In Deutschland herrscht ein System der freien Marktwirtschaft, das der Annahme unterliegt, dass ein freier Wettbewerb zu bestmöglichen Marktergebnissen führt. Um dieses Ziel in möglichst vielen Marktsegmenten erreichen zu können, werden mehr und mehr staatliche Unternehmen und Einrichtungen privatisiert und kommen dadurch in den Zwang, sich im Wettbewerb durchsetzen zu müssen.
Eines dieser Marktsegmente und mit 10,7% Anteil (2005) am Bruttoinlandsprodukt ein besonders wichtiges ist der Gesundheitsmarkt. Die Privatisierungswelle hat zu einer zunehmenden und gesetzlich gewollten Wettbewerbsintensität geführt, da private Eigenkapitalgeber ein gesteigertes Interesse an einer wirtschaftlichen Führung von Krankenhäusern haben.
Krankenhäuser sind im Vergleich zu den meisten anderen Unternehmen durch einen elementaren Unterschied gekennzeichnet: Da die Krankenversicherungen die Behandlungskosten der Kunden (Patienten) tragen, ist der Preis kein Kriterium nach dem der Patient ein Krankenhaus aussucht und somit aus Sicht des Krankenhauses keine Gestaltungskomponente im Wettbewerb um Patienten. Ein Krankenhaus muss deshalb versuchen, bei gleichen Preisen eine bessere Leistung als die Konkurrenzhäuser anzubieten. Hier macht sich eine besondere Bedeutung des Faktors Qualität im Krankenhausmarkt bemerkbar.
Krankenhäuser müssen also versuchen, sich über ihre Qualität von ihren Konkurrenten zu differenzieren. Eine Möglichkeit dazu besteht in einer Differenzierung durch Qualitätszertifikate. Qualitätszertifikate haben ihren Ursprung in den USA und erreichen zunehmend auch in Deutschland Bedeutung.
Ziel dieser Arbeit soll daher sein, herauszufinden, ob Zertifikate zu einer Differenzierung und damit zu Wettbewerbsvorteilen im Krankenhausmarkt führen und wenn ja, wie dies geschehen könnte.
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S
1 – Der deutsche Gesundheitsmarkt
2 – Zur Begründung von Qualitätsmanagement
3 – Qualitätsmanagement und Zertifikate
3.1 – Zertifizierung nach DIN EN ISO
3.2 – Zertifizierung nach KTQ / proCum Cert
4 – Wettbewerbsvorteile und Ressourcenanalyse
4.1 – Theorie der Wettbewerbsvorteile
4.2 – Theorie der Ressourcenanalyse
5 – Ressourcenanalyse
5.1 – Wert einer Ressource
5.2 – Seltenheit einer Ressource
5.3 – Imitierbarkeit einer Ressource
5.4 – Substituierbarkeit einer Ressource
5.5 – Ergebnis der Ressourcenanalyse
6 – Marketing mit Zertifikaten
7 – Fazit
Literaturverzeichnis
1 – Der deutsche Gesundheitsmarkt
In Deutschland herrscht ein System der freien Marktwirtschaft, das der Annahme unterliegt, dass ein freier Wettbewerb zu bestmöglichen Marktergebnissen führt. Um dieses Ziel in möglichst vielen Marktsegmenten erreichen zu können, werden mehr und mehr staatliche Unternehmen und Einrichtungen privatisiert[1] und kommen dadurch in den Zwang, sich im Wettbewerb durchsetzen zu müssen.
Eines dieser Marktsegmente und mit 10,7% Anteil (2005) am Bruttoinlandsprodukt[2] ein besonders wichtiges ist der Gesundheitsmarkt. Die Privatisierungswelle hat zu einer zunehmenden und gesetzlich gewollten[3] Wettbewerbsintensität geführt, da private Eigenkapitalgeber ein gesteigertes Interesse an einer wirtschaftlichen Führung von Krankenhäusern haben.[4]
Krankenhäuser sind im Vergleich zu den meisten anderen Unternehmen durch einen elementaren Unterschied gekennzeichnet: Da die Krankenversicherungen die Behandlungskosten der Kunden (Patienten) tragen, ist der Preis kein Kriterium nach dem der Patient ein Krankenhaus aussucht und somit aus Sicht des Krankenhauses keine Gestaltungskomponente im Wettbewerb um Patienten. Ein Krankenhaus muss deshalb versuchen, bei gleichen Preisen eine bessere Leistung als die Konkurrenzhäuser anzubieten. Hier macht sich eine besondere Bedeutung des Faktors Qualität im Krankenhausmarkt bemerkbar.[5]
Krankenhäuser müssen also versuchen, sich über ihre Qualität von ihren Konkurrenten zu differenzieren. Eine Möglichkeit dazu besteht in einer Differenzierung durch Qualitätszertifikate. Qualitätszertifikate haben ihren Ursprung in den USA[6] und erreichen zunehmend auch in Deutschland Bedeutung.[7]
Ziel dieser Arbeit soll daher sein, herauszufinden, ob Zertifikate zu einer Differenzierung und damit zu Wettbewerbsvorteilen im Krankenhausmarkt führen und wenn ja, wie dies geschehen könnte.
2 – Zur Begründung von Qualitätsmanagement
Ein Qualitätsmanagementsystem „ist die Zusammenfügung verschiedener Bausteine unter sachlogischen Gesichtspunkten […], um unternehmensintern und -extern eine systematische Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle von qualitätsrelevanten Aspekten des Leistungsprogramms eines Unternehmens sicherzustellen.“[8] Ein solches Qualitätsmanagementsystem bzw. Qualitätssicherungssystem ist für ein Krankenhaus, das sich in seiner Qualität zunehmend mit anderen Krankenhäusern messen muss und sich zudem einem gesteigerten Qualitätsbewusstsein der Menschen gegenüber sieht[9], unabdingbar. Durch die eingeschränkte Gültigkeit ökonomischer Mechanismen[10], haben verschiedene Gruppen ein Interesse an der guten Qualität eines Krankenhauses. Allgemein sind diese Anspruchsgruppen die Partner in der Wertschöpfungskette.[11] Hierzu gehören die einweisenden Ärzte, die Mitarbeiter des Krankenhauses, die Krankenversicherungen und die Öffentlichkeit. Insbesondere zählen hierzu allerdings die Patienten und zwar aus mehreren Gründen, die im Folgenden kurz dargelegt werden sollen.[12]
Ein vorhandenes und gut funktionierendes Qualitätsmanagement ist im Gesundheitsmarkt aus Kunden- beziehungsweise Patientensicht deutlich höher einzustufen als im produzierenden Gewerbe. Dies liegt zum einen daran, dass der Kauf eines schadhaften Produktes deutlich weniger schwer wiegt als ein Schaden an der eigenen Gesundheit. Zum anderen gibt es aber auch einen juristischen Unterschied. Bei einem Kaufvertrag wird vom Verkäufer die Erbringung der richtigen Leistung in der richtigen Menge und Güte geschuldet. Geschieht dies nicht, entstehen dem Käufer daraus verschiedene schuldrechtliche Ansprüche.[13] Das Qualitätsmanagement hat also in erster Linie Vorteile für den Produzenten. Mit einem gut funktionierenden Qualitätsmanagement kann er die Reklamationen seiner Produkte minimieren. Aus Käufersicht ist Qualitätsmanagement nur zweitrangig – hat er ein fehlerhaftes Produkt gekauft, kann er vom Verkäufer Nacherfüllung verlangen. Bei der Arztbehandlung hingegen kehrt sich die Rangfolge um. Die Arztbehandlung stellt einen, vom Kaufvertrag streng zu unterscheidenden, Dienstvertrag dar, bei dem der Arzt keinen Erfolg der Behandlung, sondern lediglich die Leistung der versprochenen Dienste (hier: Behandlung) schuldet.[14] Kommt es trotz fehlerfreier Behandlung nicht zum Behandlungserfolg, hat der Arzt seine Leistung wie geschuldet erbracht und dem Patienten entstehen keine Ansprüche. Aus Sicht des Kunden / Patienten kommt einer guten Qualität damit eine weitaus größere Bedeutung zu als beim Kaufvertrag. Wo kein Erfolg geschuldet wird, ist es umso wichtiger, ein Krankenhaus mit guter Qualität aufzusuchen.[15] Es ist zu vermuten, dass Qualitätsmanagement und dessen Vermarktung im Gegensatz zum produzierenden Gewerbe deutlich größeren Einfluss auf die Auswahlentscheidung der Patienten haben.
Eine weitere Hauptzielgruppe sind zweifellos die einweisenden Ärzte – und hier insbesondere die Hausärzte. Da sie oft ein langjähriges Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten haben, möchten sie diese bei einer stationären Behandlung bestmöglich unterbringen und entscheiden so wesentlich über die Patientenströme mit.[16]
Die Entscheidung für oder gegen ein Krankenhaus, ob sie nun vom Patienten selbst, vom einweisenden Arzt oder – beispielsweise in Akutfällen – von Angehörigen gefällt wird, dürfte somit zu einem nicht zu vernachlässigenden Anteil eine Entscheidung für oder gegen die Qualität des jeweiligen Krankenhauses sein. Dies berücksichtigend sollte ein Krankenhaus stets um gute Qualität bemüht sein.
3 – Qualitätsmanagement und Zertifikate
Zertifikate können ein vorhandenes Qualitätsmanagement signalisieren. Ein Zertifikat ist dabei ein schriftliches Dokument, welches die Übereinstimmung von festgelegten Forderungen mit deren Umsetzung bestätigt.[17] Zertifikate sind im Gegensatz zum seit 2005 gemäß § 137 SGB V Abs. 1 S. 3 Nr. 1 und 6 verpflichtend zu veröffentlichenden Qualitätsbericht[18] freiwillig und dienen somit nur der zusätzlichen Dokumentation von – je nach Art des Zertifikates mehr oder weniger – vorhandenen Qualitätsstandards. Ähnlich wie Güte- oder Qualitätssiegel sind Zertifikate in den Bereich der „Markierung“ einzuordnen.[19]
Im Folgenden sollen die mit großem Abstand am häufigsten nachgefragten[20] Zertifizierungen nach DIN EN ISO 9000 und KTQ / proCum Cert dargestellt werden.
3.1 – Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000
Die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000 war das erste im deutschen Krankenhaussektor angewendete Zertifizierungsverfahren. Dieses Verfahren ist allerdings kein auf den Krankenhaussektor zugeschnittenes, sondern ein aus der Industrie übernommenes Verfahren, was unter anderem dadurch deutlich wird, dass es sprachlich noch bis heute von industriellen Begriffen geprägt ist.[21]
Die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000 ist weit verbreitet, auch deshalb, weil es momentan das einzige Modell ist, das es ermöglicht, einzelne Bereiche eines Krankenhauses bzw. Teileinrichtungen komplexer Kliniken zertifizieren zu lassen.[22] Aufgrund eines nach einer umfangreichen Besichtigung und Analyse der Einrichtung von den Auditoren erstellten Zertifizierungsberichtes, entscheidet eine Zertifizierungsstelle über die Vergabe eines Qualitätszertifikates. Die Gültigkeit der Zertifikate beträgt drei Jahre, wobei einmal jährlich ein Überwachungsaudit stattfindet, das eine weiterhin bestehende Einhaltung der Zertifizierungsanforderungen sicherstellen soll. Nach drei Jahren ist dann eine vollständige Rezertifizierung notwendig.[23]
Um anstelle des auf das produzierende Gewerbe zugeschnittenen DIN EN ISO 9000-Verfahrens ein auf den Krankenhaussektor zugeschnittenes Zertifizierungsverfahren zu haben, wurde von den Spitzenverbänden der Krankenversicherungen, der Bundesärztekammer, der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. und dem Deutschen Pflegerat e.V. 1997[24] gemeinschaftlich das Verfahren KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen) ins Leben gerufen.[25] Nach Einschätzung von Experten stellt das DIN EN ISO 9000-Verfahren eine gute Basis für die Zertifizierung nach KTQ / proCum Cert dar.[26]
3.2 – Zertifizierung nach KTQ / proCum Cert
Die Zertifizierung nach KTQ ist – genau wie die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000 – ein freiwilliges Verfahren, mit dem eine Einrichtung allerdings nur als Ganzes ein Zertifikat erwerben kann.[27] Es orientiert sich an dem amerikanischen Vorbild der Joint Commission on Accreditation of Health Care Organizations (JCAHO).[28] Entscheidendes Element dieses politisch gewollten und vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten[29] Zertifizierungsverfahrens ist hier ein von der KTQ GmbH vorgegebener Standardkatalog, mit dem das Krankenhaus in einem ersten Schritt sich selbst im Rahmen einer Selbstkontrolle anhand von 72 Kriterien in den Kategorien „Patientenorientierung im Krankenhaus“, „Sicherstellung der Mitarbeiterorientierung“, „Sicherheit im Krankenhaus“, „Informationswesen“, „Krankenhausführung“ und „Qualitätsmanagement“ bewerten muss.[30] Jedes Kriterium muss dabei anhand des PDCA-Zyklus[31] analysiert werden. Insgesamt können 1.521 Punkte erreicht werden, von denen ein Krankenhaus für die Zertifizierung 55% erreichen muss.[32] An die Selbstbewertung schließt sich eine Überprüfung der Ergebnisse durch zwei Fachkollegen (Visitoren) an, der dann die Vergabe des Zertifikates folgt. Die Ergebnisse müssen auf der Webseite von KTQ sowie von der Gesundheitseinrichtung veröffentlicht werden[33] und können somit von den Zielgruppen in ihr Entscheidungskalkül einbezogen werden. Auch dieses Zertifikat besitzt drei Jahre Gültigkeit und unterliegt im Unterschied zum DIN EN ISO 9000-Zertifikat keiner jährlichen Nachüberprüfung.[34] Erklärtes Ziel der KTQ GmbH ist, „die Struktur-, Prozess-, Ergebnis- als auch die Servicequalität zu unterstützen und zu verbessern.“[35]
[...]
[1] Vgl. o.V., Erneuter Rückgang der Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
[2] Vgl. o.V., Entwicklung der Gesundheitsausgaben 1996-2005.
[3] Vgl. Tscheulin, D. / Helmig, B. (2000), S. 5 f.
[4] Vgl. z. B. Dierkes, S. / Lingenfelder, M. (2006), S. 541 ff.
[5] Vgl. Tscheulin, D. / Helmig, B. (2000), S. 8 ff.
[6] Vgl. Matthes, N. / Wiest, A. (2005), S. 50.
[7] Vgl. o.V., KTQ zertifiziert 500. Krankenhaus.
[8] Bruhn, M. (2003), S. 55.
[9] Vgl. Dierks, M.-L. / Schaeffer, D. (2005), S. 136.
[10] Vgl. hierzu Kap. 1 und Bürgy, R. / Gauß, K. (2000), S. 155.
[11] Vgl. Müller, M. (2006), S. 587.
[12] Vgl. o.V., KTQ – die KTQ-Qualitätsberichte.
[13] Vgl. §§ 433 ff. BGB.
[14] Vgl. §§ 611 ff. BGB.
[15] Aufgrund drohender Schadensersatzforderungen bei fehlerhaften Behandlungen spielt die Qualität natürlich auch für Krankenhäuser eine große Rolle.
[16] Vgl. Dierkes, S. / Lingenfelder, M. (2006), S. 547.
[17] Vgl. Zollondz, H.-D. (2001), S. 1263.
[18] Zum Qualitätsbericht vgl. ausführlich Rosebrock, M. / Viethen, G. (2004), S. 980 ff.
[19] Vgl. Nieschlag, R. / Dichtl, E. / Hörschgen, H. (1997), S. 241.
[20] Vgl. Rosebrock, M. / Viethen, G. (2004), S. 980.
[21] Vgl. Schwill, C. (2001), S. 1036.
[22] Vgl. Beholz, S. (2003), S. 20.
[23] Vgl. Beholz, S. (2003), S. 43.
[24] Vgl. Freund, M. (2002), S. 4.
[25] Vgl. o.V., Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen – KTQ, S. 1.
[26] Vgl. Schwill, C. (2001), S. 1036.
[27] Vgl. Beholz, S. (2003), S. 14.
[28] Vgl. Freund, M. (2002), S. 4.
[29] Vgl. o.V., Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen – KTQ, S. 1.
[30] Vgl. Beck, T. (2006), S. 1 ff.
[31] Plan-Do-Check-Act. Es muss beschrieben werden, was bzgl. dieses Kriteriums geplant ist (Plan), was derzeit gemacht wird (Do), wie der Prozess regelmäßig überprüft wird (Check) und welche Verbesserungsmaßnahmen aus den Ergebnissen des Check abgeleitet werden (Act). Vgl. o.V., Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen – KTQ, S. 2.
[32] Vgl. Ament-Rambow, C. (2005), S. 1042 und Ratschen, E. (2005), S. 1066.
[33] Vgl. zum Ablauf des Verfahrens o.V., Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen – KTQ, S. 2 f.
[34] Vgl. Ament-Rambow, C. (2005), S. 1043.
[35] Vgl. o.V., KTQ zertifiziert 500. Krankenhaus.
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- Moritz Blömer (Author), 2007, Qualitätszertifikate für Krankenhäuser als Instrumente zur Differenzierung - Wettbewerbsvorteile durch Differenzierung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79610
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