Am 31.12.1869 wurde Henri-Emile-Benoît Matisse im Haus seiner Großeltern mütterlicherseits in Le Cateau-Cambrésis, Picardie, geboren. Sein Vater ist ein Getreide-händler und seine Mutter Modistin und Porzellanmalerin. Im Oktober 1887 geht Matisse nach Paris, um Jura zu studieren. 1888 besteht er sein Examen und geht zu-rück in die Picardie, um in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten. 1890 hat er eine starke Blindarmentzündung. Während er bettlägerig ist, schenkt im seine Mutter einen Mal-kasten und er beginnt zu malen. 1891 geht er wiederum nach Paris. Er will nun Kunst studieren. Sein erster Versuch auf die Ecole-des Beaux-Arts zu kommen scheitert. Er fertigt Kopien im Louvre an. 1895 besteht er schließlich die Aufnahmeprüfung. Sein Lehrer ist Gustave Moreau. 1898 stirbt Moreau. Als Nachfolger kommt Fernand Cor-mon. Matisse verließ die Akademie kurz vor 1900, weil ihn Cormon unter dem Vor-wand verwies, er habe das Alter von dreißig Jahren überschritten. Er wechselte zur Académie Camillo, weil hier Eugene Carriere, ein Freund Rodins korrigierte, den Ma-tisse auf dessen Empfehlung hin besuchte. Von 1904 bis 1905, kurz vor dem fau-vistischen Aufschwung, betrachtete Matisse Paul Signac als seinen Lehrer; Matisse war fünfunddreißig Jahre alt.
Matisse äußerte sich zu seiner Malerei: „Was mich am meisten interessiert ist weder das Stillleben noch die Landschaft, sondern die Menschliche Figur. Durch sie kann ich am besten mein gleichsam religiöses Lebensgefühl ausdrücken. Man muß wis-sen, daß einem das Tor zur Farbe nicht so ohne weiteres offen steht. Man muß sich streng darauf vorbereiten, um ihrer würdig zu sein.“
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Interpretation von drei Bildwerken von Matisse:
Le bonheur de vivre, Das rote Atelier und Der Tanz.
Inhaltsverzeichnis
Einführung: Henri Matisse
Le bonheur de vivre
Die Vorstudien
Das Bild: Le bonheur de vivre
Die Verbindung von Tradition und Moderne
Das rote Atelier
Das Atelier des Künstlers in der Geschichte
Matisse und sein Atelier
Das Bild: Das rote Atelier
Der Tanz
Die Philosophie um 1900
Die Entwicklung des Themas: Der Tanz
Die Bilder in der chronologischen Reihenfolge
Der Tanz II und seine Resonanz
Das Bild: Der Tanz II
Die Weiterentwicklung des Themas
Die ersten Skizzen
Das Bild der Tanz in Merion
Das Literaturverzeichnis
Anhang
Einführung: Henri Matisse
Am 31.12.1869 wurde Henri-Emile-Benoît Matisse im Haus seiner Großeltern mütterlicherseits in Le Cateau-Cambrésis, Picardie, geboren. Sein Vater ist ein Getreidehändler und seine Mutter Modistin und Porzellanmalerin. Im Oktober 1887 geht Matisse nach Paris, um Jura zu studieren. 1888 besteht er sein Examen und geht zurück in die Picardie, um in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten. 1890 hat er eine starke Blindarmentzündung. Während er bettlägerig ist, schenkt im seine Mutter einen Malkasten und er beginnt zu malen. 1891 geht er wiederum nach Paris. Er will nun Kunst studieren. Sein erster Versuch auf die Ecole-des Beaux-Arts zu kommen scheitert. Er fertigt Kopien im Louvre an. 1895 besteht er schließlich die Aufnahmeprüfung. Sein Lehrer ist Gustave Moreau. 1898 stirbt Moreau. Als Nachfolger kommt Fernand Cormon. Matisse verließ die Akademie kurz vor 1900, weil ihn Cormon unter dem Vorwand verwies, er habe das Alter von dreißig Jahren überschritten. Er wechselte zur Académie Camillo, weil hier Eugene Carriere, ein Freund Rodins korrigierte, den Matisse auf dessen Empfehlung hin besuchte. Von 1904 bis 1905, kurz vor dem fauvistischen Aufschwung, betrachtete Matisse Paul Signac als seinen Lehrer; Matisse war fünfunddreißig Jahre alt.
Matisse äußerte sich zu seiner Malerei: „Was mich am meisten interessiert ist weder das Stillleben noch die Landschaft, sondern die Menschliche Figur. Durch sie kann ich am besten mein gleichsam religiöses Lebensgefühl ausdrücken. Man muß wissen, daß einem das Tor zur Farbe nicht so ohne weiteres offen steht. Man muß sich streng darauf vorbereiten, um ihrer würdig zu sein.“[1]
1905 fand eine Ausstellung mit 1600 Werken im Salon d’Automne statt. Es wurden auch Bilder von Matisse, Marquet und Vlaminck gezeigt. Die Geschichte von der Geburt des Fauvismus durch den Kunstkritiker Louis Vauxcelles ist unzählige Male wiedergegeben worden und soll auch hier erzählt werden. Nachdem Vauxcelles die leuchtend bunten Gemälde von Matisse und seiner Gruppe, die alle in einem Saal um eine Skulptur von Albert Marquet, die eine Kinderbüste im italienischen Stil zeigt, aufgehängt waren, gesehen hatte, rief er aus: „Donatello unter den Wilden.“[2] Diese Bezeichnung haben die betreffenden Maler niemals akzeptiert. Der Fauvismus hat nur eine kurze Periode in Anspruch genommen und es hat auch kein einheitliches Programm dieser Gruppe gegeben. Nach dieser Ausstellung entwickelten sich die Künstler unterschiedlich weiter und schon durch die monumentale Komposition des Bildes „Die Lebensfreude“ beginnt Matisse sich künstlerisch von seinen Kollegen zu trennen.
Matisse wird von bekannten Kunstmäzen gefördert, wie z. B. den Amerikanern Leo Stein und Albert Barnes, den Russen Schtschukin und Morosow. Diese Männer – äußerst charakteristische Vertreter des aktiven, fortschrittlichen Teils der Bourgeoisie – waren zunächst angezogen von seinen gewagten Experimenten.[3] Ohne staatlich anerkannten Kunstabschluß, kann man Matisse durchaus als künstlerischen Autodidakten ansehen, dessen Bildwerke durch die frühen Ankäufe diverser Sammler vorerst der Öffentlichkeit nicht zugänglich waren, weil sie in den Privatsammlungen verborgen waren. Als er am 3. November 1954 in Nizza stirbt, hat seine Kunst die internationale Kunst des späten zwanzigsten Jahrhunderts in einem Grade mitgeprägt, an den andere Meister der Pariser Schule nicht entfernt heranreichen.
Le bonheur de vivre
Le bonheur de vivre, allgemein auch unter dem Titel La joie de vivre bekannt, wurde 1905-1906 von Henri Matisse in Öl auf Leinwand gemalt. Das Bild ist 175 x 241 cm groß. Es befindet sich in der Barnes Foundation in Merion, Pennsylvania. Bereits 1911 kaufte es Leo Stein. 1922 erwarb Albert C. Barnes das Gemälde durch den Kunsthändler Paul Guillaume in Paris.[4] Seit der Gründung der Sammlung 1922 bis zur Internationalen Ausstellung 1993 ist dieses Bild für die allgemeine Öffentlichkeit verschlossen geblieben.[5]
Die Vorstudien
Anhand der Skizzen läßt sich die Entwicklung von Matisse erkennen, die er in den letzten Monaten des Jahres 1905 und den ersten Monaten des Jahres 1906 durchlebte. Einen Hinweis dafür gibt uns der Auszug aus einem Brief den er an Simon Bussy schrieb: „Ich habe für den Herbstsalon eine Frist bekommen und muß mich beeilen, rechtzeitig fertig zu werden. Da ich kleine Punkte male, dauert es ziemlich lange; vor allem, weil sie nicht immer auf Anhieb glücken. Unmittelbar danach entstanden zwei Skizzen zu der Lebensfreude.“[6]
Er scheint sich nun von der zeitaufwendigen Punktemalerei zu lösen und nach der strengen Disziplin, der auf der Kunstakademie gelehrten Methoden, fertigt Matisse zahlreiche Entwürfe in verschiedenen künstlerischen Techniken an, die sehr erwähnenswert sind, um seiner Komposition auf die Spur zu kommen.
Die Landschaft des Bildes Le bonheur de vivre, in der sich die Szene abspielt, ist eine gesehene Wirklichkeit. Auf einer ziemlich kleinen Leinwand, wie sie Matisse benutzte, um nach der Natur zu malen, ist sie mit ihrem bewaldeten Hügel und dem blauen Streifen des fernen Meeres in einer Öffnung des Laubwerks deutlich in dem Paysage a Collioure von 1905 zu erkennen. Das Bild ist in Öl auf einer 46 x 55 cm großen Leinwand gemalt und befindet sich im Statens Museum for Kunst in Kopenhagen.
Weitere Vorstudien sind die Bilder Nu allongé jouant du pipeau, von 1905 in schwarzer Tusche auf weißem Papier (45,8 x 60,4 cm, Privatsammlung), welches die Flötenspielerin im unteren Bildmittelpunkt darstellt und eine Aquarellstudie (25,4 x 32 cm, Collection of Mr. And Mrs. Henry M. Reed) von 1905, im divisionistischen Stil gemalt. Eine weitere Zeichnung in Tusche und Bleistift auf Papier von 1905 (17,5 x 22,5 cm, Privatsammlung) und eine kleine Ölstudie (12,1 x 19,1 cm, Barnes Collection), sowie eine Ölstudie (45,7 x 59,7 cm), die sich im Museum of Modern Art in San Francisco befindet, bilden alle zusammen Kompositionskizzen. Matisse äußerte sich 1941 zu dieser Vorgehensweise: „Dieses Bild beruht auf der Zusammenstellung von Dingen, die unabhängig voneinander konzipiert waren.“[7] Er übernimmt die Landschaft des einen Bildes und setzt Figuren hinein, Elemente aus Zeichnungen, Farbzusammenstellungen aus Ölstudien und das helle Licht des Aquarells. Sarah Wilson beschreibt ihren Farbeindruck von Le bonheur de vivre: „Die Farben sind hell, beinahe beißend, mit Flächen von Limonengrün und Zitronengelb; die Konturen in Scharlachrot und Smaragdgrün um die beiden Hauptfiguren herum schaffen eine dynamische Aura.“[8]
Das Bild: Le bonheur de vivre
Das Gemälde wurde im Atelier in Paris gemalt. Sein Lebenswerk wird in den Augen des Künstlers von diesem Gemälde eingeleitet. Es ist das einzige Bild, das er im Frühjahr 1906 im Salon des Indépendants ausstellte.
Der Betrachter überblickt die ganze Szene und befindet sich frontal davor. Die reinen Farben liegen nebeneinander und füllen den Platz aus, der ihnen von den Umrissen der Stämme, Zweige und Baumwipfel zugewiesen wird. Das Auge kann in aller Ruhe von der Glut des Laubes auf der linken Seite auf dem himmelblauen Steg des Meeres zu den frischen grünen Blättern auf der rechten Seite gleiten.[9]
Norbert Schneider bemerkt: „Bei Matisse fällt auf, daß mehrheitlich Frauen Gegenstand der Betrachtung sind. Entspannt liegen sie am Boden, räkeln sich efeuumkränzt oder spielen Flöte. Eine Frau umarmt ihren Geliebten. Im Hintergrund erkennt man sechs Frauen, die einen Reigen tanzen.“[10] Die Gestalten wirken abstrakt, weil sie gezeichnet sind. Seine Farbpalette in den flammenden Rot-, Gelb- und Violett-Tönen und den intensiv gemischten Stilformen setzt Matisse bewußt ein. Diese stilistischen Widersprüche und Inkonsequenzen kann man auch als Ästhetik der „stilistischen Dissonanz“ bezeichnen. Das Bild weist überraschende Unterschiede in der Farbapplikation und abrupte Wechsel in der Ausführung auf, selbst in direkt nebeneinander liegenden Bereichen. So ist die obere Bildhälfte zum Beispiel in so freien, lockeren Pinselstrichen gemalt und dadurch vom Bildeindruck so abstrakt wie kein anderes Bild jener Zeit. Im Gegensatz dazu ist die untere Hälfte des Bildes in Pinselführung und Gestaltung mannigfaltig und enthält zudem mehrere Figuren, die entschieden konturiert und in sich geschlossen sind, so daß sie von ihrer Umgebung völlig isoliert erscheinen. Eine überaus starke Spannung ergibt sich aus dem Unterschied zwischen dem idyllischen Bildinhalt, der uns eine Reihe irdischer Freuden vor Augen führt, die es ebenfalls in der himmlischen Ewigkeit geben wird, denn auch den religiösen Aspekt versucht der Künstler zu integrieren – Liebe, Tanz, Musik, Naturverbundenheit – und der aufwühlenden, primitivistischen Gesamtwirkung, die darauf verweist, daß die Vollendung noch aussteht. Während vom Kreis der Tanzenden abgesehen, alle Figuren Entspannung oder gelassene Ruhe vermitteln, pocht das Bild als Ganzes gleichsam vor Energie, vibrierenden Farben und pulsierenden Arabesken.
[...]
[1] Schneider, Pierre, München, 1984, S. 96
[2] Wilson, Sarah, Recklinghausen, 1992, S. 12
[3] Flam, Jack, Köln, 1994, S. 319.
[4] Katalog zur Kunstausstellung La joie de vivre, 1993, S. 307
[5] Ebd., S. VII
[6] Schneider, Pierre, München, 1984, S. 262
[7] Vgl., Katalog zur Kunstausstellung La joie de vivre, 1993, S. 229 - 233
[8] Wilson, Sarah, Recklinghausen, 1992, S. 13
[9] Schneider, Pierre, München, 1984, S. 241
[10] Schneider, Norbert; Held, Jutta, Köln, 1993, S. 388
- Arbeit zitieren
- Karoline Kmetetz-Becker (Autor:in), 1997, Interpretation dreier Bildwerke von Henri Matisse (1869 - 1954), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79308
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