 % 2004. Parallel zum Anstieg des Durchschnittsalters sank der Anteil der unter 35-jährigen Ärzte aller berufstätigen Ärzte, von 26,6 % im Jahr 1993 auf 15,4 % im letzten Jahr.[9]
2.2.2. Die Entwicklung des medizinischen Nachwuchses
Die Zahl der Absolventen im Fach Humanmedizin ist seit 1994 von 11.978 auf 8.947 im Jahre 2003 rückläufig. Dies entspricht einem Rückgang von 25,3 %.[10] Auch die Anzahl der Ärzte im Praktikum (AIP) war bis zur Abschaffung dieser Ausbildungsphase im Jahr 2004 zurückgehend. So war sowohl die Gesamtzahl als auch die Anzahl der Neuzugänge der AIPs rückläufig.[11] Dabei gilt es besonders zu betonen, dass „die Zahl der Studenten, die das Praktikum (direkt) im Anschluss an das Studium begonnen haben, deutlich unter der Zahl der Absolventen“[12] lag. Abbildung 4 veranschaulicht diese Entwicklung.
Abb. 4: Entwicklung der Absolventenzahlen und der Neuzugänge von Ärzten im Praktikum bei den Ärztekammern
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, Daten entnommen aus: Kopetsch, T. (2005): S. 36ff.
2.2.3. Die Entwicklung der Artzahlen in der ambulanten Versorgung
Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, waren im Jahr 2005 in Deutschland 134.800 Ärztinnen und Ärzte in der ambulanten Versorgung tätig. Die Vertragsärzte stellen mit knapp 90 % (118.300 in absoluten Zahlen) dabei den größten Teil. Privatärzte (7.900) und angestellte Ärzte (8.600) sind mit jeweils ca. 5 % an der ambulanten Versorgung beteiligt. Vertrags- und Privatärzte bilden zusammen die Gruppe der niedergelassenen Ärzteschaft, auf der in dieser Ausarbeitung das Hauptaugenmerk liegt. Tabelle 5 zeigt die Entwicklung der Anzahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte der letzten Jahre.
Tab. 5: Entwicklung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Berechnungen, Daten entnommen aus: Kassenärztliche Bundesvereinigung (Hrsg.) (Stand: 21.04.2006).
Es wird deutlich, dass die Anzahl der selbständig tätigen Ärzteschaft in den letzten Jahren zwar in absoluten Zahlen gestiegen ist, aber Zuwächse und Zuwachsraten bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte rückläufig sind.[13]
Auffallend ist auch, dass die Anzahl der ausschließlich privat tätigen Ärzte kontinuierlich stark zugenommen hat. Deren Zahl verdoppelte sich fast von 1998 bis 2005 um 3.800 auf 7.900. Diese Entwicklung kann als Indiz dafür angesehen werden, dass die Tätigkeit als Vertragsarzt in den letzten Jahren an Attraktivität verloren hat.[14]
Abb. 6: Zuwächse der niedergelassenen Ärzteschaft in absoluten Zahlen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, Daten entnommen aus : Kassenärztliche Bundesvereinigung (Hrsg.) (Stand: 21.04.2006).
Die Zuwächse und Zuwachsraten der niedergelassenen Ärzteschaft verdecken allerdings, dass sich bei differenzierter Betrachtung bereits regional ein Engpass in der ambulanten Versorgung abzeichnet. Dies gilt insbesondere für die hausärztliche Versorgung. Bereits heute existieren innerhalb der KV-Bedarfsplanung[15] einige Planungsbereiche, in denen das vorgegebene Ärzte-Soll von 100 % unterschritten ist. Planungsbereiche mit einem Versorgungsgrad über 110 % gelten für ärztliche Niederlassungen als gesperrt, unter 110 % als geöffnet. Besonders in der hausärztlichen Versorgung im Bundesgebiet gibt es noch viele offene Planungsbereiche mit Niederlassungsmöglichkeiten. Von 395 Planungsbereichen waren 248 im Jahr 2005 geöffnet.[16] Abbildung 9 (Anhang, S. X) gibt eine Übersicht über die hausärztlichen Versorgungsgrade in Deutschland, aus der die oben genannten Beobachtungen hervorgehen.
Zwar gilt eine Region erst dann als unterversorgt, wenn die Ärztezahl das Soll um 25 % unterschreitet, allerdings wird die Anzahl der unterversorgten Regionen in den nächsten zehn Jahren signifikant zunehmen. Seit 1999 hat der Bestand an Hausärzten in den neuen Bundesländern von 9.074 auf 8.476 um 7 % abgenommen.[17] 2005 gab es bereits in über 60 % der Planungsgebiete freie Niederlassungsmöglichkeiten für Hausärzte.[18]
Die bereits punktuell bestehende Unterversorgung wird sich ohne Entgegenwirken verstärken. Die Ursache des drohenden Ärztemangels liegt letztendlich in einer Scherenbewegung begründet. Durch die ungünstige Altersstruktur gehen in naher Zukunft viele Ärzte in den Ruhestand, während gleichzeitig der Nachwuchs ausbleibt.[19] Bereits 2004 waren 32 % aller Hausärzte in den neuen Bundesländern 60 Jahre oder älter, wodurch sich dort der Ärzteengpass in der hausärztlichen Versorgung und die daraus resultierenden Wiederbesetzungsprobleme in den kommenden Jahren noch weiter verschärfen werden.[20]
Tab. 6: Erwartete Abgänge an Haus- und Fachärzten bis 2015
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, Daten entnommen aus: Kopetsch, T. (2005): S. 138.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung prognostiziert bis 2015 einen Ersatzbedarf an 57.230 Ärztinnen und Ärzten in der ambulanten Versorgung, wobei die jährlichen Bruttoabgänge an Vertragsärzten zwischen 4.400 und 6.000 liegen.[21] Dadurch wird eine Vielzahl an Niederlassungsmöglichkeiten frei, die im Rahmen der Bedarfsplanung auch zum größten Teil wieder besetzt werden müssen, um dem drohenden ambulanten Versorgungsengpass und der Fehlallokation an Haus- und Fachärzten entgegenzuwirken.[22]
Ein weiterer Grund für die vergleichsweise geringe Zunahme der Zahl niedergelassener Ärzte liegt in der Tendenz zu Medizinischen Versorgungszentren, welche seit 2004 durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz zugelassen sind. Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind „Medizinische Versorgungszentren […] fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 eingetragen sind, als angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Die Medizinischen Versorgungszentren können sich aller zulässigen Organisationsformen bedienen; sie können von den Leistungserbringern, die aufgrund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung teilnehmen, gegründet werden. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als Medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).“[23] Es müssen demnach mindestens zwei angestellte Ärzte oder Vertragsärzte unterschiedlicher Fachgebiete in dieser Einrichtung tätig sein. Vorteile dieser Einrichtungen gegenüber der traditionellen Versorgung sind die Bündelung medizinischer Kompetenz unter einem Dach, Zeitersparnis der Patienten durch kurze Wege und Kostenersparnis durch gemeinsame Nutzung der Infrastruktur und Medizintechnik. Sie bieten daher gerade jungen Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses tätig zu sein, ohne die ökonomischen Risiken einer Niederlassung auf sich nehmen zu müssen.[24]
Die Integrierte Versorgung bietet der niedergelassenen Ärzteschaft seit dem Jahr 2000 die Möglichkeit, ohne Beteiligung der regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen Einzelverträge mit Krankenkassen einzugehen. „Mit der Integrierten Versorgung soll eine sektorenübergreifende und interdisziplinäre Versorgung der Patienten erreicht werden. Ziel ist es, bereits im Voraus die einzelnen Diagnose- und Therapiemaßnahmen der jeweiligen Leistungserbringer gemeinsam durchzuspielen, zu koordinieren und in Behandlungskonzepten festzulegen.“[25] Dadurch sollen die drei Leistungsbereiche (ambulant, stationär und rehabilitativ) des Gesundheitswesens besser vernetz werden, was sowohl qualitativ dem Patienten als auch finanziell dem Leistungserbringer zugute kommt, da die Behandlungskosten unabhängig von seinem KV-Budget vergütet werden.[26]
Sowohl Medizinische Versorgungszentren als auch die Integrierte Versorgung erfreuen sich steigenden Zulauf bei der Ärzteschaft. So stieg die Anzahl der MVZs innerhalb 16 Monaten bis zum 31.3.2006 von 7 auf 420 mit 1.648 dort tätigen Ärzten, von denen mehr als die Hälfte im Angestelltenverhältnis ist (960). Bis 2015 wird die Zahl der MVZ jährlich um 10 % zulegen.[27] Die Anzahl der Verträge in der Integrierten Versorgung vervierfachte sich innerhalb des letzten Jahres auf 1.498, das Vergütungsvolumen wuchs um 88 % von 255 auf 487 Mio. Euro an.[28]
2.3. Gründe für die rückläufigen Niederlassungszahlen von Ärzten
Als Erklärung für den drohenden Ärztemangel im ambulanten Bereich wurde einerseits die ungünstige Entwicklung der Altersstruktur der ambulanten Ärzteschaft genannt und andererseits die sinkenden Absolventenzahlen im Fach Humanmedizin. Allerdings ist auch ein allgemein nachlassendes Interesse an der kurativen Berufstätigkeit in Deutschland zu beobachten. Derzeit entscheidet sich die Hälfte der Medizinabsolventen nicht kurativ tätig zu werden. Sie suchen ihre berufliche Zukunft in anderen Tätigkeitsfeldern, wie bspw. in der Forschung, im Gesundheitsmanagement oder in der Pharmabranche. Bessere Verdienstmöglichkeiten, weniger Bürokratie und bessere Arbeitsbedingungen scheinen den Ausschlag zu geben.[29] Dies geht unter anderem auch aus dem „Gutachten zum Ausstieg aus der kurativen ärztlichen Berufstätigkeit in Deutschland“ hervor, welches von der Unternehmensberatung Ramboll Management im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales im Jahr 2004 erstellt wurde. Die im Rahmen o.g. Studie durchgeführte Erhebung[30] ergab, dass die folgenden Gründe maßgeblich zum Ausstieg aus der kurativen Tätigkeit und zur Abwanderung ins Ausland beitragen. Die Reihenfolge entspricht der Gewichtung der Gründe. Genaue Prozentangaben können aufgrund verschiedener Differenzierungen (Geschlecht, Herkunft und Ausbildungsstand) nicht angegeben werden:[31]
- schlechte Arbeitsbedingungen und -zeiten
- mangelnde Vereinbarkeit des Berufs mit Familie und Freizeit
- nicht angemessene Entlohnung
- Ausmaß an nicht-medizinischen Tätigkeiten
- Schwierigkeiten eine attraktive Niederlassungsmöglichkeit zu finden
- hohes Startkapital und hohe Anlaufkosten bei einer Niederlassung
Bereits heute sind mehr als 12.000 deutsche Ärztinnen und Ärzte im Ausland tätig. Die Anzahl der Ärzte, die ins Ausland abwandern, nimmt stetig zu. Hinweise für die steigende Emigration deutscher Ärzte geben z.B. die steigende Anzahl der in Österreich und der Schweiz tätigen deutschen Ärzte. Diese stieg in Österreich von 547 im Jahr 2003 auf 786 im Jahr 2004. Ähnlich auch die Entwicklung in der Schweiz, wo die Anzahl der deutschen Ärzte von 1.474 im Jahr 2003 auf 1926 im Jahr 2005 zunahm.[32]
Das Gutachten beschreibt auch eine generelle Ablehnung bei Medizinstudenten sowie im Krankenhaus tätige Ärzte gegenüber einer möglichen Niederlassung. Im Durchschnitt konnten sich 21,2 % der befragten Studenten nicht vorstellen, sich in Deutschland niederzulassen. Bei kurativ tätigen Ärzten im Angestelltenverhältnis lag dieser Wert bei fast 56 %. Als zentralen Grund gab der Großteil der Befragten den nicht angemessenen Verdienst als niedergelassener Arzt an. Dabei muss allerdings regional differenziert werden. Die Ablehnung bzgl. einer Niederlassung in Ost-Deutschland ist bei weitem größer als bei einer Niederlassung in West-Deutschland. Dies lässt sich u.a. auch auf die unterschiedlichen Lebensbedingungen und Arbeitsverhältnisse zurückführen.[33]
Insbesondere der Vergleich der realen Lohnentwicklung zwischen Vertragsärzten und Angestellten aus verschiedenen Branchen untermauert die fehlenden finanziellen Anreize als Vertragsarzt. Während der durchschnittliche Reallohn bei Angestellten diverser Branchen im Zeitraum1999 bis 2004 um fast 9 % gestiegen ist, sank im gleichen Zeitraum das Realeinkommen der Vertragsärzte um über 3 %. Dies entspricht einer Lohnspreizung von über 12 %.[34] Diese Entwicklung verdeutlicht die aus dem Gutachten hervorgegangen Ergebnisse hinsichtlich der schlechten Verdienstmöglichkeiten als Arzt in Deutschland als Grund für den Ausstieg aus der kurativen Tätigkeit bzw. für die Abwanderung ins Ausland.
3. Entscheidungsfelder bei der ärztlichen Niederlassung – Anforderungen an eine Gründungsberatung
Für den Erfolg einer Unternehmensgründung sind viele Faktoren von Bedeutung. Dies gilt auch für die Gründung des „Unternehmen Arztpraxis“. Der folgende Abschnitt zeigt die verschiedenen Planungsfelder auf, welche es als Praxisgründer zu berücksichtigen gilt. Zum einen müssen seitens des Arztes allgemeine Anforderungen erfüllt sein, wie bspw. persönliche Vorraussetzungen, fachliches Wissen sowie formale Anforderungen. Neben der Wahl der Gründungsform müssen insbesondere verschiedene betriebswirtschaftliche Planungsbereiche betrachtet werden, um das Vorhaben Arztpraxis realisieren zu können .
3.1. Allgemeine Anforderungen an den Praxisgründer
3.1.1. Persönliche Vorraussetzungen
Der Weg in die berufliche Selbständigkeit setzt viele persönliche Anforderungen an den Unternehmensgründer voraus. Primär gehören dazu gesunde geistige Fähigkeiten, soziale Kompetenz, die Leistungsbereitschaft des Gründers, Kreativität und Flexibilität sowie die Risikobereitschaft des Gründers. Ärzte, die eher die relative Sicherheit schätzen und entsprechend risikoavers sind sollten das Vorhaben Arztpraxis nicht verwirklichen. Nur diejenigen, die nicht das unternehmerische Risiko scheuen sollten sich niederlassen. Darüber hinaus müssen sie auch über unternehmerische Fähigkeiten und soziale Kompetenz verfügen. Auch sollten niederlassungswillige Ärzte berücksichtigen, dass nicht allein der unbedingte Wille zur selbständigen Existenz sowie unbefriedigende Klinikumstände oder das Untergeordnet sein die maßgebliche Ursache für die Eigenständigkeit sein dürfen.[35]
3.1.2. Fachliches Wissen
Voraussetzung für das Ausüben des Arztberufes ist die berufliche und fachliche Qualifikation, die der Arzt sich im Laufe seines Studiums und in der Weiterbildungsphase als Assistenzarzt im Krankenhaus aneignet.
Mit der Entscheidung sich niederzulassen übernimmt der Arzt aber auch eine nicht zu unterschätzende unternehmerische und wirtschaftliche Aufgabe. Er ist nicht nur medizinischer Verantwortung verpflichtet, sondern auch seinem „Wirtschaftsunternehmen Arztpraxis“ gegenüber. Er trägt letztendlich nicht nur die wirtschaftliche Verantwortung für sich und sein Unternehmen, sondern auch für seine Familie sowie seine Mitarbeiter und deren Familien. Neben medizinischen Kenntnissen werden somit von dem „Unternehmer Arzt“ auch betriebswirtschaftliche Fähigkeiten verlangt, um sein Unternehmen Arztpraxis erfolgreich führen zu können.[36] Daher lässt sich festhalten, dass „Medizin in Verbindung mit dem nötigen Unternehmergeist […] kein Widerspruch [ist], sondern eine ideale Symbiose.“[37]
3.1.3. Formale Anforderungen
Um den Weg in die Eigenständigkeit zu bewältigen, müssen zuvor mehrere formale Vorraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehört in erster Linie die Ausbildung des Mediziners, welche durch das Studium und die darauf folgende Weiterbildung als Facharzt im Krankenhaus erfolgt. Nach der abgeschlossenen Weiterbildung erlangt der Arzt die Approbation, die ihn dazu berechtigt, ärztlicher Tätigkeit innerhalb seines Standes nachzugehen. Diese ist auch die Vorrausetzung für die Zulassung bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Erst die Eintragung in das Arztregister der KV und der damit verbundenen KV-Zulassung erlaubt die Teilnahme an der Versorgung der Patienten, die gesetzlich krankenversichert sind. Der Antrag ist an die für den Wohnort zuständige KV zu richten. Allerdings existiert in Deutschland nicht für alle Fachbereiche die Niederlassungsfreiheit. Für zahlreiche ärztliche Fachbereiche erfolg die Zulassung nach der bereits erläuterten Bedarfsplanung[38]. Die KVen bestimmen im Rahmen der Bedarfsplanung durch ein Zulassungsverfahren welcher Arzt sich wo niederlassen darf, wodurch teilweise eine erhebliche Wartezeit bis zur tatsächlichen Niederlassung verstreichen kann.[39]
Ärzte, die sich der vertragsärztlichen Versorgung entziehen und rein privatärztlich tätig sein möchten, müssen sich nicht bei den KVen registrieren. Für sie reicht als Niederlassungsvoraussetzung das Erlangen der Approbation. Darüber hinaus besteht für sie absolute Niederlassungsfreiheit in allen Fachbereichen.[40]
Zusätzlich müssen alle sich niederlassende Ärzte, sowohl vertragsärztlich als auch privatärztlich, das zuständige Gesundheitsamt, die Berufskammer (Ärztekammer), das Ärztliche Versorgungswerk sowie das Betriebsstätten-Finanzamt über die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit informieren.[41]
3.2. Wahl der Praxis- bzw. Gründungsform
3.2.1. Praxisübernahme oder –neugründung
Die Selbständigkeit des Arztes kann sowohl in der originären (Praxisneugründung) als auch in der derivativen (Praxisübernahme) Gründungsform erfolgen. Prinzipiell ist die Wahl zwischen den Alternativen vom Standort der geplanten Niederlassung abhängig. Durch die Bedarfsplanung entstehen hier bereits nur eingeschränkte Möglichkeiten. Generell sind bei der Wahl der Gründungsform unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen.[42]
Die Neugründung einer Arztpraxis bringt ein großes wirtschaftliches Risiko mit sich. Besonders die Anlaufphase der Arztpraxis ist aus finanzieller als auch psychologischer Sicht eine Schwierigkeit, die es zu überstehen gilt. Der Patientenstamm muss erst allmählich aufgebaut, und fixe Betriebskosten müssen von Anfang an getragen werden. Dadurch muss der Neugründer die ersten 2 Jahre durchaus mit „Verlusten“ rechnen. Die Erlöse decken ggf. Praxiskosten und Privatausgaben nicht ab. Dem Neugründer bleibt allerdings die freie Verwirklichung seiner Ideen bezüglich Praxisräumlichkeit, Organisation und Personalbesetzung.[43]
Dies ist im Falle der Praxisübernahme nicht so ohne weiteres möglich. Die Praxisübernahme erfolgt als Kauf einer Einzelpraxis oder als Einstieg als Partner in eine bereits vorhandene ärztliche Kooperation. Der wesentliche Vorteil gegenüber der Neugründung ist die Übernahme der Patientenkartei. Dies kann vergleichsweise verringerte Anlaufkosten sowie eine verkürzte Anlaufphase mit sich bringen, da die Einnahmen praktisch nahtlos weiterlaufen. Weitere wichtige Vorteile können auch die Übernahme des (im besten Falle vorhandenen) „guten Images“ der Praxis, die bereits vorhandenen funktionierenden Betriebsstrukturen sowie das eingespielte Personal sein. Vorgegebene Struktur, Organisation und Personal können allerdings je nach Wirtschaftlichkeit und Effizienz sowohl von Vorteil als auch von Nachteil sein. Dies gilt auch für den durch die Praxisübernahme vorgegebenen Standort. Wesentliche Nachteile der Übernahme sind die eingeschränkte Selbstverwirklichung sowie die vorgegebenen Besitzstände wie Arbeitsverträge und Gehaltsregelungen.[44] Neben dem materiellen Wert der Praxis wird auch eine Abfindung für den ideellen Wert („Goodwill“) der Praxis fällig. Dieser beinhaltet im Wesentlichen den Ruf der Arztpraxis sowie das Vertrauenskapital, kurz gesagt die Übernahme des Patientenstamms. Wichtig ist zudem die Überprüfung der Rentabilität der zu übernehmenden Praxis, was anhand Patientenfrequenz, Einkommensbelege und Kostenstruktur nachvollziehbar ist.[45]
Auch bzgl. der Praxisinvestitionen unterscheiden sich die beiden Gründungsformen. Das Investitionsvolumen ist bei einer Neugründung durchschnittlich etwa 20 % höher als bei einer Praxisübernahme. Diese Zahlen sprechen daher ebenfalls bei der Auswahl der Gründungsform für eine Praxisübernahme.[46] Daher ist es wenig verwunderlich, dass der Anteil der Neugründungen in den letzten Jahren bei weniger als 20% der Existenzgründungen lag.[47]
3.2.2. Einzelpraxis oder Kooperation
Dem niederlassungswilligen Arzt bieten sich mehrere Formen der Niederlassung. Eine Möglichkeit ist die Einzelpraxis. Der Arzt fungiert in diesem Falle als Einzelunternehmer und trägt somit die Alleinverantwortung im unternehmerischen als auch im medizinischen Bereich. Er ist somit der alleinige „Herr in der Praxis“ und muss keine Rücksicht auf einen möglichen Kooperationspartner nehmen. Allerdings trägt er alle finanziellen Risiken sowie das Arbeitgeber-, Praxis- und Behandlungsrisiko alleine.[48]
Wirtschaftliche Motive, wie Kostenersparnis, Arbeitsteilung und Ausweitung des Leistungsspektrums, als auch mentale und fachliche Aspekte sind ausschlaggebend für die Zusammenarbeit ärztlicher Partner. Die gängigste Form der Kooperation ist hierbei die Gemeinschaftspraxis. Die Gründung erfolgt durch zwei oder mehrere Partner oder durch die Aufnahme weiterer Partner in eine bereits bestehende Einzelpraxis. Die Gemeinschaftspraxis ist gekennzeichnet durch die „gemeinschaftliche Ausübung der ärztlichen Tätigkeit“[49]. Die gemeinsame Ausübung erfolgt nur durch Vertragsärzte gleicher Fachbereiche. Die Kooperationspartner nutzen gemeinsam die Räumlichkeiten samt Ausstattung und Personal. Sie verfügen über einen gemeinsamen Patientenstamm und eine einheitliche Patientenkartei. Zudem rechnen sie die erbrachten Leistungen mit der KV unter einer gemeinsamen Abrechnungsnummer ab. Die Abrechnung bei Privatpatienten erfolgt ebenfalls gemeinsam. Haftungsrechtlich sind die Partner gleichgestellt und kommen gesamtschuldnerisch für Behandlungsfehler auf. Wesentliche Vorteile der Gemeinschaftspraxis sind Betriebskostenvorteile, Entlastung bei administrativer und organisatorischer Tätigkeit sowie flexiblere Arbeitszeitgestaltung. Allerdings bedarf es durch die gegenseitige Abhängigkeit der Partner und der Gewinnverteilung einem hohen Maß an Vertrauen, um daraus eventuell resultierende Konflikte zu vermeiden.[50] Der Trend hat sich zu Gunsten der Praxiskooperationen entwickelt. So hat sich die Anzahl der Gemeinschaftspraxen von 1980 bis 2003 um mehr als das sechseinhalbfache erhöht.[51]
Eine andere Form der Kooperation stellt die Praxisgemeinschaft dar. Praxisgemeinschaften ergeben sich aus dem „Zusammenschluss von zwei oder mehreren Ärzten mit der Absicht, gemeinsam bestimmte Ressourcen zum Vorteil aller Beteiligten zu nutzen.“[52] Der Zusammenschluss kann auch von Ärzten unterschiedlicher Fachbereiche erfolgen sowie zwischen Ärzten innerhalb vertragsärztlicher Versorgung und ausschließlich privat tätigen Ärzten. Die Praxisgemeinschaft erstreckt sich ebenfalls auf die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten, Ausstattung und Personal. Wesentlicher Unterschied zur Gemeinschaftspraxis ist, dass die Berufsausübung getrennt voneinander erfolgt. Jeder Arzt unterhält seinen eigenen Patientenstamm und –kartei und rechnet sowohl mit Privatpatienten als auch mit der KV unter einer eigenen Abrechnungsnummer getrennt ab. Haftungsrechtlich bürgt bei Behandlungsfehlern der jeweilige Arzt und nicht die Praxisgemeinschaft. Auch hier stehen betriebswirtschaftliche Kostenvorteile im Vordergrund, aber auch fachliche und persönliche Motive sind ausschlaggebend. Praxisgemeinschaften können zudem von der vereinfachten gegenseitigen Patientenzuweisung profitieren.[53]
3.2.3. Neue Versorgungsformen
Neben den traditionellen Niederlassungsformen haben sich seit wenigen Jahren auch neue interessante Niederlassungsmöglichkeiten aufgetan. Eine Alternative sind Medizinischen Versorgungszentren, denen sich niederlassungswillige Ärzte als Vertragsarzt anschließen können. MVZs sind seit dem GKV-Modernisierungsgesetz aus dem Jahr 2004 zugelassen. Zum anderen besteht seit 2000 die Möglichkeit als niedergelassener Arzt an der so genannten Integrierten Versorgung teilzunehmen, mit der die strikte Trennung zwischen ambulanten und stationären Sektor aufgehoben wurde. Dadurch wird es Vertragsärzten erlaubt Einzelverträge mit Krankenkassen abzuschließen, was außerhalb des kollektivvertraglichen Systems der KVen erfolgt.[54] Beide Versorgungsformen wurden bereits in Abschnitt 2.2.3. näher erläutert. Durch die Liberalisierung der Berufsordnung für Ärzte, die zum 1. Januar 2007 in Kraft tritt, wird zudem die strenge Bindung an einen Praxissitz aufgehoben. Dies bedeutet, dass niedergelassene Ärzte zukünftig auch Zweigpraxen gründen können sowie teilweise auch fachgebietsfremde Ärzte anstellen dürfen.[55]
3.3. Betriebswirtschaftliche Planungsbereiche
3.3.1. Leistungsspektrum
Das angebotene Leistungsspektrum eines niedergelassenen Arztes wird durch die Qualifikation und zielgerichtete Weiterbildung des Mediziners bestimmt. Bei der Entscheidung zur Weiterbildung zum Facharzt sollte der niederlassungswillige Arzt berücksichtigt haben, in welchen Fachbereichen grundsätzlich Bedarf und Niederlassungsmöglichkeiten bestehen.[56]
Auch nach Abschluss der Weiterbildungsphase besteht für den Arzt die Möglichkeit, sich innerhalb seines Fachgebietes weiterzubilden. Durch Zusatzqualifikationen kann der Arzt zusätzliches Potenzial schaffen, um sein Angebot an Leistungen ausweiten zu können. Je qualifizierter der Arzt ist, sprich je mehr Zusatzausbildungen er hat, desto größer ist der Patientenkreis, der angesprochen wird. Er kann so in gewissem Maße die Nachfrage nach seiner Leistung durch ein vielfältiges Leistungsspektrum positiv beeinflussen und die Attraktivität seiner Praxis erhöhen.[57] Bei vorhandener Konkurrenz innerhalb seines Einzuggebietes kann er dadurch bestimmte Wettbewerbsvorteile schaffen und sich von seinen Mitbewerbern absetzen. Bei der Wahl des Standortes sollte somit berücksichtigt werden, welche Leistungen die Konkurrenz bereits anbietet und wie hoch die ihn betreffende Facharztdichte in der ausgewählten Region ist.[58]
Besonders Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen Standardversorgung, die nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden, können äußerst attraktiv sein, da sie dem Patienten unmittelbar privat in Rechnung gestellt werden. Allerdings muss bei der Wahl des Leistungsportfolios natürlich auch berücksichtigt werden, ob überhaupt das nötige Patientenpotenzial für die angebotenen Leistungen vorhanden ist.[59]
Das angebotene Leistungsspektrum sollte auch ständig auf Aktualität und Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Einflussfaktoren wie technischer Fortschritt und veränderte Konkurrenzsituationen erfordern häufig die Anpassung des ausgewählten Leistungskatalogs. Bei Ausweitung des Leistungsspektrums muss bedacht werden, dass dadurch auch ein erhöhter Kapitalbedarf durch neue Geräte oder neues Personal bzw. der Weiterbildung des vorhandenen Personals entsteht.[60]
Ein hoher Ausbildungsgrad kann dem Arzt zudem einen beschleunigten Eintritt in die vertragsärztliche Versorgung verschaffen. Zusätzliche Qualifikationen werden neben der Fachrichtung bei der Zulassungsvergabe durch die KV positiv berücksichtigt. Sollten sich mehrere Ärztinnen oder Ärzte um eine freie Niederlassungsmöglichkeit in dem gleichen Planungsbereich bewerben, dann hätte der am höchsten qualifizierte einen erheblichen Vorteil.[61]
3.3.2. Marketingaktivitäten
Ziel des Marketings ist es, auf sich und sein Unternehmen aufmerksam zu machen sowie Kunden zu akquirieren und zu binden. Dies gilt auch für den „Unternehmer Arzt“. Oft sehen Ärzte lediglich ihre fachlichen Qualifikationen dafür an, dass Patienten zufrieden sind, wiederkommen und durch Mundpropaganda für ihn werben. Zufriedene Patienten bilden zwar die Basis für den langfristigen Erfolg einer Arztpraxis, allerdings reichen sie oft nicht alleine aus, um dauerhaft gewinnbringend zu arbeiten und dem Konkurrenzdruck standzuhalten. Der Arzt muss wie jeder andere Unternehmer auf sein „Angebot“, in seinem Falle sein Tätigkeitsspektrum, sowie auf sein Image aufmerksam machen. Aus diesem Grunde bedeutet Marketing auch für den niedergelassenen Arzt eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auch der Anteil der finanziell lukrativeren privat versicherter Patienten kann durch effektives Marketing gesteigert werden.[62]
Allerdings ist niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland durch § 27 MBO „berufswidrige Werbung“ untersagt. Dies beinhaltet „anpreisende“, „irreführende“ oder „vergleichende“ Werbung. Es besteht also nur eine eingeschränkte Werbeerlaubnis, um so mögliche Irreführungen von Patienten und hauptsächlich der angebotsinduzierten Nachfrage zu Lasten Dritter entgegenzuwirken.[63]
Dem niedergelassenen Arzt bleiben aber durchaus weitere Möglichkeiten auf sich aufmerksam zu machen. Gerade in der Gründungsphase sind die Bekanntmachung der Niederlassung in regionalen Tageszeitungen, Kontaktaufnahmen zu Kollegen sowie Hinweisbroschüren wichtige Aktivitäten für die Patientengewinnung. Durch besonderen Service, wie z.B. Abendsprechstunden, Recall-Systemen und Broschüren mit medizinischen und organisatorischen Informationen kann zusätzlich die Patientenzufriedenheit positiv beeinflusst werden.[64] Die Vorstellung der Praxis und des Personals im Internet sowie Anzeigen in Branchenverzeichnissen und Tageszeitungen sind ebenfalls zulässig. Veröffentlichungen von Fachartikeln können ebenfalls auf den Bekanntheitsgrad des Arztes und dessen Kompetenz positiven Einfluss nehmen. Qualitätszertifikate über genormte Organisationsabläufe geben den Patienten zusätzliches Sicherheitsgefühl und stärken die Patientengewinnung und –bindung.[65]
Die Marketingaktivitäten beginnen für den sich niederlassenden Arzt aber bereits vor der Niederlassung. Im Rahmen der Standortsuche sollte eine Markt- und Wettbewerbsanalyse nicht vergessen werden. Nach der Etablierung können Patientenbefragungen Schwachstellen innerhalb der Praxis aufdecken sowie Aufschluss über die Patientenzufriedenheit und das eigene „Praxisimage“ geben.[66]
3.3.3. Standortwahl
Wie bei anderen Unternehmensgründungen kommt es auch bei der Existenzgründung des Arztes entscheidend auf den Standort an. Dem Arzt sollte „bewusst sein, dass die richtige Wahl des Niederlassungsortes […] weichenstellend für den späteren Praxisverlauf und damit für sein zukünftiges wirtschaftliches Auskommen sein kann.“[67] Die Wahl des Standortes ist in der Regel eine Entscheidung für das gesamte Berufsleben. Ein möglicher Wechsel ist mit hohen Kosten und finanziellen Auswirkungen verbunden, sowohl für das Unternehmen Arztpraxis als auch für die private Lebensführung.[68] Aus diesem Grunde sollte der endgültigen Entscheidung über den Niederlassungsort eine Standortanalyse vorausgehen. Die freie Standortsuche ist allerdings durch die Bedarfsplanung und das Zulassungsverfahren der KV stark eingeschränkt.[69]
Bei der Standortsuche müssen sowohl wirtschaftliche als auch persönliche Kriterien berücksichtigt werden. Wirtschaftliche Kriterien der Standortwahl sind jedoch nicht nur Patientennähe, sondern wie in Abb.13 dargestellt, viele weitere Kriterien.[70]
Abb. 13: Wirtschaftliche und persönliche Motive zur Standortentscheidung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Goetzke, W. (2004): S. 259f und vgl. Oberborbeck, W. (1994): S. 133ff.
Allerdings darf bei Betrachtung der wirtschaftlichen Kriterien nicht nur eine Ist-Aufnahme erfolgen, sondern es sollte auch die zukünftige Entwicklung betrachtet werden. Informationen hierzu sind meist bei den zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen und Berufskammern sowie bei öffentlichen Ämtern zu erhalten. Letztendlich hängen vom „richtigen“ Standort sowohl die langfristige wirtschaftliche Existenzsicherheit der Praxis als auch das persönliche Wohlbefinden des Praxisgründers und seiner Familie ab.[71]
3.3.4. Finanzierungs- und Ertragskonzept
3.3.4.1. Investitions-, Kosten- und Kapitalbedarfsplanung
In der Gründungsphase muss der sich niederlassende Arzt sowohl bei Neugründung als auch Praxisübernahme umfangreiche Investitionen tätigen, die mit erheblichen Kosten und Kapitalbedarf verbunden sein können. Ob diese Investitionen letztendlich auch wirtschaftlich sind, lässt sich oft erst nach Aufnahme des Praxisbetriebes erkennen. Daher sollte der niederlassende Arzt in der Gründungsphase sehr rational vorgehen und mittels einer maßvollen Investitionsplanung nach sinnvollen und nichtsinnvollen Investitionen differenzieren und sich nur auf zwingend erforderliche Ausgaben beschränken.[72]
Die Investitionskalkulationen sind für Neugründung und Praxisübernahme unterschiedlich. Aus welchen Positionen sich die Investitionen und die Finanzierungsvolumina zusammensetzen zeigt Abb. 14. Aus den Investitionskalkulationen lässt sich anschließend das benötigte Kapital ableiten. Die Höhe der Praxisinvestitionen und die Finanzierungsvolumen sind dabei je nach Gründungsform und fachärztlicher Tätigkeit verschieden.[73]
Abb. 14: Investitions- und Finanzierungsposten bei der Praxisgründung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Hrsg.) (2005): S. 51.
Investitionen sind über einen bestimmten Zeitraum steuerlich abzuschreiben. „Bei der Absetzung für Abnutzung (AfA) geht es um die steuerliche Berücksichtigung jener Wertminderung, die ein Investitionsgut im Laufe der Zeit erfährt.“[74] In der Regel erfolgt die Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Auch die Kosten für den ideellen Wert der Praxis, der so genannte „Goodwill“ können abgeschrieben werden. Normalerweise beträgt der Zeitraum der Abschreibung zwischen drei und fünf Jahren, bei Gemeinschaftspraxen sind es sechs bis zehn Jahre. Die Praxiskosten werden letztendlich um die jährlichen AfA-Beträge erhöht, wodurch der Praxisüberschuss reduziert wird. Dadurch ergibt sich ein geringeres zu versteuerndes Einkommen für den Arzt und somit eine geringere Steuerschuld.[75]
Neben der Investitionsplanung gilt es auch die monatlichen anfallenden Praxisausgaben zu betrachten und einer gezielten Kostenanalyse zu unterziehen. Bei dieser sollten die in Abb. 15 aufgezählten Posten miteinbezogen werden.
Abb. 15: Positionen der Kostenanalyse einer Arztpraxis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Fahlbusch, R., Kirschner, G. (Hrsg.) (2005): S. 28f und Oberborbeck, W. (1994): S. 203.
Neben den Betriebsausgaben stellen die Ausgaben für die private Lebensführung wie z.B. Lebenshaltungskosten und Vorsorgemaßnahmen sowie die zu zahlenden Steuern einen weiteren großen Block dar, den der Praxisgründer berücksichtigen muss.[76]
3.3.4.2. Umsatzplanung – Break-Even-Analyse
Im Rahmen der Kalkulation des Niederlassungsvorhabens sollte zuvor berechnet werden, welcher Mindestumsatz in den ersten Jahren erwirtschaftet werden muss, um Betriebsausgaben, private Aufwendungen, Steueraufkommen und Zinszahlungen finanzieren zu können. Hierzu wird eine Mindestumsatz- bzw. Break-Even-Analyse angewendet, mit welcher der Punkt ermittelt werden kann, bei dem die zuvor aufgezählten Kosten abgedeckt sind (Break-Even-Punkt). Mittels dieser Analyse, angewendet auf das „Unternehmen Arztpraxis“, kann der Arzt nach Summierung der notwendigen Betriebs- und Privatausgaben in etwa berechnen, wie viele Patienten er behandeln und wie viel Umsatz er erwirtschaften muss, um die Gewinnschwelle zu überschreiten.[77]
Abb. 17: Ermittlung der Mindestbehandlungsfälle zur Kostenabdeckung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Oberborbeck, W. (1994): S. 211.
Bei der Umsatzanalyse muss berücksichtigt werden, dass nach ein paar Jahren der Mindestumsatz durch den Wegfall von steuerwirksamen Abschreibungen ansteigen kann.[78] Im nächsten Schritt wird eine vorsichtige Umsatzprognose für die ersten Jahre durchgeführt. Bei dieser werden die durchschnittlichen Behandlungszahlen des Fachbereiches innerhalb des Planungsbereiches miteinbezogen. Wie profitabel die ärztliche Selbständigkeit sein kann, zeigt letztendlich der Vergleich zwischen Mindestumsatz und prognostizierten Umsätzen.[79]
[...]
[1] Vgl. Bausch, M., Rühl, O. (2004): S. 61ff und vgl. Bundesärztekammer (1) (Hrsg.) (Stand: 31.12.2005).
[2] Vgl. Bausch, M., Rühl, O. (2004): S. 61ff und vgl. Stark, A. (2006): S. 30f.
[3] Vgl. Tab. 1, S. XIV.
[4] Vgl. Heier, M. (2006): S. 141ff und vgl. Tab. 2, S. XIV.
[5] Vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Hrsg.) (2004): S. 87ff und vgl. Bausch, M., Rühl, O. (2004): S. 90ff.
[6] Vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung (Hrsg.) (Stand: 21.04.2006).
[7] Kopetsch, T. (2005): S. 26.
[8] Vgl. Tab. 4, S. XVI.
[9] Vgl. Abb. 2, S. VII und vgl. Abb. 3, S. VII.
[10] Vgl. Abb. 4, S. 5.
[11] Vgl. Abb. 4, S. 5. und vgl. Abb. 5, S. VIII.
[12] Kopetsch, T. (2005): S. 41.
[13] Vgl. Abb. 6, S. 7 und vgl. Abb. 7, S. VIII.
[14] Vgl. Tab. 5, S. 6.
[15] Die Bedarfsplanung regelt für bestimmte ärztliche Fachgruppen die räumliche Verteilung der niedergelassenen Ärzte, wodurch mittel- und langfristig eine wirksame Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erreicht werden soll. Sie legt fest, wie viele Kassenärzte je Arztgruppe auf wie viele Einwohner kommen dürfen. Dabei wird die Einwohner-Arzt-Relation, bezogen auf die Arztgruppe, mit der allgemeinen Verhältniszahl verglichen, woraus sich letztendlich der Versorgungsgrad in Prozent ergibt. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat den bedarfsgerechten Versorgungsgrad durch arztgruppenspezifische Verhältniszahlen festgelegt. Diese Zahlen stellen dann die Basis (= 100%) für die Feststellung von Unter- oder Überversorgung dar. Es wird nicht der tatsächliche Bedarf gesteuert, sondern die regionale Verteilung der Ärzte. Vgl. Kopetsch, T. (Stand: 06.05.2005).
[16] Vgl. Abb. 8, S. IX und vgl. Kopetsch, T. (Stand: 06.05.2005).
[17] Vgl. Kopetsch, T. (2005): S. 82.
[18] Vgl. Abb. 8, S. IX.
[19] Vgl. Abb. 2, S. VII und vgl. Abb. 4, S. 5.
[20] Vgl. Kopetsch, T. (2005): S. 84.
[21] Vgl. Abb. 10, S. XI.
[22] Vgl. Kopetsch, T. (2005): S. 59f, 84f.
[23] Blumenbach-Ostermann, K. (Stand: 21.12.2004).
[24] Vgl. Fahlbusch, R., Kirschner, G. (Hrsg.) (2005): S. 67f.
[25] Ebenda, S. 69.
[26] Vgl. ebenda, S. 69ff.
[27] Vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung (Hrsg.) (Stand: 11.05.2006).
[28] Vgl. Abb. 11, S. XI.
[29] Vgl. Kästner, J. (2006): S. 3.
[30] Zur Analyse der Gründe für den Ausstieg aus der kurativen Tätigkeit wurde eine Onlinebefragung von insgesamt 4.911 Medizinstudenten und 4.619 Ärzten und ehemaligen Ärzten durchgeführt. Die Befragung wurde bewusst nicht repräsentativ durchgeführt, da es primär darum ging die unterschiedlichen Motivationsstrukturen von Aussteigern und Nicht-Aussteigern zu identifizieren. Die Größe der Stichprobe erlaubt es verallgemeinernde Aussagen zu machen, auch wenn die Fehlerwahrscheinlichkeiten nicht mit Hilfe statistischer Maßzahlen angegeben werden kann. Vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Hrsg.) (2004): S. 71ff.
[31] Vgl. ebenda, S. 77ff.
[32] Vgl. Kopetsch, T. (2005): S. 130f.
[33] Vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Hrsg.) (2004): S. 100ff.
[34] Vgl. Abb. 12, S. XII.
[35] Vgl. Oberborbeck, W. (1994): S. 71ff und vgl. Meis, T. (200): S. 92ff.
[36] Vgl. Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Hrsg.) (2005): S. 10f.
[37] Oberborbeck, W. (1994): S. 72.
[38] Zu den zulassungsbeschränkten Fachgebieten gehören Augen-, Frauen-, HNO-, Haut-, Kinder-, Nerven- und Hausärzte sowie Chirurgen, Anästhesisten, Internisten, Orthopäden, Psychotherapeuten, Radiologen und Urologen. Vgl. Fahlbusch, R., Kirschner, G. (Hrsg.) (2005): S. 48.
[39] Vgl. ebenda, S. 42ff und vgl. Bedei, B. (Hrsg.) (2005): S. 19ff.
[40] Vgl. Goetzke, W. (2004): S. 261.
[41] Vgl. ebenda, S. 261f.
[42] Oberborbeck, W. (1994): S. 81.
[43] Vgl. Oberborbeck, W. (1994): S. 81f.
[44] Vgl. ebenda, S. 83f und vgl. Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Hrsg.) (2005): S. 15f.
[45] Vgl. Fahlbusch, R., Kirschner, G. (Hrsg.) (2005): S. 39f.
[46] Vgl. Goetzke, W. (2004): S. 262.
[47] Vgl. Fahlbusch, R., Kirschner, G. (Hrsg.) (2005): S. 41.
[48] Vgl. Oberborbeck, W. (1994): S. 87f.
[49] Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Hrsg.) (2005): S. 23.
[50] Vgl. Fahlbusch, R., Kirschner, G. (Hrsg.) (2005): S. 62ff.
[51] Vgl. ebenda, S. 40f.
[52] Fahlbusch, R., Kirschner, G. (Hrsg.) (2005): S. 60.
[53] Vgl. Goetzke, W. (2004): S. 266ff und vgl. Fahlbusch, R., Kirschner, G. (Hrsg.) (2005): S. 60ff.
[54] Vgl. ebenda, S. 67ff.
[55] Vgl. Stark, A. (2006): S. 30f.
[56] Vgl. Bedei, B. (2005): (2005): S. 86f.
[57] Vgl. Deutsche Ärzte-Versicherung (Hrsg.) (1994): S. 10f.
[58] Vgl. Oberborbeck, W. (1994): S. 101, 134.
[59] Vgl. Riedel, R.-R., u.a. (Hrsg.) (2005): S. 123.
[60] Vgl. Bedei, B. (2005): (2005): S. 86f.
[61] Vgl. Deutsche Ärzte-Versicherung (Hrsg.) (1994): S. 10.
[62] Vgl. Riedel, R.-R., u.a. (Hrsg.) (2005): S. 123ff.
[63] Vgl. Riedel, R.-R., u.a. (Hrsg.) (2005): S. 136ff.
[64] Vgl. Goetzke, W. (2004): S. 73ff
[65] Vgl. Riedel, R.-R., u.a. (Hrsg.) (2005): S. 135ff.
[66] Vgl. Goetzke, W. (2004): S. 63f.
[67] Bedei, B. (2005): (2005): S. 83.
[68] Vgl. Zitzmann, A. (1990): S. 21.
[69] Vgl. Goetzke, W. (2004): S. 259.
[70] Vgl. Oberborbeck, W. (1994): S. 134ff.
[71] Vgl. Goetzke, W. (2004): S. 260 und vgl. Oberborbeck, W. (1994): S. 133f.
[72] Vgl. Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Hrsg.) (2005): S. 50f und vgl. Riedel, R.-R., u.a. (Hrsg.) (2005): S. 151f.
[73] Vgl. Tab. 7, S. XVI.
[74] Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Hrsg.) (2005): S. 56.
[75] Vgl. Riedel, R.-R., u.a. (Hrsg.) (2005): S. 153f.
[76] Vgl. Fahlbusch, R., Kirschner, G. (Hrsg.) (2005): S. 31ff.
[77] Vgl. Oberborbeck, W. (1994): S. 209f und vgl. Abb. 16, S. XII.
[78] Vgl. Oberborbeck, W. (1994): S. 213f.
[79] Vgl. Riedel, R.-R., u.a. (Hrsg.) (2005): S. 35.
- Quote paper
- Michael Hoffmann (Author), 2006, Niederlassung von Ärzten. Gründungsberatung und Gründungserfolg., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80060
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